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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 12.07.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-07-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190007123
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19000712
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19000712
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-07
- Tag 1900-07-12
-
Monat
1900-07
-
Jahr
1900
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 12.07.1900
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dreißig bis vierzig Touristen (zumeist Amerikaner), darunter zwanzig Damen. Die japanische „Mandatsfrage" ist nun endgiltig dahin gelöst, daß Japan unter Zustimmung aller Mächte sich bereit erklärt hat, mit einem starken Truppencontingent gemeinschaftlich mit den anderen Mächten zu cooperiren. Selbstverständlich dürfe keine Macht, alfo auch nicht Japan, aus einer eventuellen Mehrleistung den Anspruch auf befondere Entschädigung herleiten. Falls nothwendig, wird Japan noch eine zweite Division nach China entsenden. Im englischen Unterhause wurden am Dienstag folgende Auskünfte gegeben: Ashmead Bartlett fragt an, ob Japan wegen des Widerstandes Rußlands bei Beginn der chinesischen Krisis nicht Truppen nach China sandte, die zur Wiederherstellung der Ordnung genügt hätten. Unterstaatssekretär Brodrick entgegnet, die Regierung wisse nichts davon, daß die russische Regierung sich in irgend einer Weise ablehnend ver halten habe. Bartlett fragt weiter, ob der Entschluß Japans, Verstärkungen nach China zu senden, von der Zustimmung aller Mächte abhänge und ob, wenn dies der Fall sei, diese Zustimmung seitens der Mächte ertheilt sei. Brodrick erwidert, ohne auf weitere An fragen des Vorredners einzugehen, Japan habe für die Entsendung seiner Truppen keinerlei Bedingungen gestellt. Die auf eine Vermehrung der Streitkräfte in Taku bezüglichen Verhandlungen zwischen Groß britannien und Japan seien am 13. Juni eröffnet worden und dauerten bisher ohne Unterbrechung fort. Am 22. Juni hätte die britische Regierung ihren Ge schäftsträger in Tokio angewiesen, der japanischen Regierung von der kritischen Lage der Gesandtschaften in Peking Kenntniß zu geben und daß von Indien Verstärkungen nach China beordert seien; ferner sei der englische Geschäftsträger beauftragt worden, der japanischen Regierung die Nothwendigkeit einer so fortigen Aktion dringend nahe zu legen. Von dem britischen Gesandten in Peking, Macdonald, seien bis zum 28. Mai reichende Depeschen eingegangen. Dec Gesandte beschreibe darin seine letzte Unterredung mit dem Prinzen Tsching am 27. Mai, wobei letzterer betont habe, daß er als Kommandeur der Truppen in Peking willens sei, persönlich für den Schutz aller Fremden einzustehen. Trotz dieser Erklärung sei aber beschlossen worden, Wachmannschaften für die Gesandt schaft zu schicken. Damals habe es aber noch nicht den Anschein gehabt, als ob ein Angriff auf die Gesandtschaften geplant sei. Zur diplomatischen Situation schreibt der gewöhn lich gut unterrichtete parlamentarische Mitarbeiter der „Daily News", H. W. Lucy, seinem Blatte: Während Herr Brodrick bei seinen Antworten im Unterhause die freundschaftlichen Beziehungen der Mächte betreffs Chinas in bestem Lichte erscheinen läßt, ist es im Auswärtigen Amte kein Geheimniß, daß, wie eine hervorragende Autorität mir gegenüber bemerkte, diese Beziehungen so schlecht wie nur möglich sind. Dem nächst zu veröffentlichende Aktenstücke werden das zeigen." Der dem Auswärtigen Amte nahestehende „Standard" schließt seinen heutigen Leitartikel über die politische Lage folgendermaßen: „Der politische Ausblick ist voller Verwickelungen und Mißlichkeiten, und man kann unmöglich ohne das Gefühl in die Zukunft blicken, daß die Probleme, die der plötzliche Ausbruch des asiatischen Fanatismus stellt, nicht die ernstesten sind, die zu lösen sein werden." Der Schanghaier Correspondent der „Daily Mail" erblickt bereits einen Keim politischer Verwickelungen in dem Streit darüber, wer in Vertretung des in Peking ein geschlossenen Sir Robert Hart die Kontrole der Zölle übernehmen soll. Ein deutsch-russisches Abkommen ist, wie der „Petersb. Herold" aus erster Quelle erfahren haben will, im Spätherbst vorigen Jahres bezüglich der ost asiatischen Frage geschlossen worden, welches von bei den Seiten mit größter Loyalität eingehalten wurde. Darnach dürfen beide Mäcyte keinen selbstständigen Schritt ohne vorherige Verständigung unternehmen. Das Abkommen findet jetzt auch Anwendung auf die militärischen Maßnahmen zur Pazifizierung Chinas. Rußland und Deutschland werden gemeinsam an die Lösung dieser Ausgabe gehen. Diese von deutscher Seite noch nicht bestätigte Nachricht hat in England stark verschnupft. In der „Times" wird hierzu bemerkt: Die deutsche aus wärtige Politik spiele unveränderlich ihre Zwickmühle zwischen Rußland und einer Verständigung mit Eng land und vice versn. Das einzige Remedium gegen eine solche Schaukelpolitik sei die Verständigung Eng lands mit Frankreich und Rußland. Die Erfahrung habe gelehrt, daß Verständigungen und selbst ein Bündniß mit Deutschland die Möglichkeit geheimer Verträge mtt Dritten nicht ausschließe. Ueber die militärische Lage liegen heute keinerlei Nachrichten vor, welche eine nennenswerlhe Besserung der Verhältnisse erkennen ließen. Allerdings treffen jetzt beständig neue Truppen-Abtheilungen in Taku ein, aber es fragt sich doch, ob diese bei den schwierigen Transport-Verhältnissen in der gebotenen kurzen Zeit gerade dort Verwendung finden können, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Ein Telegramm aus Schanghai meldet: Admiral Bruce telegraphirte gestern aus Taku, er erwarte binnen einer Woche 13 000 Mann japanischer Truppen, mit denen er Tientsin werde Hilfe bringen können, wo die Lage sehr kritisch sei. Ende voriger Woche fanden heftige Kämpfe um Tientsin statt. Schon am 4. Jun Nachmittags machten die Chinesen einen scharfen Angriff auf die nördlichen Befestigungen der Fremden-Niederlassungen. Obwohl die Gewalt des feindlichen Anpralls durch einen gleichzeitig niedergehenden Wolkenbruch an Kraft verlor und die Angreifer vor Einbruch der Nacht zurückgeschlagen wurden, erlitten die vereinigten Truppen einen Gesammtverlust von 30 Mann an Todten und Verwundeten. Bei der Vertreibung des Feindes er wiesen sich namentlich die Schiffsgeschütze des eng lischen Kreuzers „Terrible" als wirksam, denen es auch in der Frühe des nächsten Morgens bald gelang, die die Fremden-Niederlassung bedrohende chinesische Artillerie zum Schweigen zu bringen. Obwohl in zwischen weitere Verstärkungen für die vereinigten Truppen eingetroffen sind, so daß die Gesammtstärke der Garnison bereits am 7. Juli 9500 betrug, wird ernstlich daran gedacht, den Ort preiszugeben. Es heißt, daß zur Verstärkung der Tientsin bereits be lagernden chinesischen Armee 2 Generale, der eine mit 10 000 Mann, der andere mit einer Armee von un bekannter Stärke, auf dem Wege von Peking her auf Tientsin vorrücke». London, 10. Juli. Dem Reuterschen Bureau wird aus Tientsin vom 4. d. Mts. gemeldet: Die Chinesen beschossen gestern den ganzen Tag die Fremdenniederlassung. Ueber 150 Geschosse fielen innerhalb des Fremdenviertels nieder. Viele Häuser wurden theilweise zerstört, aber es sind nur wenig Menschenverluste zu beklagen. Die Civilisten, Frauen und Kinder erhielten Befehl, in den Kellern der Stadt halle und des Astor-Hotels Schutz zu suchen. Drei Kompagnien japanischer Infanterie mit einer Gebirgs batterie und einigen russischen Schützen griffen die chinesischen Geschütze an, jedoch mit geringem Erfolg. Tin Zwölfpfünder vom Kriegsschiff „Terrible" trat darauf bei der Eisenbahnstation in Thätigkeit. Der Feind nahm denselben unter Feuer und traf ihn mit zwei Geschossen, wodurch die Lafette leicht beschädigt und ein Matrose verwundet wurde. Das Geschütz wurde zurückgezogen und durch ein französisches ersetzt. Ein chinesisches Geschütz platzte mitten in der Geschütz ausstellung und verwundete drei Mann von der Be dienung. Die chinesische Artillerie feuerte gleichmäßig gut. Die Japaner verloren 1 Offizier und 2 Mann todt, 10 verwundet; die russischen Verluste sind un bestimmt, ebenso die chinesischen. Es werden Anstalten getroffen, die Frauen und Kinder nach Taku und von da nach Tschifu und Japan zu senden. Berlin,* 10. Juli. Die nach Chma bestimmte deutsche Brigade soll aus 8 Bataillonen bestehen, von denen Bayern, Sachsen und Württemberg je eines und Preußen fünf stellt. Der Kommandeur der Brigade dürfte noch nicht ernannt fein. Offiziere haben sich ebenso wie Mannschaften in außerordentlich großer Zahl für die Brigade gemeldet. Das Reichsmarineamt wies der „Nordd. Allg. Ztg." zufolge die Torpedoinspektion an, die fünf großen neuen Torpedoboote 3 90—94 zur Entsendung als Depeschenboote für das Kreuzergeschwader nach China klar zu machen. Dieselbe Zeitung meldet noch: Als Lazarethschiff für das Marineexpeditionskorps und das Kreuzer geschwader ist der Norddeutsche Lloyddampfer „Gera" in Aussicht genommen, der voraussichtlich nach einigen schiffsbaulichen Veränderungen am 19. d. Mts. nach Wilhelmshaven zwecks weiterer Ausrüstung über geführt wird. O Die Panzerdivision wird ihren Marsch so be schleunigen, daß sie die beiden Lloyddampfer „Witte kind" und „Frankfurt", die am Mittwoch voriger Woche von Wilhelmshaven aus die Reise nach Ost asien antraten, beim Suezkanal einholen wird. Dann werden die Transportdampfer unter dem Schutze der Panzerschiffe die Fahrt in die asiatischen Gewässer sortsetzen. Wie verlautet, besitzt die Panzerdivision Ein richtungen für drahtlose Telegraphie. Um für die gleichfalls ins Ausland gehenden kleinen Kreuzer „Niobe" und „Nymphe" die nöthigen Mannschaften zu erhalten, ist außer der Zurückhaltung des Ablösungs- tranSports für den „Seeadler" auch die Außerdienst stellung des Flottillenschiffes der Torpedoschiffsdivision „Blitz" angeordnet. Paris, 10. Juli. Der Staatssekretär des Aus wärtigen, Graf von Bülow, hat dem Minister Delcasse für dessen in der Sonnabendsitzung der französischen Deputirtenkammer dem Andenken des Freiherrn von Ketteler gewidmeten ehrenvollen Worte den tief empfundenen Dank der kaiserlichen Regierung mit dem Hinzufügen aussprechen lassen, daß diese Ehrung und deren Aufnahme durch die Vertreter der französischen Nation einen neuen Beweis des Solidaritätsgefühls bilde, welches in dem gegenwärtigen Moment alle civilisirten Völker beseelt. Die Mobilmachung eines Feldlazaretts für China ist am Sonnabend angeordnet worden. Bei der Zu sammensetzung des Sanitätsoffizierkorps dafür sollen in erster Linie die Assistenzärzte der 2. Panzerdivision in Betracht gezogen werden. Die Ausreise des Feld lazaretts soll nach acht Tagen erfolgen. Einige Sani tätskolonnen wird das Trainbataillon in Spandau stellen. Stabsarzt Dr. Langheld, der mehrere Jahre in Afrika gewesen ist, hat auf seine freiwillige Meldung Ordre erhalten, sich dem Sanitätsdetachement nach China an zuschließen. In den nächsten Tagen wird laut Corpstagsbe- fehl wieder eine aus Freiwilligen der sächsischen Regi menter gebildete kriegsstarke Compagnie (etwa 250 Mann) nach China abgehen. Diesbezügliche Meld ungen waren bis Sonntag mittag einzureichen. Auch diesmal konnte nur der weitaus kleinste Theil der sich freiwillig Meldenden berücksichtigt werden. Am Frei tag sind bei den sächsischen Truppentheilen Anfragen ergangen nach Sanitätsmannschafleu und solchen Mann schaften aus den aktiven Truppentheilen, die im Krankentransportdienst ausgebildet sind. Die Meld ungen sind dem Vernehmen nach zahlreich erfolgt und es werden voraussichtlich diese Mannschaften noch vor den jetzigen Freiwilligen nach China befördert. Als Proviant erhalten die Linienschiffe des Panzergeschwaders außer Konserven, welche die Mili tär-Konservenfabrik in Haselhorst liefert, lebendes Vieh, Rinder, Kälber und Lämmer. Beim Laden des Proviants waren in Kiel besonders die Brauereien im Rückstände, die den gewaltigen Anforderungen an Export-Bier nicht mit der geforderten Schnelligkeit genügen konnten. Die Ausrüstung der Linienschiffe ist, wie der „Voss. Ztg." aus Kiel geschrieben wird, auf eine Dauer von 9 Monaten berechnet, doch hat es sich herausgestellt, daß einige Lieferanten ganz außerstande sind, in dem kurzem Zeiträume allen an sie gestellten Anforderungen gerecht zu werden; deshalb wird nach Verlauf von 14 Tagen ein großer Transportdampfer von Kiel und Wilhelmshaven nach China mit dem letzten Rest der Ausrüstung nachgesendet werden. Zugleich sollen mit diesem Dampfer große Sendungen von Lebensmitteln und Ausrüstungsgegenständen für das Kreuzergeschwader und für die Marine-Infanterie nach China expediert werden. Wie berichtet wird, soll die Verproviantirung der in China stationirten gesammttn Mannschaften von der Heimath aus geleitet werden; in Abständen von je vierzehn Tagen dürften die Sendungen, denen der Bedarf an Munition und Jnventarien beigegeben wird, zur Expedition kommen. Die Armee-Conservensabrik in Haselhorst hat seit einigen Tagen außer Tag- auch Nachtbetrieb ein geführt zu der Herstellung von Holzkisten und Einsatz- kisten von Blech, wie selbe zum Seetransport ver wendet werden. Aus diesem Grunde sind auch neuer dings Klempner und Kistenarbeiter von der Ver waltung eingestellt worden. Es ist aber auch anzu nehmen, daß die größeren Aufgebote von Truppen nach China auch bald einen Aufschwung der Con- servenfabrikation für die Armee bedingen werde. Die Stimmung i« Rußland. Die „Kölnische Volkszeitung" veröffentlicht einen Petersburger Bericht, wonach der Zar von einer Auf rollung der chinesischen Frage und einer Gebietserweiterung einzelner Mächte nichts wißen wolle und überzeugt sei, daß er in dieser Politik einen kräftigen Rückhalt an Deutschland finde. So lange Graf Lamsdorff als Mi nister des Aeußern fungire, würden die Ansichten des Zaren auch in der amtlichen russischen Politik ihren unverfälschten Ausdruck finden, indessen herrsche in Ma rinekreisen sowie in dem gesammten Offizierkorps eine derartige Erbitterung gegen das Ausland, wie man sich kaum vorstellen könne. Die Wogen des Chauvinismus gingen überaus hoch und man suche durch weitreichende Verbindungen den Zaren zu bestimmen, in vollständiger Reserve zu verharren, bis die übrigen Mächte ihre Kräfte erschöpft hätten, alsdann als Schiedsrichter aufzutreten und sich den Löwenantheil zu sichern. Das Blatt ver sichert, diese Bewegung greife dauernd um sich, so daß der Zar einen ungewöhnlichen Grad von Festigkeit auf weisen müsse, um dem Ansturm standzuhalten. Unangenehm berührt die gehässige Sprache russischer Blätter gegen Deutschland und deren Versuche, Deutsch land die Schuld an den chinesischen Wirren zuzuschieben. So wird die Ermordung des Frhrn. von Ketteler als Lehre hingestellt, die Deutschland für sein aller staats männischen Weisheit bares Vorgehen von China ertheilt worden sei. Die „Nowoje Wremja" macht Ketteler den Vorwurf, durch seinen Ritt zum Tsung-li-Aamen den Pöbel geradezu herausgefordert zu haben. Die „Peters burgskija Wjedomosti" schreibt: Deutschland habe eine furchtbare Suppe im fernen Osten eingerührt. Der Ruf nach Rache, der jetzt bezeichnender Weise nur aus Deutsch land erschalle, und die von dort kommenden Drohungen klängen heidnisch. Der Krieg »m Transvaal. General Buller ist, wie wir schon gestern meldeten, am Sonnabend in Prätoria eingetroffen. Wie er innerlich, hat General Buller, als er Ende vorigen Jahres nach Afrika entsandt wurde, prahlerisch erklärt, er wolle am 1. Dezember in Prätoria einmarschiren. Es hat über ein halbes Jahr länger gedauert, bis er dort angekommen ist. Ohne das Eingreifen von Lord Roberts würde er wahrscheinlich überhaupt nicht nach Prätoria gelangt sein. London, 10. Juli. Eine Depesche Lord Roberts aus Prätoria von heute meldet: Die Streitkräfte Clements und Pagets sind am 7. d. M. nach Bethle hem aufgebrochen. Da de Wet sich weigerte sich zu ergeben, nahm das irländische Regiment die feindliche Stellung in Sturm und eroberte dabei ein Geschütz wieder, welches bei Stormberg in die Hände des Feindes gefallen war. Der Feind befindet sich in vollem Rückzüge. Die englischen Verluste sind noch nicht vollständig festgestellt, doch sind sie nicht erheblich. London, 10. Juli. Dem Reuterschen Bureau wird aus Senekal, 9. Juli gemeldet: General Rundle bat heute eine Rekognoszirung ausgeführt und gefun den, daß der Feind alle Stellungen ringsum Senekal, Biddulphsberg und Tafelberg einbegriffen, geräumt hat. Es scheint, daß viele feindliche Truppen sich nach Ficksburg, die übrigen sich nach Reliefs-Neck bei Bethlehem begeben haben. Paris, 10. Juli. Das Bureau des Munici- palrathes empfing die Abgesandten der Buren. Der Präsident Grebauval begrüßte die Vertreter der süd afrikanischen Republiken, welch letztere die Welt durch ihren Heldenmuth in Erstaunen gesetzt hätten und brachte einen Trinkspruck auf die Präsidenten Krüger und Steijn, sowie auf die Parlamente, Soldaten und Völkerrechte der Schwesterrepubliken aus. Das Mit glied des Ausführenden Raths des Oranje-Freistaats Fischer dankte und gab seinem Bedauern über den Tod Villebois Mareuiles Ausdruck und schloß mit den Worten: „Wir ersuchen die civilisirte Welt, einen Schiedsspruch zu fällen." Die Abgesandten wurden bei ihrer Ankunft wie bei der Abfahrt von einer zahlreichen Menschenmenge begrüßt. Paris, 10. Juni. Beim Empfang der Buren- delegirten im Stadthause erklärte deren Führer Fischer als Hauptzweck ihrer Europareise, für die Angelegen heit Transvaals und des Oranje-Freistaates ein Schiedsgericht anzurufen, welches die beiden Republiken sehnsüchtig erhofften, das aber Großbritannien fürchte. Vor dem Stadtpause wurden die Delegirten stürmisch acclamirt. Sie erklärten sich im Privatgespräch sehr befriedigt über ihren Empfang beim Minister Delcasse. Gjichstsches. Hohenstein-Ernstthal, 11. Juli 1909 «IttheUungen von allgemeinem Interesse werden davibar ent- zegengenommen uno evevtl. honbr'rt. — (Berücksichtigung kleinerer Gewerbebetriebe.) Die Generaldirektion der sächsischen Eisenbahnen hat die unteren Bahnbchörden angewiesen, den kleinen Gewerbetreibenden die Betheiligung an der Verdingung von Bauarbeiten so weit als thunlich dadurch zu erleichtern, daß die Arbeiten in kleinen Loosen vergeben, und die Fristen zur Ausfüll ung und Einreichung der Preislisten nicht zu kurz bemessen Seine Schwester. Roman von Fanny Stöckert. 2V. Fortsetzung Nachdruck verboten.) Ein Morgen! ein sehnend erwartetes Morgen, wem das beschieden, der wird niemals lange sorgen vollen Gedanken Raum geben. IX. Ein strahlendes Bild war es, was an dem nächsten Abend sich in den Räumen des jungen Rechtsanwalt Clausen nach und nach entwickelte. Ein Bild, wie aus Jugend, Schönheit und Frohsinn gewoben, ein gespannt in den Rahmen stylvoll und prächtig einge richteter Räume. Die Gastgeber, selbst noch jung und lebenslustig, hatten zu ihrem Festfast lauter Jugend ein geladen außer ein paar älteren Verwandten, nothwendige Uebel, wie die Frau Rechtsanwalt sie nannte, die aber nicht zu umgehen waren. Diese, ein alter, reicher Wittwer und ein Fräulein in den fünfziger Jahren, eine Erbtante des Rechtsanwalts, schienen sich beide ganz herrlich zu amüsiren in dem jugendfrohen Kreis, besonders der alte Herr, der soeben erklärte, daß er soviel Schönheit kaum je unter einem Dache vereint gesehen hätte. „Und welcher von all den bunten Gestalten würdest Du den Preis der Schönheit zuerkennen?" fragte ihn scherzend sein Neffe, der Rechtsanwalt. „Nun nach meiner Meinung, die aber durchaus nicht maßgebend sein soll, ist die Schönste die Polin dort, das Fräulein Axhausen, ich kenne ihren Vater, habe die junge Dame auch schon öfter gesehen, aber so schön ist sie mir noch nie erschienen." „Ich war eigentlich nicht sehr dafür, daß sie ein geladen wurde," sagte Clausen, „der Alte führt solche Zwitterexistenz, man weiß nicht recht, wie man mit ihm dran ist. Meine Frau ist aber ganz vernarrt in dieses Fräulein Carla, und da sie mit Fräulein Schliefen sehr intim ist, deren Vater ich einmal einen Prozeß geleitet, so habe ich Nella den Willen gethan. Wenn unsere kleine Nella schon eine erwachsene junge Dame wäre, hätte ich es jedenfalls nicht gestattet, Fräulein Axhausen einzuladen." „Aber lieber Ernst, seit wann bist Du denn ein solcher strenger Sittenrichter, ich habe noch nie etwas Nachtheiliges über die junge Dame gehört; daß sie keinen andern Vater hat, dafür kann sie doch nichts! Und eine gute Erziehung muß er ihr trotz alledem gegeben haben, dafür spricht ihr ganzes Auftreten, eine Dame aus dem vornehmsten Hause könnte sich nicht feiner benehmen." Er hatte recht, Carlas Auftreten war heute tadel los vornehm, frei von jeder Koketterie, ihre Schönheit in dem kleidsamen Costüm wirkte allerdings auch ohne diese bestrickend genug, und von den bewundernden Blicken, die sie auf sich zog, entging ihr so leicht keiner, trotzdem that sie, als bemerkte sie das alles nicht. Die schlaues junge Dame wußte wohl, daß sie nur durch ein so sicher vornehmes Auftreten hier in diesen vor nehmen Kreisen Terrain gewinnen konnte. Freilich, sie hätte es leichter haben können, ihre leichtlebige kokette Natur nicht zu verleugnen brauchen, wenn sie den Rathschlägen ihres Vaters folgte. Sie wußte von ihm, daß der reiche Wittwer, der sich, wie er behauptete, für sie interessire, heute hier war. Er hatte ihr alle möglichen, wohlgemeinten, väterlichen Rathschläge mit auf den Weg gegeben, fogar eine Summe Geld herausgerückr, zur Bestreitung des ele ganten Maskenanzugs. Da stand der alte Herr und verließ sie fast mit keinem Blick mehr, im Grunde war er ja noch eine ganz stattliche Persönlichkeit, dazu der Nimbus des Reichthums, der ihn umgab — aber Fred! Fred hätte nicht neben ihr stehen müssen, ein Bild herrlicher Jugend, er sah ja zu bildschön aus in dem Lohen- grinkostüm. Nun tanzten sie zusammen, in seliger Weltver gessenheit flogen sie durch den Saal. „Ein schönes Paar," sagte Herr Delmut, so hieß der Wittwer, zu seinem Neffen. „Geschaffen, wie zur Liebe, wie zum Tanz," er widerte dieser lachend, „leider aber ist der schöne Lohengrin ein armer Student, und Fräulein Axhausen ist sicher viel zu schlau, um mit solchem je einen Bund fürs Leben zu schließen. Ich glaube, da würdest Du eher reüssieren," fetzte er schalkhaft hinzu. Ein verrätherisches Roth flog über des alten Herrn Gesicht, und ließ dasselbe einen Augenblick ordentlich jung erscheinen. Noch ein Augenpaar folgte Fred und Carla, das jenige Floras, ihr Tänzer, ein junger Referendar, sprach von dem neuesten Drama Wildenbruchs, mit dem er, wie er ihr nicht ohne Stolz verkündet, häufig zusammen wäre. Flora jedoch imponirte das gar nicht, sie hörte überhaupt nur wie im Traume zu; Wildenbruch und sein neuestes Drama, was sollte sie das interessiren, wo nur ein Gedanke ihr ganzes Sein beherrschte, welcher ihr sonst so träges Blut heute fast fiebernd durch ihre Adern strömen ließ, wo es ihr klar und immer klarer wurde, daß es nur ein Lebens- glück für sie gab, Fred! Und wenn sie sich das Glück erzwingen sollte, sie wollte es sich zu eigen machen, erkaufen mit all dem Reichthum, den sie einmal be sitzen würde. Mochte ihm die schöne Polin, mit der er jetzt tanzte, auch besser gefallen, wie sie, die zarte Undine, Carla war arm und Fred konnte keine arme Frau gebrauchen, ebenso wenig, wie Carla einen armen Mann. „Lohengrin möchte ich sehen", sagte sie jetzt, um doch etwas zu erwidern, in halber Gedankenlosigkeit zu ihrem Tänzer. „Lohengrin;" versetzte dieser verwundert, „haben Sie einen solchen romantischen Geschmack, das ist ja gar nicht mehr Zeitgemäß. Meiner Meinung nach muß man seinen zeitgenossen gerecht werden, und sich für deren Werke interessiren." „Also für ihren Freund Wildenbruch?" sagte Flora lächelnd, dann tanzten sie zusammen, bis die Musik verstummte, und ihr Tänzer sie nach ihrem Platz geleitete. Fortsetzung folgt.
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