Volltext Seite (XML)
WHein-LllWer NgM Freitag, den 29. Juni 1900. Nr. 147. 50. Jahrgang. Erscheint Inserate ,eden Wochentag abends für den folgenden Tag und MWM MM M M MS nehmen außer der Expedition auch die Austräger auf kostet durch die Austräger pro Quartal Mk. 1,40, MM /M M^, M, MM M^, dem Lande entgegen, auch befördern die Annoncen- durch die Post Mk. 1,50 frei in's Haus. MM Expeditionen solche zu Originalpreisen. sür Hoheustvin-Gnrstthal, Obertungmitz. Gersdorf, Lugau, Hermsdorf, Dermsdorf, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Rußdorf, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Erlbach Kirchberg, Pleißa, Reichenbach, Callenberg, Tirschheim, Kuhschnappel, Grumbach, St. Egydien, Hüttengrund u. s. w. Arntsblcrtt für den Verwaltnugsvezirk -es Stadtrathes zu Hohenstein-Ernstthal. Orgcrrr. aller tLerneinde-Verrvalturrgerr öer rrrnliegerröerr Ortschaften Bekanntmachung. Der 2. Termin Renten ist spätestens bis den 5. Juli a. c. an die hiesige Ortssteuereinnahme (in der Gemeindeexpedition) abzuliefern. Oberlungwitz, am 27. Juni 1900. Der Gemeindevorstand. Opperman«. Bekanntmachung. Bei der unterzeichneten Verwaltung ist die mit 350 Mark Gehalt ausgestattete Stelle eines Nachtschntzmannes baldigst zu besetzen. Bewerbungsgesuche sind bis 7. Juli anher einzureichen. Oberlungwitz, am 27. Juni 1900. Der Gemeinderath. Gpperma««, Gemeinde-Vorstand. Bekanntmachung. Montag, den 2. Juli a. c. wird der 3. Termin Taudrente« eingenommen und zwar Vormittags bei Herrn Restaurateur Röder und Nachmittags in der Gemeinde-Expedition. Gleichzeitig wird an diesem Tage der 3. Termin Schnlanlage« in der Gemeinde-Expedition eingenommen. Hermsdorf, den 26. Juni 1900. Müller, Gemeindevorstand. Die chinesische» Wirren. Die heute vorliegenden Nachrichten sind bestimmterer Natur, lauten aber fortgesetzt äußerst bedrohlich. Erfreu lich ist, daß die Gesandten sich doch noch unversehrt be finden und daß der Entsatz von Tientsin gelungen ist. Wir stellen die wichtigsten Nachrichten im Folgenden zu sammen: La«-»«, 27. Juni. (Reuter-Meldung) Der eng lische Consul in Tientsin telegraphirt, er habe von dem Generalinspektor der Zölle, Hart, einen Brief, datirt Peking, 19. Juni, 4 Uhr Nachmittags, erhalten, worin es heißt, die fremden Gesandtschaften seien aufgefordert worden, Peking innerhalb 24 Stunden zu verlassen. Tschif«, 26. Juni. Engländer und Amerikaner rückten in Tientsin ein, nachdem sie die Geschütze des chinesischen Arsenals zum Schweigen gebracht und die chinesischen Linien durchbrochen hatten. Die anderen fremden Truppen folgten dicht dahinter. Die Verluste sind gering. Schanghai, 26. Juni. Der russische Consul er hielt folgendes Telegramm aus Tschifu vom 26.: Laut hierher gelangter Meldung eines russischen Offiziers ent setzten die russischen Landtruppen Tientsin: sie hatten 4 Todte und 20 Verwundete. Kleine Abtheilungen der anderen Mächte rückten in Tientsin mit russischer Artil lerie ein. Lon-o«, 27. Juni. Im Unterhaus verlas Brod- rick zwei amtliche Telegramme, welche den Entsatz Tient sins bestätigen. Das erste, vom Consul in Tientsin am 23. Juni aufgegebene Telegramm berichtet, 550 englische Truppen seien am 23. Juni mittags in Tientsin ange» kommen. 1500 Russen seien auf der Bahnstation Tientsin. Ferner seien 150 Amerikaner und 50 Italiener einge troffen. Das zweite, von dem englischen Contreadmiral in Taku am 25. Juni, 3 Uhr Nachmittags aufgegebene Telegramm meldet, der Befehlshaber des britischen Con tingents der Entsatztruppe für Tientsin berichte, daß man mit Tientsin Verbindung bekommen und am 23. Juni Verstärkungsmannschaften dort hineingebracht habe. Der Obercommandirende, Seymour, befinde sich, wie gemeldet werde, zehn Meilen von Tientsin entfernt, gehemmt durch die Kranken und Verwundeten und kämpiend mit dem Feinde. Petersburg, 27. Juni. Ein Telegramm des Viceadmirals Alexejeff aus Port Arthur vom 26. Juni an den Kriegsminister lautet: General Sweßel ist am 24. Juni nach einem Kampf in Tientsin eingezogen und hat sich mit General Anissimow vereinigt Die Verluste sind nicht groß. Eine weitere amtliche Mittheilunz be sagt, daß sich gegenwärtig unter dem Commando des Generals Stoeßel in Tientsin ein russisches Detachement, bestehend aus 5 Schützenbataillonen mit 8 Geschützen und 4 Mörsern und Kugelwerfern, befindet. Unter den Trup pen Stoeßels auf dem Zuge gegen Tientsin befanden sich nach den eingegangenen Nachrichten auch 140 Amerikaner und 100 Japaner Wahrscheinlich haben sich den russi schen Truppen auch 750 Deutsche, die am Tage nach dem Abmarsch der russischen Truppen aus Taku nach Tientsin gelandet worden waren, angeschlossen, Ueber die Betheilig' ung von Truppen anderer Nationen an dem Entsatz Tientsins ist bisher keine Nachricht eingegangen. Lo«-0N, 27. Juni. Die New Dorker World veröffentlicht eine Depesche aus Tschifu vom gestrigen Datum, wonach Admiral Seymour durch Heliogramm dringend um Entsatz gebeten habe. Die Gesandten nebst den Mitgliedern der Gesandtschaften seien unversehrt bei ihm. Paris, 27. Juni. Der Marineminister erhielt heute von dem Direktor des Arsenals in Futfchou, Dojere, die telegraphische Mittheilung, daß derselbe Frauen und Kinder der im Arsenal von Futschou thätigen Franzosen nach Hongkong schicke. London, 27. Juni. Den Zeitungstelegrammen über das Zustandekommen des Entsatzes von Tientsin sind nur wenig Eirzelheiten zu entnehmen. Danach soll er dadurch ermöglicht worden sein, daß eine Kolonne von 300 Mann englischer Infanterie und 900 Mann indischer Truppen die Verbindung zwischen mehreren Heeresabthnlungen vornehmlich deutscher, japanischer und russischer Mannschaften herstellte, die bei den vorangegangenen Entsatzversuchen in ver schiedenen Entfernungen von Tientsin stecken geblieben und von Chinesen umzingelt worden waren und also erst jetzt zu gemeinschaftlichem wirksamen Vorstoß be fähigt wurden. Entsetzliche Spuren von Mord und Brand sollen sich den Augen der einrückenden Truppen geboten haben. Die Chinesen hatten die unter dem Schutze der fremden Truppen auf dem Südufer ver sammelten Europäer tagelang einem erbarmungslosen Artilleriefener ausgesetzt, das Tod und Verderben unter ihnen verbreitete. London, 27. Juni. Ein Telegramm aus Shanghai meldet, der Statthalter von Schantung habe dorthin telegraphirt, alle Boten, durch die der britische Konsul die Verbindung mit Peking herzustellen versucht habe, seien unterwegs ermordet worden. Aus Tschifu wird noch Dienstag Nachmittag über Shanghai gemeldet: Der Dampfer „Tungchow" bringt soeben neue offizielle Nachrichten aus Taku. Danach ist die Verbindung mit Admiral Seymour hergestellt, der sich etwa 10 Meilen von Tientsin entfernt befindet. Seine Truppen wurden hart bedrängt, litten Mangel an Munition und Nahrungsmitteln und waren schwer behindert durch 300 Kranke und Verwundete, während sie nur wenige Todte zu beklagen hatten. Man schätzt jetzt die Zahl der Truppen der vereinigten Mächte zwischen Taku und Tientsin auf 10000 Mann, von denen die meisten Japaner sind. Ein Lotse verstand es, sich aus Tientsin bis nach Taku durchzuschleichen. Er schilderte die Lage in dieser Stadt als eine weniger schreckliche, als bisher befürchtet wurde. Die Ausländer hätten wenig Verluste gehabt, und der Vermögens schaden sei auch nur ein geringer. Die Bevölkerung war natürlich in sehr ängstlicher Stimmung, aber doch entschlossen, am Sonntag einen Ausfall aus der Stadt zu machen. Der allgemeine Eindruck in Taku und Tschifu geht dahin, daß Peking jetzt leicht würde ent setzt werden können. Die Verluste der Chinesen an zugeben, ist unmöglich. In Shanghai wurde gestern behauptet, daß alle Ausländer aus Peking unter dem Schutze chinesischer Soldaten weggebracht worden seien. Wenn das wahr ist, müßten sie jetzt bei Seymour ein getroffen sein. Loudon, 27. Juni. Nach übereinstimmenden Meldungen aus Tschifu und Shanghai hat ein kaiserl. Edict den Generalen Nieh und Duanschikkai anbefohlen, mit ihren vereinigten Armeen die Takuforts zurück zuerobern. Li-hung-tschangs Haltung ist, nach einem Times- Telegramm aus Hongkong zu schließen, mindestens zweideutig. Danach hat Li-hung-tschang zwar amtlich bekannt gemacht, die Anwesenheit fremder Truppen in und bei der Hauptstadt sei nur durch die Boxer her vorgerufen, die Bekanntmachung schließt aber mit der doppelzüngigen Aufforderung, sich bereit zu halten zur Ausrottung der Landesfeinde. Der Einfluß Li-hung-tschangs, auch wenn er aufrichtig boxerfeindlich ist, findet ein verderbliches Gegengewicht in Kangyu, einem der enragirtfften Fremdenfeinde, der nach dem „Daily Expreß" am Dienstag mit großen Vollmachten in Nanking eingetroffen ist und dessen Eingreifen eine akute Verschlimmerung der Lage in den Südprovinzen zur unmittelbaren Folge haben kann. Tschif»», 27. Juni. Die protestantische Mission in Weihsun ist in der letzten Nacht von Aufständischen niedergebrannt worden. Washington, 27. Juni. (Reuter-Meldung.) Der hiesige chinesische Gesandte Wutingfang erhielt vom Tsungli Damen ein vom 19. datirtes Telegramm, welches besagt, daß die Gesandten der fremden Mächte, sowie die übrigen Fremden in Peking wohlbehalten und unversehrt seien und daß Maßregeln ergriffen worden seien, um sie unter Bedeckung aus der Stadt zu führen. In dem Telegramm wird hinzugefügt, daß die Gesandten bereits um die Erlaubniß ersucht hätten, daß Schutzmannschaften für die Gesandtschaften nach Peking Hineinkommen dürften; diesem Verlangen sei auch zugestimmt worden. Darauf hätten die Ge sandten verlangt, daß die Schutzmannschaften verstärkt werden, was jedoch abgelehnt worden wäre. H * * Ueber die Vorbereitungen zu den Truppentrans porten wird aus Wilhelmshafen geschrieben: „Die Ausreise des Transports ist auf den 3. Juli festge- setzt, es wird dementsprechend auch entweder am 2. oder 3. die Besichtigung der beiden Seebataillone durch den Monarchen stattfinden. Für die Ausrüstung der Truppen ist hierdurch kostbare Zeit gewonnen. Der Lloyddampfer „Frankfurt" trifft jetzt am Dienstag ei», der „Wittekind" am Mittwoch, um zunächst die Fracht an Bord zu nehmen. Auf der „Frankfurt" schiffen sich das II. Seebataillon, die 8,8 Centimeter-Feldbat- terie und das auf besonderen Befehl des Kaisers zu sammengestellte Pionierdetachement ein. Auf dem „Wittekind" wird das I. Seebataillon und der Jn- spector der Marine-Infanterie, Generalmajor v.Höpfner, der den Transport nach China leitet, eingeschifft. Das I. Seebataillon wird von Kiel nach hier am Tage der Einschiffung mittels Extrazuges befördert. Das hiesige II. Seebataillon ist bis auf die zu seiner Completirung auf Kriegsstärke gewählten Freiwilligen aller Armee corps vollständig und konnte bereits am gestrigen Tage durch seinen Commandeur, Major v. Kronhelm, in der kriegsmarschmäßigen Ausrüstung inspizirt werden. Die Mannschaften erhalten außer ihrer gewöhnlichen Uniform, ohne Tschacko, aber mit der kleidsamen Litewka als Winteruniform, noch die Khakiuniform für den Sommer. Die etwa 600 Mannschaften der Armee werden morgen und in den nächsten Tagen der Woche eintreffen. Während der Lloyd für die Verpflegung der rund 2500 Mann vom Tage der Einschiffung bis zum Tage der Landung in China zu sorgen hat, hat das kaiserliche Verpflegungsamt für die Verproviantirung der Truppen zunächst für drei Monate Sorge zu tragen. In dem Proviantamt herrscht daher Tag und Nacht eine außerordentliche Thätigkeit. Außer den Hunderten von Fässern mit Rind-, Schweine- und Hammelfleisch handelt es sich darum, über 6000 Kisten in sogenannter Marinever packung für den Tropenversandt mit allen nur denk ¬ baren Nahrungsmitteln, als Hülsenfrüchte, Mehl, Hartbrod, Backobst, Corned Beef, Zucker, Kaffee, Thee, Heringe u. s. w. zu füllen und an Bord der Lloyd dampfer zu verladen. Aller Proviant wird zunächst in Mengen von 50 Kilogramm und darüber in ver- löthete Zinkkisten gefüllt. Diese werden mit einer starken, mit Bandeisen umschlagenen Holzkiste umgeben, deren Deckel aufgeschraubt wird. Zur Aufnahme des festen Proviants werden 700 Cbmir. Raum an Bord gebraucht. Hierzu kommen noch die Getränke, Laza- reth-, Apothekeneinrichtung und Kriegsmunition." Für die Mobilmachung in Spandau sind etwa 8 Tage erforderlich gewesen. Die Kanonen und Ge schosse für die Batterien, die Munition für die See bataillone, die Ausrüstungsgegenstände für die Pioniere, sowie das sämmtliche Lederzeug für die Pferde der Feldbatterie sind verladen bezw. verpackt worden und vergangene Nacht ist der Eisenbahntransport mit dem gesammten Kriegsmaterial nach Wilhelmshaven ab gelassen worden. Zur Beschaffung des Bedarfs an den mit Zinkeinlage versehenen Holzkisten, die zum überseeischen Transport der Munition unbedingt er forderlich sind, wurden sämmtliche Tischler- und Klempnerwerkstätten der Stadt beschäftigt. Zuerst war der 28. Juni als letzter Tag der Ablieferung bestimmt, dann wurde die Frist aber auf den 25. verkürzt; bis zur Minute waren die Kisten fertig. Unaufhörlich fuhren in der Stadt Wagen umher, um das, was fertig war, abzuholen und zum Artillerie depot zu schaffen, wo die Verpackung ohne Unter brechung, auch am Sonntag, von statten ging. Diese Arbeit ist in der Hauptsache durch Civikarbeiter unter Aufsicht militärischer Vorgesetzter ausgeführt worden. Wilhelmshaven, 27. Juni. Heute ist hier die zur Entsendung nach China bestimmte Batterie Feldartillerie aus Spandau eingetroffen. Dem Befehlshaber des Expeditionskorps sind die Befugnisse eines Divisions-Kommandeurs eingeräumt, ec hat auch über das Hissen u d Niederholen von Flaggen während der Fahrt zu bestimmen. Die Kosten des Transports stellen sich auf rund 1*/z Million Mark, inklusive der Charterungsgebühr und der Verpflegung bis zum Ziel der Reise. Für den Fall, daß die Lloyddampfer weiter im Dienst der Marine und unter Dampf bleiben, stellen sich die täglichen Unkosten auf 7000 Mark. Die Expedition ührt 2200 Zelte für je 2 Mann mit sich. Die er- orderlichen Transporlwagen für die Expedition stellt )ie Armee. Die Intendantur bringt im Ganzen 5400 Kisten Proviant, die für ein Vierteljahr aus- reichett. zur Verstauung. — Auch die Kaiserin wird der Ausreise des China-Transportes in Wilhelms haven beiwohnen. Stuttgart, 27. Juni. In Anwesenheit des Königs, des Kriegsministers, Generals Freiherrn Schott von Schottenstein, der Generalität, der Re gimentskommandeure und vieler anderer Offiziere der hiesigen Garnison fand heute auf dem Kasernenhofe der großen Infanterie-Kaserne die Verabschiedung der nach China abgehenden Freiwilligen der württem- bergischen Regimenter statt. Der König schritt nach Begrüßung der anwesenden Offiziere das 4 Unter offiziere, 64 Mann zählende Freiwilligenkorps ab, sprach längere Zeit mit einzelnen Leuten und er kundigte sich nach deren Verhältnissen. Alsdann hielt der König eine längere Ansprache an die Mannschaften, in der er seiner Ueberzeugung Ausdruck gab, daß die Soldaten seines Landes auch im fernen Osten sich bewußt sein werden, was ihre Pflicht und Schuldig keit sei, daß sie dem Namen Württemberg Ehre machen und in bester Manneszucht und voller Hingabe an ihr Vaterland ihre Soldatenlaufbahn jenseits des Meeres fortsetzeu werden. Der Monarch rief den Leuten seine besten, innigsten, von Herzen kommenden Wünsche zu und schloß mit den Worten: „Bekräftigt mit Mir Euer Gelöbniß mit dem Rufe: „Seine Majestät der Kaiser, unser oberster Kriegsherr, er lebe hoch!" Nachdem die Klänge der Königshymne ver stummt waren, rief der König: „Nun, Adieu, Kameraden!" Wie sehr auch im bayerischen Heere der Drang zur aktiven Theilnahme an dem Feldzuge in China verbreitet ist, ergiebt sich aus einer Mittheilung der Münchener Korrespondenz Hoffmann. Danach haben sich zum Uebertritt in die auf Kriegsstärke zu er gänzenden Marine-Jnfanterie-Bataillone und die neu zu bildende Feldbatterie von bayerischen Truppentheilen