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„Lang sah ich, Meta, schon Dein Grab Und seine Linsen wehn; Streut ihre Blum' auch mir. Die Linde wehet einst auch mir. Nicht mir! TaS ist mein Schatten nur, Warans die Blüte sinkt, Sv wie es nur Dein Schatten war, Worauf sie ast schon sank. Dann kenn' ich auch die höhere Welt. In der Du lauge warst; Tann sehn wir froh die Linde weh'n, Die unsere Gräber kühlt." Vor der Wohnung des ehrwürdigen Pfarrers zu Grunau in Voß' „Luise" stehen zwei breitlaubige Linden. Bei Schiller finden wir den Lindwurm, der in der Nähe des schattenreichen Baumes sein Lager aufzu- schlagen liebt. Unter einer Linde schießt Tell den Apfel vom Haupte seines Sohnes, und unter einer Linde sitzt Stauffacher, als ihn Gertrud, seine treffliche Gemahlin, zu entschlossener That zu entflammen sucht. Bei Hölty, Salis und Matlhison, dem Dreigestirn der Dichter deutscher Gefühlspoesie, wird die Linde viel fach erwähnt. So singt Matthison in seinem „Mond scheingemälde" : „Dar Linde schöner St)lphc Slreist scheu in LunenS Glanz, Jin dunkeln Unterschilse Webt leichter Jrrwischtanz." In dem „Wunsch" (Salis) bekennt er: „Der Hügel, wo der jauchzende Knabenreih'n Sich nm den Stamm der blühenden Linde schwang, Entzückt mich höher als der Alpen Blendende Gipsel im Nosenschimmer." Auch Ludwig Uhland, der ja überhaupt dem deutschen Gefühlsleben in seinen Liedern einen so be redten Ausdruck verliehen hat, läßt seine Harfe zu Ehren der Linde ertönen, z. B.: „Ich sah bei jener Linde Mit meinem tränten Kinde, Wir sahen Hand in Hand" pp. „Dort, wo die Linden duften, Vernahm ich diese Nacht, Ein Plaudern und ein Flüstern, Wie wenn die Liebe wacht. Die Stimme zu erkunden, Lauscht' ich hinab am Wall. Doch wähnt ich sie gefunden. So schlug die Nachtigall" pp. In dem von Emanuel Geibel besungenen Schlosse Rothenburg, das dem Dichter wie eine Leiche erscheint, „der man den Sarg mit Blumen schön umwunden", „steh'n als Wächter, eingelullt in Troume, die alten, blütenduft'gen Lindenbäume." In dem Gedichte „Einkehr" singt derselbe Dichter: „Der Staub ist heih, die Sonne glüht, Vom langen Wandern bin ich müd'; Sich da, im Schatten der Linden Muh ich ein Wirthshaus sinken!" Agnes Franz hat in sinniger Weise dem lieblichen Bilde der Eltern- und Kindesliebe Ausdruck gegeben in dem Gedicht: „Die Linden". Sehr schön schildert Honcamp, wie die Linde den Menschen von der Wiege bis zum Grabe in allen Lebenslagen treulich begleitet, in dem Gedichte: „Nachbar Huber und seine Linde." Welch' köstliche Poesie strömt unS entgegen aus dem tief empfundenen Liede: „Der Lindenbaum", dessen Verfasser W. Müller ist. Um die Linde rankt sich vor allem auch das Volkslied. Unter der Linde treffen sich die Liebenden zu ernstem und trautem Gespräch; hier nimmt der Bursche Abschied von seiner Geliebten; hier sucht die Jungfrau den Erwählten ihres Herzes und klagt dem Baume ihr Leid, wenn sie ihn nicht findet; hier singt und tanzt die Jugend; hier findet die verstorbene Ge liebte ihre letzte Ruhestätte, z. B.: „Es sah eine Linde ins liefe Thal, War unlen breil und oben schmal, Worunter zwei Verliebte sahen, Vor Lieb ihr Leid vergahen." „Wenn ich keinen Schau mehr hab, Will ich schon ein sindcu, Geh' ich's Gählein auf und ab Bis zur grohen Linden." „Es stand eilte Lind im tiefen Thal, Ach, Gott, was will sie da? Sie will mir belfen trauern, Tag ich mein Lieb verloren hab'." In „Des Knaben Wunderhorn", dem ewigen Jungbrunnen deutscher Volkspoesie, begegnet uns noch so manches schöne Lied, das von der Linde singt. Mit Recht sagt Heinrich Heine von dieser herrlichen Liedersammlung: „Dieses Buch enthält die hold seligsten Blüthen des deutschen Geistes und wer das deutsche Volk von seiner liebenswürdigen Seite kennen lernen will, der lese die Volkslieder. In diesem Augenblicke liegt das Buch vor mir und es ist mir, als röche ich den Duft der deutschen Linde. Die Linde spielt nämlich die Hauptrolle in diesen Liedern; in ihrem Schatten kosen des Abends die Liebenden, sie ist ihr Lieblingsbaum, und vielleicht aus dem Grunde, weil das Lindenblatt die Form eines Menschen herzens hat." Vermischtes. Friedrichshafen, 24. Juli. Nach Mittheil- ungen des Grafen Zeppelin ist gar keine Rede davon, daß Ende dieses Monats eine zweite Ballonauffahrt stattfinde. Die 17 Ballons sind entleert und das frei gewordene Wafferstoffgas in Flaschen aufgefangen. Aenderungen an Motor und Schrauben nicht vorge nommen, dagegen wird verschiedenes Anderes neu construirt. * Berlin, 25. Juli. Glücklicher Gewinner der „Kegel-Villa", die den Preis des hunderttägigen Preis kegelns in der Unionsbrauerei Hasenheide bildete, wurde Dienstag Abend kurz nach Mitternacht Herr Jackson aus Berlin, der 83 Holz aufzuweisen hatte. Er gewann die Villa Zillerthal in Eichwalde (Station an der Görlitzer- und Stadtbahn), dazu Pferd und Wagen. * Neuer amerikanischer Blödsinn. Die „Revue des Revues" brachte eine Reihe interessanter Artikel über die Excentrizitäten, in denen sich besonders die jungen Damen des amerikanischen Millionen-Gesell- schaftskreises gefallen. Unter zahlreichen Beispielen ist besonders eins nennenswerth. Eine Depesche des „Morning Leader" berichtet, daß drei junge Damen, die den vornehmsten New-Iorker Familien angehören, Fräulein Elisabeth von Buren, Louise von Buren und Josefine Reynolds, auf die sonderbare Idee kamen, allein einen Expreßzug zu führen. Auf dem Loko- motivraume haben sie ganz allein 'die Geschäfte des Heizers, Führers und des Mechanikers verrichtet. Mit ihren zarten Händen haben sie die Kohlen in die Gluth geworfen, das Oelen der Maschine besorgt und das Handhaben der Bremse und der Signale sicher ausgesührt. Von der Stadt Arkansas fuhren sie ab und haben erst in Oklahoma gehalten, nachdem sie eine Strecke von 300 Meilen, d. h. 480 Kilometern zurück gelegt hatten und mit einer Geschwindigkeit von 96 Kilometern in der Stunde gefahren waren. Wenn man bedenkt, daß die Bahnstrecke des Westens eine der leichtest gebauten und gefährlichsten in Amerika ist, so kann man diesen drei jungen, wagehalsigen New- Aorker Damen einen gewissen Muth nicht absprechen. Es ist dies ein neuer „Rekord" auf der langen Liste von Millionärinnen-Launen, der vielleicht Anlaß giebt zu einer neuen Aera in der Thätigkeit des Iankee- Frauenrechtlerinnen. * Dis ZustäudS in den italienischen Landschulen erfahren in der „Deutschen Zeitschrift für ausländisches Unterrichtswesen" interessante Beleuchtung. Die mangel haften Zustände, unter denen die italienischen Dorfschulen zu leiden haben, spotten jeder Beschreibung. Lehrer und Schüler sind in niedrigen, schlecht gelüsteten, schmutzigen Räumen unter schadhaften Dächern und bei ost unge nügender Beleuchtung untergebracht. Die Disciplin ist hier außerordentlich erschwert. In Bersezio, einem Dorfe in der piemontesischen Provinz Cuneo, ist die Schule seit Jahren in einem Stall, der dreißig Schafe, einen Ochsen und einen Esel beherbergt, untergebracht. Natürlich ist es nicht gerade ein Musterstall, den man für die Thiere und also auch für die Schule ausersehen hat. Als Bänke dienen ungehobelte Bretter, die der Lehrer auf den in den Boden gerammten Pfählen befestigt hat. Der un glückliche Schullehrer, der hier unterrichtet, hat kürzlich im „Oorrioro ätzllu maostro" seinem Herzen Luft ge macht. Da heißt es z. B.: „Gehalt jährlich 120 Lire, also etwa 100 Mark, Schülerzahl 30, Schulraum 12 Quadratmeter in einem 10 Meter langen, 4 Meter breiten und 2 Meter hohen Stalle. Die Schüler werden fort während durch das Ein- und Ausgehen des Besitzers, durch das Blöken der Hammel und Gackern und Flattern der Hühner gestört. Reinlichkeit ist nicht zu erreichen, denn Bücher und Hefte sind stets voll Düngerflecke. Da ¬ bei ist die Luft so feucht, daß zehn Minuten nach Beginn des Unterrichtes die Hefte unbrauchbar sind. Bei Regen wetter kann überhaupt nicht geschrieben werden, weil es durch das schadhafte Dach tropft. Fünf Stunden täglich diese Luft einathmen müßen, ist schlimmer als es die De portierten in Cayenne haben." Madrid, 18. Juli. Der Ministerrath hat be schlossen, daß die Schullehrer anstatt von den Ge meinden direkt vom Staate bezahlt werden sollen. Damit hört ein Verhältniß auf, daß ein Schandfleck für Spanien war. Gegenwärtig schuldet Spanien den Schullehrern für noch nicht gezahlte Gehälter rund zehn Millionen Pesetas. Wechsel. — Diskont. Amsterdam per 100 Ct. st. 3'/,°/, ScbweizerPlätzepr. lÜOFrs.^/,^ 100 Pesetas 5 Paris pr. 10O Francs. 3 Deutsche Reichsbank: Discont b»/, — Lombard-Z.-F. 6°/g. London pr. I Psd. Sterl. 4 Madrid und Barcelona pr. p- p- P- P. 80,SO 20,48 20,2« 81,40 80,7b 84,1b 83,10 p- V. P- p- p- G. A. G S. « G G »/ -o p. 10 T. p. 2M. 169,— 167,90 81,20 80,25 76,20 Petersburg pr. 100 Rubel b>/,o/o Warschau pr. 100 Rubel b'/,«/, Wien pr. 1cO Kr. Oe. W. 4'/,°/g Brüssel und Antwerpen pr. 100 Francs 4 Italienische Plätze pr. 100 Lire ö k. S. p. 10 T. /k. S. P. 8 L. U. S. p. 3 M. ,k. D. p. 14 T. /k. S. U. S. ,i. S. 1 . K. k. S. G. G G. G. G /k. S. «l. S. /k. S. U. S. ,k. S. U. S. 8 T. 2M. 8 T. 3 M. SM. 8 T. 3 M. 8 T. 3M. 8 T. 8 T. 3 M. ", o S. p. O. S. p. Sieben auf einen Schlag, so hatte das tapfere Schneiderlein als staunenswerthe Leistung auf seinen Leibgurt geschrieben. Und warum? Weil es mit einem Schlage sieben naschhafte Fliegen getödtet hatte. Es scheint also, als ob es zu dieses Helden Zeiten auch schon diese Quälgeister in großer Menge gegeben habe. Jetzt könnte solch Schneiderlein auch einmal seine Künste beweisen. In Küche und Keller machen die kleinen schwirrenden Jnsecten den Hausfrauen gar viel Sorge. Es ist in der heißen Sommerzeit kaum möglich, die Speisen vor den Fliegen zu schützen. Ja, wie oft sieht man sich versucht, zuzuschlagen, wenn solch Fleischverderber am Schinken sitzt. Es nützt ja aber doch nichts. Die Fliegen retten sich, und der Aerger ist um so größer, wenn noch ein Stück Ge schirr in die Brüche geht. All diese Sorgen und all diesen Aerger spart sich die kluge Hausfrau, wenn sie eine Wenigkeit Zacherlin, was in allen Drogerien zu haben ist, ausstäubt. Dann hält sich keine Fliege in der Speisekammer, und die darin befindlichen werden im Nu getötet. Zacherlin ist unstreitig das Nützlichste und Zweckmäßigste für Küche und Speisekammer und durch kein tapferes Schneiderlein zu ersetzen. Druck und Verlag von I. Ruhr Nachfolger Mar Forste . Hohenstein-Ern'tthat. — Verantwort itcver Redakteur Mar Förster, Hohenstein-Ernstthal,