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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 26.06.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-06-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190006269
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19000626
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19000626
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-06
- Tag 1900-06-26
-
Monat
1900-06
-
Jahr
1900
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 26.06.1900
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russischen Firmen beträgt nur 19, diejenige der ameri kanischen 70 und der französischen 76. Der Transport der Marineinfanterie wird derart sormirt, daß jedem Seebataillan für die Operationen im Gelände eine Feldbatterie, Pionier- und Hand- werkerabtheilung zugetheilt werden. — Die ärztliche Untersuchung der Mannschaften beider Seebataillone hat ergeben, daß 1600 Leute für die Auffüllung beider Seebataillone auf kriegsmäßige Stärke erforderlich sind. Dieser Bedarf wird nach der „Kieler Ztg." durch Freiwillige gedeckt. — Nach der „Post" sind beim Oberkommando der Marine dieser Tage zahlreiche Meldungen von Civilpersonen zum freiwilligen Eintritt in die beiden Seebataillone eingelaufen. Die Gesuche werden ohne Ausnahme einen abschlägigen Bescheid erhalten. Rom, 23. Juni. Auf eine Anfrage Vitelleschis im Senat erklärt der Minister ViSconti-Benosta, daß unter den Mächten volle Einigkeit herrsche und sagt, daß diejenigen Mächte, welche in der Lage waren, ihren Landtruppen Marschbefehl zu geben, hiermit nur einer dringenden Nothwendigkeit gegenüber der un mittelbaren Gefährlichkeit der Lage gehorcht hätten. Was die italienische Regierung betreffe, so beabsichtige dieselbe, mit Rücksicht auf das gemeinsame Interesse der Civilisation und die allgemeine, an der gemein samen Action der Mächte sich zu betheiligen. * * * Berichte, die der „Pol. Corr." von mehreren Seiten zugeyen, stellen übereinstimmend fest, daß die Solidarität der in China einschreitenden Mächte, durch die Feuertaufe, die sie in Taku zu bestehen hatte, eine weitere, intensive Kräftigung ersahren hat, so daß ein Zweifel an der Consistenz dieses auf Ausschluß aller selbstsüchtigen Bestrebungen gegründeten Concertes bis zur vollständigen Wiederherstellung der Ordnung und Rechtssicherheit in China und Peking unmöglich mehr aufzukommen vermag. Auch darin stimmen die Meld- ungen überein, daß man sich überall in Regierungs kreisen, ohne im geringsten den Ernst der Lage zu verkennen, von pessimistischen Auffassungen frei hält, zumal die wirksame Bekundung der Solidarität der Jntervennonsmächte und der Ueberlegenheit ihrer Machtmittel, sowie der Anschluß der Vereinigten Staaten von Amerika an das Concert zwei neue Momente bilden, deren Eindruck auf die maßgebenden chinesischen Kreise kaum ausbleiben dürste. Die Sorge aber, daß mittlerweite in Peking eingetretene Zwischenfälle die Möglichkeit einer Verständigung zwischen den Jnter- ventionsmächten und der Regierungsgewalt in China abgeschnitten haben könnten, haben in den letzten Tagen zum mindesten keine neue Verstärkung erfahren. Der Krieg um Transvaal. In ihrem militärischen Leitartikel schreibt die „Westminster Gazette" über die Lage auf dem Kriegs schauplatz: „Die interessanteste Nachricht aus Süd afrika, die heute eingelaufen ist, ist nach unserer Meinung der Bericht, daß eine Eisenbahnbrücke an der Delagoabai-Linie zerstört ist, und daß infolge dessen die Verbindung zwischen Middelburg und Lorenzo Marquez unterbrochen ist. Unter den gegen wärtigen Umständen muß diese Unterbrechung auf jeden Fall für einige Tage eine ernste Verzögerung für den Transport schwerer Gegenstände von Osten nach Westen verursachen, und könnte wichtige Folgen haben, wenn wir in der Lage wären, von Prätoria aus längs der Eisenbahnlinie nach Osten vorzurücken. Man kann indessen nicht leicht erwarten, daß Lord Roberts seine Vorbereitungen für die Beendigung des Krieges vor einigen Tagen treffen kann, und diese Zeit dürfte genügen, um die Brücke zu repariren." Das Blatt führt weiter aus: Es würde interessant sein, zu er fahren, mit welchen Gefühlen Präsident Krüger und seine Vertrauten die Nachricht von der wachsenden Krisis in China aufnehmen. Wir fürchten, daß er geneigt sein wird, sie als eine direkte Intervention der Vorsehung anzusehen, und daß er dadurch beeinflußt werden mag, den Krieg fortzusetzen in der Hoffnung, daß wir uns in einen großen Kampf mit einer europäischen Macht oder gar mit vereinigten Mächten verwickelt finden werden und dadurch gezwungen sein würden, den Haupttheil unserer Armee aus Südafrika fortzunehmen. Wir fürchten, daß er in dieser Ansicht noch dadurch bestärkt werden wird, daß Lord Roberts Bedingungen angebvten haben soll, unter denen er sich binnen 5 Tagen ergeben solle. Er mag dies für ein Zeichen ansehen, daß mir den Krieg so bald wie möglich abschließen möchten, weil wir vielleicht unsere Truppen wo anders nöthig haben könnten. Wir können nicht umhin, unsere Meinung dahin auszu sprechen, daß die Krisis in China sicherlich nicht dazu angethan sein wird, unsere Schwierigkeiten in Süd afrika zu vermindern. London, 23. Juni. Das „Reutersche Bureau" meldet aus Prätoria vom 19. d. M.: Ein vollständiges Netz wird nach und nach um die Stellung de Wels durch die Streitkräfte der Generale Buller, Brabant, Rundle und Methuen gezogen. Wenn es nöthig ist, wird sich auch General Hamilton an dieser Aktion betheiligen. General Botha erklärte, er sei geneigt, die Uebergabe zu vollziehen, doch stelle sich dem der Präsident Krüger entgegen, welcher darauf bestehe, daß man ihm gestatte im Lande zu bleiben; auch bilden die Operationen des Generals de Wet den Grund für das Widerstreben Bothas zu einem Entschluß zu kommen. London, 23. Juni. Marschall Roberts Operationen sind hauptsächlich gegen den im Freistaat operierenden Präsidenten Stein gerichtet, wohin er, um mit General Buller gemeinsam zu operieren, eine fliegende Kolonne unter General Jan Hamilton abgesandt hat. Roberts hofft, daß, wenn Präsident «steijn sich unterworfen habe, Generl Botha sich ebenfalls ergeben werde. Nach einer Meldung aus Lorenzo Marquez hat Präsident Krüger eine Proklamation erlassen, worin er die Burghers, die sein Papiergeld nicht nehmen, m.t Konfiskation ihres Eigentums bedroht. 5000 britische Soldaten sollen krank in Prätoria im Justizpalast und im Regierungsgebäude liegen, auch soll die Nahrung sehr karg in Prätoria sein. Frau Reitz und Familie, die sich nach Europa einschifften, sollen in sehr be drängter Geldlage gewesen sein, und der holländische Konsul Potts soll ihnen ein Billet 2. Klasse für die Ueberfahrt genommen haben, obwohl die 1. Klaffei verfügbar war. Kapstadt, 24. Juni. Der Aufstand in der Kapkolonie nördlich vom Oranjefluß ist zu Ende. DaS Commando Devilliers, bestehend aus 220 Mann, 280 Pferden, 18 Wagen, 260 Gewehren und über 100000 Kugeln kam in Blickfontein an und übergab sich Warren. In dem Commando befinden sich 16 Führer der Aufständischen, Devilliers selbst ist aber mit einer kleinen Abtheilung ostwärts gegangen. Standerton, 24. Juni. Die Burghers fahren fort, den Neutralitätseid zu leisten und die Waffen niederzulegen. Die Truppenmacht, welche dem Präsi denten Krüger jetzt zur Verfügung steht, wird hier auf 15—20000 Mann geschätzt. Sein einziger Ge danke soll jetzt sein, den Krieg bis zu den amerika nischen Präsidentschaftswahlen fortzusetzen, da er hofft, daß dann eine Intervention erfolgen werde. London, 24. Juni. Lord Roberts meldet aus Prätoria von gestern, daß General Buller in Stan derton einen beträchtlichen Theil rollenden Materials fand. Die Holländer haben die Gegend verlassen.— General Charles Hamilton besetzte gestern Heidelberg. Der Feind floh bei seinem Herannahen und wurde von den berittenen Truppen 6—7 Meilen weit ver folgt Kavallerie zerstreute den Feind. Am 22. Juni fand ein Scharmützel statt. Der Feind griff die eng lische Abtheilung bei Hommingspruit an und zerstörte 3 Bahnübergänge durch Feuer, ehe Verstärkung eintraf. 7. AMM i.WkMjMMmÄWMS N NkckWitz. Oberlungwitz, 25. Juni. In unserem Orte wurde am gestrigen Sonntage das 7. Gauturnfest des Nicdererzgebirgsgaues abgehalten. Schon am Sonnabend fanden sich die Mitglieder der Lungwitzer Turnvereine und eine Anzahl Gäste im Saale des Restaurants zur Post zu einer Festkneipe zusam men, in deren Verlaufe musikalische Darbietungen, An sprachen und turnerische Vorführungen abwechselten. Zeitig wurde nun am Sonntag Morgen mit der Arbeit begonnen. Um 7 Uhr begann das Einzelwettturnen, zu welchem sich 126 Turner gemeldet hatten. Die Ueb- ungen wurden nach den Bedingungen, die der Sechskampf vorschreibt, ausgeführt, und bestanden im Turnen am Reck, Barren und Pferd, ferner im Hoch- und Weit springen und Steinstoßen. Die Aufgabe der Kampf richter ist an diesem Tage zweifellos keine leichre gewesen, denn ein jeder der Turner strengte sich nach allen seinen Kräften an. Das Auge wurde durch das Wettturnen fortwährend gefesselt, und ein Jeder beobachtete mit In teresse die Leistungen des Einzelnen. Unterbrochen von einer Pause, währte der Wettkampf, an welchem sich 12 Riegen (9 Gerätheturnen, 3 volksthümliche Hebungen) betheiligt hatten, bis in die Mittagsstunden. Nunmehr fanden sich auch die fremden, dem Gau angehörenden Vereine ein und wurden vom Empfangsausschuß begrüßt. Nach der Mittagspause füllte sich der geräumige Festplatz rasch mit den Turnern und einer Anzahl Zuschauer Zunächst wurde der Festzug gebildet. Herr Gemeinde vorstand Oppermann begrüßte in einer Ansprache im Na men der Gemeindeverwaltung und der Turnvereine zu Oberlungwitz alle fremden Turngäste und schloß mit einem Hoch auf Se. Majestät unsern allverchrten König. So dann setzte sich der Festzug, an welchem sich 36 Vereine (ca. 1500 Mann) mit 26 Fahnen betheiligten, in Be wegung Ucberall hatte man den Häusern Fcstschmuck angelegt, Bilder angebracht rc Guirlanden überzogen die Straße In der Nutzung wurde Kehrt gemacht, und nun bewegte sich der Zug fast bis zum Gasthof „zum Hirsch", von da zurück nach dem gleichfalls sehr hübsch geschmückten Festplatz. Sofort erfolgte hier der Aufmarsch zu den Freiübungen: cs betheiligten sich hier gegen 60o Turner. Herr Fabrikant Vogel Oberlungwitz, stellvertrcten der Gauvcrtreter, hielt an Stelle des erkrankten Gau vertreters Meyer-Lugau eine Ansprache, in welcher er auf die hohen Ziele des Turnens hinwies: In einem gesunden, sittlich guten Körper soll eine gesunde Seele wohnen. Redner hoffte ferner, daß sich das 7. Gau turnfest seinen Vorgängern würdig an die Seite reihen möge, und brachte schließlich der dentschen Turnsache ein 3faches „Gut Heil!" — Die nun folgenden Freiübungen boten in ihrer Gesammtheit ein recht hübsches Bild. Nach dem Abmarsch begann das Vereinswettturneu in 3 Ab- theilungen. Zu diesem Zwecke waren 9 Barren und 4 Pferde aufgestellt, sowie 10 Reckstangen angebracht. Wie schon am Vormittage, so wurde auch jetzt wieder während des Turnens von der Capelle des Militürvereins Ober lungwitz Concertmusik gespielt. 3 ^7 Uhr war auch dieses beendigt. Unter den sich anschließenden Sondervorsührungen führten 9 Turner die für Meißen-Cölln bestimmten Keulenübungen vor: schließlich marschierten Mitglieder des neuen Turnvereins „Germania" zu Lugau mit Schlägern auf. um einige Proben ihrer Fechtkunst abzulegen. — Nach längerer Pause, schon brach die Dunkelheit herein, drängte sich Alles um die Tribüne auf dem Festplatze: Sollten doch hier die Sieger in den heute ftattgcsundenen Wettkämpfen ausgerufen werden. — Nach einleitenden Worten verlas der Gauturnwart, Herr Selbmann-Hohen- stein-Er., die Liste der Sieger im Einzelwett turnen am Vormittag, die wir hier folgen lassen (die eingeklammerte Ziffer bedeutet die Anzahl der Punkte): 1. Otto Klüglich-Lichtenstein (52^), 2. Hermann Teubert-Oberlungwitz (51), 3. Hermann Arnold- Hohenstein-Er.-Neust. (48^), 4. Anton Claus-Hohen- stein-Er.-Ältst. (45^), 5. Herm. Heinrich-Hohenstein- Er.-Neust. (44^/g), 6. Oskar Reinhardt-Hohenstein-Er., Turnerschaft (44'-^), 7. Paul Neef-Neudörfel (44), 8 Arno Stein-Neudörfel (42»/o), 9. Frohwald Blau- Hut-Mülsen St. Jacob (42^/g), 10. Bruno Boden schatz-Lichtenstein (423, §), 11, Robert Schönfeld-Lichten stein (42-^), 12. Robert Hüttenrauch-Hohenstein-Er., Turnerschaft (41-^), 13. Wilhelm Olto-Hohenstein- Er.-Altst. (41^), 14. Oertel-Oberlungwitz (40^/g), 15. Richard Sickert-Lichtenstein (39^), 16. Otto Schönfeld-Lichtenstein (39^), 17. Otto Trommer- Rußdorf (39), 18. Fritz Beck-Hohenstein-Er.-Altstadt (38^,), 19. Robert Hüttenrauch-Lichtenstein (37^), 20. Richard Grundmann-Gesau, Concordia, (37^/o), 21. Hugo Jahn-Hohenstein-Ernstthal.Neustadt (37^), 22. Bernhard Jakobi-Hohndorf (37 ^/g), 23. Bruno Nötzold-Neudörfel (37^). Der Gauturnwart schmückte die Sieger mit Eichenlaubkränzen und gab weiter be kannt, daß die Kampfrichter beschlossen hätten, auch einen körperlich gebrechlichen Turner, der durch sein Gerätheturnen allein 33^ P. erlangte, durch einen Kranz auszuzeichnen. Es ist dies Paul Helbig vom Turnverein Hohenstein-Er.-Altstadt. Belobigungen er hielten folgende Turner: Bruno Eibisch-Neudörfel (364/g), Johann Günther-Mülsen St. Jacob (36»/-), L. Meyer-Hohenstein-Er.-Altstadt (35^), Richard Wohlfahrt-Hohndorf (35^), Alex. Geßner-Lugau I, (35^), Paul Zierold-Callenberg (35). Sieger im Vereinswettturnen waren T.-V. Callenberg b. W., Rußdorf und Neudörfel mit je 26,25 P. Diese 3 Vereine erhielten je einen ersten Preis. Den 2. Preis erhielt die Turnerschaft Hohenstein-Er. (25,25), 3 T.-V. Hohenstein Er.-Neust. (24,88), 4. T.-V. Mülsen St. Jacob (24,25), 5 Germania-Oberlungwitz (24,08), 6. T.-V. Mülsen St. Micheln (24,-), 7. T.-V. Niederlungwitz (24,—), 8. T.-V. Hohndorf (23,63), 9. T.-V. Meinsdorf, Germania-Lugau und T.-V. Lugau mit je 23,50 P., 10. T.-V. Hohenstein-Er.-Altst."fl3,17), 11. T.-V. Falken (23,—), 12. T.-V. Ortmannsdorf (22,75), 13. Germania-Neudörfel (22,63). In seinem Schlußwort forderte der Gauturnwart alle Vereine, die nicht durch Preise ausgezeichnet wurden, auf, ja nach Kräften fortzuturnen und weiterzustreben. Die Turner aber ersuchte er. den Kampfrichtern für ihre viele Mühe und Arbeit ein 3faches „Gut Heil" zu bringen Der 2. Gauvertreter, Herr Vogel, beglückwünschte endlich die Sieger und brachte ein „Gut Heil" auf sie aus. — An den erkrankten Gauvertreter Meyer-Lugau hatte man am Sonnabend Abend ein Telegramm abgesandt, ihm darin baldige Genesung wünschend. Am Sonntag Nach mittag ging eine Antwortdepesche von ihm ein, in welcher er allen Festtheilnehmern herzlichen Turnergruß sendet. Nach dem Verlesen dieser Depesche erklärte der Gauturn wart das 7. Gauturnfest geschloffen. — Zwar waren die Wetteraussichten am Sonnabend Abend und Sonntag Morgen sehr unerfreulich; umsomehr freuten sich natürlich alle Turner und Festtheilnehmer, daß der Himmel den ganzen Tag ein freundliches Gesicht zeigte. Der Gau kann deshalb auf ein in jeder Beziehung gelungenes Fest zurückblicken. GachMM. Hohenstein-Ernstthal, 25. Juni 1900 ^nhttMngku von allgemeinem Jnteresje werden dar Idar ent- zegengenommen uno -veut!. honvOrl.- — Nachdem die Pfingstfeiertage vorüber sind, beginnt die Zeit der Vereinslandpartien. In unserm deutschen Vaterlande treibt das Vereinswesen wohl die reichsten Blüthen, es ist auch zuzugeben, daß es manchem ernster denkenden Menschen etwas gar zu üppig ins Kraut zu schießen scheint, aber jedenfalls ist all' dies Treiben und Sprießen im großen Vereins garten deutscher Nationen sehr viel harmloser, als die Klubwirthschaft in anderen Ländern, die gar oft den Charakter des Verdrehten annimmt. Das in weiteren Kreisen nicht ganz unbekannte Wort „Spleen" trifft auf diese Klubveranstaltungen häufig genug zu, ab gesehen davon, daß aus den Klubs nur zu oft wahre Spielhöllen 'eworden sind, die alle Kreise der Be völkerung in sich ausnehmen. Unser deutsches Vereins wesen entspricht im Allgemeinen der deutschen Auf fassung von froher Geselligkeit, die der Mehrzahl der Deutschen nun einmal unentbehrlich ist. Diese Gesellig keit zu vertiefen, ihr den nicht immer gerade erfreu lichen Schein der Oberflächlichkeit zu nehmen, ist vielfach mit Erfolg unternommen, und in deutschen Vereinen wird ein tüchtiges Stück Geld für Fort- und Volks bildung oller Art geopfert. Aber das ist ein Recht der Jahreszeit, welcher vor Allem der Ernst an der Stirn geschrieben steht. Jetzt regiert der Frühling — der Sommer folgt, die Jahreszeit, die es von selbst unmöglich macht, daß nach der Tages Last und Hitze weiter gearbeitet, weiter studirt wird, die Jahreszeit, die uns Erholung bieten soll, die uns unwiderstehlich hinauslockt ins sonnige, duftige Grün. Und bei den Vereinsfestlichleiten, die mit Landpartien verbunden werden, schlingt sich ganz besonders ein Kranz fröh- iichster Laune und Geselligkeit um alle Theilnehmer. Der Kaufmännische Verein zu Hohenstein- Ernstihal unternahm in diesem Jahre seine Sowmer- partie nach Grünefeld bei Waldenburg. Der Ausflug war sehr sorgfältig vom Vorstand geplant und vor bereitet. Die Partie sollte zu Fuß von Hohenstein- Ernstthal aus unternommen und unterwegs auf Reichenbacher Flur ein Picknick gehalten werden. Leider machte das Wetter einen dicken Strich durch diesen Theil des Programms. Zur maßgebenden Zeit, als die Vorbereitungen zum Aufbruch getroffen werden mußten, regnete es und eine sehr frische Brise wehte. Im Verlauf des Morgens drang aber die Sonne sieg reich durch die Wolken und programmmäßig wurde die Bahnfahrt über Glauchau nach Waldenburg an getreten. Als sich der Zug zum Marsche nach dem Gasthaus zu Grünefeld am Bahnhofe Waldenburg sammelte, zeigte es sich, daß eine sehr große Zahl Theilnehmer, etwa 100, darunter über die Hälfte Damen, der Einladung des Vorstandes gefolgt war. Ein wohlbereitetes Mahl harrte der Ausflügler, und bei einem guten Tropfen und unter dem Verklingen einer Anzahl der heitersten Trinksprüche verfloß die Zeit im Fluge. In liebenswürdiger Weise war von der fürstlichen Verwaltung Erlaubniß zum Besuche des Parkes im Zuge unter Begleitung des Musik chores gegeben worden. Man brauchte sich nicht in die Stimmung der Gräfin Melanie zu versetzen, die süßes Träumen unter Bäumen liebt, unter diesen Bäumen des wohlgepflegten Waldparkes, bei dem freundlichsten, nicht zu heißen Wetter, das ain Nach mittage herrschte, ging das Herz ganz besonders auf, vergaß alles des Tages Last und Sorge, bei Alt und Jung stellte sich die richtige Ausflugsstimmung ein. Und als dann das Tänzchen sich anschloß, verfloß die Zeit so geschwinde, daß, wie die Sage ging, bei Einigen zum erstenmale Unzufriedenheit mit dem neuen Vorstand sich einstellte — der die Zeit des Aufbruchs so frühe angesetzt. Immerhin erfolgte die Heimkehr zn den heimischen Penaten spät genug, die Bahn im Muldenthale hatte am gestrigen Tage so viel Aus flügler und Gesellschaften zu befördern, daß sie sich um 1/2 Stunde verspätete. Aker ein bereit stehender Extrazug — die Vorsorge des neuen Vorstandes be währte sich eben bis zum Schluß — brachte dann auch die Hohenstein-Ernstthaler in einem halben Stündchen doch noch zur Vaterstadt zurück. — Die hiesige Ortsgruppe des Deutschnationalen Handlungsgehilfenverbandes veranstaltete gestern Sonn tag Nachmittag einen Ausflug nach dem „Bad", wo ¬ selbst sich die Chemnitzer Collegen in großer Anzahl mit Damen bereits eingefunden hatten. Natürlich entwickelte sich bald ein reges Leben. Allgemein be- theiligte man sich an dem Tänzchen, Ansprachen wurden gehalten, Lieder gesungen und schließlich erfreute die Anwesenden auch noch ein Quartett, bestehend aus Mitgliedern der Chemnitzer Ortsgruppe, durch seine Vorträge. Damit vergingen die Stunden sehr schnell; und als die Chemnitzer aufbrachen, um den Zug zu erreichen, versicherten sie allseitig, daß eS ihnen außer- ordentlich gefallen, und daß es wohl nicht der letzte Besuch sei, den sie den Hohensteiner Collegen abgestattet. — Johannisfest. Es ist eine altherge brachte schöne Sitte, die letzte Ruhestätte unserer Lie ben alljährlich am Johannestage zu schmücken. So auch am gestrigen Sonntag, an welchem wohl jeder, dem ein unter dem Rasenhügel Ruhender im Leben näher stand, den stillen Friedhof aufsuchte. Weiß der theure Todte auch nichts davon, der schöne Brauch wird sich mit dem Christenthum, in welchem sein Ur sprung zu suchen ist, auch auf kommende Geschlechter übertragen. — Vom Schützenfest. Nachdem man in folge der ungünstigen Witterung im Laufe voriger Woche das Schützenfest bis mit Sonntag verlängerte, erfolgte gestern Nachts 12 Uhr der Schluß des Festes. Bei dem am gestrigen letzten Festtage herrschenden schönen Wetter war auch noch ein sehr zahlreicher Besuch von hier und auswärts auf dem Schützenplatz eingetroffen. Hoffentlich hat das lebhafte Geschäft den Schaden einigermaßen ausgebeffert, den das Regen wetter vorher anrichtete. — Heute ist man eifrig mit dem Abtragen der Zeltreihen beschäftigt. — (Der verschwundene Schützenkönig.) In der Erinnerung an das soeben beendete Schützenfest wird folgende niedliche Schützengeschichte, die aus Ger- dauen in Ostpreußen gemeldet wird, viel Spaß machen; Bei dem am Sonnabend abgehaltenen Königsschießen der Neuendorfer Schützengilde errang die Königswürde der Besitzer Z. aus Neuendorf. Als nun die Schützen später zum Parademarsch antraten, vermißten sie leider das Hauptrequisit eines regelrechten Schützenparade- marfches, nämlich die neugebackene Schützenmajestät. Diese, der obengenannnte Besitzer, hatte sich, von schlotternder Angst vor seiner neuen Würde ergriffen, in das tiefste Dunkel des Stadtwaldes geflüchtet. Hier wurde er von seinen nach ihm auf die Suche ge gangenen Unterthanen mit vieler Mühe entdeckt und vergeblich an das Tageslicht zu ziehen versucht. Als weder gütliches Zureden noch sanfte Gewalt irgend welchen Eindruck auf den neuen Schützenkönig machten, ließen die inzwischen ärgerlich gewordenen Schützen brüder ihr widerspenstiges Oberhaupt im Tannendickicht liegen und schritten zur Wahl eines neuen Königs, ans welcher Herr Neumann-Peißnick hervorging. Als die Schützenbrüder sich anschickten, dem Königsbier tapfer zuzusprechen, fand sich auch der verschwundene erste Schützenkönig wieder ein. Er wurde jedoch von den ergrimmten Schützenbrüdern genöthigt, sich schleu nigst aus dem Bereich des Festplatzes zu entfernen. — Alpenfahrten. Die sächsischen und bayerischen Staatseisenbahn-Verwaltungen beabsichtigen auch in diesem Jahre wieder zur Erleichterung des Besuchs der Bayerischen, sowie der Tiroler und Schweizer Alpen Sonderzüge nach München, Salzburg, Bad Reichenhall, Kufstein und Lindau ab zulassen. Der erste Sonderzug wird am 30. Juni nur von Leipzig, Bayerischer Bahnhof, abgehen, während die weiteren Züge am 14. und 21. Juli, sowie am 14. August je von Dresden, Chemnitz und Leipzig aus verkehren. Die Abfahrt erfolgt von Leipzig (Bayer. Bhf.) ans am 30. Juni und 21. Juli 3 Uhr 30 Min. Nachm., am 14. Juli aber und am 14. August 5 Uhr 30 Min. Nachm.; von Dresden «Hauptbhf.) aus am 14. Juli und 14. August 2 Uhr 35 Min. Nachm., am 21. Juli aber Nachm. 1 Uhr 25 Min., und von Chemnitz aus anr- 14. Juli und am 14. August Nachm. 4 Uhr 30 Min. und am 21. Juli 5 Uhr 25 Min. Nachm. Zum Besuche Stuttgarts und des Bodensees grlangi diesmal am 20. Juli von Dresden und Leipzig ein Sonderzug zur Ablassung. Derselbe verläßt Leipzig 8 Uhr Nachm., Dresden 6,10 Nachm., Chemnitz 8,45 Uhr Nachm. und trifft am 21. Juli 3 Uhr 45 Min. Nachm. in Friedrichshafen ein. Alles Nähere über die Ankunftszeiten d/r Sonderzüge m München und über die Weiterführung dieser Züge nach Salzburg, Lindau u. s. w., sowie die speziellen Angaben über die bedeutend ermäßigten Fahrpreise, über die in Salzburg, Kufstein und Lindau aufliegenden Anschluß- fahlkarlen und Abonnementskarten nach den Alpen, ferner über die sonstigen Best minungen sind aus der jetzt erschienenen Uebersicht über die genannten Sonder züge zu ersehen, welch: auf Verlangen bei allen größeren sächsischen Staatsbahnstatiouen, sowie bei den Ausgabestellen für zusammenstellbare Fahrscheinhefte in Leipzig (Grimmaische Straße 2), in Dresden- Altstadt (Wiencrstraße Nr. 2) und in Chemnitz (Albertstraße Nr. 4) unentgeltlich abgegeben wird. Brieflichen Bestellungen sind zur Frankierung 3 Pfg. in Marke beizulegen. — Die Macht des Zeitungsinserats. Der Nutzen, der durch die Anpreisung der Waarcn den Geschäften erwächst, ist so offenkundig, daß sich kein einsichtiger Kaufmann der Reklame verschließen kann. Eine treffende Illustration dieser Ansicht liefert eine Mittheilung aus Dresden, die das Fach blatt „Der Confectionär" bringt. Sic lautet: „Während sich im vergangenen Jahre ein großer Theil der In haber der Manufakturwaarengeschäfte hiesigen Platzes gegen Konventionalstrafen dahin verbunden hatten, daß keiner derselben mehr als für 15000 Mark in hiesigen Zeitungen annoncieren durste, hat sich in diesem Jahre die Verbindung gelöst, aus dem Grunde, weil einige der betreffenden Firmeninhaber sich nicht mehr dieser Beschränkung fügen, denn ihr Umsatz ver minderte sich. Eine Firma gerieth sogar in Concurs. Es ist daraus wohl klar zu ersehen, welchen Werth das Annoncieren für den Kaufmann hat uud wie nachtheilig es für die gewesen sein muß, die damit zu sparen suchten." — Geschickte Reklame durch Zeitungs inserate ist eine der Vorbedingungen für ein gutes Geschäft. — Oberlungwitz. Die Evang. Arbeiter vereine von Neukirchen, Oberwürschnitz, Lugau, Lichtenstein-Callnberg, Glauchau, Hohenstein-Ernstthal,
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