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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 09.08.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-08-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190008092
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19000809
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19000809
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-08
- Tag 1900-08-09
-
Monat
1900-08
-
Jahr
1900
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 09.08.1900
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ist immerhin noch wunderlich; er läßt des öfteren den Gesängnißdirector holen, er wolle sein Gewissen er leichtern und Wichtiges gestehen; wenn der Director aber kommt, erklärt er, von nichts zu wissen. Manch mal verweigert er die Nahrungsaufnahme. Gestern durste er, da er dringend danach verlangte, seiner Frau nach Amerika schreiben. Rom, 7. August. Tribuna versichert, die Gerichts behörde kenne schon die ganze Organisation deS EomvlottS, alle verhafteten Personen seien an ihm bethemgt; wenn das Individuum, das mit Bressi in Monza war, zur Verhaftung gebracht werden könnte, würde die Untersuchung in einer Woche beendet sein Alle Verhafteten bewahren Stillschweigen, man hofft aber, daß alles wird aufgedeckt werden können. Es wird bestätigt, daß Malatesta das Haupt des Complotts war. Bon den vorgenommenen Verhaftungen sind auf recht erhalten worden: die des Bruders und des Schwagers deS Mörders, Lorenzo Bressi und Augusto Marocci; ferner die der Anarchisten Gabriello Livi und Emilio Braga, alle aus Prato. ES scheint, daß die genannten Personen Kenntniß hatten von der Ab sicht BrefsiS, den König zu ermorden. Lorenzo Bressi hat eingestanden, daß sein Bruder sich auf den Feldern im Revolverschießen übte. Mailand, 6. August. Der Zug mit der Leiche König Humberts von der Kapelle zum Bahnhofe in Monza wird einen exklusiv militärischen Charakter haben. Aus dem Protzkasten der Kanonen wird ein eigener Wagen konstruirt, auf welchem der Sarg transportirt wird. Ka vallerie vorn und hinten wird den Zug abschließen. Die Absperrung wird derartig erfolgen, daß es der Bevölke rung unmöglich sein wird, dem Zuge zuzuschauen. Der Sarg wird mit der Königlichen Marine- Flagge bedeckt werden, der Bürgermeister von Rom hat gebeten, daß hierzu die Flagge des Panzerschiffes „Roma" verwendet werde. Diesem Wunsche ent sprechend ist die Leiche des Königs in die vor Jahren von den Frauen Roms für die „Roma" gestickte Schiffsflagge eingehüllt worden. Aus Anlaß der Ermordung des Königs Humbert berichtet die „N. Fr. Presse" über den fatalistischen Zug bei den Savoyern: Generalleutnant Ponzio Vaglia (der Adjutant des Königs) schreibt einem Ver wandten: „In diesem entsetzlichen Augenblicke möge die Liebe der Meinen mir beistehen. Mir ist das schwere Unglück widerfahren, meinen Herrn nicht retten zu können. Eine düstere Ahnung bedrückte mir das Herz, als wir zum Feste fuhren, aber der Bürger meister, dem ich mich anvertraute, meinte, es wäre nichts zu befürchten. Wie die That geschah? Gott allein vermöge es zu sagen. Als wir dem Mörder in den Arm fielen, war es um den König geschehen. Er sah mich im letzten Augenblicke mit weitgeöffneten Augen an, aus noch lächelndem Munde sprach er ein einziges Wort, dann nichts mehr, und ich lebe." — Der Afrikareisende Camperis schreibt an den „Caffaro": König Humbert ist auf der Bresche gefallen; er ahnte das Schicksal, das ihm bestimmt war. Als ich iHv in Rom am Tage des Anschlags Acciarito's beglück- wünschte, legte er mir die Hand auf die Schulter und sagte: „Diesmal ist es gut abgelaufen, aber eines Tags gelingt's", und er grüßte mich ruhig und heiter, ein echter Soldat, der sein Leben in Gottes Hand weiß und Gott auch die Sorge darum überläßl. — Dieser cigenthümliche fatalistische Zug scheint in größerem oder geringerem Maße allen Savoyern eigen zu sein. Der Oberst des in Monza stehenden Reiterregimentes begegnete dem Herzoge von Aosta an einer fernen Stelle des Parkes von Monza; er war allein, und der Oberst machte den Herzog auf die Gefahr eines solchen einsamen Ganges aufmerksam. „Nun", erwiderte der Herzog, „wir sind noch unser Zwölf!" Königin Margherita von Italien bereitet ihrer Umgebung große Sorge. Sie ist sichtbar abgemagert, wachsbleich und hat die Augen voll Thränen. Sie Pflegt kaum ihre Person und trägt ein ärmliches schwarzes Kleid. Die Prinzessinnen sind immer in ihrer Nähe, allein sie hört ihren Zuspruch wie geistes abwesend an. Nur das Gebet, die Sorge um ihren Sohn und ihre Pflichten gegen das Land halten sie aufrecht. Nicht nach Turin, sondern in die Stille von Moncalieri will sie flüchten, um, sagt sie, mit der frommen Prinzessin Clotilde für das Heil des Hauses zu beten. * * * Row, 6. August. Deputirtenkammer. Präsident Villa verliest unter dem Beifall des Hauses eine Anzahl Beileidstelegramme, die von auswärtigen parlamentarischen Körperschaften eingelaufen sind. Hierauf werden unter wiederholtem Beifall des Hauses von mehreren Deputirten Anträge zur Ehrung des Gedächtnisses König Humberts eingebracht, so ein Antrag, daß der Sitzungssaal der Kammer sechs Monate Trauerschmuck tragen soll, ferner ein Antrag auf Ueberreichung einer Abreise an den König und die KSnigiN'Wittwe, auf Errichtung eines Denkmals für König Humbert und andere. Ferrati giebt im Namen der Sozialisten eine Erklärung ab, in welcher die Er mordung des Königs verurtheilt wird, weil jeder Monarch das Recht auf sein Leben habe und der politische Mord unnütz sei. (Lärm.) Unter großer Unruhe ergreift darauf Pantano das Wort. Kaum hatte er die Worte wie: Ver einigen wir uns mit Euch in gemeinsamer Trauer!" gesprochen, als mehrere Deputirte der Rechten riefen: „Laßt doch Eure Krokodilsthränen!" worauf Pantano erwioerte: „Schweigt, wir speculiren nicht auf Königs- morde wie Ihr!" Mit diesen Worten wurde ein Orkan entfernt. Man brüllt „Hinaus mit Pantano, er hat das Parlament beleidigt, hinaus mit den ge meinsten aller Schufte!" Zehn Minuten klingelte der Präsident vergeblich. Endlich entzieht er Pantano das Wort. Dieser spricht aber unter furchtbarem Geheul weiter. Mehrere Deputirte rufen dem Präsidenten zu: „Es lebe Colombo!" Es entsteht großer anhaltender Lärm. Pantano wird am Weitersprechen gehindert, weil er trotz formeller Aufforderung des Präsidenten seine Worte nicht zurück nehmen will. Nachdem der Lärm sich gelegt hat, er klärt der Ministerpräsident Saracco, daß er sich den eingebrachten Anträgen anschließe, worauf die Anträge vom ganzen Hause mit Ausnahme der Sozialisten an genommen werden. (Lebhafter, langanhaltender Beifall.) Präsident Villa ersucht die Deputirten, an dem Leichen- begängniß König Humberts theilzunehmen und theilt mit, König Victor Emanuel werde am Sonnabend in einer gemeinsamen Sitzung beider Kammern des Parlaments im Sitzungssaal des Senates den Eid auf die Verfassung leisten. Die Sitzung wird darauf unter begeisterten Rufen: Es lebe der König! ge schlossen. Rom, 5. August. Senat. Ministerpräsident Saracco sagte in der Ansprache, die er in der heutigen Sitzung hielt, man habe in der Person des Königs Humbert das geordnete Staatswesen überhaupt treffen wollen. König Humbert habe die Palme des Märtyrers empfangen. Die Regierung kenne ihre Pflicht vor dem Lande und der civilisirten Welt und werde nicht verfehlen, diese zu erfüllen. Auch sei die Regierung sicher, daß sie auf die Mitwirkung des Senats und die Unterstützung des ganzen Parlaments rechnen könne. (Anhaltender Beifall.) Die liberale Presse beklagt bitter den gestrigen Kammertumult; sie wirft der äußersten Linkm vor, nicht begriffen zu haben, daß achtungsvolles Schweigen ihre Pflicht gewesen wäre, und tadelt die Mehrheit, lärmend gegen Turati und Pantano aufgetreten zu ein. „Giorno" sagt: Was für Berathungen, Gesetze, Vorbilder, einsichtige Lehren und Thaten sind von einer Versammlung von Männern zu erwarten, die nicht gemessen, nicht Herren ihrer Leidenschaften, selbst während der Gedenkfeier für den ermordeten Monarchen die elementarsten Pflichten des Taktes, der Mäßigung vergessen? Ein trauriger Tag, der gestrige, für die Freunde des parlamentarischen Systems in Italien!" Der Kries um Draussaal. Cradock, 6. August. (Meldung des „Reuter- schen Bureaus".) Ein hier eingegangenes Telegramm besagt, daß in Vryburg am Sonnabend große Er regung herrschte. Die Stadtwache wurde einberufen und es trafen militärische Verstärkungen ein. Auch sonst wurde alles für einen Angriff der Buren vorbereitet. Kapstadt, 7. August. Harrifmith hat sich General Macdonald ergeben. Dadurch wird die Eisenbahnverbindung nach Natal wieder hergestellt. Ein heftiges Gefecht begann am 5. d. M. am Elands- river und dauerte am 6. noch fort. Einzelheiten fehlen noch. Man glaubt, daß es den Generalen Carrington und Jan Hamilton gelungen ist, die Garnison von Rustenburg zu entsetzen und daß diese Garnison sich nach Zerrust zurückzieht. London, 7. August. „Daily Telegraph" wird aus Prätoria vom 5. d. Mts. gemeldet: Kleine Burenabtheilungen bedrängen die Briten von allen Seiten infolge des Rückzuges der Garnison von Spring. Die Buren haben diesen durch seine Kohlenproduction wichtigen Platz im westlichen Randgebiet wieder besetzt. Zu der Capitulation Prinsloos wird noch aus London geschrieben: Die Commandos unter Prinsloo sollen ca. 18 bis 20 Geschütze mit sich geführt haben, und der Aerger der Engländer ist daher verständlich, wenn von dieser stattlichen Anzahl nur ein einziges erbeutet worden ist. Der übrige Artillerie-Park ist wahrscheinlich von den verschiedenen Commandos ent führt worden, denen es im Dunkel der Nacht gelang, der Wachsamkeit der Engländer ein Schnippchen zu schlagen und mit Roß und Troß über die steilen Pässe in nordwestlicher Richtung zu entweichen. WaS bei dem ganzen „Kesseltreiben" unverständlich erscheint, ist die äußerst mangelhafte Operation der britischen Generale, die in dem genannten Bezirke mit mehreren Divisionen seit einigen Monaten ein paar tausend irreguläre Truppen nach allen Regeln der Kriegskunst zu fassen, zu umstellen und zu erdrücken suchen, ohne daß diese Bemühungen bis zur Munde zu etwas anderem geführt hätten, als zur Unschädlichmachung von knapp 1200 Feinden, die übrigens voraussichtlich bei erster Gelegenheit wieder zu ihren Commandos stoßen oder sich zu neuen Verbänden vereinigen werden. London, 8. August. Dem „Daily Telegraph" wird aus Lorenzo Marquez vom 7. d. M. gemeldet: Die britischen Truppen rücken langsam gegen Macha dodorp vor, eine Kolonne von Middelburg, eine andere von Süden her. Die Buren leisten den von Süden her kommenden Truppen nur geringen Widerstand. Kroonstadt, 7. Augst. Nach hierher gelangter Meldung soll der frühere Präsident deS Oranjefreistaats Steijn schwer erkrankt sein. Die englische Regierung ist sich bereits über die Vertheilung der südafrikanischen Bärenhaut einig, trotz dem noch immer infolge des Rückzuges der Garnison von Springs Buren-Abtheilungen die Briten von allen Seiten bedrängen. Im Unterhaus nämlich theilte Chamberlain mit, er habe sich bezüglich des Haupt punktes der künftigen Regelung der südafrikanischen Verhältnisse mit Canada und den australischen Kolonien ins Vernehmen gesetzt. Die britische Regierung und diese Länder seien sich völlig darüber einig, daß die südafrikanischen Gebiete annectirt und dort eine von Militärgewalt unterstützte Regierung eingesetzt werden müsse und daß als Definitivum für beide Kolonieen die repräsentative Selbstregierung in Aussicht zu nehmen sei. Auf diese Aeußerung folgte naturgemäß der obligate Beifall. 1 WMt Zitz« der ZtMlMtzM z» MM-WW am 7. August 1900. Vorsitzender: Herr E. Redslob. Anwesend: 19 Mitglieder, Am Rathstische: Herr Bürgermeister Dr. Polster, die Herren Stadträthe Anger, Beckert, Claus und Zeißig. Das Kollegium tritt, nachdem der Vorsitzende die Berathung eröffnet, in die Tagesordnung ein und nimmt zunächst Kenntniß von der Anstellung des neuen Sprach lehrers, Herrn Kandidat Paul Otto, dessen Verpflichtung Herr Schuldirektor Dietze vorgenommen hat. Der Herr Vorsitzende berichtet hierauf Einiges über den Stand einer Angelegenheit, betr. die beabsichtigte Ausflurung der zu Oberlungwitz gehörigen, im Hüttengrunde liegen den Franke'schen Grundstücke in den Stadtbezirk Hohen- tein-Ernstthal. 2. Antrag des Krankenhausausschufses auf Ein richtung eines besonderen Zimmers für Dienstboten im hiesigen Krankenhause. Der Herr Vorsitzende bemerkt hierzu, der Krankenhausausschuß habe seinen Antrag da mit begründet, daß die Dienstboten ungern mit anderen Kranken in einem Zimmer sich unterbringen lassen: außer dem sei der Reservefonds in der Lage, diese Ausgabe zu bestreiten. Die entstehenden Kosten veranschlagt der Ausschuß auf 1510 Mark. Der Stadtrath dagegen schlägt dem Kollegium die Bewilligung von nur 826 Mark zu diesem Zwecke vor, da dies ausreichend sei und man überdies den Reservefonds nicht allzusehr schwächen dürfe. Herr Stadtv. Resch bedauert, daß der Stadtrath den Vorschlag des Krankenhausausschuffes nicht in seinem vollen Umfange gebilligt habe, und stellt einen Antrag auf Bewilligung von wenigstens 1000 Mark. Nachdem Herr Bürgermeister Dr. Polster den Rathsbeschluß begründet und der Herr Vorsitzende dem Anträge des Herrn Resch beigetreten, wird letzterer Antrag, die Summe von 1000 Mark zu bewilligen, angenommen. 3. Ersatzwahl für den Krankenhausausschuß. Das Kollegium genehmigt die Wahl des Herrn Kaufmann Palitzsch in den Krankenhausausschuß, an Stelle des durch Tod ausgeschiedenen Herrn Th. Stiegler. 4. Genehmigung der abgeschloffenen Verträge über Vergebung von Wafferabfällen. Der Herr Vorsitzende bringt die unter dem 19. Mai d. I. mit den Betheiligten abgeschlossenen Verträge zur Kenntniß des Kollegiums: 1. Mit Herrn Fleischerobermeister Friedrich Wilhelm Schönland ssn., Herm Bäckermeister Schobert und end lich Herrn Stadtrath Beckert. Mit Herrn Schönland ist die Legung der Abfall-Leitung vom 20 ebm-Bassin durch sein Grundstück vereinbart worden, gegen eine jährliche Entschädigung von 13 Mk. Die Herren Schobert und Stadtrath Beckert, welche das Abfallwaffer benützen, sind verpflichtet, zu der Entschädigung an Schönland, Herr Schobert jährlich S, Herr Beckert 8 Mk. an die Stadt kaffe zu entrichten. Beide Herren tragen überdies Hm Verhältnisse von 5 zu 8 die Kosten der Leitungslegung. Nach erläuternden Worten des Herm Stadtrath Anger stimmt das Kollegium einhellig den abgeschlossenen Ver trägen zu. 5. Arealentschädigungsgesuch der Frau Wilhelmine verehel. Strohbach hier. Herr Stadtv. Schellenberger berichtet in seinem Referat, daß nach dem Brande des Klinkicht'schen Grundstücks in der Centralstraße die Frau verehel. Strohbach ca. 15 Quadratmeter ihres Grund stückes zur Verbreiterung der Straße habe abtreten müssen, und sich dann mit einem Entschädigungsgesuch an den Stadtrath gewendet habe. Der Bauausschuß hat darauf hin dem Rathe vorgeschlagen, der Gesuchstellerin die Summe von 100 Mk. zu bewilligen. — Herr Vor sitzender Redslob empfiehlt dem Kollegium, in diesem Sinne zu beschließen; dies geschieht einstimmig. 6. Antrag der hiesigen Militär- und Kriegervereine auf Errichtung einer Moltke-Gedächtnißtafel. Unter dem 8. Juli ist an den Stadtrath ein Gesuch der hiesigen Militär- und Kriegervereine gelangt, in welchem die Stadt gebeten wird, 1) anläßlich des 100jährigen Geburtstags des Generalfeldmarschalls Grafcn Moltke am 26 Oktober d. I am Hause Altmarkt Nr. 6, in welchem Graf Moltke, als er während einer Generalstabsreise unsere Stadt berührte, sich aufhielt, eine Moltke-Gedächtnißtafel anzubringen; 2) einer Straße hiesiger Stadt den Namen des Generalfeldmarschalls zu geben, und zwar möglichst bis zu dem genannten Tage; 3) bei Gelegenheit der Ent hüllung der Tafel eine Feier zu veranstalten. — Die Kosten der Gedächtnißtafel dürften sich auf 225—250 Mk. belaufen. Von dritter Seite sind hierzu noch 100 Mk. gestiftet worden, sodaß die Stadtkaffe ca 150 Mk. zu decken hätte. Der Finanzausschuß schlägt dem Col legium die Bewilligung dieses Betrags vor; nach einer Befürwortung des Vorsitzenden geschieht dies einstimmig. 7. Bewilligung eines Beitrages an das deutsche Hilfscomitee für Ostasien. Wie der Herr Vorsitzende ausführt, ist vom Landesavsschuß dem hiesigen Stadtrath ein Aufruf zur Zeichnung von Beiträgen übergeben wor den mit der Bitte, die Kosten der Veröffentlichung zu tragen. Von den beiden Zeitungsverlegern hiesiger Stadt sei jedoch die Aufnahme der Bekanntmachung kostenfrei zu Gunsten der Sammlung erfolgt; das Kollegium möchte deshalb heute beschließen, diesen Betrag, etwa 30 Mk., um etwas zu erhöhen und dem Landesausschuß zu überweisen. — Herr Bürgermeister Dr. Polster tritt warm für diesen Vorschlag ein; nach kurzer Aussprache, an welcher sich die Herren Vorsitzender Redslob und Stadtv. Resch betheiligen, stellt Herr Stadtv. Jähnig den Antrag, die Summe auf 100 Mk. zu erhöhen und dem Comitee zur Verfügung zu stellen. Dieser Anttag wird angenommen. 8. Abänderung des Hundesteuerregulativs. Die Abänderung des Regulativs hängt nach einem Bericht res Herrn Vorsitzenden damit zusammen, daß früher rie Hundesteuer jährlich, jetzt halbjährlich erhoben wird. Die Folge davon ist, daß auch die Anmeldung halb jährlich zu geschehen hat und es nunmehr zwei Con signationstermine im Jahre giebt. Ohne Debatte ist man einstimmig mit dec Abänderung des Regulativs einverstanden. 9. Erhöhung des Fonds zur Erneuerung der Spritzen. Da beim Erneuerungsfond für Spritzen im vorigen Jahre ein Ueberschuß von ca. 200 Mk. geblieben ist, beantragt der Feuerlöschausschuß, diesen Betrag zur Erneuerung der Spritze der 3. Compagnie anzulegen, da sich dieselbe in einem sehr mangelhaften Zustand befindet und regelmäßig nach ihrem Gebrauch Reparaturkosten erfordert. Das Stadtverordneten- Collegium schließt sich dem Anträge des Feuerlösch ausschusses an. 10. Zuschußerhöhungsgesuch der hiesigen Ortskranken kaffe. In der Generalversammlung der hiesigen Orts krankenkaffe vom 13. März d. I. wurde beschlossen, den Stadtrath zu bitten, daß dieser der Kaffe einen kräftigeren Zuschuß zur Unterstützung gewähre, da die finanziellen Verhältnisse der Ortskrankenkasse nicht besonders günstig seien. Der Finanzausschuß ist der Frage näher getreten und schlägt vor, der Kaffe eine einmalige Beihilfe von Mk. 300 zu bewilligen, im Uebrigen aber das Gesuch abzulehnen. Der Finanzausschuß ist dabei davon ausge- gangen, daß nach Inkrafttreten des neuen Krankenkaffen gesetzes eine Verschiebung der jetzigen Verhältnisse einttete. — Nach Ansicht des Herrn Vorsitzenden sei es wohl kaum möglich, sich dem Gesuch gegenüber völlig auf einen ab« ehnenden Standpunkt zu stellen. Das Kollegium möchte deshalb, wie vom Finanzausschuß vorgeschlagen, 300 Mk. als einmaligen Zuschuß bewilligen. Dies geschieht ein stimmig. Seine Schwester. Roman von Fanny Stöckert. 37. Fortsetzung (Nachdruck verboten.) Seine Mutter, Melitta und Flora saßen auch wrt, er aber sah nur die Eine, hatte nur sie gesehen, o lange er mit dort gesessen, dann war er aufge- prungen, das Blut war ihm zu heiß zum Herzen gestiegen, er hatte das Fenster geöffnet, tief aufgeathmet, und nun zog es ihn doch wieder in ihren Zauberbann. Das Orchester spielte die ersten Tacte eines Strauß- schen Walzers, als Fred wieder an den Tisch heran trat, Klänge voll fiebernder Leidenschaft, und Carla bewegte die schmalen Füße danach. „Wie lange habe ich nicht getanzt, ob man es überhaupt noch kann," sagte sie, und wie auffordernd zu Fred aufschauend. Ein junger Forsteleve bat jetzt Melitta um den Tanz. Sie zögerte einen Moment, sie überlegte, ob es Martin recht war, wenn sie tanzte. Der Jüngling aber sah so knabenhaft aus, und forderte sie auch wohl nur zum Tanz auf, weil Martin sein Borgesetzter war, eS war ja lächerlich, sich da irgend wie Gedanken zu machen. „Tanzen wir auch einmal," sagte Fred zu Carla, als Melitta mit ihrem jugendlichen Tänzer davonflog. Wie electrisirt sprang Carla von ihrem Sitz auf, „endlich, endlich bist Du wieder ganz Lohengrin," sagte sie leise. Niemand hatte das Erblassen FloraS, den fast angstvollen Blick, der ihnen folgte, bemerkt. Sie faßte, als bedürfe sie eines Halts, nach der Hand ihrer Tante. „Ach Tante, die beiden — ich glaube sie lieben sich noch immer" — kam es langsam, abgebrochen über Floras Lippen. „Wenn Fred mir untreu würde — das überlebte ich nicht." Ganz erschreckt sah die alte Dame Flora an. „Aber Kind, was sind das sür thörichte Gedanken, warum sollen sie nicht einmal zusammen tanzen, alte Jugendfreunde, die sie doch sind. Fred sollte Dir untreu werden! Wie kannst Du so etwas nur aus sprechen, er ist doch kein schlechter Mensch!" Flora aihmete auf; die sanfte Stimme der Tante neben ihr hatte so etwas beruhigendes. Nein, er war kein schlechter Mensch, er war viel zu ehrenhaft, um solche verächtliche Handlung zu begehn. Der Tanz war zu Ende, Carla wurde von einigen bekannten Damen und Herren angeredet und Fred trat nicht ohne ein leises Schuldbewußtsein zu Flora heran. „Laß uns nach Haus gkhn, Fred," bat diese, „ich bin todtmüde." „ES war wohl überhaupt ein Opfer von Dir mit hierher zu kommen," sagte er, und strich, einer halb mitleidig zärtlichen Regung folgend, über ihr volles blondes Haar. Wie wohl eS ihr that, dieser Brosamen der Zärtlichkeit, auch die Frau Justizräthin sah es mit stiller Befriedigung, und nickte Flora freundlich zu. Dann trat man zusammen den Heim weg an, auch Carla schloß sich ihnen an. „Ich muß morgen früh zeitig auf dem Platz ein, mein armer kranker Mann ist immer ziemlich rüh munter, und verlangt dann nach meiner Gesell- chaft," sagte sie. „Was wird er sagen, wenn er hört, daß ich sogar getanzt habe." Das klang so harmlos von Carlas Lippen und Flora schämte sich jetzt fast ihres Verdachtes. „Martin wird sich wohl auch wundern, wenn er von meinem Tanzen hört," meinte Melitta, „mit ihm habe ich nicht getanzt seit den Studentenbällen in G. Ach, das waren doch auch schöne Zeiten. Nicht wahr, Fred? Deine Herzallerliebste von damals, die Clara Selcho, die gefeierte Professorentochter, die ist längst Frau Amtsrichter. Ich weiß noch, wie ich einmal zu einem Ball einen Strauß von Dir an sie befördern mußte, ich glaube, es steckte sogar ein Zettelchen dran." „Carla Selcho," sagte Fred wie im Traum, ihm war eS, als hätte seine Schwester von etwas ganz Anderem gesprochen. Deutlich sah er ihn, diesen An dern, den fröhlichen Studenten, mit dem weiten Herzen, wie er durch die Gaffen der kleinen Stadt schritt im schwarzen Schnurenrock, die farbige Mütze auf dem braunen Lockevkopf, wi- er hinaufspähte nach dem Fenster, wo hinter oen MonatSrosenstöcken ein rothblondes Köpfchen sich grüßend himmt-rneigte, und die Zeit der Bälle, wo der glückliche, lebensfrohe Student mit der rothblonden Sylphengestalt durch den Saal geflogen, und die harmlosesten Gespräche mit ihr ge führt hatte. — Der Mann, der da heute getanzt, das war ein anderer, die schwüle Luft der Leidenschaft hatte ihn umweht, ihm fast den Athem genommen, und dann die leisen geflüsterten Worte, das Ver sprechen, was er gegeben: auf die Insel der Seligen, morgen, dort, wo die rothen Weidenröschen blühen, lockend, wie Sirenengesang hatte es an sein Ohc ge klungen, dazu ihr süßes, loses Lachen. Carla verabschiedete sich jetzt, „Sie kommen doch mm gen zu meinem Mann?" sagte sie unbefangen zu Fred. „Gewiß," versetzte er, „ich habe mich in Gedanken schon länger mit einer neuen Kur für ihn beschäftigt, von der ich neulich in einer medizinischen Zeitschrift gelesen." XV. Der Morgen kam, Fred machte seine wenigen Krankenbesuche, den Commerzienrath fand er im Gar ten, in einer von wildem Wein ganz umsponnenen Laube. Carla saß heiter plaudernd neben ihm, grün goldene Lichter fielen durch das Blättergewirr und umwoben die junge Frau mit ihren hin und her zitternden Strahlen. Wie schön sie aussah, Fred konnte den Blick nicht von ihr wenden, und er war mit so guten Absichten, mit dem ehrlichen Willen her gekommen, dem gefährlichen Spiele, das schon fast zu weit gediehen, ein Ende zu machen. Fortsetzung folgt.
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