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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 26.07.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-07-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190007268
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19000726
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19000726
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-07
- Tag 1900-07-26
-
Monat
1900-07
-
Jahr
1900
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 26.07.1900
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Daß die chinesische Regierung von Anfang an mit den Boxern unter einer Decke gesteckt, ergiebt sich aus einem Edict, das die Kaiserin-Wittwe bei Ausbruch der fremdenfeindlichen Wirren in China erließ. Das Edict wird in deutscher Uebersetzung im Ostasiatischen Lloyd veröffentlicht. Es wendet sich zunächst gegen die „bös willigen Menschen", die unter dem Deckmantel des Chri- stenthums ein Schrecken ihrer Nachbarn, namentlich auf dem Lande, geworden sind. Sodann erhalten die „Pa trioten und Friedensfreunde", Mitglieder der Jko Eh'uan« Gesellschaft, die sich besonders durch Greuel aller Art hervorgethan hatten, einen leisen Tadel, der jedoch nur äußerlich als solcher erkennbar ist. In Wahrheit wird vielmehr die Existenzberechtigung dieser Secte, die auch unter den Gesammtbegriff der Boxer zu rechnen ist, an erkannt. Es heißt in dem Edict u. a.: „Da die Mit glieder der Gesellschaft sich jedoch in jüngster Zeit auf Uebungen zur Selbstvertheidigung beschränkt und damit Angriffe auf ihre Häuser und Dörfer abgewiesen haben, auch niemals selbst Veranlassung zu Ruhestörungen gaben, so haben wir uns nicht veranlaßt gesehen, die Gesellschaft zu unterdrücken, sondern nur wiederholte Instructionen an die Localbehörden erlassen, auf daß diese es sich ange legen sein lassen sollten, die Thätigkeit der „Patrioten und Friedensfreunde" in den richtigen Schranken zu halten. Wir machten insbesondere darauf aufmerksam, daß es sich nicht darum handelt, ob diese Leute der Ge sellschaft angehörten, sondern vielmehr darum, ob sie sich zusammenrotteten, um Unruhen anzustiften." Freundlicher konnte sich das kaiserliche Edict gegenüber diesen Mord brennern und Räubern nicht aussprechen, und so war denn die leicht erklärliche Folge dieses Erlasses, daß die Boxer in ihrem ganzen Thun und Treiben durch die Re gierung unterstützt sahen, die ja offen erklärte, daß sie die Gesellschaft selbst nicht verbiete und nur die Thätig- keit der „Patrioten und Friedensfreunde" in den richtigen Schranken gehalten wissen wollte. * * Der gegenwärtig in Petersburg weilende vor malige deutsche Gesandte in China hat sich dort gegen über einem Redakteur des „Herold" über die Lage ausgesprochen und u. A. gesagt: Deutschland habe stets ohne Neid auf die dominirende Rolle Rußlands in China gesehen. Die Ansicht sei ja begreiflich, daß Rußland, als nächster Nachbar Chinas, eine solche haben muß. Die deutsche Politik sei damit auch voll kommen einverstanden. Rußland lege Gewicht darauf, freundschaftliche Beziehungen zu China zu pflegen; dies sei für die Entwickelung der sibirischen Bahn, als einer Verbindungslinie für die Mandschurei, von höchster Wichtigkeit. Derartige Beziehungen seien auch unserem Handel von Nutzen. Deutschland habe das größte Interesse daran, daß eine Pazifieirung Chinas raldmöglichst gelinge. Zu der Frage, ob Deutschland ich nicht zurückziehen könne, da schwere Opfer er- orderlich seien, und Rußland allein die Aktion über- assen könne, äußerte Herr v. Brandt: Wir können nicht zurück, da wir Kiautschou brauchen. Wir müssen bleiben, koste es, was es wolle. Ein Zusammengehen Deutschlands mit Rußland erleichtere die Aufgabe und ziehe Frankreich nach sich. Das Londoner Auswärtige Amt verkenne ebenfalls nicht die Sachlage, v. Brandt glaubt nicht, daß der Krieg lange dauern wird. Freilich müsse jetzt nach der Einnahme Tientsins un bedingt energisch vorgegangen werden. Die derzeitigen Kräfte reichten zu einer Offensive gegen Peking aus; es dürfe nicht gezögert werden, da sonst zu erwarten stehe, daß sich der Aufstand nach dem Süden ausbreite. 4- * Die de«tfche« Matzuahme«. Genua, 24. Juli. Der Dampfer „Preußen" ist mit den deutschen Truppen an Bord heute Vor mittag 11 Uhr in See gegangen. Eine ungeheure Menschenmenge bereitete den Truppen Ovationen. Die Musik spielte die deutsche und die italienische Volkshymne. Vor der Abfahrt des Schiffes hatten sich die hiesigen Behörden an Bord begeben und mit den Offizieren die herzlichsten Grüße und Glückwünsche ausgetauscht. Von allen Stationen, wo deutsche Truppen auf ihrer Fahrt nach Genua passirten, liegen Berichte über einen enthusiastischen Empfang Seitens der italienischen Bevölkerung vor. Auf dem Bahnhof in Genua empfing sie die Kapelle des 44. Genueser Regiments. Die Soldaten erregten durch ihre vor treffliche Haltung die allgemeine Bewunderung der Genueser. Aus Bremen wird geschrieben: In dem auf dem hiesigen Weserbahnhof vom Reichsmarineamte eingerichteten Sammel-Magazin herrscht eine außer ordentlich rege Thätigkeit, wie sie erforderlich ist, um die gewaltigen Gütermengen rechtzeitig bis zum Abgang der Transportdampfer nach Ostasien an Bord zu befördern. Die Zufuhr der von auswärts nach hier gesandten Proviantwagen rc. steigert sich von Tag zu Tag und sämmtliche Proviant- und Bekleidungsämter sind an den Lieferungen betheiligt. Die Arbeitskräfte haben noch um ein Erhebliches vermehrt werden müssen. Unter den nach Bremen abkommandirten Militärs sind die verschiedensten Truppengattungen vertreten. Weitere Kommandirungeo sollen dem Vernehmen nach noch erfolgen. Das 1. Hanseatiscke Infanterie-Re- giment Nr. 75 hat eine Reihe von Ordonnanzen, Schreibern u. s. w. gestellt. Die Schuppen ähneln einer großen Werkstätte, wo bis zum späten Abend Handwerker aller Art auf das Mannigfaltigste be schäftigt sind, und selbst am Sonntag ruhte die Arbeit nicht, da die Güter für die am kommenden Freitag zu expedirenden Dampfer „Halle", „Dresden" und „Batavia" zum Weitertransport fertig gestellt und in Kähne verladen werden mußten. Eine so lebhafte Thätigkeit wie jetzt ist auf dem Weserbahnhof noch nicht beobachtet worden. Seit dem letzten Donnerstag kamen täglich nicht weniger als 180 bis 200 Achsen auf dem Weserbahnhof an. Zum Theil wurden die Sendungen direkt aus den Waggons in die in der Weser liegenden Leichterfahrzeuge des Norddeutschen Lloyd übergeladen; so unter Anderem größere Quantitäten Getreide, Mehl, 50 Waggons Preßheu, eine Feldeisenbahn mit vier Lokomotiven und etwa 60 Kin Gleis. In den Schuppen lagern die ver schiedensten Dinge: Wasserdichte Decken, Schuhzeug, Rauch- und Kautabak, Cigarren, Wein, Konserven aller Art, Hülsenfrüchte, eiserne Kaffeebrenner, Laternen, große Kisten mit Telegraphenmaterial, Sanitäts material, Geschirr- und Stallutensilien für das Reiter- Regiment, Ausrüstungsgegenstände für die Artillerie, Dachpappe zur Dachverkleidung von Baracken, Laza- rethen, Magazinen u. s. w. Im Ganzen werden 504 Offiziere und 10 815 Mann befördert. Nach Eintreffen der Züge findet auf dem Bahnhof, der während des Aufenthalts der Truppen für das Publikum vollständig abgesperrt wird, die Speisung der Truppen statt. Nur die nächsten Angehörigen der Soldaten erhalten Zutritt, wenn sie sich vorher bei dem Bahnhofskommandanten oder bei den Mit gliedern des die Liebesgaben vertheilenden Komitees melden und eine Erlaubnißkarte lösen. Die neuesten Maßnahmen der Regierung, die Entsendung von Handwerkern der hiesigen Kaiserwerft nach China hatte die Meldung zahlreicher Arbeiter zur Folge, welche nach ärztlicher Untersuchung am Mitt woch nach Wihelmshaven reisten und sich auf der „Gera" einschifften. Die Lohnverhältnisse dieser Arbeiter sind nach den heute erlassenen Bestimmungen folgende: Während der Hin- und Rückreise erhalten sie bei freier Fahrt und Kost bisherigen Tagelohn und eine Mark Zulage. In Kiautschou tritt doppelter Tagelohn an die Stelle und Accord mit der Beschränkung, daß der Jahresverdienst 4000 Mark nicht übersteigen darf. Außerdem ist den Arbeitern, welche sich sämmtlich auf ein Jahr in China verpflichten müssen, eine Bei hilse zu ihrer Ausrüstung in Höhe von 200 Mark gewährt. Im Monat August folgt ein zweiter Trans port. Sehr zweckmäßig verfolgt man, dem Hamb. Corr zufolge, bei dem Transport nach China den Grundsatz, daß jede Truppe an Bord ihres Schiffes alles mit sich führt, dessen sie bedarf: Munition, Feldfahrzeuge, Lebens mittel für einige Zeit, so daß sie auch bei unerwartetem Ausschiffen marsch- und gefechtsbereit sein würde. Die Mannschaften des ostasiatischen Expeditionscorps werden an Taschenmunition pro Mann SO, die Unteroffiziere 30 scharfe Patronen mehr mit sich führen, als sonst in der kriegsstarken Ausrüstung jeder bei sich trägt. * Der französische Marineminister de Lanessan hat als ärztlicher Fachmann den nach China ziehenden Truppen einige Winke und Rathschläge über das Klima, über Krankheiten, Lebensweise u. dergl. gegeben, aus denen auch unserere ostasiatischen Regimenter einigen Nutzen ziehen können. Während der jetzt ein getretenen, vom Juli bis fzum Oeiober dauernden Regenzeit steigt die Wärme auf 32 Grad und höher im Monat August und 19 bis 22 Grad im September, fällt aber im October auf 10 bis 12 Grad. Die Flüsse treten aus und überschwemmen das ganze Land, daß die ohnedies schlecht unterhaltenen Wege unbenutz bar werden. Es herrschen heiße Südwinde vor. Vom November bis Ende Januar tritt sehr starke Kälte ein, es herrschen Nord- und Nordostwinde, welche dicke Wolken eisigkalten Staubes über das Land jagen. Die Wege sind fußhoch mit Staub bedeckt, in den die Räder der Wagen halb versinken. Das Trink wasser ist überall schlecht und gesundheitsschädlich, weshalb die Truppen, wie es die Chinesen thun, nur Thee trinken dürfen und Wasser niemals in nicht ab ¬ gekochtem Zustande. DestillirteS oder sterilisirtes Wasser ist nur für Hospitäler u. dergl. zu beschaffen, nicht für marschirende Truppen, und es muß den Soldaten der kleine Taschenfiltrir-Apparat System Lapeyröre mitgegeben werden. Alle Brunnen haben gesundheits schädliches Wasser, und es ist daher ihr Wasser mit übermangansaurem Kali, und zwar mit 10 Gramm auf das Liter, oder zuvor mittels Holzkohle, Kalk oder Sand zu reinigen. Die Truppen erhalten einen Vorrath von 250 Kilogramm übermangansaurem Kali. Ganz besonders aber wird gewarnt vor den verschiedenen in China massenhaft vorhandenen Schnapsarten, welche alle in hohem Grade gesundheitsschädlich sind. Fleisch, Geflügel, Wild, Gemüse und Früchte sind im Ueber- fluß vorhanden, der Genuß von Schweinefleisch ist zu verbieten, da die chinesischen Schweine meist finnig und trichinenhaltig sind. Ebenso dürfen Flußfische und Krebse nicht genossen werden, da dieselben wegen der Verunreinigung der Flüsse im hohen Grade schädlich sind. Was nun die Hauptkrankheiten an betrifft, welchen die Truppen ausgesetzt sind, so herrscht in der Niederung des Peiho Sumpffieber vor, dem die Aerzte mit allen Mitteln vorbeugen müssen. Weiter hat man das ganze Jahr hindurch Pocken- daher ist Impfung dringend geboten. Neben Hitz- schlag und Anstauungen der Leber im Sommer und im Herbste ist der gefährlichste Feind der Truppen die Diarrhoe, welche sehr häufig in Cholera ausartet, und es sind daher die mit wollenen Leibbinden zu versehenden Leute strengstens darauf hinzuweisen, daß sie die geringsten Anzeichen sofort dem Arzte zur An zeige bringen. Im Winter sind Erkrankungen der Athmungswerkzeuge häufig, ebenso Rheumatismus, Typhus und Diphterie. So gehen unsere Aerzte zahl reichen Feinden entgegen, und von ihrer Sorgfalt in Ueberwachung und Belehrung der Truppen wird mit in erster Linie das Schicksal unserer tapferen jungen Krieger abhängen. - Ueber die Aufgabe des deutschen ExpedirionscorpL, über eine etwaige Verstärkung des Corps gehen in militärischen und politischen Kreisen mancherlei Ge rüchte um, die sich aber der Kontrole entziehen. Die Ueberzeugunz, daß es sich nicht um eine Expedition von kurzer Dauer handelt, ist ganz allgemein, und auch damit muß gerechnet werden, daß im weiteren Verlauf der Dinge das deutsche Corps sich als zu schwach erweisen kann. Das hängt von der Größe und Ausdehnung des Widerstands der Chinesen ab und von der mehr oder minder größeren Einigkeit der Mächte. In einem militärischen Artikel der „Kreuzzeitung" wird darauf hingewiesen, daß das ein fache politische Programm, das Graf Bülow kund gegeben hat, sehr schwere Aufgaben enthält, und daran wird folgende Betrachtung geknüpft: „Wie lange werden hierbei die Interessen der einzelnen Staaten Hand in Hand gehen? Man sieht, auch in diesen Verhältnissen liegt der Grund zu zahlreichen Ver wickelungen, und die vorschauende Erwägung muß die Möglichkeit ins Auge fassen, daß das Einvernehmen der Mächte nicht ausreicht, um das von Deutschland ins Auge gefaßte Programm durchzuführen, daß sich vielmehr jede auf ihre eigene Interessensphäre zurück zieht, noch ehe das gemeinsame Ziel erreicht ist, oder wenn es sich um die Ausbeutung eines Erfolges handelt. Es ist klar, daß auch in solchem Fall Deutschland stark genug in Ostasten vertreten sein must, einmal, um nicht militärisch in die Abhängigkeit von den anderen Staaten zu kommen, dann aber auch, um seinen Willen gegen China wenigstens bis zu einem gewissen Grade durchsetzen zu können auch dann, wenn es bei den anderen Staaten nicht die genügende Unterstützung findet. Wir müssen stark genug sein, unter allen Umständen die Würde und das Interesse des Deutschen Reiches zu wahren. An gesichts dieser Verhältnisse wird man sich der sanguinischen Hoffnung auf rasche Erfolge und baldige Erledigung der ganzen Angelegenheit gewiß nicht hin geben dürfen. Man wird vielmehr auf eine ve» hältnißmäßig lange Dauer gefaßt sein müssen — und man kann eigentlich schon jetzt sagen, daß die bisher in Aussicht genommenen Streitkräfte nicht aus reichen, um den Erfolg auf alle Fälle sicher zu stellen, um unsere sreie militärische und politische Entschluß fähigkeit in Asien zu wahren. Eine sehr wesentliche Verstärkung wird daher aller Wahrscheinlichkeit nach bald folgen müssen, und man wird gut thun, ihre Vorbereitung schon jetzt in Angriff zu nehmen." Das sind wenig erfreuliche Ausblicke, aber es hieße Verstecken spielen, wenn man sich verhehlen wollte, daß die Konsequenzen des ersten Schrittes, den Deutschland gethan hat, von Niemandem abzu- sehen sind. Der Kries »m Transvaal. Aus dem Haag wird uns gemeldet: Ein in Holland bestehendes Hilfskomitee für die Buren hatte vor andert halb Monaten zwei Vertrauensmänner nach Transvaal gesandt, um den Buren die Einstellung der Feindselig keiten und die Bildung einer starken politischen Afrikander. Partei für ganz Südafrika anzurathen. Man hatte besonders darauf hingewiesen, daß die Fortsetzung des Krieges und die weitere Schwächung des Burenelements nur im Interesse Englands liege, während jetzt die Buren, verstärkt durch eine fernere planmäßige Einwanderung von Holländern noch die Macht hätten, Südafrika unter vorläufiger Anerkennung der englischen Herrschaft als ein niederländisches Sprach- und Kulturgebiet zu erhalten. — Nun aber hat das bezeichnete Komitee aus Lorenzo-Mar- quez von den beiden Entsendeten folgendes Telegramm erhalten: „Alle Bemühungen vergeblich, Kampf wird fortgesetzt, wir kehren zurück." Lando«, 24. Juli. Eine amtliche Depesche aus Kapstadt von gestern besagt: Aus Kroonstad wird be richtet, daß dort keine Nachrichten von General Hunter eingegangen sind. Oberst Bullock meldet aus Honnigspruit den 22. d. M„ daß eine Burentruppe während der Nacht die Eisenbahnlinie südlich von Serfontein kreuzte. Die Linie ist gegenwärtig frei von Buren. Sie wollen augen scheinlich in der Richtung nach dem Punkte marschiren, wo der Rhenoster sich in den Vaal ergießt. Es heißt, de Wet wolle sich dort mit einem anderen Burenkommaado vereinigen. Die Gefangennahme der 100 Hochländer mit ihrem Kommandeur sei bei dem Ort Window erfolgt, der Bahnkörper sei schwer beschädigt, werde aber bald wieder in Ordnung sein SSchßfches. Hohenstein-Ernstthal, 25. Juli 1900 RittheUungin von allgemeinem Jnterefje werden dan bar ent- zegengenommen uno eveutl. honvr>rt. — Die Ansprache, welche Prinz Georg bei der Verabschiedung der nach China gehenden Truppen in Zeithain hielt, hatte ungefähr folgenden Wortlaut: „Liebe Kameraden! Ich bin gekommen im Namen und Auftrage Seiner Majestät des Königs, welcher leider verhindert ist, dem Drange seines Herzens Folge zu leisten und selbst zu erscheinen; er hat mir den Auftrag gegeben, Euch zu der langen Fahrt, welche Ihr anzutreten im Begriffe seid, die herzlichsten Ab schiedsgrüße und Segenswünsche zu überbringen, so herzlich, wie sie nur ein Vater seinen Soldaten, wie er, zu hegen vermag. Ich meinerseits, liebe Kameraden, spreche als ältester Soldat der sächsischen Armee und als ihr langjähriger Befehlshaber gleichfalls für Euer Wohlergehen die besten Wünsche und Hoffnungen hier mit aus. Ihr seid dem Rufe des Kaisers mit Freuden gefolgt, um für die deutsche Ehre, für die deutschen Interessen im fernen China zu streiten und den Sachsennamen dort würdig zu vertreten. Ich bin überzeugt, daß Ihr Eure Pflicht in vollstem Maaße thun und die Eigenschaften hochhalten werdet, welche den sächsischen Soldaten immer ausgezeichnet haben, sie heißen Manneszucht, Pflichttreue, Tapferkeit und Ausdauer." Der Prinzfeldmarschall schloß seine, mit klarer, fester Stimme vorgetragenen Ausführungen mit den Worten: Und nun, liebe Kameraden, stimmt mit mir ein in jenen Ruf, welcher jedem deutschen, jedem sächsischen Soldaten hoch und theuer ist: „Se. Maj. der deutsche Kaiser und Oberfeldherr, Se. Maj. der König und Kriegsherr, der ruhmvolle Heerführer Hurrah! Hurrah! Hurrah!" Laut fielen die Truppen ein in den Huldigungsruf, während die Offiziere dazu die Säbel erhoben und die Musik die Königshymne intonirte. Dann rief der erlauchte Feldmarschall den nach China bestimmten Mannschaften noch „Adieu, Kameraden!" zu und verließ mit seinem Gefolge den Platz. Am Sonntag fand für die Mannschaften auf dem Truppenübungsplätze Zeithain ein Feldgottes dienst statt. — Jacobustag ist heute, ein Tag, dem der Land mann mit besonderen Gefühlen entgegensieht. Denn seit alten Zeiten pflegt er an diesem Tage in seine Haupt arbeit, in die Ernie, einzutreten. In der That hat unter dem Einfluß der letzten Hitzeperiode der Neifeprozeß des Getreides allenthalben so große Fortschritte gemacht, daß an sonnigen Lagen und bei Fortdauer günstiger Witter ung nächste Woche auch in unserer Gegend der Roggen- 'chnitt beginnen wird. — Aus Sachsen wird der „K. Z." geschrieben: Die sächsische Negierung hat sich im letzten Landtage nicht abgeneigt gezeigt, Erwägungen darüber anzustellen, ob die Anstellung von untern, aus Bergarbeiterkreisen her vorgegangenen Aufsichtsbeamten zur Mitarbeit bei der Untersuchung von Gefahren in Bergwerken wünschenswerth !sei. Sächsische Grubenbesitzer erheben jetzt gegen die Seine Schwester. Roman von Fanny Stöckert. 29. Fortsetzung (Nachdruck verboten.) Seine Mutter schüttelte zwar den Kopf, als er in dieser Weise zu ihr sprach, und er schließlich sagte: sie möchte Melitta nur schreiben: Er sei bereit, Floras Wünsche zu erfüllen. Sie kannte ihren Sohn, Flora war keine Frau für ihn, er würde an ihrer Seite ebenso wenig das Glück finden, als ihr Bruder es in seiner Ehe je gefunden. Von Glück suchen und finden aber durste sie ihm jetzt nicht reden, es würde doch nur wie Hohn in seine Ohren geklungen haben. Ach, wie war er verändert, ihr lieber, fröhlicher Junge, da saß er schon wieder an seinem Schreibtisch, das blasse Gesicht über die Bücher gebeugt, und wenn sie ihm zuredete, auszugehn, sich zu zerstreuen, dann schüttelte er den Kopf und meinte, seine beste Zerstreuung sei jetzt die Arbeit, und ein Ziel zu haben in allem Leid, allen Kümmernissen, das sei auch noch etwas werth. Sie mußte ihn schon in Ruhe lassen und von der Zeit, die ja schließlich auch solche Herzenswunden heilt, das Beste erhoffen. XIII. Und die Zeit ging hin. Rastlos rauschte sie hin weg über Leid und Freud der Menschheit, grub hier eine Falte tiefer in ein Antlitz, ließ dort die Locken erbleichen und sang den lachenden und den trauernden Erdenkindern die uralte Weise von der Vergänglichkeit aller Dinge, und wie sie mit ihren weiten Flügeln Freud und Leid hinwegtrage, und schließlich die Seelen der Sterblichen hinauf in die Ewigkeit, wo das Regi ment der Zeit ein Ende hat. Aus Fred hatte die Zeit einen ernsten Mann gemacht. Er war seit einem Jahr Badearzt in dem Seebade, wo der Roman seines Lebens begonnen, der so alltäglich enden mußte; ebenso lange war er mit Flora verheirather. Ihre Träume hatten sich erfüllt, aber das, was sie zu Fred unwiderstehlich hingezogen, sein sorgloser Leichtsinn, seine Daseinsfreude, das schien dahin für alle Zeit. Er war ein pflichtgetreuer Arzt, der es ernst nahm mit seinem schweren Beruf, zu Flora war er freundlich und aufmerksam, sie konnte sich in keiner Weise beklagen, das Beste fehlte dieser Ehe aber doch, das gegenseitige Verstehen, das innere Zusammenleben. Diese Ruhe in der luxuriös einge richteten Villa, die sie bewohnten, hatte manchmal etwas unheimlich Bedrückendes, als schlummere etwas unter dieser glatten, stillen Außenseite, das nur des geeigneten Monrents bedürfe, um vulkanartig hervor zubrechen und das künstlich aufgebaute Gebäude einer nach außen hin glücklich scheinenden Ehe erbarmungs los zu zerstören. Die Rosen blühten in seltener Fülle in dem Garten der stillen Villa des jungen Doktors Fred Brenken; eine ganz von Clematis umsponnene Laube lud förmlich zum Kosen und Tändeln, wenn der Mond schien und drüben das Meer rauschte. Die Welt war schön! Fred, der gedankenvoll durch den stillen Garten schritt, mußte sich das heute an einem köstlichen Sommertag eingestehen, so wenig er auch sonst auf die herrliche Natur, die ihn umgab, achtete, es war, als vernehme er in diesen Augenblicken einmal wieder eine der Stimmen, die immer und immer noch durch die Welt tönen, von Daseinsfreude singen und klingen, wie es so schön auf Gottes Erde und werth darauf vergnügt zu sein. Ach, wo war seine Daseinsfreudigkeit geblieben! untergegangen in dem ermüdenden Gleichlauf der Tag?, wo es nichts mehr zu fürchten, zu hoffen und zu sorgen gab. Es war die Pappelallee des Lebens, die er glücklich erreicht, rechts eine Pappel, links eine Pappel; in unheimlicher Regelmäßigkeit standen sie da, die öden, langweiligen Bäume, einer, wie der andere, seine Tage! Flora war pünklich, wie ein Uhr werk in allen Dingen, es wurde zur bestimmten Zeit gefrühstückt, zu Mittag gegessen, regelmäßig kehrten die großen Wäschen, die Reinmachentage wieder, und wenn die junge Frau auch selbst nicht weiter thätig war, die Dienstboten wußte sie zu dirigiren, wie ein Feldherr. Die besten Stunden seiner Tage waren noch die, die er bei seiner Mutter und Schwester zubrachte. Sie wohnten ganz in der Nähe, in einem der kleinen neugebauten Häuser des Seebades, und die Einrichtung ihrer Zimmer hatte wieder das alte Ansehen, wie in G., von den modernen Berliner Herrlichkeiten, die er einst mit solchem Eiser herangeschleppt, waren nur noch geringe Ueberreste vorhanden, sie waren ver blichen und vergangen, wie die ganze tolle Zeit damals. Der alte Hauch von Gemächlichkeit lag wieder über den Räumen des stillen Wittwenheims, nur der fröhliche Student und seine Freunde fehlten. Statt seiner saß in der Ecke des alten Sophas ein ernster Mann, um dessen Lippen nur selten ein Lächeln spielte, aber er litt es gern, wenn die sanfte Hand der Mutter wie sonst über seine Stirn strich und die guten Augen ihn theilnehmend anschauten. Von Nie mand weiter hätte er Theilnahme vertragen, als von ihr, zu ihr allein sprach er sich denn auch bisweilen aus; vieler Worte bedurfte es nicht, sie verstand ihn und wußte, woran sein Herz krankte, und wie er Carla Axhausen und jene Zeit in Berlin nicht vergessen konnte. Flora war eben nicht die Frau, ihm solches Vergessen zu lehren, so musterhaft sie auch für sein leibliches Wohl sorgte. War Melitta im Zimmer, wurden solche Ge spräche, die das Vergangene berührten, nie geführt; sie hatte ja jene Zeit in Berlin nicht mit durchlebt, wußte wenig von der Herzensgeschichte ihres BruderS; da er sich so schnell damals entschlossen, sich mit Flora zu verloben, mußte er doch Carla bald ver gessen haben. Daß es kein volles Glück war, waS er an FloraS Seite gefunden, das sah sie wohl, aber sie machte sich nicht viel Gedanken darüber, sie dachte io dieser Zeit vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben mehr an sich, als an den Bruder. Fortsetzung folgt. AMWM>WMWWWWW>WWWM>WMMWWWMWWWWMW»WWWWWWMWG
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