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über die China gebietet, kann ein Verzweiflungskampf, vielleicht ein hoffnungsloser, befürchtet werden. Dabei hat eS immer noch gute Weile, bis größere Truppen sendungen eintreffen. Sogar die chinesischen Schiffe, die theilweise in Deutschland gebaut sind, machen Sorge«, man glaubt, daß das chinesische Geschwader die einzelnen Truppenschiffe abzusangen versuchen wird. So ist ungesähr die Lage. ES liegen auch heute wieder Meldungen in langer Reihe vor; ein großer Theil trägt aber oen Stempel der SensationSmache an der Stirn. So sollen die Köpfe der ermordeten Europäer auf den Mauern von Peking aufgespießt sein. Der Kaiser habe sich mit Opium vergiftet, auch die Kaiserin habe einen Selbst mordversuch gemacht und sei wahnsinnig geworden — eS handelt sich bei den meisten Nachrichten um Wiedergabe von Gerüchten aus dunklen Quellen, Ge rüchte, die ja bekanntlich immer lawinenartig an schwellen. WaS an wesentlichen, beglaubigten Nach richten vorliegt, stellen wir im folgenden zusammen: Der deutsche Consul in Tientsin meldet über Tschifu unter dem 30. Juni und 1. Juli: Schriftliche Nachrichten Sir Robert Harts und einer Französin aus Peking vom 24. Juni betonen wiederholt die verzweifelte Lage der Europäer und bitten um so fortige Hilfe. Die Detachements-Commandeure in Tientsin sind aber wegen der Zerstörung der Eisen bahn, wegen des Beginns der Regenzeit und wegen der Schutzbedürftigkeit Tientsins außer Stande, Truppen nach Peking zu entsenden. Auch haben die Chinesen den Kaiser-Kanal bei Tientsin durchstochen, anscheinend, um durch eine Ueberschwemmung den Vormarsch der Truppen auf Peking zu verhindern. Die Boten, die aus Peking in Tientsin eingetroffen sind, bestätigen mündlich die Ermordung des Freiherrn v. Ketteler. Das deutsche Detachement, das bei ihm war, soll darauf das Tsungli-Aamen verbrannt und das Stadtthor vor dem Kaiserpalast mit 4 Kanonen, darunter zwei eroberten, besetzt haben, während alle anderen Thore in den Händen der Chinesen sein sollen. Prinz Chings Truppen kämpfen angeblich gegen die Boxer. Der jetzt vorliegende Reutersche Bericht über Seymours Vormarsch und Rückzug hebt ebenfalls die glänzende Tapferkeit der deutschen Truppen hervor, giebt aber die Anzahl der nach dem Flußübergang beim Sturm auf das Arsenal von ihnen erbeuteten Geschütze auf sechs statt auf zwei an. Die deutsche Handelskammer in Shanghai tele- graphirte an Kaiser Wilhelm, er möge die Lage nicht unterschätzen, sondern eben so viele Soldaten hinaus schicken, wie die anderen Mächte. Um Tientsin finden schwere Kämpfe statt, an denen die Japaner und Russen den Löwenantheil haben. Von Peking aus rückt eine Armee gegen Tientsin vor, die bereits Losa erreicht hat. Der Director der deutschen Schantung-Eisen- bahnen Schmidt telegraphirte nach Shanghai, daß die Fremden, die bei Fangtse von Boxern umzingelt wurden, diesen Ort unter chinesischer militärischer Be deckung verließen und, 35 an der Zahl, in Kiautschou eingetroffen sind, nachdem sie unterwegs wiederholt Angriffen ausgesetzt waren. Obgleich lokale Unruhen im Inneren von Schantung hier und da vorkommen, ist, dem Daily Mail-Correspondenten in Shanghai zufolge, die Fremdenniederlassung von Kiautschou unter dem Schutze der deutschen Befestigungen durchaus sicher; auch ein Daily News-Telegramm aus Tsintau meldet, der Ort sei sicher. Eien, 5. Juli. Ein Telegramm des Kreuzers „Zenta" besagt: Ein aus Peking eingetroffener Courier berichtet, daß die österreich-ungarische Gesandtschaft voraussichtlich zerstört ist. Das österreich-ungarische Detachement befindet sich in der englischen Gesandtschaft, welche beschossen wird. Die deutsche Abtheilung hält ein Stadtthor besetzt. Es seien sehr wenig Lebens mittel und Munition vorhanden. Das Telegramm meldet weiter, daß ein Entsatz vorläufig unmöglich sei. Parts, 5. Juli. Der französische Konsul in Tientsin meldet die Ankunft eines Boten, welcher Peking am 25. Juni verließ und bestätigt, daß das Tsung-li-Aamen nach Ermordung des Barons Ketteler von deutschen Matrosen niedergebrannt wurde. An jenem Tage waren der Gesandte Pichon und seine Gemahlin, sowie neun andere Personen in der französischen Botschaft von französischen Matrosen, etwa 30 an der Zahl, geschützt. Auch die deutsche und japanische Botschaft waren von ihren Marinedetachements vertheidigt. In der englischen Botschaft fand an demselben Tage eine Berathung aller Diplomaten statt. Währenddessen wurden die Zollgebäude, die Missions anstalten und einige Gesandtschaftsgebäude in Brand gesteckt. Haag, 5. Juli. In der ersten Kammer theilte der Minister der Auswärtigen Angelegenheiten, de Beaufort, eine gestern eingetroffene Depesche des nieder ländischen Konsuls in Shanghai mit, derzufolge das niederländische Gesandtschaftsgebäude zerstört und die Situation im Norden äußerst ernst sei. London, 5. Juli. Im Unterhaufe erklärte Staatssekretär Brodrick, es seien keine neuen Nachrichten aus Peking eingetroffen. Auch habe die Regierung keine Bestätigung der Gerüchte, betreffend die all gemeine Niedermetzelung der Europäer. Bezüglich der Frage des Vormarsches sei die Ansicht der Befehls haber, daß ein weiterer Vormarsch nicht möglich sei, bis die Truppen der Mächte etwas verstärkt worden seien. In dieser Beziehung müsse die Antwort der japanischen Regierung auf eine an sie gerichtete Mit- theilung abgewartet werden. Die britische Regierung habe dem chinesischen Gesandten bedeutet, daß die Be hörden in Peking persönlich für schuldig gehalten würden, falls Mitglieder europäischer Gesandtschaften oder andere Ausländer in Peking Verletzungen erhielten. Der chinesische Gesandte sei aufgefordert worden, diese Botschaft in solcher Weise zu befördern, daß ihre Ab lieferung in Peking gesichert sei Der Inhalt der Botschaft werde den Vizekönigen im ganzen chinesischen Reiche bekannt gemacht werden. In Erwiderung auf eine Ansprache erklärt Brodrick, es sei zweifelhaft, ob eine organisirte Regierung in China vorhanden sei, mit der England sich als im Krieg befindlich betrachten könne. Die ersten Angriffe auf das Personal der englischen Gesandtschaft seien am 9. und 10. Juni erfolgt. Die Sommerresidenz der englischen Gesandt schaft, welche außerhalb Pekings liege, fei an dem Tage zerstört worden. Der Vormarsch auf Peking sei am 10. Juni auf Verlangen des englischen Gesandten Macdonald unternommen worden. Shanghai, 5. Juli. (Reuter-Meldung.) Ein Läufer, der Peking am 27. Juni verlassen hat, be richtet, daß sich die dort befindlichen aufständischen Soldaten auf 100000 Mann belaufen; es sei ihnen noch nicht gelungen, in die Gesandtschaften einzudringen. Ueber die Lage in Tientsin und Tschifu ist zu berichten: Tschifu, 4. Juli. Das bisherige friedliche Ver- hältniß zwischen den Fremden und den Einheimischen wird durch zuziehende Aufrührer und die drohende Haltung des chinesischen Militärs gefährdet. Der amerikanische Admiral bereitet die Abreise seiner Schutzbefohlenen vor. Der deutsche Konsul ließ die Proclamation des Admirals von neuem verbreiten, um der Verhetzung der Bevölkerung durch das Pekinger Kriegsedikt gegen die Fremden vorzubeugen. — 800 französische Truppen mit 2 Batterien Feldgeschützen sind gestern in Taku eingetroffen. Die Verbündeten erwarten Verstärkungen, bevor sie einen Vorstoß au Peking versuchen. Die regnerische Jahreszeit, während welcher das Marschieren und der Transport schwierig sind, fängt jetzt an. Ueberschwemmungen sind wahr scheinlich. Der Vormarsch der Truppen dürfte bis zum Herbst unmöglich sein. Nach in Paris eingetroffenen Meldungen aus Tschifu gelang es den Chinesen die Brücke zwischen Tongku und Tientsin zu besetzen. Oestlich und westlic Tongkus haben sie die ganze Gegend unter Wasser gesetzt, so daß jedes Umgehungsmanöver aussichtslos ist. In einem Londoner Bericht heißt es: Die Nach richt von dem nothgedrungenen Verzicht der Admirale auf den Entsatz von Peking und von der eventuell sogar nothwendigen Preisgabe von Tientsin hat die Besorgniß hier aufs höchste gesteigert. Die vereinigten Truppen haben zwar am 30. Juni die Chinesenstadt von Tientsin, von deren Citadelle aus ein verderb liches Feuer auf die Fremden-Niederlassungen unter halten wurde, nach sechsstündigem Kampfe Nachmittags 2 Uhr genommen. Inzwischen aber hat sich die Lage n Tientsin durch das Anrücken großer chinesischer Ver stärkungen wieder sehr verschlimmert. Während die Gesammtzahl der concentrationsfähigen fremden Truppen etwa 20000 Mann beträgt, beherrschen nicht nur etwa 140000 Mann chinesische Truppen den Weg von Tientsin bis Peking, es steht auch ein Angriff von 90000 Mann unter General Nieh auf Tientsin ievor. Außerhalb der Stadt werden bereits Geschütze sinter Schanzwerken montirt, es soll offenbar ein neues Bombardement erfolgen. Für den Fall, daß Tientsin weisgegeben werden muß, tauchen sogar Zweifel auf, >b Taku zu halten sein wird, besonders weil es an »er nöthigen Ergänzung für Munition fehlt, bis neue Transporte anlangen. Nach Telegrammen aus Tschifu ist Weihaiwei unter Kriegsrecht gestellt. Die englische Garnison verstärkt die Schanzen. Der Vicekönig von Nanking hat zwar eine scharfe Proclamation gegen die Boxer erlassen, worin er sie Strolche nennt und ihre abergläubische Einbildung, die europäischen Kanonen könnten ihnen nichts an- aoen, für Wahnsinn erklärt, Li-Hung-Tschang hat eine hnliche Bekanntmachung gegen die fremoenfeindlichen Gesellschaften veröffentlicht; dessen ungeachtet will man )er Haltung der Vicekönize kein unbedingtes Vertrauen chenken. Es fällt in Shanghai auf, daß sie offenbar n täglicher Verbindung mit der Hauptstadt sind, und zwar bis nach Paotingfu durch Telegraphen und von )ort weiter durch Eilboten, und trotz ihrer Loyalitäts- Versicherungen der europäischen Kolonie Nachrichten vorenthalten, die sie sehnlichst erwartet. Die Ermor- düng des Freiherrn von Ketteler hat Li-Hung-Tschang z. B. erst gestern in Hongkong bestätigt, obwohl sie ihm sicherlich schon lange bekannt war. Freiwillige für China. Schon jetzt werden bei den Truppentheilen Umfragen gehalten, wer von Leuten freiwillig an der China-Expedition theilnehmen will. Die sich Meldenden werden vom Truppenarzt auf ihre Tropendienstfähigkeit untersucht, die Nationale und Ueberweisungspapiere werden vorbereitet, so daß, obald der Kaiser die Formierung von China-Ver- >änden befiehlt, diese in kürzester Zeit erfolgen kann. Die Meldungen sind außerordentlich große, so daß rst gründliche Auswahl getroffen werden wird. Die Nationale werden nach der Brauchbarkeit der Leute numeriert, so daß die Besseren der Besten und Ge- ündesten in erster Linie zum Kommando gelangen. Auch die Offiziere sind schon jetzt zur Meldung für eine event. Theilnahme am deutsch-chinesischen Kriege aufgefordert worden. Die Meldungen sind ebenfalls ehr zahlreich, doch kann nur der kleinste Theil berück- ichtigt werden. Herr von Brandt, der frühere deutsche Gesandte in Peking, hält es für absolut falsch, der Regierung von China offiziell den Krieg zu erklären. Die kriegführende flacht würde dann ein Reich von 350 Millionen Men chen zu bekämpfen haben. Das chinesische Reich als 'olches hätte alsdann den Kampf mit den europäischen Mächten zu bestehen. Die durch europäische Instruktion geschulten chinesischen Soldaten würden mit ihren aus gezeichneten Waffen auf dem Kampfplatz erscheinen, „wäh rend jetzt — von Ausnahmen abgesehen — nur eine undisziplinirte Horde Aufständischer im Felde steht. Herr von Branvt meint, selbst wenn je 1000 Mann genügen würden, um je eine Million Chinesen im Zaume zu halten, so bedürfe man nach glücklich beendigtem Kriege eines Besatzungsheeres von 350,000 Mann. Wer soll diese Truppen stellen?" Chinesische Kriegsschiffe unseren Seebataillvnen auflauernd? Der „Hamb. Corr." schreibt anscheinend marine- officiös aus Viel: Ueber die Entsendung der Linien schiffsdivision geht hier in Marinekreisen das Gerücht, dieselbe habe vornehmlich den Zweck, dem Transport der beiden Seebataillone zum Schutz zu dienen. Es sei Nachricht hierher gelangt, daß in den ostasiatischen Gewässern drei chinesische Panzerschiffe mit acht Torpedobooten verschwunden seien, es liege die Be fürchtung vor, daß dieses Geschwader beabsichtige, die deutschen Transportschiffe abzufangen. Wir registriren dieses Gerücht als solches und fügen hinzu, daß „Fürst Bismark" Ordre hat, in Port Said aus die Transportschiffe zu warten. Sächsische«. Hohen stein-Ernstthal, 6. Juli 1900 LMHeUungen von allgemeinem Interesse werden dar-'bar ent zegengenommen uno eventl. hondr'rt? Das Dresdner Journal meldet: Die Besserung im Befinden Sr. Majestät des Königs dauert in erfreulichster Weise an. — Heute Morgen gegen 3 Uhr versuchte ein Un bekannter durch Einsteigen in die Parterreräumlichkeiten eines Deckengeschäfts in der Chemnitzerstraße zu gelangen, wurde aber, da er durch das beim Eindrücken des Fen sters entstandene Geräusch den Geschäftsinhaber geweck hatte, von letzterem bemeßt und mußte, ohne etwas ent wenden zu können, das Weite suchen. — Oberlungwitz. Am vergangenen Donners tag vollendete sich ein Zeitraum von 20 Jahren, dem der allgemein als bied'rer Mann geachtete un geehrte Herr Gemeindevorstand und Standesbeamt Bernhard Oppermann, Inh. d. AlbrechtskreuzeS un Mitglied des Bezirksausschusses, in hiesiger Gemeinde amtierte. Ohne selbst auf den für ihn bedeutungs vollen Tag zu achten und nichts ahnend wurde der Jubilar von seinen ihm in Treue untergebenen Be amten beim Betreten der Expedition mit den wärmsten Wünschen für alles in Bezug auf Amt, Familie und insbesondere Gesundheit Förderliche empfangen, sowie durch ein werthvolleS Geschenk (Spazicrstock mit Wid mung) überrascht und sodann zu seiner durch reich Blumenspenden seitens der Beamten und Mitbürge reich geschmückten Arbeitsstätte geleitet, wo er sichtlic erfreut über alle Ehrungen dankte. Möge den würdigen Jubilar des Schicksals Huld nocht recht viele Jahre bei dauernder Gesundheit seinen Lieben, wie auch im Amte der Gemeinde zu Segen erhalten. — Lugau. Nächsten Sonntag, den 8. Juli, nach mittags 3 Uhr feiert der Kreisverband niedererzgebirgischer ev «luth. Männer« und Jünglingsvereine, zu dem die Vereine von Lichtenstein, Callnberg, Hohndorf, Oelsnitz i. E., Neuwiese, Stollberg, Hohenstein-E. und Lugau ge hören, in Lugau sein Jahresfest durch einen Gottesdienst und darauf folgende Festversammlung im Diaconatsaal, bei schönem Wetter im Garten. Herr Pastor Laube in Oberlungwitz hat die Predigt übernommen. — Chemnitz. Zu dem Deutschen Bundeskegel fest, das in den Tagen vom 14. bis 19. Juli in inserer durch seine Industrie nicht weniger, als auch )urch seine schöne Lage am Fuße des Erzgebirges bekannten Stadt abgehalten werden soll, wird jedenfalls eine sehr stattliche Zahl von Freunden und Anhängern des Kegelsports aus allen Theilen Deutschlands sich zusammenfinden. Sie werden unzweifelhaft den Be nch auch insofern nicht zu bereuen haben, als sie eine ehr reiche Auswahl von Preisen vorfinden werden, )ie ihrem Werthe nach schon zum schärfsten Wettbewerb Anregung geben werden. Die bis jetzt eingegangenen Anmeldungen lassen auf einen sehr starken Besuch elbst aus den entlegeneren Orten, in denen Mitglieder des Deutschen Keglerbundes wohnen, schließen. Die Theilnahme an dem Feste ist von der Zu gehörigkeit zu diesem Bunde abhängig. Derselbe setzt ich aus 25 Einzelverbänden zusammen und durch Anschluß entweder an einen solchen Verband oder auch an den Deutschen Bund direkt, ist die Mitgliedschaft tt erwerben. Nähere Auskunft darüber und über das kest ertheilen der Bundesvorsitzende, Osmar Thomas in Dresden, Freibergerstraße, und der Festvorsitzende Otto Illing in Chemnitz, Appollostraße. In Sachsen und Thüringen vermittelt auch der Sächsisch-Thüringische Gauverband (Vorsitzender Edgar Ebenroth in Leipzig) den Anschluß an den deutschen Bund. Ausgenommen werden sowohl ganze Klubs, als auch Einzelmitglieder. — Meerane. Zum Ableben des Landtagsabg. ieinhold bemerkt das M. Tgbl.: Mit ihm ist einer »er ersten Bürger unserer Stadt dahingegangen. Der Serstorbene hat es verstanden, sich aus den kleinsten bescheidensten Anfängen zu seiner jetzigen geachteten und einflußreichen Stellung emporzuschwingen und man konnte ihn mrt Recht wohl als einen in seiner lrt gegenwärtig bedeutendsten Vertreter seiner Branche bezeichnen. Durch sein liebenswürdiges und bescheidenes Wesen hatte er sich zahlreiche Freunde und Verehrer erworben, besonders erfreute er sich bei seinen Unter gebenen durch seine Leutseligkeit im Umgang allge meiner Hochachtung und Werthschätzung. Das Wohl seiner Arbeiter lag ihm warm am Herzen. Was er während einer langen Reihe von Jahren als Mitglied der städtischen Körperschaften zum Segen und Wohle unserer Stadt gethan, ist hinreichend bekannt. In der Bürger- und Einwohnerschaft werden die Verdienste des nunmehr Verklärten speciell um unsere Stadt allenthalben freudige und dankbare Anerkennung finden. Eine bedeutende und unermüdliche Arbeitskraft ist mit Eduard Reinhold entschlummert. — Werdau, 5. Juli. Heute Vormittag wurde auch der älteste der Gebrüder Werner, der bisher in M.-Gladbach wohnhafte Bruno W., der Beihilfe zur Brandstiftung dringend verdächtig, an Rathsstelle zur Vernehmung vorgeführt und in Haft behalten. Ueber das Vermögen der Firma I. G. Werner ist übrigens gestern Nachmittag das Concursverfahreu eröffnet worden. — Zu dem Fabrikbrande wird noch gemeldet: Es steht unzweifelhaft fest, daß der Brand in der Gebrüder Werner'schen Vigognespinnerei angelegt ist. In die Comptoir- und Wohnräume waren lose Wolle- ballen gebracht, die Schränke waren von den Wänden gerückt und mit Speckseiten behängt und alle leicht brennbaren Gegenstände durch Decken verbunden worden. Die Brandherde — es wurden bei genauerer Durchsuchung noch mehrere vorgefunden — waren besonders in der Wohnung mit aller Raffinirtheit an. gelegt. Die Wohnung war verschlossen und mußte gewaltsam geöffnet werden. In leeren Kisten wurde Speck aufgefunden. Wollsäcke waren um die Krempeln aufgestapelt. In der Wohnung fand man um das Mobiliar leicht brennbare Gegenstände gelegt, sogar ein Hut war mit Wolle ausgesüllt. Von einem Zimmer zum anderen konnte sich somit das Feuer leicht im Fluge weiter verbreiten. In der Fabrik mar sogar das Ventil der Damvfpfeife abgeschraubt, welches der Feuermann erst nach längerem Suchen fand. Auf diese Weise war es nur möglich, daß trotz der schnell herbeigeeilten Feuerwehrmannschast die Wohn- und Comptoirräume fast völlig vernichtet wurden. Auch in den Lager- und Fabrikräumen entstand an verschiedenen Stellen Feuer, das aber so fort gedämpft wurde. Erst später — es waren bereits viele Feuerwehrleute an der Brandstelle erschienen — ertönte gegen den Willen des Besitzers die Nothpfeife. Das Feuer ist, wahrscheinlich gegen die Berechnung der Brandstifter, zu früh aufgegangen. Die meisten Bewohner der Stadt waren noch wach und eilten in großer Zahl herbei. Bereits vor reichlich zwei Jahren ist ein hochversichertes Niederlagengebäude mit einer Anzahl Wollenballen, welches der gleichen Firma ge- hörte, ein Raub der Flammen geworden. — Werda«, 4. Juli. Der Direktor der hiesigen Flechsig-Bohle-Werke G. A. Flechsig ist gestern Abend wegen Betrugsverdachts verhaftet und heute der Staatsanwaltschaft Zwickau zugeführt worden. — Zwickau, 5. Juli. Herr Schuldirektor Dr. Schilling ist vom 1. Oktober d. I. an zum Bezirks schulinspektor in Rochlitz ernannt worden. — Freiberg. Herr Schuldirektor Richter ist zum Königl. Bezirksschulinspektor in Auerbach i. V. ernannt worden und wird das neue Amt am 1. Oktober d. I. antreten. — Einen Beweis seiner großen Kraft gab in Plaue« i. B. einer der Elephanten vom Circus Barnum u. Bailey. Als Abends gegen 8 Uhr mit der Abfuhr der ersten Wagen begonnen worden war, versank auf der weichen Wiese ein Wagen bis zum Viertel der Speichenhöhe. Die nach und nach vor den Wagen gespannten vierzehn Pferde waren nicht im Stande, diesen fortzuziehen. Zur Unterstützung der Pferde holte man schließlich einen Elephanten herbei und dieser schob den Wagen mit seinem Rüssel fort, als habe er gar keine Last vor sich. Der Transport ging so schnell vor sich, daß die Pferde nicht rasch genug laufen konnten. r««eSieschichte. Zur Besichtigung des großen Dampfers „Deutsch land", welcher seine erste Reise über den Ocean an trat, traf der Kaiser am 5. d. in Cuxhaven an Bord der Deutschland ein, von den Vertretern der Hamburg. Amerika-Linie und den vielen hundert Passagieren, »arunter, Admiral Hollmann, der als Fahrgast die Fahrt nach England mitmacht, jubelnd begrüßt. All gemeinfiel der sehrernste Gesichtsausdruck des Kaisers auf. Kelgie«. (Sipido und Complieen freigefprochen.) Das Geschworenengericht in Brüssel hat nach mehrtägigen Verhandlungen den jugendlichen Klempnerlehrling Sipido der bekanntlich seinerzeit das Revolver-Attentat auf den Prinzen von Wales unternahm, für unzurechnungsfähig erklärt und freigesprochen, doch soll die Regierung über Sipido bis zu dessen 21. Lebensjahre das Verfügungs recht haben. Die ursprüngliche Verordnung des Gerichts« Hofes, Sipido in einem Vesserungshause unterzubringen, wurde infolge von Reclamationen der Vertheidiger als ungesetzlich aufgehoben. Auch die drei übrigen Ange- lagten wurden freigefprochen. Nach dem Schluß dieser Verhandlungen, deren Resultat in allen Ländern, in denen man nicht mit den belgischen Gesetzen vertraut ist, Aufsehen erregen wird, klatschte das Publikum lauten Beifall. Nachtrag. Dresden, 6. Juli. Wenn sich das Befinden »es Königs auch in erfreulicher Weise gebessert hat, o ist, wie das Hofmarschallamt mittheilt, die Besser ung doch nicht so weit vorgeschritten, daß sie dem könige gestattet, die Huldigung des Festzuges gelegent lich des Deutschen Buudesschießens am 13. d. Mts. entgegenzunehmen oder den Festplatz zu besuchen. Der König wird durch den Prinzen Georg vertreten werden. Brunsbütteltog, 6. Juli. Heute früh begab ich der Kaiser durch den Kanal nach Kiel, wo er bis auf Weiteres Aufenthalt nehmen werde. Der Kaiser bleibt an Bord der „Hohenzollern." Kiel, 5. Juli. Die Linienschiffe der ersten Division werden Sonnabend Abend seeklar sein und Sonntag früh die Reise nach China antreten. Die Commandanten ließen die Besatzung auf Achterdeck an- reten und verlassen die Mobilmachungsordre, die von der Besatzung mit stürmischen Hurrahs begrüßt wurde. Berlin, 6. Juli. Die Regierungsmaschine kann in China doch noch nicht völlig stocken. Die Deutsch- Asiatische Bank hier empfing ein Telegramm aus Shanghai, daß die fällige Zins- und Armortisations- ate für den Dienst der 41/2 prozentigen chinesischen Rente eingegangen ist. Königsberg i. Pr., 6. Juli. Wie die „Hartung- cheZtg." aus Margen meldet, ertranken gestern, bei einem Ausfluge des Königsberger Gesangvereins Kornblume, im Wargener See der Glasermeister Duschinski und sein Sohn. Brüssel, 4. Juli. Personen, welche der Trans- vaalgesandtschaft nahe stehen, versichern, daß Dr. Leyds während der letzten Tage wieder neuen Muth geschöpft habe. Es seien ihm Versicherungen zugegangen, daß mgland doch noch das Fortbestehen eines selbst- tändigen Burenstaates, welcher die nördliche Hälfte von Transvaal umfassen würde, bewilligen würde. Maseru, 5. Juli. Die Buren machten gestern nen verzweifelten Versuch, Ficksburg wiederzubefetzen. m Mitternacht fand ein heftiges Gefecht statt, das tundenlang dauerte. Auch bei Ficksburg wurde ge- ämpft. Prätoria, 5. Juli. Der erfolgreiche Abschluß der Operationen im Freistaat, der es den englischen Streitkräften ermöglichen würde, Botha anzugreifen, wird täglich erwartet. Es scheint, daß Botha Schwie rigkeiten hat, die Burghers zusammenzuhalten. China. Berlin, 6. Juli. Der deutsche Konsul m Tientsin meldet unter dem 1. Juli über Tschifu. Ein soeben eingetroffenes vom 20. Juni datirtes, authen tisches Schreiben des englischen Gesandten in Peking, Sir Maedcnald, an den hiesigen englischen Konsul bestätigt, daß der deutsche Gesandte Freiherr von Ketteler am 20. Juni ans dem Wege nach dem Tsungli-Namen von chinesischen Soldaten erschossen und sein Begleiter, der Dolmetscher Cordes gefährlich verwundet worden ist. Nach Annahme des englischen Gesandten ist Frhr. v. Ketteler ans der Stelle todt gewesen, doch ist sein Leichnam nicht gefunden worden. Sir Macdonald befürchtet einen sofortigen Angriff auf die englische Gesandtschaft. Washington, 5. Juli. Präsident Mac Kinley richtete an Kaiser Wilhelm nachstehendes Telegramm: „Die Bestätigung der Nachricht von der Ermordung des