Suche löschen...
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 21.06.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-06-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190006217
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19000621
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19000621
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-06
- Tag 1900-06-21
-
Monat
1900-06
-
Jahr
1900
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 21.06.1900
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
-heilte mit, daß der Kreuzer „Gütchen" am 23. d. M. rach Taku und die Kreuzer „Admiral Charner" und „Friant" am 29. d. M. eben dorthin in See gehen verden. Gleichzeitig sollen zwei Bataillone und zwei Batterien auf dem Transportschiff „Niva" ein- geschifft werden. Eine Note der „Agence HavaS" besagt: Die französischen Streitkräfte, welche sich bereits in China ^finden oder noch zur See nach Taku unterwegs sind und zwischen dem 25. Juni und dem 3. Juli dort eintreffen werden, belaufen sich auf etwa 20V0 Mann. Die Streitkräfte, welche Frankreich am 29. Juni in zwei Transportschiffen verlassen, werden 2200 Mann betragen. Mit der Kreuzerdivision, welche gegenwärtig armirt wird und spätestens am 29. Juni von Frankreich abgeht, werden sich ftan- zösischecseits in den chinesischen Gewässern sieben Kreuzer, ein Aviso und vier Kanonenboote befinden. Toulon, 19. Juni. In Folge der Vorgänge in China herrscht im hiesigen Hafen rege Thätigkeit, um die für alle Fälle nothwendigen Vorbereitungen zu treffen, doch haben bis jetzt nur 2 Kreuzer Be fehl erhalten, zur Abfahrt bereit zu fein. Es ist die Rede davon, daß eine Division kleiner Kreuzer gebildet werden soll. Die 4. Brigade der Marine-Infanterie hält sich zur etwaigen Verstärkung des Kolonial kontingents bereit. Auch Deutschland trifft seine Vorkehrungen gegen über den Vorgängen in China. Aus Kiel und aus Wilhelmshaven liegen Meldungen vor, nach denen das erste und das zweite Seebataillon Befehl erhielten, sich bereit zu halten, nach China zu gehen. Der große Kreuzer „Fürst Bismarck" wird mit diesen Leuten jedenfalls Ende dieses Monats nach China abgehen. Aus Tsingtau zKiautschou) wird noch berichtet, daß dort alles ruhig ist. Das Schiff „Irene" ist von bort mit 240 Seesoldaten nach Taku abgegangen. Wien, 19. Juni. Hier ist soeben eine Circular note Rußlands an die Mächte eingetroffen, worin die bevorstehende Landung weiterer 4000 Mann in China angezeigt wird; ferner eine Note Japans an die Mächte, worin die Mittheilung enthalten ist, daß Japan aus eigenem Antriebe weitere 2500 Mann in China landet, womit sich das bisherige japanische Kontingent auf 4000 Mann erhöht. Japans Note war vor der ergangenen Kollektivaufforderung der Mächte abgesandt. In hiesigen diplomatischen Kreisen ist man der Ansicht, daß gerade der Zwischenfall von Taku möglicherweise zu einem vollständig einträchtigen Vorgehen der Mächte führen und das präponderirende Auftreten einer Macht oder zweier Mächte verhindern und zur Einigung aller Mächte über die chinesischen Fragen vielleicht auf einer Konferenz Anlaß bieten könnte. * * . * Wenn die Meldung sich bestätigt, daß der katholische Dom in Peking, die Pehtang, niedergebrannt worden sei, so ist es nicht gar zu erstaunlich, daß bei einem Volksausbruch gegen die Christen und die Fremden in der Hauptstadt die Wuth sich zunächst gegen die franzö sische Kathedrale richtete, die stolz und herausfordernd mit ihren gothischen Thürmen über das niedrige Häusermeer herausragte. Früher schaute sie sogar zum Aerger aller Chinesen über die Mauern hinüber in die „verbotene Stadt", bis sie nach langen Verhandlungen versetzt wurde. Durch diese That durfte sich zunächst Frankreich, das be kanntlich Anspruch auf daS Protektorat über die Christen im Orient erhebt, in erster Linie getroffen fühlen, und man erinnert sich unwillkürlich, daß Frankreich im Jahre 1870 nur deshalb die Zerstörung der katholischen Kirche in Tientsin und die Ermordung der dortigen Missionare und Nonnen nicht zum Kriegsfall machte, weil es in Eu ropa gebunden war. * * »t Es ist interessant, zu beobachten, wie die leiten den russischen Preßorgane in dem vollen Bewußtsein schreiben, daß England auf eine verhältnißmäßig be scheidene Rolle im fernen Osten angewiesen ist und daß Rußland in Folge dessen die gewünschte Be wegungsfreiheit gewonnen hat. Now. Wremja und Wjedomosti schreiben sogar in einem sehr heraus fordernden Tone gegen England. Das letztere Blatt weist darauf hin, daß Rußland längst darauf gefaßt war, feiner Ausdehnungspolitik von England Hinder nisse in den Weg gelegt zu sehen, und daß es un aufhaltsam über alle Hindernisse hinwegfchreiten werde, um seinen „vorwiegenden Ansprüchen" Geltung zu verschaffen. „Diejenige Macht," so fährt das Organ des Fürsten UchtomSky fort, „die es jetzt unternimmt, sich den hochmüthigen Anmaßungen Großbritanniens zu widersetzen, hat wenig zu fürchten. Sie wird nur mit dem schwachen Ueberrest von achtzehntausend Bajonetten und Säbeln und sechsunddreißig Geschützen zu rechnen haben. Englands Heer wird gegenwärtig in Südafrika festgehalten, wo es leichte Siege erkämpft; aber England darf nicht erwarten, daß es auch anderwärts dergleichen Siege erringen wird. Der ferne Osten wird sehr bald der Brennpunkt für mannigfache, einander widersprechende internationale Interessen werden. Wie wir schon bemerkt haben, Hai Rußland dies seit einiger Zeit klar vorausgeschen und ist darauf vorbereitet, seine Interessen in jenem Himmelsstrich gegen jeden Gegner und unter allen Umständen zu vertheidioen. Kurz, Rußlands Politik in Ostasien ist im Begriff, in eine neue und active Phaie einzulreten, und unser Land ist auf alle Eventualitäten, die sich aus dieser neuen Politik er geben können, ausgezeichnet vorbereitet." Uebrigens ist man in allen scharf beobachtenden politifchen Kreisen Englands durchaus auf russische Ueberraschungen in Ostasien gesaßt. Das „Einverständniß" der Mächte wird nur als äußerlich bestehend betrachtet. So stößt man auf die Annahme, daß Rußland es im Geheimen mit der Kaiferin-Wittwe hält, nicht nur in der Sensationspresse, die eine Verdächtigung Rußlands als ihr besonderes Geschäft betrachtet, sondern auch in den mehr verantwortlichen Blättern findet sich ähnlicher Argwohn ausgedrückt, und selbst ein so vorurtheils- freier Politiker wie Mr. Frederick Greenwood kann sich dem Verdachte nicht verschließen, daß das „Ein verständniß" der europäischen Mächte rein „temporär" ist und daß thatsächlich ein „russisch-chinesisches Ab kommen" besteht. * * Das Bild der gegenwärtigen Lage ist zweifellos für China sehr trüb. Das mongolische Reich hat schon bestanden, als Rom noch nicht gegründet war, und vor 600 Jahren drangen seine Horden b:s ins Herz Europas vor; sie schlugen bei Liegnitz und Wahlstatt gewaltige Schlachten, sie haben unter dem Enkel Lschingis-Khans ganz Asien unterworfen, aber heute kracht ConfuciuS' Reich in seinen Fugen. Es ist der „Anfang des Endes", wie Talleyrand sich ausdrückte. Die von den mongolischen Khanen Kublai, Batu und anderen unterwofenen Sarmaten schicken sich heute an, im Bunde mit den Nachkommen der „eisernen Männer", die ihnen in Schlesien gegenüber standen, ihm den Rest zu geben. Assyrien, Egypten, Griechenland, Karthago, Rom sind verschwunden, sogar ihre Sprachen sind abge storben. „Menschen sterben, Völker sterben," sagt die letzte heidnische Priesterin in „Dreizehnlinden". In China aber krachen nur die Fundamente des Staates, der zermorscht und verfault ist, diese ungeheure Na tion hat noch unversiegbare gebundene Kräfte und bleibt ewig lebendig. Die Europäischen Staaten wer den neue Saat auf diesem uralten Boden säen und sie reifen lassen im Dienste der Welrkultur. Es ist, als ob man die Uhr des Schicksals schlagen hört: die „krystallisirte" Kultur stirbt ab. ZachsifcheH. Hohenstein-Ernstthal, 19. Juni 1900 iXIttheUungen von allgemeinem Jnteresjc werden dankbar ent zegengenommen uno eveutl. honvr'rt.- Was bietet der neue Hausbesitzerverei« in Hohenstein-Ernstthal? Wenn jemand Mit glied eines Vereins ist, so wünscht er auch Vortheile zu genießen, welche ihm der Verein für seine zu zahlende Vereinssteuer bietet. Eine Ausnahme hiervon machen natürlich Wohlthätigkeitsvereine oder solche, welche zum Wohl und Besten unserer Mitmenschen gegründet und unterhalten werden oder sonst gute gemeinnützige und humane Ziele verfolgen. Unser Hausbesitzerverein soll in erster Linie für seine Mitglieder und deren Miether, im Allgemeinen aber auch für den gejammten hiesigen Haus grundbesitz sich nützlich erweisen. Die Vortheile, welche er bietet, sind mancherlei Art, so daß wohl einem jeden Mitglieds Gelegenheit geboten ist, auf die eine oder andere Weise von dem Gebotenen sich etwas zu Nutze zu machen. Wir sind aber auch der Meinung, daß nicht Jedem Alles bekannt sein wird, was er von feinem Verein verlangen und inwiefern er Nutzen aus der Mitgliedschaft haben kann. Aus diesem Grunde dürfte wohl nicht überflüssig sein, auf die gebotenen Vortheile hinzuweisen und um deren Beachtung und Benutzung zu bitten. Schon Z 2 der Vereinssatzungen zählt im Allgemeinen auf, was der Verein leistet und bieten soll; in der Hauptsache würde folgendes zu bemerken sein: 1) Unser Verein ist in der Lage, durch Unterhaltung einer Zeitung, welche aller acht Tage zur Ausgabe ge langt, und in der jedes Vereinsmitglied etwas Interessantes lesen kann, auch durch eine täglich geöffnete Geschäftsstelle jederzeit mit unentgeltlichem Rath und Auskunft in Mieth angelegenheiten nicht blos seinen Mitgliedern, sondern auch deren Miethern, soweit es für angängig erachtet wird und den Interessen der Ersteren nicht nachtheilig ist, zur Seite zu stehen. 2) Unser Verein ist bestrebt, seine Mitglieder soviel als möglich vor Miethverlusten durch mündliche vertrau liche Mittheilung, als auch durch Drucklegung von Ver zeichnissen über nicht zu empfehlende Miether zu schützen soweit solche auf der Geschäftsstelle bekannt geworden Den Mitgliedern liegt die Verpflichtung ob, solche Per sonen zu melden, durch die sie böswillig und grundsätz lich geschädigt wurden und vor denen Andere gewarnt werden möchten. Dies ist, wenn dem nachgekommen und beim Vermiethen die nöthige Aufmerksamkeit geschenkt wird, ein wesentlicher Schutz, sich vor Verlusten und Aerger zu bewahren. 3) Unser Verein bietet Gelegenheit, auf eine b'llige und wirksame Weise zu vermiethende Wohnungen und Geschäftsräume bekannt zu geben. 4) Unser Verein hat das Bestreben, Sonderbelast ungen des Grundbesitzes nach Kräften scrnzuhalten und bereits vorhandene soviel als möglich zu vermindern; der Einzelne ist in dergleichen Dinge zu schwach und nur Vereine, Vereinigungen von möglichst vielen Personen können ins Gewicht fallen, wenn es gilt, einen gewissen Druck auszuübcn. Schon allein von dielem Gesichts punkte aus sollten dem Hausbesitzerverein sämmtliche Grundbesitzer allerorts, wo sich Hausbesitzervereine be finden, angehören oder, wo sich noch keine befinden, solche ins Leben rufen. 5) Unser Verein gründete sich im vorigen Jahre und führte zugleich eine eigene Haftpflicht-Versicher ungs lasse ein; er besteht als eingetragener Verein im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich § 21, 55 slg. Um die Mitglieder gegen Zahlung einer sehr niedrig bemessenen jährlichen Steuer gegen alle die Unfälle zu schützen, für die sie als Hausbesitzer fremden Personen gegenüber haftbar gemacht werden können; diese nicht zu verkennende Darbietung ist von den Mit gliedern wohl anerkannt worden, und es ist wünschens- werth, daß sich alle die noch nicht dem Verein angehören- den Grundbesitzer sich auch in dieser Hinsicht beim Verein melden und versichern. Zwar giebt es viel ausländische Versicherungsgesellschaften auf diesem Gebiete, es ist aber wohl gerechtfertigt, wenn man sich lieber an die Ver sicherung seines Vereins hält, um diese zu unterstützen und etwa angesammelte Gelder zu erhalten, wenn er mindestens dasselbe bietet, als sich an auswärtige zu wenden. Aber auch der beste Verein und die rührigste Leit- tung desselben kann nicht erreichen, was die Mitglieder wünschen, wenn nicht dieselben hilfreiche Hand bieten und jedes nach seinen Kräften die Bestrebungen unterstützt. Bis jetzt ist unser Verein sehr lobenswerth durch Mit glieder stark Herangemachsen und hoffen wir, daß diese auch das Gebotene soviel als möglich benutzen, und ihm bei sich darbietender Gelegenheit neue Mitglieder und damit mehr Kräfte dem Verein zuführen. Möge dies Wenige Gehör finden und anerkannt werden. r. — Da unser Schützenfest in seinen: bis herigen Verlaufe erheblich unter der Ungunst der Witterung zu leiden hatte, ist vom Stadtrathe ge nehmigt worden, daß das Fest bis zum Sonntag fortgesetzt wird. Die Zelte und Buden werden also einige Tage später verschwinden, als ursprünglich fest gesetzt war; hoffentlich ist uns nunmehr besseres Wetter beschicken und die geschädigten Händler machen nachträglich noch ein recht gutes Geschäft. — Fe st genommen wurde in letzter Nacht auf dem Schützenplatze ein ohne Beschäftigung sich Iherumtreibender Handarbeiter, gebürtig aus Hohen stein, der wegen eines von ihm in Oberlungwitz ver übten Diebstahls gesucht wurde. — Sommerarbeiter aus Galizien. Auch für die sächsische Landwirthschaft ist bekanntlich die Leutenoth groß. Zur Einschränkung derselben hat man die ver schiedensten Versuche gemacht; man hat die Löhne er höht, eine bessere Stellenvermittelung eingeführt, durch den Arbeitsnachweis der sächsischen Militärvereine die vom Dienste entlassenen Militärpersonen auf das Land zurückzusühren versucht: der Erfolg ist auf jedem Wege ein wenig befriedigender gewesen. Auch die sächsische Landwirthschaft bleibt vorläufig darauf angewiesen, die ihr fehlenden Arbeiter aus der Ferne zu beziehen. Ein neuer Versuch ist in dieser Richtung im letzten Frühjahr durch Vermittelung der Landwirthschasts- kammer für die Provinz Brandenburg gemacht, die sich bereit erklärte, für die sächsischen Landwirthe Sommer arbeiter aus Galizien kommen zu lassen. Diese Ver mittelung ist von 17 sächsischen Landwirthen in An spruch genommen. Dieselben haben zusammen 112 galizische Arbeiter kommen lassen, für die sämmtliche Reisekosten bis Kohlfurt 26 Mk. auf den Kopf be trugen. Von diesen Arbeitern kamen in den Bezirken Dresden 39, Chemnitz 18, Leipzig 10 und im Vogt lande 45 in Stellung. Durch Vermittelung der ge nannten Landwirthschaftskammer ist den sächsischen Landwirthen von jetzt ab auch Gelegenheit geboten, deutsch sprechende evangelische Sommerarbeiter aus Südungarn zu beziehen, die als fleißig und brauch bar bekannt sind. Der Jahreslohn, beträgt für Knechte 260—280 Mk., für Mägde 160-190 Mk. Für Sommerarbeiter wird ein Tagelohn beansprucht: für Männer 1,60 Mk., in der Ernte 2,00 Mk., Frauen und Mädchen 1 Mk., in der Ernte 1,50 Mk., Burschen 1 Mark, in der Ernte 1,50 Mark. An Naturalien werden für diese Arbeiter auf den Kopf und die Woche 25 Pfund Kartoffeln und 3(/z Liter Magermilch verlangt. Die Reisekosten bis Kohlfurt betragen etwa 23 Mk. für die Person. Von dem genannten Bahnorte haben die sächsischen Arbeitgeber oder ihre Beauftragten die Leute selbst abzuholen. — Der Gesindemangel auf dem flachen Lande ist vielfach ganz außerordentlich groß geworden, so groß, daß das Dienstboten suchende Stadt-Publikum noch lange nicht in die gleiche Lage versetzt ist. Der Schreiber dieser Zeilen hörte im Frühjahr auf einem Bahnhof in der preußischen Provinz Sachsen, wie ein Landwirth eine Magd annahm, der er zur Wartung seiner Kühe dringend bedurfte. Das Mädchen forderte für die Zeit von Ostern bis Neujahr 1901, jede bindende Verpflichtung über diesen Termin hinaus lehnte es ausdrücklich ab, 200 Mark baar, und zu Weihnachten eine beträchtliche Portion reiner Lein wand, ein Kleid und ein Paar Schuhe. Kleid und Schuhe mußten einen bestimmten, nicht etwa geringen, Mindestwerth haben, und damit der Dienstherr nicht billiger kaufe, macht sich das Mädel vor Zeuge» aus drücklich das Recht aus, diese Gegenstände selbst ein kaufen zu können. Als die Umstehenden sich über diese Zugeständnisse bei dem schon ziemlich erheblichen Lohne wunderten, zuckte das Bäuerlein resignirt die Achseln. Entbehren konnte er ein Mädchen nicht, also was thun? Dieses Beispiel wird aber nicht selten noch überboten, und so ist denn bei nicht wenigen Landwirthen so etwas wie eine stille Resignation eingezogen. Am schlimmsten ist es für die Leute natürlich in der Nähe von großen Städten, wo selbst für außerordentlich beträchiliche Löhne eine passende Hilfe nur schwer zu erlangen ist. Ein Stadtbewohner, der sonst auf Dienstboten sich. verläßt, kann sich eventuell immer in der einen oder anderen Weise helfen, der Landwirth mit seinem Vieh steht ganz anders und wahrlich nicht besser da. Man kann von geringen Kennern landwirthfchaftlicher Verhältnisse oft genug hören, wenn nur ordentlich bezahlt wird, giebt es auf dem Lande Gesinde in Hülle und Fülle. Wer dem Landmann gern etwas vorpredigt, der sollte nur einmal ein Jahr Landmann spielen, sich aber das nöthige Geld und die nöthige» Knochen mitbringen, dann wird er das weitere schon merken. Es ist thöricht von Eltern, die auf dem Lande leben, ihre Töchter über die Maßen zur Stadt zu senden. Sind die Leute älter, sind sie mehr oder weniger auf die Kinder angewi.sen, und namentlich auf die Töchter, gleichviel verheirathet oder unverheirathet. Mit dem längeren Aufenthalt in der Stadt, und ganz besonders in Großstädten, geht aber der Sinn nicht bloß für ländliche Arbeit, sondern auch für Landleben verloren, und in späteren Tagen mögen die Eltern dann sehen, wie sie zurecht kommen. Das Verbleiben eines ge nügenden Theils von Landmädchen aus dem Lande ist eine nicht weniger wichtige soziale Frage, als die, wie sind die Stadtmädchen vom zu weitgehenden Fabrik besuch abzuhalten. Die künftige Frau in Stadt, wie auf dem Laude muß sich vor allem die Kenntnisse aneignen, die sie bedarf in ihrem Haushalt. Daß es heute tausendfach anders ist, ist bekannt. — Mittelbach. Nächsten Sonntag soll die Fahnenweihe des hiesigen Königl. sächs. Militär oereins „Kameradschaft" stattfinden, wozu außer ordentlich viele Einladungen ergangen sind, so daß eine zahlreiche Betheiligung zu erwarten ist. Den Sonntag darauf, d. i. den 1. Juli, foll bei günstiger Witterung die Rosenausstellung in Eckerts Gasthaus stattfinden. Den darauffolgenden Sonntag endlich giebt es wiederum Fahnenweihe des Schützcnvereins, der gleich zeitig fein 25 jähriges Vereinsjubiläum begeht. — Siegmar. Der Einladung des Provinzial verbandes Chemnitz zu einem Veteranentag in die „Jagdfchänke" bei Siegmar am vergangenen Sonntag waren trotz des sehr ungünstigen Wetters erfreulicher Weise nahezu 200 Kameraden der umliegenden Ort schaften gefolgt. Die Begrüßungsrede des Vorsitzenden, Kamerad Dr. Leichter-Schenk aus Limbach, klang aus in einem begeistert ausgebrachten dreifachen Hurrah auf unseren allverehrten obersten Veteran, den tapferen Heerführer König Albert und den ersten Kriegsherrn Kaiser Wilhelm. Hier anschließend berichtete derselbe Kamerad über die Errungenschaften des Verbandes deutscher Kriegsveteranen, wie über dessen weitere Zwecke und Bestrebungen; er bat die Veteranen, neben ihrer Mitgliedschaft in den Militärvereinen durch die Gründung von Ortsgruppen und deren Anschluß an den Hauptverband in Leipzig die lobenswerthen Be strebungen zu unterstützen. Er ermahnte weiter die Veteranen, in Treue zu Kaiser und Reich, König und Vaterland auszuhalten und die im Felde vor dem Feinde gegründete Kameradschaft weiter zu bethätigen vurch die Unterstützung der verarmten, hilfsbedürftigen Veteranen. Den geforderten geringen jährlichen Bei trag von nur einer Mark solle kein Kamerad zu leisten scheuen, da dieser, wie Redner erläuterte, manche arge Noth und Sorge lindere. — Zwickau, 19. Juni. Der Fördermann Küttenberger wurde in einem hiesigen Schacht von einem Kohlenhunt überrannt und erlitt einen schweren Schädelbruch. — Zwickau, 18. Juni. Zur 51. Jahresver sammlung des Leipziger HauptvereinS der evangelischen Gustav-Adolf-Stiftung sind zahlreiche Abgeordnete oer zum Hauptverein gehörenden Zweigvereine in unserer Sladt eingetroffen. Gestern Abend fand öffentliche Begrüßung seitens der Stadt durch Herrn Oberbürger meister Keil und seitens des Zweigvereins Zwickau durch Herrn Superintendent Meier statt, worauf der Vorsitzende des Leipziger Hauptvereins, Herr Pastor v. Hölscher aus Leipzig, erwiderte. In der heutigen berathenden und beschließenden Versammlung, welche Vormittags 9 Uhr eröffnet wurde, erstattete Herr Superintendent Fischer-Chemnitz-Schloß Bericht über die für die große Liebesgabe empfohlenen Gemeinden: Dios-Györ in Ungarn, Hohenelbe in Böhmen, Prützen- walde in Westpreußen. Die große Liebesgabe erhielt Hohenelbe in Höhe von 3000 Mark, die beiden anderen Gemeinden empfingen je 1250 Mark. Zum 3. Male seit 62 Jahren hat am 18. d. M. der Gustav-Adolf- Verein in Zwickau seinen Einzug gehalten. Die Stadt ist reich beflaggt und mit Ehrenpforten geschmückt. — Eine raffinirte Betrügerin stand dieser Tage vor dem Landgericht Zwickau in der Person der 23jährigen Wirthschafterin Pauline Minna Kühn. Die Angeklagte hat, um sich einen Nebenverdienst zu verschaffen, im Februar d Js. mit dem Handel von Eiern begonnen; sie hat von dem Handelsmann Deumel in Werdau sogen. „Kisten eier" und zwar anfangs das Schock für 4 Mark, später aber für 3 Mark 80 Pf. und 3 Mark 60 Pf. bezogen und diese Eier theils in Werdau, theils auch in Zwickau als „frische Landeier" zu dem für solche Eier üblichen Marktpreis verkauft und zu verkaufen versucht; dabei hat sie der Wahrheit zuwider den Abnehmern gegenüber an gegeben, die Eier stammten von bestimmten ländlichen Lieferanten, um so die Abnehmer in den Glauben zu versetzen, daß die von ihr angebotenen Eier wirklich ganz frische seien. Auf diese Weise machte sie sich ganz hübsche Beträge in ihre Tasche, verschmähte auch bei ihren Hau- sirgängen nicht, sich an fremdem Eigenthum zu vergreifen. Das Gericht verurtheilte die Angeklagte zu 10 Monaten 2 Wochen Gefängniß und 5 Jahren Ehrenrechtsverlust. — Wechselburg. Nach einer i» der „Germania" ringst veröffentlichten Zuschrift erhielt der Graf Schön- mrg-Forderglauchau auf Schloß Wechselburg an: Vor abend von Fronleichnam von der Kgl. Kreishauptmann- chaft Leipzig eine Verfügung, wonach allen auswärtigen Katholiken und auch den am Orte wohnenden, sofern ie nicht im Dienste des Grafen Schönburg stehen, )ie Theilnahme am katholischen Gottesdienste in der Schloßkirche verboten ist. Für jede Person hastet der Graf mit 100 Mark Strafe. — Diese Mittheilung, chreibt das „Leip. Tagebl.", ist richtig, unrichtig aber find die Betrachtungen, die das Blatt daran knüpft, denn es handelt sich hierbei um nichts weniger, als um eine kirchliche Angelegenheit. Als der Graf Schönburg-Forderglauchau im Jahre 1869 zur katholischen Kirche übergetreten war, wurde ihm die Erlaubniß ertheilt, für sich, seine Angehörigen und die in seinen Diensten stehenden Katholiken Gottesdienst abzuhalten. Zu diesem Zwecke stellte der Herr Graf einen Privatkaplan an, der die Gottesdienste abhielt, dem es also, da er keine amtliche Befugniß hat, nicht gestattet war, öffentlich als Geistlicher zu wirken. (Die Katholiken in Wechselburg gehören zur katholischen Parochie Chemnitz und empfangen demzufolge auch von dem Kaplan dieser Parochie ihre geistliche Seelsorge.) Nun hat aber der Privatkaplan des Graseu Schön burg-Forderglauchau seine Pflichten durchaus verkannt, indem er sein Wirken mehr und mehr öffentlich ge staltete, und sagen wir es frei heraus, Proselyten macherei betrieb. Dadurch verstieß er gegen das Ge setz vom 26. August 1876, betreffend die staatliche Oberaufsicht über die katholische Kirche im Königreich Sachsen und auf Grund dieser gesetzlichen Bestimmungen ist der Kaplan wiederholt aufgefordert worden, seine Thätigkeit nach der bezeichneten Richtung hin einzu stellen. Da dies otme zeden Erfolg geblieben ist, hat )ie Königliche Kceishauptmannschaft eine Strafe von 100 Mark für jede einzelne Zuwiderhandlung aus gesetzt. Hierzu war sie nach den einschlägigen gesetz lichen Bestimmungen vom Jahre 1835 nicht blos be rechtigt, sondern verpflichtet, als zu erkennen war, daß ihre Verfügungen nicht durchgeführt wurden. Auf ein an kompetenter Stelle eingcreichtes Gesuch um Erweiterung der gottesdienstlich.'n Befugnisse des be zeichneten Privatkaplans ist noch keine Entscheidung erfolgt. — Pirna. Als Beweisstück der Gefräßigkeit des Hechtes wurde dein „Pirn. Anzeiger ' ein junges Exem plar dieses Raubthieres der Fischwelt überbracht, das am Rechen der Neumühle zu Copitz in der Wesenitz im ver endeten Zustande angeschwommen aufgehoben worden war. Obwohl selbst nur 37 Centimenter lang, hatte sich der Hecht eine 19 Centimeter lange und wohlgenährte Barbe zum Frühstück ausersehen und dieselbe ganz zu verschlingen gesucht. Hierzu mag aber die Weite seines Schlundes doch nicht ausgereicht haben, andererseits aber hat er den fetten Biffen auch nicht wieder fahren lassen können, und so mußte der Räuber daran ersticken. — Am Sonntag ist im Gebiet der obere» Sächsischen Schweiz, an der Ostseite des Kleinen Winterberges, ein Tourist in Folge eigener Unvor sichtigkeit in eine Felsenschlucht hinabgestürzt, jedoch glücklicher Weise in einer Tiefe von 18 Metern in die Krone eines dort stehenden Baumes gefallen, so daß er sich festhalten konnte und vor weiterem Absturz bewahrt blieb. Der junge Mann war zu wieder holten Malen bei einem Aussichtspunkte am Kleinen Winterberge über eine nicht allzu breite Felsenspalte gesprungen. Diesmal versah er das Ziel und stürzte in die Tiefe. Seine Begleiter und nachkommende Touristen holten auf dem Großen Winterberge ein Seil, mit Hilfe dessen der junge Mann, der sich mehrere Verletzungen zugezogen hatte, wieder zur Höhe befördert werden konnte. — Neschwitz. Wie gefährlich es ist, eine bren-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)