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WeOin-ElnMr UM Zangenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Rußdorf, Wüstenbrand, Griina, Mittelbach, Ursprung, Erlbach, Kirchberg, Pleißa, Reichenbach, Callenberg, Tirschheim, Kuhschnappel, Grumbach, St. Egydien, Hüttengrund u. s. w. Inserat» nehmen außer der Expedition auch die Austräger auf dem Lande entgegen, auch befördern die Annoncen- Expeditionen solche zu Originalpreisen. reden Wochentag abends für den folgenden Tag und kostet durch die Austräger pro Quartal Mk. 1,40, MM /M M MM durch die Post Mk. 1,50 frei m's Haus. für Hohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Gugan, Hermsdorf, Kernsdorf, für den Berwaltnngsbezirk des Stadtrathes zu Hohenstein-Ernstthal. Vrgcrn aller Gerneinöe-Verwalturrgerr der rrrrrliegerröerr Ortschcrfterr Rr. 117. Mittwoch, den 23. Mai 1900. 50. Jahrgang. Gemeindeanlagenpstichtige hier, denen das diesjährige Einschätzungsergebniß noch nicht bekannt ist bez. der Anlagenzettel nicht hat be händigt werden können, werden hiermit aufgefordert, sich bei der Gemeindekasse hier zu melden. Gleichzeitig wird, um weiteren Nachfragen zu begegnen, darauf aufmerksam gemacht, daß gegen die aus dem Staatseinkommensteuer- sowie Grundsteuerkataster entnommenen Einkommensbeträge gerichteten Reklamationen als unzulässig gleich den nicht thatsächl ich und ohne genauer Beweismittelbezeichnung begründeten oder nach Bei säumniß der 14tägigen Reklamationsfrist eingereichten Reklamationen zurückgewiesen werden müssen. Dagegen finden Entscheidungen auf Reklamationen gegen die Staatsein kommensteuer von selbst und ohne weiteres auf die Gemeindeanlagen Anwendung, weshalb es daher dann besonderer Anlagenreklamation garnicht bedarf. Obrrluugwltz, am 21. Mai 1900. Opperman«, Gemeinde-Vorstand. Deutscher Reichstag. Berlin, 21. Mai. Das Haus ist gut besetzt. Auf der Tagesord nung steht zunächst die sozialdemokratische Interpella tion wegen der in Anhalt, Reuß jüngere Linie und Lübeck beschlossenen Gesetze betr. Bestrafung des Kon traktbruches. Auf Befragung seitens den Präsidenten erklärt Staatssekretär Nieberding: Ich erkläre mich bereit, die Interpellation im Namen des Reichskanzlers zu beantworten. Da aber ein Eingehen auf die Sache ein Einvernehmen mit den betheiligten Bundesregier ungen erforderlich macht, bin ich heute noch nicht in der Lage, die gewünschte Antwort zu geben. Die Beantwortung der Interpellation wird am 30. Mai von der Regierungsseite aus erfolgen. Präsident Graf Ballestrem: Damit ist für heute die Interpella tion erledigt. Ich werde zu deren Begründung den Interpellanten am 30. Mai das Wort geben. Ich schlage Ihnen jetzt vor, zunächst den vierten Gegen- stand der Tagesordnung, al'o das Fleischbeschau-Ge setz, zur Berathung zu stellen. Widerspruch erhebt sich nicht, Sie sind also einverstanden. Er wird da mit unter Absetzung sowohl der lex Heinze wie des dritten Gegenstandes, der Gewerbenovclle, in die zweite Berathung des Fleischbeschau-Gesetzes eingetreten. In der Fassung der Beschlüsse zweiter Lesung be stimmt der Z 14a, daß die Einfuhr von eingepökeltem oder ähnlich zubereitetem Fleisch, ausgenommen Schweinsschinken, Speck und Därme, von Fleisch in Büchsen und Würsten oder sonstigen Fleischgemengen verboten ist und daß im klebrigen bis Ende 1903 die Einfuhr von frischem Fleisch nur zulässig sein soll, wenn nach der Art seiner Zubereitung Gefahren für die Gesundheit ausgeschlossen sind. Von 1904 ab soll die Fleischeinfuhr, ausgenommen Schweineschmalz, Speck und Därme, verboten sein. Ein Antrag Aich- bichler und Genossen beschränkt das Einfuhrverbot auf Konserven und Würste, bringt also das Pökelfleisch nicht in das absolute Einfuhrverbot hinein. Ferner sollen für frisches Fleisch die seit Ende 1903 geltenden Bestimmungen zweiter Lesung auch späterhin Giltig keit besitzen, also keine Verschärfung von 1904 ab er leiden. Andererseits aber werden die Bestimmungen über die Einfuhr von zubereitetem Fleisch insofern verschärft, als die Feststellung der Unschädlichkeit als unausführbar erklärt wird. Insbesondere bei Pökel fleisch, sofern das Gewicht einzelner Stücke hinter 4 Kilogramm zurückbleibt. Ein Antrag von Bonin und Genossen (der Antrag der Bündle r und einer Mehr heit der Konservativen) unterscheidet sich vom Kom promißantrag dadurch, daß er die Einfuhr von Pökel fleisch verbietet und von den Beschlüssen zweiter Lesung dadurch, daß er anstatt dek negativen Ver botes bezeichnet, was überhaupt noch eingeführt werden darf. Abg. Baudert (Soz.) und Augst (südd. Volksp.) bekämpfen sowohl die Beschlüsse zweiter Lesung wie auch die Kompromißvorschläge. Es müsse im Inter esse der unbemittelten Bevölkerung von aller derartigen Erschwerungen der Fleischeinfuhr abgesehen werden. Abg. von Wangenheim (B. d. L.) tritt für die Be schlösse zweiter Lesung in der Fassung des Antrags von Bonin, also namentlich für das Verbot der Ein- fuhr von Pökelfleisch ein. Für ihn und seine älteren Freunde sei das Gesetz einfach unannehmbar in der Abschwächung des Kompromißantrages. Abg. Pach nicke (stets. Vrg.): Wenn das Gesetz scheitert, werden wir uns darüber nicht grämen. Die Beschlüsse zweiter Lesung würden unsere Bolksernährung verlheuern und unsere Handelsbeziehungen stören. Staatssekretär Graf Posadowsky:, Hauptzweck des Gesetzes ist doch der, den Verbrauchern des wichtigsten Nahrungs mittels dieses in gutem Zustande zu bieten. Aber davon hat man in der ganzen Debatte nichts gehört. Einmal muß doch die Wahrheit gesagt werden. Von einem ganzen LandeStheil ist gesagt worden, daß es dort Brauch sei, mattes in das gute Fleisch bei der Wurstbereitung zu mischen. Da sehen Sie doch, welche richtigen Gesichtspunkte diesem Gesetze zu Grunde liegen. Andererseits können wir nur diese GesichtS- pnnkte gelten lassen. Herr von Wangenheim spricht demgegenüber ununterbrochen von Zollschutz und von einem Vorgehen gegen das Ausland; aber eine solche Generalprobe od-r Kraftprobe zu machen, daran denken wir nicht. Daß wir das Interesse der Land- wirthschast wahren, wird Niemand leugnen, wir haben das schon zur Zeit Caprivi's gethan; aber es ist doch höchst bedenklich, wenn die Landwirthschast so unnach giebig ist, daß sie lle anderen Kreise gegen sich ein nimmt. Wir sind fest entschlossen, der Landwirthschast denjenigen Schutz angedeihen zu lassen, der verträglich ist mit den Interessen der übrigen Bevölkerung, aber Sie dürfen doch nicht so thun, als ob im Jnlande nur gesundes Fleisch existire und als ob alles Fleisch schlecht sei, das aus dem Auslande kommt. Ginge es nach Herrn v. Wangenheim, so müßten wir alles Fleisch aus dem Auslande verbieten. Eine dahin gehende Erklärung hat aber der Herr Reichskanzler nie abgegeben, er konnte nur erklären, daß das aus ländische Fleisch untersucht werden solle und so weit es nöthig se , seinen Genuß zu verhindern. Wir wollen die Einfuhr von Würsten und Konserven ver bieten, weil da die Untersuchung nicht möglich ist. Herr von Wangenheim und seine Freunde wolle» auch das Pökelfleisch ausschließen. Aber ich frage: wo ist die Gefahr größer, wenn Sie sämmtliche Hausschlacht ungen ohne Untersuchung lassen, oder wenn Sie das Stückchen Pökelfleisch zulassen? (Rufe links: Sehr richtig!) Das Quantum Fleisch aus ununtersuchten Hausschlachtungen ist unendlich viel größer, als das eingefnhrte Pökelfleisch. Lehnen Sie dieses Gesetz ab, so erlangen Sie oamit doch nur, daß das fremde Fleisch andauernd in's Land kommt. Schließlich wendet sich der Staatssekretär wieder zur Linken, in dem er beton», daß der Einfuhr von Wurst wirklich Bedenken entgegen stünden, daß die Konserven außer dem weniger von unbemittelten als von bemittelten Kreisen verbraucht würden und daß gegen die Unter- suchung der Hausschlachtungen unüberwindliche Schwi-- rigkeiten bezw. Kosten sprächen. Jedenfalls handele es sich hier für Deutschland um eine autonome Ge setzgebung, bei der sich die Regierung von keinerlei Drohung beeinflussen lasse, woher sie auch komme. Abg. v. Levetzow (kons.) empfiehlt dringend den Kompromißvorschlag zur Annahme. Abg. Börner (ntl.): Das Gesetz habe so große Vorzüge, daß seine Freunde, auch wenn nicht ganz dös, was in der zweiten Lesung beschlossen worden sei, erreicht werde, doch für dasselbe in der Fassung des Kompromisses stimmen würden. Staatssekretär Gras Posadowsky versichert auf Anfrage des Vorredner- noch ausdrücklich, der Antrag Bonin sei für di- Re gierung unannehmbar. Abg. Nißler (koch.) tritt als Mitunterzeichner des Antrag« Bonin lebhaft für diesen ein; denn ohne ihn werde, was an Wurstwaaren weniger eingehe, um so mehr an Pökelfleisch eingehen. Wenn Amerika Repressalien ergreift, wozu haben wir )ann das deutsche Heer? (stürmische Heiterkeit). Als Redner schließt, klatscht ein Mitglied der Reformparlei lebhaft mit den Händen, Präsident Graf Ballestrem: Ich mache den Herrn, der eben geklatscht hat, darauf aufmerksam, daß ein solcher Brauch im deutschen Reichstage nicht üblich ist. Abg. Herold (Centr.) tritt für den Kompromißantrag Aichbichler ein. Abg Holtz Reichsp.) erklärt, seine Freunde würden im Interesse des Zustandekommens des Gesetzes für den Kompro mißantrag stimmen. Abg. Vielhaben (Antis.) erklärt sich gegen den Kompromißvorschlag. Abg. Gerstenberger (Centr.) bittet dagegen um dessen Annahme, denn auch vom bayerischen Standpunkte aus habe man allen Anlaß, das Gesetz anzunehmen. Abg. Schrempf (kons.) wirst den verbündeten Regierungen vor, daß sie gerade den grundlegenden Gedanken des Gesetzes, den sanitären Gedanken, durchlöcherten. Dieser Gedanke erfordere, daß das Ausland nicht besser behandelt werde, als das Inland. Gerade daran hapere es. Abg. Wurm (Soz.) sprich sich gegen jene Fleischvectheuerung unter sanitärem Vorwande aus. Abg. Münch-Ferber (nt.) empfiehlt den Kompromißantrag. Staatssekretär Gras Posadowsky konstatirt zunächst gegenüber der Rechten, daß über diese autonome Frage Verhandlungen mit dem Auslande nicht stattgefunden haben. Jawohl, Heir Hahn, wenn ich das sage, muß ich verlangen, daß Sie mir glauben oder daß Sie den Nachweis vom Gegentheil erbringen. Nach einigen Bemerkungen des Abg. Franken (nl.) zu Gunsten des Kompromisses wird ein Schlußantrag angenommen. Das Haus ver tagt sich. — Morgen 1 Uhr: Fortsetzung der Be rathung dir lex Heinze, dann Fleischbeschaugesetz. Das Schicksal der lex Heinze ist mit der Absetz ung von der heutigen Tagesordnung noch nicht end- giltig entschieden, sie soll bestimmt noch einmal zur Berathung kommen, um wenigstens etwas zustande zu bringen. Im Srniorenconvent berichtete Gras Balle strem über die Lage und machte selbst, um aus dem Dilemma herauszukommen, den Voisch'ag, eine Be stimmung in die lex Heinze aufzunehmen, wonach alle Productionen von künstlerischem oder literarischem Werth von den Bestimmungen der 88 184a und b> auszunehmen seien. Nur auf diese Weise werde man zu einem gedeihlichen AuSgang kommen. Richter regte an, das ganze Gesetz fallen zu lassen und in einem Initiativantrag den ersten Theil, der nur von dem Zuhälterwesen handelt, wieder aufzunehmen und zu genehmigen. Levetzow bekämpfte die Obstructions- bestrebungen, die schließlich dahin führen könnten, daß ohne den Reichstag regiert werde. Bebel und Basser- mann treten durchaus auf den Standpunkt Richters. Schließlich einigt man sich dahin, die Icx Heinze vor- läufig von der Tagesordnung abzusetzen, und den Par teien Zeit zu lassen zu einer Stellungnahme ihrerseits. In wohlunterrichteten parlamentarischen Kreisen hält man das Schicksal der lex Heinze in ihrer jetzigen Fassung sür besiegelt, der Vorschlag Richters dürste durchdringen. Da die Nationalliberalen, die Polen und auch die Mehrheit der Reichspartei, wie jetzt be- kannt wird, nicht mehr mitmachen wollen, so dürfte den Conservativen und dem Centrum der weitere Kampf gegen die Obstruction aussichtslos erscheinen. Dn Ziltil dn Wm AkchMn-AWMi hat sehr schnell sein Ende gefunden und zwar mit einem Siege der Arbeitnehmer! Der Berliner Ober bürgermeister Kirschner hat den Vermittler gemacht und die unter dessen Vorsitz abgehaltenen Beralhungcn zwischen der Direktion der Straßenbahn und den Ab gesandten der Streikenden führten zur Beilegung der Streitigkeiten. Im Wesentlichen sind die Forderungen der Arbeiter bewilligt worden. Maßregelungen der Streikenden dürfen nicht erfolgen. Die Streikenden melden sich Abends zum Dienst, der morgen w eder beginnt. Noch am Nachmittag wurden in einer Ver sammlung der Arbeitnehmer die BermittelungSvor- schläge angenommen und der Streik für beendet er- klärt. Säulenanschläge verkündeten dies auch am Nachmittage der Bevölkerung. Ueber die Situation am Montag berichtet noch ein Telegramm das Folgende: Heute Vormittag herrschte überall Ruhe. Etwa hundert Straßenbahn wagen waren im Verkehr. Das Polizeipräsidium forderte in einem Anschlag an den öffentlichen Mulen das Publikum auf, Angesichts der gestrigen und vor gestrigen Ausschreitungen sich von Zusammenroitungcn fernzuhalten. Die Polizei war angewiesen, das Publikum zu schützen, sowie auch das arbeitswillige Betriebspersonal, und zur Aufrechterhaltung der Ordnung gegen die Ruhestörer mit unnachsichtlicher Strenge vorzugehen. Die Polizei hatte dementsprechende Sicherheitsmaßregeln getroffen, namentlich auch für die Zeit der Mittagspause. Die gestrigen Ruhe störungen dauerten im Kleinen noch bis 3 Uhr morgens. Es wurden Biele angehalten und zur Feststellung ihrer Persönlichkeit auf die Wache gebracht. Die bei den gestrigen Ausschreitungen verletzten Personen sind vielfach Leute, die sich an den Tumulten activ nicht betheiligt haben, ebenso auch zum Theil die Verhafteten. Ueber die Tumulte am Rosenthaler Thor ent nehm n wir dem Berichte des „L.-A." das Folgende: Schon um 7 Uhr Morgens kam es am Rosenthaler Thore zu einem heftigen Zusammenstöße zwischen der Polizei und der Volksmenge. So lange sich diese darauf beschränkte, mit Worten zu demonstriren, die Wagen mit Gejohle zu empfangen und die Führer und Schaffner zu beschimpfen, ging die Polizei sehr milde vor. Aber es blieb bei Worten nicht. Bald ging man zu Thätlichkeiten über. Die Wagen wurden, namentlich wenn sie zur Rückfahrt die Geleise wechselten, mit Koth beworfen, an anderen warf man die Scheiben ein. Führer und Schaffner, die schon gefahren waren, oder herankamen, um zu fahren, wurden angegriffen und mußten in die an der Lothringer Straße stehende Halle flüchten, die sie erst später in Begleitung von Schutzmännern verlassen konnten. Jede grüne Jacke und Mütze entfesselte eine wahre Wuth. Außer Steinen jeden Kalibers vom kleinen Mosaikstein bis zum großen Mauer- und Pflasterstein wurden Sand, Schmutz und faule Eier als Wurfgeschosse benutzt, und mit wildem Beifalls geschrei wurde das Klirren der zertrümmerten Scheiben begleitet. Jetzt aber rückte auch die Schutzmannschast zu Roß und zu Fuß in Hellen Haufen heran, und nun folgten Scenen recht ernster Natur. Mit blanker Waffe versuchte die Polizei, die Massen anseinander- zutrciben. Da sie sich immer wieder sammelten, so erneuerte auch die Schutzmannschast immer wieder ihre Angriffe, die sich in mehr oder weniger scharfer Form bis um 6 Uhr Nachmittags erneuerten. Dabei ging es natürlich nicht ohne Austritte der Angst und des Schreckens ab, wenn die Neugierigen vor den Berittenen Schutz suchten oder vor den blanken Säbeln der verfolgenden Beamten sich flüchteten. Auch mehrfache Verwundungen, sind vorgekommen, und, wie dies bei folchen Anlässen stets zu gehen pflegt, sollen die in die Menge hineingeführten Hiebe gerade die Harmlosesten und am wenigsten Betheiligten ge- iroffen haben. Einer der schwersten Zusammenstöße ereignete sich um 2 Uhr Mittags. Da hatte Jemand den unverantwortlichen Unfug begangen, auf einen Wagen zu schießen. Der Schuß war auS einem Hause der Weinbergsstraße gefallen. Im Sturm schritt eilten Schutzmannschaften herbei, un - während ein Theil das Haus umstellte, wurde es von den anderen Beamten nach dem Thäter durchsucht. Der- s-lbe, ein junger Bursche, wurde auch ermittelt und unter ungeheurem Zulauf zur Wache gebracht. An diesen Vorfall knüpfte sich dann ein äußerst bedroh licher Krawall. Um 6 Uhr endlich wandte die Polizei, um dem Treiben ein Ende zu machen, ein Radikal- mittel an. Nachdem sie den Weinbergsweg und die Elsasser wie Lothringer Straße gesäubert hatte, sperrte sie die genannten Straßenzüge durch starke Posten ketten ab und ließ nur die Linie Rosenthaler Straße- Brunnenstraße offen. Interessant war es, zu be- obachten, wie am Rosenthaler Thor in geradezu kriegerischen Formen die kümmerlichen Reste deS Straßenbahnverkehrs sich bewegten. Sobald ein Waggon, neben dessen Führer schon von Weitem daS behelmte Haupt eines Schutzmanns sichtbar wurde, der Haltestelle sich näherte, sprengten ihm Berittene entgegen. Hatte der Wagen den Wartepavillon er reicht, so wurde er von Schutzleuten, mit dem Säbel in der Faust, umringt. Der Wagen durfte kaum eine Minute verweilen, um unter der nämlichen Escorte die Rückfahrt wieder anzutreten. Fast aus nahmslos kamen die Wagen leer an und fuhren auch so wieder zurück. Selten, daß ein Passagier den Muth gefunden hatte, zur AbsahrtSstelle vorzudringen. Auch an anderen Stellen, wie auf dem Alexander- zlatz, auf dem Spittelmarkt, in Schöneberg, und Noabit kam eS im Laufe deS Tages zu AuS- chreitungen, die aber gegenüber denen am Rosenthaler Thor unbedeutend waren. Verhöhnt und beschimpft wurden die Fahrenden allenthalben. Die Streikenden