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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 29.07.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-07-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190007298
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19000729
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19000729
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-07
- Tag 1900-07-29
-
Monat
1900-07
-
Jahr
1900
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 29.07.1900
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Die Kameraden von der Marine hätten bereit- gezeigt, daß die Ausbildung und die Grundsätze, wonach die militärischen Streitkräfte Deutschlands ausgebildet werden, die richtigen seien; an den Truppen sei eS nun, eS ihnen gleich zu thun. Der Kaiser erwähnte dann, eS dürse alle mit Stolz erfüllen, daß gerade aus dem Munde auswärtiger Führer das höchste Lob den deutschen Streitern zuerkannt wuroe; ferner wies der Kaiser aus die Größe der zu lösenden Aufgabe hin. Daß ein Volk, wie die Chinesen eS gethan, tau sendjährige alte Völkerrechte umgeworfen, der Heiligkeit der Gesandten und des Gastrechts in so abscheulicher Weise Hohn spreche, sei in der Weltgeschichte noch nicht vorgekommen. So sende Ich Euch denn hinaus, daß Ihr die alte deutsche Tüchtigkeit, die Hingebung und Tapferkeit, daS freudige Ertragen jedweden Ungemachs, die Ehre und den Ruhm unserer Waffen und Fahnen bewähren sollt. Ihr sollt ein Beispiel von Mannes zucht, Selbstüberwindung und Selbstbeherrschung geben; ihr werdet fechten gegen einen gut bewaffneten und gut gerüsteten Feind. Aber Ihr sollt auch rächen nicht nur den Tod des Gesandten, sondern den vieler Deut schen und Europäer. Jin weiteren Verlause seiner Rede erwähnte der Kaiser, daß mit Uebermacht zu kämpfen sei, das aber seien die deutschen Truppen, wie deutsche Kriegsgeschichte beweise, gewöhnt. Der Schluß der Rede lautete ungesähr folgendermaßen: Der Segen des Herrn sei mit Euch, die Gebete des ganzen Volkes begleiten Euch auf allen Euren Wegen. Meine besten Wünsche für Euch, für das Glück Eurer Waffen werden Euch folgen. Gebt, wo es auch sei, Beweise Eures Muthes. Möge sich der Segen Gottes an Eure Fahnen heften und er Euch geben, daß das Christenthum in jenem Lande Eingang finde. Dafür steht Ihr Mir mit Eurem Fahneneid ein. Glückliche Reise, Adieu, Kameraden! Nach einem Bericht des L. A. sagte der Kaiser auch noch: „Kommt ihr an den Feind, so wisset: Pardon wird nicht gegeben, Gefangene werden nicht gemacht; sührt Eure Waffen so, daß auf tausend Jahre hinaus kein Chinese mehr es wagt, einen Deutschen scheel anzusehen! Oeffnet der Cultur den Weg, ein sür alle Male! Adieu Kameraden!" Bei Besichtigung der ausfahrenden Truppen war der Kaiser von der Kaiserin, den Prinzen Eitel Friedrich und Adalbert, dem Reichskanzler, dem Staats sekretär Bülow, dem Kriegsminister und dem General Lessel begleitet. Nach der Ansprache des Kaisers dankte Generalleutnant v. Lessel Sr. Majestät für die den Truppen gewidmeten Worte. Die Truppen seien stolz darauf, als Werkzeug des Willens Sr. Majestät zu dienen; jeder werde an seinem Platze seine Ausgabe mit voller Hingebung zu lösen suchen. Der General schloß mit einem begeistert aufgenommenen Hurrah aus Se. Majestät den Kaiser. Berlin, 27. Juli. Telegraphischer Meldung aus Shanghai zusolge befinden sich auf Dampfer „Stuttgart" folgende Verwundete auf Heimreise: Von S. M. S. „Iltis": Casmir, Ledherz, Sontowski, Schoppengert, Kranks; von S. M. S. „Hertha": Vorpahl, Brehme, Klingberg, Boos, Holzknimper, Leißner, Lindner, Röhrs, Rheinstrom, Hartwig, Pesmüller, Dallmeher, Weber, Tümoler, Ohrt, Meyer, Grunau, Reinicke, Aunacker, Grammel, Bedorf, Wohnsen, Glomb, Fricke, Webers, Köhring; von S. M. S. „Hansa": Friedrichsen, Walther, Schwan, Schulz, Siebert, Müssig, Link, Röniger, Trost, Grundt, Hamann, Fillner, Fischer, Zander; von S. M. S. „Kaiserin Augusta": Bebensee, Klein, Kesseböhmer, Lauterbach, Blankenburg, Elberg; von S. M. S. „Irene": Noak, Hanke; von S. M. S. „Jaguar": Kleist, Krauß, Wünnemann; von S. M. S. „Gefion": Dethleff. Vom Gouvernement Tsintau: Zahlmeister Hagemeister, Feuerwerker Barb, Artillerist Struck meyer, Orthen, Kolberg, Seesoldat Teubner, Branding, Merkt, Umbach, Mielke, Schulte II., Stein, Hildebrandt, Kleiner, Menge, Schmidt lV., Wege, Rensch. Zum Ankauf und zur Ueberführung von Pferden zum ostasiatischen Expeditionskorps hat Oberleutnant v. Borcke vom Zieten-Husarenregiment die Reise nach den Vereinigten Staaten von Amerika angetreten. Die Uebernahme der Pserde erfolgt in San Francisco. Herr v. Borcke ist ein vortreffllicher Pserdekenner und beherrscht auch die englische Sprache vollständig. Zum Pferdeankaus in Australien berichtet dem „Berl. Lokalanz." sein aus einer Weltreise begriffener Mit arbeiter Herr Dr. Georg Wegener folgendes aus Sydney: Agent Lohmann expedirt am Mittwoch die ersten 200 Pferde nach Tsingtau, wo sie am 1. Sep tember ankommen, die nächsten 200 am 4. August, die letzten 900 am 30. August. Die „Nordd. Allg. Ztg." veröffentlicht einem vom Chef des Kreuzergeschwaders übermittelten längeren Auszug aus dem Kriegstagebuch des Kapitäns v. Usedom von der Expedition Seymours. Am Schluffe des Tagebuches heißt eS: Die Deutschen ließen keine Waffen, Verwundeten, Vermißte zurück. Die Gefallenen wurden mit militärischen Ehren begraben. Die Lage der Gesandten in Peking ist immer noch so wenig aufgeklärt, wie vor 14 Tagen, als die ersten chinesischen Dementis der Nachricht von ihrer Ermordung auftauchten. Ein neues solches Dementi ist jetzt der japanischen Regierung zugegangen: es wiederholt in der Hauptsache schon bekannte Behauptungen, fügt aber mehrere neue Details hinzu. Eine Depesche aus Tokio besagt: In einem aus Shanghai vom 23. Juli datirten Telegramm heißt es, daß der Gouverneur von Schantung, Juanschikai im Besitz eines vom 18. Juli datierten Briefes aus Peking sei, dem zufolge ein Gesandschafts-Curier, der eine Botschaft von der Gesandschaft befördern sollte, von den chinesischen Wachen gefangen genommen wurde. General Aunglu richtete an den Thron das Ersuchen, durch den Curier an die Gesandten ermuthigende Worte übermitteln zu lassen. Dies geschah und es kam die Antwort, daß alle Gesandten wohl und alle für Wiederherstellung des Friedens seien. Ein Be amter des Tsungli-Namen, mit Namen Bungtuan, besuchte später die Gesandtschaft und sprach mit allen Gesandten. Am 19. d. M. wurde beschlossen, eine Denkschrift dem Kaiser von China zu überreichen, seine Genehmigung zu erlangen zu suchen für Versorgung der Gesandtschaft mit Vorräthen und dann nach einer Berathung mit den Gesandten diese unter dem Schutze von Truppen nach Tientsin zu bringen. General Aung soll große Schwierigkeiten haben bei der Intervention zwi schen den ausländischen Truppen, die am Südende der Girka-Brücke stehen, und den Truppen Tungs, die an der Nordseite der Brücke stehen; indessen hat der Kampf aufgehört, — Das preußische Kriegsministerium erläßt im Reichsanzeiger folgende Bekanntmachung: In dankens weither Weise ist eine große Zahl von Liebesgaben, die sür das ostasiatische Expeditionskorps bestimmt sind, dem Kriezsministerium zur Verfügung gestellt worden. Es wird zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß in Bremen eine Sammelstelle sür Liebesgaben errichtet ist, und es werden alle, die solche Gaben zur Verfügung stellen wollen, gebeten, ihre Sendungen nicht an das Kriegsministenum, sondern an dir Bahnhofs Commandantur in Bremen zu richten und sie mit der deutlichen Aufschrift „Liebesgabe für das ostasiatische Expeditionskorps" und einer kurzen Bezeichnung des Inhalts zu versehen. Da beabsichtigt ist, die Liebesgaben erst nach der Abfahrt der Truppen zur Absendung zu bringen, darf gebeten werden, diese Gaben nicht vor dem 4. August an die oben genannte Commandantur zu schicken. — (Feldtelegramme aus China.) Nachrichten von den nach China entsandten Offizieren und Mannschaften können mittelst der Feldpost zwar unentgeltlich, aber doch nur mit einem Zeitaufwand von 5 bis 6 Wochen an ihre Angehörigen in der Heimath gelangen. Wirklich neu würden nur Mittheilungen sein, welche auf telegraphischem Wege hierher befördert werden. Dem steht aber bei Benutzung der gewöhnlichen telegraphischen Einrichtungen die doppelte Schwierigkeit entgegen, daß im Verkehr mit China jedes Wort fast 6 M., ein jedes Telegramm also mehr als 20 M. kosten würde, und daß ferner die Zahl der zu Gebote stehenden Telegraphenverbindungen dorthin eine große Menge einzelner Telegramme mit mehreren Wörtern aufzunehmen gar nicht im Stande wäre. Um nun den Betheiligten die Möglichkeit zu bieten, trotzdem gelegentlich telegraphische Nachrichten von ihren im Felde stehenden Angehörigen zu erhalten, hat das Reichspostamt im Einvernehmen mit dem Kriegsministerium und dem Reichsmarineamt eine Einrichtung getroffen, welche die bestehenden Schwierigkeiten überwindet und einen telegra phischen Verkehr vom Expedittonscorps nach der Heimath zu mäßigen Sätzen, in gewißen Fällen sogar unentgeltlich, ermöglicht. Es ist ein Verzeichniß von etwa 100 Nach richten, für die während des Kriegszustandes erfahrungs mäßig ein allgemeineres Bedürfniß vorliegt, aufgestellt worden. Jede dieser Nachrichten hat eine fortlaufende Nummer. Außerdem hat jeder Soldat vom Expedittons, corps eine Nummer (Telegraphennummer) erhalten, unter welcher sein Name und eine von ihm bestimmte Adresse in der Heimath eingetragen sind. Das Feldtelegramm des Soldaten nach Hause besteht also aus zwei Zahlen, nämlich der Telegraphennummer des Absenders und der Nummer der Nachricht, die er übermittelt zu haben wünscht. Diese beiden Zahlen werden zu einer Zahl zusammen gezogen; die so gekürzten Nachrichten werden von der Feldpost bezw. von den Schiffsposten täglich gesammelt und zu einem einzigen Telegramm zusammengestellt. Zur Erleichterung des Telegraphire-s werden von diesen auf Grund eines amtlichen Wörterbuchs die Zahlen des Sam meltelegramms in Wörter verwandelt Will z. B. Mus ketier Müller nach Hause telegraphiren: „Werde in näch sten Tagen gesund aus Lazareth entlaßen Gruß!", so hat er der Feldpost lediglich seine Telegraphennummer und die Nummer, unter der die Nachricht im Verzeichniß vorgesehen ist, anzugeben, etwa 0179 10. Der Zahl 0179 10 entspricht in dem amtlichen Wörterbuch das Wort Apulgamos; in dieser Form wird die Nachricht von der Feldpost oder Schiffspost in das Sammeltelegramm aus genommen. Das Sammeltelegramm wird an das Haupt- telegraphenamt in Berlin täglich übermittelt. Hier werden die einzelnen Wörter oder Zahlen wieder übersetzt, indem die der Nummer des Soldaten entsprechende Telegramm aufschrift und Unterschrift, sowie der Text der betreffenden Nachricht zu einem Einzeltelegramm vereinigt werden. Bei spielsweise würde das Telegramm des Musketiers Müller folgende Form erhalten: Feldtelegramm. Witwe Anna Müller Minden (Wests.), Hohnstr. Werde in nächsten Tagen gesund aus Lazareth entlassen. Gruß! Fritz. Diese Nachricht geht dem Adressaten zu. Für eine solche Nachricht nach der Heimath hat der Ab sender, wenn er im Officiersrange steht, im ganzen 6 M., wenn er zu den Unterofficieren und Mann schaften gehört, nur 3 M. zu zahlen. Die entstehenden Mehrkosten werden auf militärische Fonds übernommen. Bei Nachrichten, die sich auf Verwundungen und Aehn- liches beziehen, will die Militär- bezw. Marineverwal tung die ganzen Kosten tragen, sofern die Nothwendig, keit der Nachricht von dem Vorgesetzten des Absenders anerkannt wird. Die Telegrammgebühr kann in Frei- marken entrichtet werden. Um den in nächster Zeit abgehenden Truppentheilen die Uebersendung tele graphischer Nachrichten in die Heimath zu erleichtern empfiehlt es sich, deren Angehörige mit Freimarken zu 1 und 2 M. auszustatten, oder ihnen solche nach ihrer Abreise in Briefen nachzusenden. Die Angehörigen, die dies thun, können sich auf diese Weise eine schleu nige Nachricht aus der Ferne sichern und dadurch erheblich zu ihrer Beruhigung beitragen. — (Feldpostkarten nach China. Die jetzt fertiggestellten Feldpostkarten, im Format den Reichspost karten fast gleich, tragen folgenden (schwarzen) Aufdruck: Deutsche Reichspost Feldpostkarte An den an Bord S. M. Schiff . . . . Ostasiat. . . . Rcgt Escadron Bataillon Batterie Compagnie Colonne Diese K-rten sind zu 5 Pf. für je 10 Stück käuflich und werden portofrei befördert. Zum Sächsische». — Der 23. Verbandstag des Deutschen Fleischer verbandes, der am 11. und 12. d. M. in Nürnberg abgehalten wurde, bildet, wie die Allg. Fleischer-Ztg. schreibt, in zweifacher Beziehung einen Markstein in der Entwickelung dieser Vereinigung. Einmal feierte der Verbandstag mit dieser Tagung das Jubelfest seines 25jährigen Bestehens und dann schied mit ihr der erste Vorsitzende des Verbandes Eduard Stein- Lübeck, der 14 Jahre lang in für das Fleischergewerbe schweren Zeiten die Geschäfte des Verbandes mit Ehren und Erfolg geleitet hat, aus diesem Amte. Aus sehr kleinen Anfängen hervorgegangen, umfaßt der Verband gegenwärtig 31225 Mitglieder, und gerade in den letzten Jahren ist er stetig und stark gewachsen. An Stelle von Stein ist der bisherige zweite Vorsitzende Georg Eitel-Düsseldorf und an dessen Stelle Marx- Frankfurt a. M. gewählt worden. Stein wurde zum Ehrenpräsidenten des Verbandes ernannt. Um zu den sachlichen Verhandlungen überzugehen, so bereitet dem Fleischergewerbe große Unruhe die strengere Praxis, die vielfach Polizei und Gerichte in den letzten Jäh ren hinsichtlich der Anwendung von Conservirungs- mitteln beim Fleisch und von Färbemitteln bei der Dauerwurst üben und die zahlreiche Verurtheilungen wegen des Vergehens gegen das Nahrungsmittelgesetz zur Folge gehabt hat. Die Ungleichheit der Recht sprechung durch die verschiedenen Gerichte und die Ungewißheit über das was erlaubt und was verboten ist, bringen die Fleischer in beständige Gefahr. An dererseits wird der Gebrauch von Conservirungsmitteln als unumgänglich nothwendig von den Fleischern hin gestellt und das Färben der Wurst als ein Verschöner ungsmittel bezeichnet, das in anderen Gewerben, wie z. B. in der Conditorei, der Bäckerei, der Liqueur- fabrikation ohne Anfechtung benutzt wird. In dem letzteren Sinne faßte der Verband Resolutionen. Eine neue Sorge ist dem Fleischergewerbe erwachsen aus der am 1. Januar 1900 mit dem Bürgerlichen Ge setzbuch in Kraft getretenen Verordnung, betreffend die Hauptmängel und Gewährfristen beim Viehhandel. Für den größten Theil der beim Schlachten festge setzten Krankheiten der Thiere ist damit die Haftung d:n Landwirthen abgenommen und die Fleischer haben die aus den Beanstandungen der Schlachtthiere sich ergebenden Verluste zu tragen. Der Verbandstag be schloß, dahin zu wirken, daß der Umfang der, wie es in dem Bürgerlichen Gesetzbuch heißt, „Hauptmängel", für die der Verkäufer, also der Landwirth, einzustehen hat, wenigstens in einigen wichtigen Punkten erweitert werde. Mit der Gestalt, die das Fleischbeschaugesetz endgiltig erhalten hat, erklärte sich der Verbandstag nicht zufrieden. Man beklagte es als eine Durchbrech ung des sanitären Charakters des Gesetzes, daß die Hausschlachtungen von dem Beschauzwang befreit wor den sind und daß die Einfuhr des ausländischen Pökel fleisches gestattet worden ist. Es wurde aber aner kannt, daß die Zustände, die durch das Gesetz geschaffen werden, einen sehr erheblichen Fortschritt gegenüber den bisherigen Verhältnissen bedeuten. Eine Unterfrage zum Fleischbeschaugesetz bildet die Einsuhr von Schweinelebern und Schweinezungen. Die Wurstindnstriellen sind der Meinung, daß Deutsch land die Einfuhr ausländischer Schweinelebcrn nicht entbehren könne und die blühende Leberindustrie durch ein solches Einfuhrverbot untergrabe» werde. Der Verbandstag erklärte sich gegen eine kleine Minderheit für das Einfuhrverbot, das übrigens durch das Fleisch beschaugesetz selbst bereits ausgesprochen ist. Eine große Reihe anderer Angelegenheiten, die zur Verhandlung kamen, hat nur für den Berufsmann eine Interesse. Als Ort für den nächsten Fleischer-Vcrbandstag wurde Rostock bestimmt. Mit dem Verbandstage war eine sehr reich beschickte und höchst lehrreiche Fachausstell ung verbunden. Dem Verbandstage voraus ging die Jahresversammlung der Fleischereiberufsgenossenschaft, die der Präsident des Reichsversicherungsamtes Geh. Oberregierungsrath Gäbel durch seinen Besuch aus zeichnete. Ein Kantor der Thomasschule. Zum 150' Todcriaae Joh. Tcb. Bach s, (ft am 28. Juli 1750.« Bon vc Erwin L. Helm. (Nachdruck verbalen.) Ein Riesel geist auf musikalischem Gebiete ist es, dessen Todestag wir heute in Ehrsurcht und Bewun derung begehen, eigentlich nicht seinen Todestag — denn ein Geist wie dieser überdauert Aeonen — sondern den Tag, da er zur Unsterblichkeit einging, da er ein zog aus dem bi grenzten Kreise seiner Zeit in die Un endlichkeit seiner ewigen Geltung. Johann Sebastian Bach ist einer der größten Meister der Musik, die die Erde bis aus den heutigen Tao hervorgebracht hat. Er ist einer von denen, welche schlechterdings nicht mehr übertroffen werden können, weil er das Höchste geleistet, was ernem Menschengeiste aus diesem Gebiete der Kunst zu lefften möglich resp. gegeben ist. Ueber Bachs Musik hinaus reicht nur noch der Chor der Engel, deren Hallelujah am Throne des Ewigen schon seit dem Lobgesang der Morgensterne erschallt. In Boch haben wir Palestrina, Höndeft Gluck, Haydn, Mozart, Beethoven, ja selbst — Wagner vereinigt. Und doch auch das beschreibt ihn nicht. Eine ganz besondere Bedeutung, eine bei- spiellose Größe gewinnt er dadurch, daß in ihm die Stilgattungen zweier verschiedener Zeitalter zugleich zu der höchsten Blüthe gelangt sind, so daß er gleichsam wie ein Merkstein zwischen beiden steht, in beide aber riesengroß hineinragt. Mit gleichem Rechte darf ihn die hinter ihm liegende Periode der polyphonen Musik, des kontrapunktischen, imitatorischen Stils, wie die Periode der harmonischen Musik beanspruchen. Das e nzige Genie Bach's vereinigt die Eigen- thümlichkeiten beider Stilgattungen in einer Weise, welche auch für unsere Zukunftsmusik noch erstrebens- werth erscheint. Bach's Musik kann daher in dem Klingelklangel der Modernen überlärmt werden; ver- alten kann sie nie. Höchstens könnte einiges äußer- liehe rein accessorifche Beiwerk, wie Cadenzen, Verzier ungen u. dgl., worin auch Boch eben ein Kind seiner Zeit ist, än die Vergangenheit gemahnen. Seine Melodik aber ist so urgewaltig, so originell, so urgesund und unerschöpflich, seine Rythmik so lebendig und mannigfaltig, seine Harmonik so arnicht gesucht und doch frappierend, daß auch unsere heutigen „Ueber- Menschen" auf dem Gebiete der Musik nicht umhin können, seine Werke eifrig zu studiren, seinem Thun nachzueifern und daß auch die Zukunft des zwanzigsten Säkulums noch Stofs genug zur Bewunderung finden wird. Nicht minder staunenswerth, wie die Größe Bach- schen Genies, ist die Schlichtheit und Einfachheit seines äußeren Lebensganges. Als Sohn eines simpeln Stadtmusikers Ambrosius Bach und seiner Gattin Elisabeth geb. Lämmerhirt wurde Johann Sebastian am 21. März 1685 zu Eisenach geboren. Mit neun Jahren schon verlor er seine Mutter, mit zehn Jahren seinen Vater. Sein Bruder Johann Christoph, damals Organist in Ohr- drus, leitete die Erziehung des armen Waisenknaben, bis er im Jahre 1700 eine Freistelle aus der Michaelis- schule zu Lüneburg erhielt, von wo er mehrere Aus flüge zu Fuß nach Hamburg machte, um hier die damals berühmten Organisten Reinkens und Lübeck zu hören. Die erste Anstellung erhielt er im Alter von 18 Jahren als Violinist in der Privatkapelle des Prinzen Joh. Ernst von Sachsen zu Weimar, blieb indeß nur wenige Monate daselbst, da er die Organistenstelle an der neuen Kirche in Arnstadt an nahm. Von hier aus machte er die berühmte Fußreise nach Lübeck zu Dietrich Buxtehude, dem berühmten Orgelmeister, welche ihn in Konflikt mit seiner vor gesetzten Behörde brachte, da er seinen Urlaub unge bührlich ausdehnte. Zum Bruch hätte es kommen sollen, aber es kam nicht, da man den genialen Jüng ling nicht gerne laufen lassen wollte. Da wurde durch den Tod des Joh. G. Ahle die Organistenstelle zu St. Blasius in Mühlhausen vakant, im Jahre 1706, und 1707 rückte Bach in dieselbe ein, nachdem er sich mit seiner Base Maria Barbara, der Tochter Joh. Michael Bach's, verehelicht hatte. Die musikalischen Verhältnisse Mühlhausens sagten ihm indeß nicht zu, obwohl sie nicht gerade unerfreu lich und jedenfalls größer und bedeutender waren als zu Arnstadt, und so ging er nach einem Jahre schon fort und übernahm die Stelle eines Hoforganisten und Kammermusikus des regierenden Herzogs von Sachsen- Weimar in dieser Stadt. Hier wurde er 1714 zum Hofkonzertmeister ernannt. Das Jahr 1717 findet ihn in Köthen, als Kapell meister und Kawmermusikdirector des Fürsten Leopold von Anhalt, eine Stellung ganz anderer Art, als er sie bisher inne gehabt, denn er hatte dort weder eine Orgel zu spielen, noch einen Chor zu leiten und war gänzlich auf Orchester und Kammermusik an gewiesen. Wie die verschiedenen Stellungen, die er auszu füllen gehabt hatte, immer in besonderer Weise be stimmend auf die Richtung seiner Kompositionsthätig- keit wirkten, so schrieb er auch in Köthen deshalb überwiegend Werke für Kammermusik. Die vollste Schaffenskraft aber entfaltete er erst recht in Leipzig, wohin er 1723 als Kantor der Thomasschule und städtischer Musikdirektor kam. Unter dem Namen des „Kantor der Thomasschule" ist er uns auch heute am geläufigsten. In dieser Stellung starb er nach 27jährigem Wirken. Die letz ten 3 Jahre seines Lebens wurden ihm sehr verbittert. Eine, die Sehkraft allmählich gänzlich vernichtende Augenkrankheit stellte sich 1747 mit solcher Hartnäckig keit ein, daß er kurz vor seinem Tode völlig erblindete. Er starb am 28. Juli 1750 und hinterließ 6 Söhne und 4 Töchter, 5 Söhne und 5 Töchter waren schon vor ihm heimgegangen. Diesen Riesen aus seinen Werken zu würdigen, müssen wir uns, des beschränkten Raumes wegen, leider versagen. Wer sich über die Bedeutung Bach's als Musiker gründlich 'mr werden will, der muß die Bibliothek zu Hülfe nehmen, muß die Litteratur über sein Leben und sein Wirken nach Bänden durch studieren und vor allen Dingen selbst eine musikalische Ader besitzen, sonst wird er seine Größe nie ganz er fassen und meinen, wir hätten des Lobes über ihn zu viel gespendet. Einige Worte seien dennoch gewagt, um dem Leser wenigstens eine schwache Idee zu geben von der einzigen Bedeutung dieses einzigen Mannes^ den wir Deutschen mit berechtigtem Stolz zu den Unsern zählen dürfen. Bach schrieb allein 5 vollständige Jahrgänge Kirchenkantaten. Das sind 260 Kompositionen d. h. Meisterwerke, die leider, leider nicht alle erhalten sind. Er schrieb auch 5 Passionsmusiken, von denen nur — 2 erhalten sind: Die gigantische erhabene Mat- lhäus-Passion und die liebliche Johannespassion. Die titanenhafteste seiner wenigen erhaltenen Messen ist die überwältigende 14 moll Messe. Wer diese gehört, der mag sterben, er hat himmliche Musik auf Erden ge hört. Auch das große, durchweg mit wahrhaft gött licher Kunst fünfstimmig gesetzte „Magnifikat" ist eines seiner hervorragendsten Werke. Und nun seine Oratorien, von denen das Weih nachtsoratorium uns am bekanntesten sein dürfte! Und nun die imposante Zahl seiner Instrumental- Werke ! Für Klavier, für Orgel, für beide zusammen, sür Orchester, sür Kammermusik! Seine unzähligen Präludien, Fugen, Phantasien, Sonaten, Tokkaten, Partiten, Suiten, Konzerte, Variationen, Choralvor spiele, Choräle! Besonders namhaft gemacht sei das „Wohltemperierte Klavier", das jeder heutige Musik schüler, der Anspruch machen will, kein bloßer Stümper zu sein, bewältigen und sich zum Badeinekum machen müßte! u. s. w. u. s. w. Wer nennt sie alle, würdigt sie alle? Bon jetzt nicht mehr üblichen Instrumenten hak Bach die Gambe (Viola 6a Qamba) mit 3 Sonaten^ die Laute mit 3 Partiten und die vom ihm selbst konstruierte Viola pompvsa mit einer Suite bedacht. Als nach fast dreiviertel Jahrhunderten Mendelssohn zum ersten Mal Bachs ganze Größe wieder an'S Tageslicht brachte, war es die ewig unsterbliche „Mat thäus-Passion", mit welcher er den größesten aller Musiker uns nahe brachte, ein Verdienst, welches dem Komponisten der Athalia hier auch angerechnet sei. Seit 1850 ist die Bach-Gesellschaft schon mit der Herausgabe seiner Werke beschäftigt und harrt die Ausgabe noch heute ihrer Vollendung. — So groß.
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