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lichen Dingen abzugeben und äußere Sorge zu haben". Ein goldenes, aller Beherzigung weither Wort! Und daß ihm selbst inmitten seiner Marthasorzen der Mariensegen nicht fehlte, davon zeugt er mit den Worten: „Wer das Amt der Martha treu zu erfüllen beflissen ist, der wild auch zuweilen gewürdigt, die Süßigkeit der sich so selig fühlenden Marie zu genießen". Von dieser Marienseligkeit floß dann auch seine Rede über. So ungeschickt und einsilbig er war, wenn von weltlichen Dingen ge redet wurde, so holdselig und klar floß ihm die Rede von den Lippen, wenn sich das Gespräch auf geistliche Dinge lenkte. Manchmal fühlte er aber auch mitten im Gespräch mit den Brüdern den Zug des Herr« so überwältigend in seinem Innern, daß er um Erlaubuiß bat, sich zurückziehen zu dürfen: „Ich muß gehen, eS ist Einer, mit dem ich mich in der Zelle besprechen muß". Wenn er betete, so war sein Angesicht wie verklärt, und eS schien, als wollte sein ganzer Körper in den Himmel ausfliegen, wo sein Geist uns sein Verlangen war. Dabei war er in der Benutzung seiner Zeit sehr g-wissenhaft, stand Morgens in aller Frühe auf und war Abends der letzte, der die Klosterzelle verließ. In Speise und Trank war er mäßig, in seinen Sitten von musterhafter Reinheit, ja er pflegte sogar, hierin wie derum die Frömmigkeit seiner Zeit auch mit ihren Verirrungen und Aus wüchsen wiederspiegelnd, sich an bestimmten Wochentagen selbst zu geißeln unter Absinguug eines lateinischen Lieder auf Christum. Wer denkt nicht auch hierbei an den Mönch, drr 100 Jahre später in seiner Zelle zu Er furt den Pflichten der „Möncherei" so gewissenhaft und pünktlich oblag, daß er nachher von sich sagen konnte, wenn Jemand hoffen konnte, durch Möncherei selig zu werden, so wollte er's gewiß geworden sein? So ging das Leben des Thomas in großer Einförmigkeit dahin Einmal aber drangen die Wogen der kirchlichen Wirren auch in seine stille Zelle ein und trieben ihn sogar eine Zeitlang hinaus. Der Utrechrer Sprengel nämlich, in dessen Gebiet das Kloster lag, kam in Streit mit dem vom Constavzer Conzil gewählten Papst Martin V. und dieser Streit wurde so scharf, daß ein Theil des Sprengels mit dem päpstlichen Inter dikt belegt wurde. Da durste kein Gottesdienst gehalten, kein Kind ge tauft, keine Ehe eingegangen, kein Todter in geweihter Erde begrabe» werden. Alles kirchliche Leben war todt. Gehorsam fügte sich nun auch Thomas und seine Klosterbrüder dem päbstlichen Willen. Darüber bemächtigte sich jedoch der Bevölkerung eine große Erbitterung und zuletzt kam cs so weit, daß die Mönche ihr Kloster räumen und von 1429 bis 1432 als Ver bannte in Friesland leben mußten. Auch die grimme Pest suchte mehr mals das Land und Kloster heim und in seiner unmittelbaren Nähe sah Thomas ihre Opfer in Menze dahinfinken. — Im Jahre 1471 am Feste des h. Jacobus des Jüngere», 25. Juli, 72 Jahre nach seinem Eintritt ins Kloster, ist Thomas selig im Herrn entschlafen, im 92. Jahre seines Lebens, nachdem er in seiner letzten Lebenszeit „mit einer beschwerlichen Wassersucht m den Schienbeinen" behaftet war. 12 Jahre nach seinem Tode ward der Mann geboren, den Gott zum Reformator feiner Kirche bestimmt hatte. Ueber das Lebensbild des Thomas aber schreiben wir 2 Sprüche, die am treffendsten fein inneres Geisteswesen auSdrücken und die der geneigte Leser in seiner Bibel aufschlagen möge: Col. 3, 3 und 1. Petri 3, 4. Albertsberg und Carolagrün. Am 27. Mai dsS. Jahres Nachmittags 1 Uhr fand in Schönheider- Hammer die diesjährige ordentliche Hauptverfammlung des Vereins zur Begründung und Unterhaltung von Volkshcilstätten für Lungenkranke im Königreich Sachfen unter dem Vorsitze des G:heim. KommerzienratheS Georgi in Mylau statt Aus dem Bericht ist hervorzuheben, daß AlbertSberg (für männliche Kranke) stets gut besucht gewesen und man mit den Erfolgen und der dankbaren und guten Stimmung der Kranken zufrieden sein konnte. 1899 wurden 400 Kranke ausgenommen, 390 im Verlauf des Jahres entlassen, von ihnen standen 57 im 1. Stadium der Krankheit und konnten als erwerbsfähig entlassen werden; 201 im 2. Stadium, von ihnen gelten 185 als erwerbsfähig, während von den 132 im 3. Stadium nur 31 als erwerbsfähig bei der Entlassung angesehen werden konnten. Ein Drittel aller befand sich also in einem Zustande der Krankheit, der eigentlich in die Volksheilstätten, die ja dauernde Erfolge erzielen wollen, nicht gehört. Den zu Entlassenden werden von der Heilstätte gedruckte Belehrungen über ihr ferneres Verhalten mitgegeben, die auch demnächst allen in der Gemeindepflege stehenden Diakonissen und Albertinerinnen zugehen sollen, damit diese die in ihre Gemeinden Zurückkehrenden überwachen und be- rathen können. Da der Eintritt der Kranken möglichst im 1. Stadium zu wünschen ist, sollen die Gemeindepflegerinnen auch gedruckte Anleitungen erhalten zum schnellen Erkennen der Krankheit und ihrer Anfänge Die 390 Kranken haben 34848 Krankentage in der Anstalt verbracht. In Leipzig hat sich ein Verein alter Albertsberger gebildet, ein Beweis für die Anhänglichkeit an die Anstalt. Der Bau der Anstalt Carolagrün für weibliche Kranke, der ja besonders durch die Vermittelung der Landcsversicherungsanstalt ermöglicht wurde, ist auf seinem schönen waldumgebenen Bauplatz nach den Plänen des Architekten Tscharmann soweit vorgeschritten, daß er im Oktober voll endet sein soll. Wann die Belegung beginnen soll, steht noch nicht f.st. Der Bau ist im Ganzen den Bauten in AlbertSberg ähnlich ausgelührt, doch hat man die dort gemachten Erfahrungen zur Verbesserung umsichtig verwendet. Die Nachfrage um Aufnahme ist so groß, daß sich di: Landesver sicherungsanstalt entschlossen hat, eine eigene Anstalt für männliche Kranke aber unter gleichbleibender Belegung von AlbertSberg zn errichten. Ein Bauplatz ist noch nicht gefunden, man wird ihn wohl etwas westlicher suchen. In Carolagrün soll der bisherige sehr bewährte Anstaltsarzt von AlbertSberg vr. Gebser AnstaltSarzt werden, sein Nachfolger dort vr. msä. Schulze, bisher Assistenzarzt des Geh. Medizinalraths Prof. vr. Cursch- mann in Leipzig. Zwischen beiden etwa dreiviertel Stunden von einander entfernten Anstalten soll, wenn ein zu erlassender Aufruf die benöthigten Mittel von mindestens 36 000 Mk. einbrivgt, eine kleine hübsche Kirche nach der Zeichnung des Herrn Baumeister Tscharmann erbaut werden. Die Zeich nung war ausgestellt und fand großen Beifall, hoffentlich fließen die Bei träge reichlich genug. Der bisher im Speisesaal in AlbertSberg von Herrn ?. Fleischer in Falkenstein abgehaltene Gottesdienst ist von den Kranken zahlreich besucht qewesen. Die Mitgliederzahl ist leider von 1399 auf 1383 zurückgegangen. Die Mitgliederbeiträge beliefen sich auf 13869 Mk. Eine Reihe größerer Geschenke sind eingegangen. Se. Majestät der König überwies zum Bau von Carolagrüa die Allerhöchst Ihm von der Stadt Leipzig dargebrachte JubiläumSstiftunq im Betrage von 100 000 Mk. Den Gesammteinnahmen von 253173 Mk. stehen 248 576 Mk. Ausgaben gegenüber, darunter Betriebsausgabe für Albertsberg 97 398 Mk., Baukosten für Carolagrün bis Ende 1899 110 609 Mk. Eiu unvermuthetes Heiligthum. Der bekannte Berliner Hof- und Garnisonprediger E. Frommel er zählt folgende Krankengeschichte. Zu den freien Abenden in dem Hause einer feinsinnigen Familie hatte auch ich Zutritt erhalten. Es war ein geistig belebter Kreis aus allen Ständen der gebildeten Gesellschaft, der fily um das Haupt des Hauses sammelte. Meist wurde von ihm vor- gelesen in einer Weise, wie ich nie vorlesen gehört, feiens Schleiermachers Monologe, ein ShakespearischeS oder Lessiogfch-s Drama, Eichcndorffsche Novellen oder die Chronik eines fahrenden Schülers — kurz jeder Abend hatte sein bestimmtes, künstlerisches Gepräge, feiS Dichtkunst oder Musik Man fand eine Fülle von Anregung und blieb mit seiner Bildung „auf dem Laufenden". Denn wo sollte ich damals unter aller Arbeit und An gelaufenwerden noch eine Stunde für Eichendorf oder Lessing finden! Richt zu oft konnte ich hin, aber jedesmal hatte ich Gewinn davon, denn ein geistreicher Mittelpunkt vereinte die verschiedenen Geister; das belebte Gespräch hatte durch den Vortrag einen Ariadnefaden gewonnen, daß man dem Minotaurus der Langellweile, die das Geheimnis der sogenannten „Gesellschaft" ist, entrann und allem elenden Klatsch. Aber das Haupt des Hauses bat mich, doch sonst auch vorbei zu kommen, wenn der Weg mich hinführte. So trat ich einmal des Morgens ein. Wir unterhielten uns, gingen durch die Räume, die mit Erinnerungen aller Art, nament lich an eine berühmte Berliner Zeit, geschmückt waren. Was hätten diese Lorbeerkränze und Schleifen, diese Bildnisse alle- erzählen können! „Das ist ja herrlich", sagte ich, als ich so viele Namenszüge großer Meister in Kunst und Musik sah, von Goethe an. — „Ja, doch das Beste im Hause hoben Sie noch nicht gesehen. Aber sie sollen cs sehen: un^er kleine- stilles Heiligthum im Hause. Was uns beschwert, dort wird es nieder gelegt, was sich entzweien will, wtrd dort geschlichtet und versöhnt; gegen die Veräußerlichung ist dort das Gegenmittel, gegen die Versuchungen unseres Standes die Waffenkammer, eine Kirche, wenn sie wollen, wo wir beten. Kommen Sie." Ich trat in ein mit lichten Gardinen verhangenes Gemach. Im schneeweißen Bette lag eine Kranke mit feinen durchgeistigten Zügen. Die sprechenden dunkeln Augen leuchteten aus dem leicht ge- rötheten Antlitz. „Es ist unsere liebe Tochter", sagte der Hausherr. „Seit ihrem fünfzehnten Jahre liegt sie nun krank und gelähmt — es werden jetzt wohl fünfundzwanzig Jahre sein — nicht wahr, mein Herz?" Die Kranke nickte. „Aber ihr Leid und Leiden ist unser Seg-m, für den wir Gott alle Tage danken. Hier lernen wir Ergebung und Geduld, und das pochende Herz wird still". Er drückte ihr einen Kuß auf die Stirne und sagte. „Adieu, mein Segenskind". Ich reichte ihr die Hand und trat hinaus: Ich hatte genug gesehen. — Fragst du mich aber, in weß Haus ich solches gesehen, dann bekreuze dich, geneigte Leserin, nicht: er war — ein Schau spieler. Truck von I. Nuhr Nachfolger Max Förster, Hohenstein-Ernstthal. l It L Melodik aber ist so urgewaltig, so originell, so urgesundIihm tndetz nicht zu, ovwoyt sie nicht gerave unrr,rcu-iu>» vrm «r,rr we.»»,»..» o-»