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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 25.04.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-04-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190004258
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19000425
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19000425
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-04
- Tag 1900-04-25
-
Monat
1900-04
-
Jahr
1900
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 25.04.1900
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wenigen Wochen ließ Chamberlain amtlich durch seinen Sekretär gegenüber den Gerüchten, wonach er mit seinen Verwandten an der Wafsenfabrik von Birming ham betheiligt sei und den Krieg mit Transvaal an gezettelt habe, um der Waffemndustrie aufzuhelfen, versichern, daß er kein wie immer geartetes Interesse an irgend welchen Wafsensabriken und Unternehmungen habe, die zu der Regierung in einem vertragsmäßigen Verhältniß stehen. Auch im englischen Unterhause kam kürzlich die geschäftliche Thätigkeit Chamberlains zur Sprache. Chamberlain ist an der Bank of Africa mit erheblichen Beträgen betheiligt, sein Bruder ist Dircctor dieser Bank. AIS Chamberlain gefragt wurde, ob eine „Bankfirma, deren Hauptbureaus sich in Kap. stadt und Johannesburg befinden, für die Transvaal regierung während des Krieges Münzgeschäfte aus- gesührt habe", mußte er diese Frage bejahen und aus erneute Anfrage zugeben, daß die Bank of Africa es gewesen sei, die solche Geschäfte gemacht habe. Nach europäisch-kontinentalen Begriffen ist ein Minister, der durch seine Brüder und durch seine Besitztitel betheiligt ist an umfangreichen Geschäften mit einem Staat, den er mit Krieg zu überziehen gedenkt, der diesem feind lichen Staat Patronen liefert und Geld vermittelt, eine ungewöhnliche Erscheinung. Daß der betreffende Minister derartige Geschäfte rundweg ableugnet, kann nach feiner sonstigen Handlungsweise allerdings nicht gerade auffallen. SSchsisches. Hohenstein-Ernstthal, 24. April 1900. Mitthtttungen von allgemeinem Interesse werden dar bar ent gegengenommen und eventl. honsr'rt. — Hohenstein - Ernstthal. An das hiesige Stadtfernsprechamt sind neu angeschlossen worden: Schuber! u. Bohne (Schubertstraße 6) unter Nr. 48, C. F. Jäckel (Schützenstraße 1) unter Nr. 49, Carl Schlechte (Schützenstraße 6) unter Nr. 50, C. G. Beyer (Mittelstraße 3) unter Nr. 51, Adolf Pfefferkorn (Schulstraße 18) unter Nr. 52, F. R. Elster (Dresdnerstraße 3) unter Nr. 53, Arthur Rabe (am Bahnhof 8) unter Nr. 54, Burkhardt u. Diener (Schubertstraße 9) unter Nr. 59. — Hohenstein-Ernstthal, 24. April. Aus Anlaß des Geburtstages Sr. Majestät des Königs ver einigten sich am gestrigen Abend im Hotel zum Schwan etwa 50 Herren aus allen Kreisen unserer Stadt zu einem Festmahl. Den Trinkspruch auf Se. Majestät brachte Herr Fabrikbesitzer Stadtverordnetenvorsteher Reds- lob aus. — Hohenstein-Ernstthal, 24. April In diesen Tagen konnte abermals ein greises, würdiges Ehe paar hierselbst die Feier der goldenen Hochzeit begehen, und zwar der Weber Herr Friedrich Wilde und seine Ehefrau Ernestine geb. Skyrt. Herr Pastor Albrecht vollzog die Einsegnung des Jubelpaares; von vielen Seiten wurden demselben auch Bewnse der Freundschaft und Antheilnahme an dem seltenen Tage gegeben, be sonders von den Arbeitsherren des Paares, den Inhabern der Firma I. G. Böttger hier. Von dem greisen Paare steht der Ehemann im 77., die Gattin im 71. Jahre; beide sind noch rüstig und in ihrem Berufe thätig. — Vorigen Freitag wurde dem Postschaffner Herrn Hermann Bittrich, welcher sich über 37 Jahre im Dienste befindet, durch Herrn Postdireklor Kießig im Beisein aller Beamten das ihm von Sr. Majestät dem König verliehene Allgemeine Ehrenzeichen überreicht. Möge der bewährte Beamte die Auszeichnung noch lange bei voller Gesund heit tragen. — Auch König Albert von Sachsen wird zur Großjährigkeits-Erklärung des Kronprinzen nach Berlin kommen. — Am Geburtstage Sr. Majestät des Königs, zu welchem die Bekanntgabe der Verleihung von Stipendien an junge Handwerker zu deren weiterer Fach- und Schul-AuSbiloung aus der Weltin-Stiftung für das sächsische Handwerk stattfindet, konnten dieses Jahr 10 Gesuchsteller mit je 50 Mk. berücksichtigt werden. Die Auszahlung der genannten Summe an die Stipendianten, sowie die Ueberwachung der Ver- Wendung zu dem bewilligten Zwecke, ist dem Vorstand des befürwortenden Gewerbe- rejp. Handwerker-Ver- eins übertragen worden. Die Auswahl von 67 ein gegangenen Gesuchen war für den Vorstand eine schwierige. Aus den Stistungszinsen und Beiträge des Verbandes sächsische Gewerbe- und Handwerker- Vereine waren 500 Mark verfügbar. Bei der engeren Auswahl berücksichtigte man 10 Gesuche, ein Maurer ¬ lehrling in Meißen, ein Schmiedelehrling in Tharandt, ein Stellmacher in Bautzen, ein Schlosser in Leipzig, ein Maschinenbauer in Großenhain, ein desgleichen in Zwickau, ein Mechaniker in Reichenbach i. V., ein Schneider in Dippoldiswalde, ein Bildhauer in Borna, ein Drechsler in Seiffen. — Oberlungwitz, 24. April. (Commers zur KönigLgeburtstagsfeier.) Veranstaltet von den ver- einigten K. S. Militärvereinen zu Oberlungwitz, fand gestern Abend im festlich geschmückten Saale des „Deutschen Kaiser" zur Feier des 72. Geburtstages unseres allverehrten Königs ein stark besuchter öffent licher Commers statt. In einer Begrüßungsansprache hieß der Vorsitzende des K. S. Militärvereins I, Herr Lehrer Fanghänel, die anwesenden Vertreter von Kirche, Schule und Gemeinde, sowie die anderen Er schienenen willkommen. Die Leitung des Commerses übernahm sodann Herr Dr. Rossa. Der Männer- gesanzverein unter der bewährten Leitung des Herrn Gemeindekassirer Franke brachte einen Begrüßungs gesang zu Gehör, dann ergriff Herr Diac. Tammen hain das Wort zur Festrede. Unser König habe, so führte Redner aus, schon die erste Grenze des Lebens alters, welche der Psalmist mit den Worten: Unser Leben währet 70 Jahre, und wenn es hoch kommt, so sind es 80 Jahre, zieht, überschritten, und genieße nun an der Seite feiner edlen Gemahlin einen gesegneten Lebensabend. Reich an edlen Fürsten tugenden, wie wohl noch nie ein sächsischer Fürst, ist er ein Vater unseres Vaterlandes, ein Feind des Bösen, ein Förderer der Wissenschaften und des Handels. — Redner erwähnt dann die vor 2 Jahren stattgefundene Doppelfeier: 70. Geburtstag und 25- jähriges Regierungsjubiläum unseres Königs, und gab einen Rückblick auf das vorige Jahrhundert, in dem er die Regenten unseres Sachsenlandes in diesem Zeitraum und die mit ihnen verknüpften geschichtlichen Thatsachen schilderte. Im Jahre 1873, nachdem König Johann gestorben, folgte auf dem Throne der im ganzen Volk bekannte und beliebte Kronprinz Albert, nun König Albert. Im Jahre 1849 hatte er sich fchon seine ersten Lorbeeren erworben und damals, es waren die Kämpfe um Schleswig Holstein, große Tapferkeit und Unerschrockenheit gezeigt. 1866 brachte den unseligen Bruderkrieg; trotzdem Sachsen mit Oesterreich und den übrigen Verbündeten unterlag, bewunderten selbst unsere Feinde die Tapferkeit der sächsischen Truppen und ihres Führers, Kronprinz Albert. Im Jahre 1870, als es gegen Frankreich ging, waren immer, wo der Kampf am heißesten tobte, die Sachsen mit ihrem Kronprinzen zu finden. Unter der milden, gerechten Regierung unseres Königs haben sich Handel und Industrie mächtig ent wickelt, mit Ehrfurcht und Liebe blickten wir heute empor zum Königsthron! — Die zündenden Worte des Redners hatten alle Anwesenden mächtig gepackt, voll Begeisterung brauste das dreifache Hoch auf Se. Majestät durch den Saal. Der allgemeine Gesang der Sachsenhymne schloß sich hieran, dann folgte ein lebendes Bild: Huldigung König Alberts. Herr Pastor Laube gedachte darauf der großen Liebe und Verehrung, mit der immer unser Volk zu seinem an gestammten Herrscherhause Wettin gehalten, und die sich häufig offenbarte. Redner erwähnte weiter die Freundschaft, welche unsern König mit dem Herrscher des deutschen Reiches, Kaiser Wilhelm II., verbindet. Auch unser Kaiser sei ein Mann von edlem Charakter und echtem Gemüth. Die Wurzeln seines Wesens und Charakters liegen in einem guten Boden: 1. In der rechten Auffassung seines Berufs, 2., im über zeugten Christeulhum, und 3., in der Tiefe eines echten deutschen Familienlebens. Er ist ferner besorgt um die Wehrkraft seines Landes; nicht für den Krieg schärst er das Schwert, sondern um den Frieden zu bewahren, nach dem alten Spruche: Wenn Du Frieden haben willst, so rüste Dich zum Krieg. Redner ersuchte die Anwesenden, heute aufs neue das Gelöb- niß zu erneuern, allzeit zu Kaiser und Reich, König und Vaterland zu halten, und dies durch ein Hoch auf unsern Kaiser zu bekräftigen. — Nachdem das- elbe verklungen, intonirte die Kapelle „Deutschland, Deutschland über alles!" — Ein recht hübsches Gruppenbild „Hurrah Germania" (eine Anzahl weiß gekleidete Turner huldigen, malerisch gruppirt, dem in )er Germania verkörperten Deutschen Reiche) gefiel ehr gut. Herr Strumpffabrikant Otto Kunze feierte odann in einem Trinkspruche den mächtigen Staaten- )und, zu welchem auch unser Sachsen gehört: Das deutsche Reich! — Herr DiaconuS Tammenhain er griff noch einmal das Wort. Unser König besitze ein sehr scharfes Auge, das nicht nur in seiner Residenz stadt Umschau hält, nein, weit über Berge und Thäler seines Landes schweife. So habe der König auch in unserm Lungwitzthal Umschau gehalten, und dort einen Mann bemerkt, welcher schon seit 20 Jahren an der Spitze eines größeren Gemeindewesens steht und sein Amt mit seltener Treue und Umsicht verwaltet: dieser Mann ist Herr Gemeindevorstand Oppermann. In den letzten Tagen hat ihn des Königs Huld für seine Treue belohnt und mit dem AlbrechrSkreuze geschmückt, eine Auszeichnung, die Herr Oppermann mit voller Berechtigung tragen könne. Die An wesenden aber ersuchte Herr DiaconuS Tammenhain ihre Dankbarkeit und Verehrung in einem Hoch au den Herrn Gemeindevorstand auszudrücken. — All seitig kam man diesem Ersuchen gern und freudig nach. — 4 Mitglieder des Turnvereins turnte; schließlich noch einige Keulenübungen, dann schloß Herr Dr. Rossa den offiziellen Theil des Abends; jedoch wurde unter Gesang und Ansprachen nock manches Glas auf das Wohl unseres Königs geleert — Glauchau. Sonntag Nachmittag gegen 2 Uhr entstand im Rümpfwalde am Engelsgraben, zum Waldtheil Ruhland gehörig, da wo der Weg vom Röthenbacher Thal nach der Thurm-Straße abzweigt, ein Brand, der etwa 3 Acker 15jährigen Fichtenbe- sta:ides der Herrschaft Forderglauchau gehörig ver- nichtete. Einwohner von Voigtleide, welche den Brand bemerkt hatten und mit Hacken, Schaufeln und sonstigen Gerätschaften nach dem Brandplatze geeilt waren, gelang es durch Niederschlagen von Bäumen rc. unter Anleitung des Försters Seifert, dem weiteren Umsichgreifen des Feuers Einhalt zu thuu. — Chemnitz. Der Fahrrad- und Nähmaschinen händler Grimm, der vom K. Landgerichte wegen Betrugs steckbrieflich verfolgt wurde, ist von der hiesigen Polizei festgenommen worden. Der Polizei in die Hände fiel auch ein 18jähriger Zimmermann aus Oberlungwitz, der in der Nacht zum Sonntag früh mit anderen eine Schlä gerei angefangen und dadurch erheblich die Nachtruhe gestört hatte. — Chemnitz. In der letzten Sitzung der Handels und Gewerbekammer erfolgte auch die Berat hung über das „Ersuchen der König!. Kreishauptmannschaft Zwickau um ein Gutachten darüber, ob ein in Lugau domizilirter Betrieb als Fabrik- oder handwerksmäßiger Betrieb an zusehen ist." Herr Bergdirektor Jobst erstattete das Referat. Derselbe theilte mit, daß es sich um die im Nebenbetrieb eingeführte Nagelschmied-' des Herrn Arthur Facius in Lugau handle. Letzterer, welcher unter der Firma Rudolph Facius ein Material-, Kolonial-, Eisen- waaren- und Baumaterialienlager rc. habe, werde wegen seines Schmiedebetriebcs von der Schmiede- und Stell macher Jnnung in Lugau als Mitglied beansprucht, habe aber gegen seine Heranziehung zur Innung Protest ein gelegt. Herr Direktor Jobst brachte die vorhandenen Unterlagen zum Vortrag, insbesondere die Beschwerde des Herrn Facius, in welcher derselbe u a. betont, daß die Herstellung von Grubennägeln in Massen nicht in den Bereich des Schmiedehandwerks falle. Nach den in der Sache auf Grund eines Beschlusses der Gewerbe kommission von Herrn Gewerbekammervorsitzenden Uhl mann angestellten Erörterungen werde die Herstellung der betreffenden Grubennägel als einfache Schmiedearbeit be zeichnet. Facius erzeuge nach diesen Erhebungen die Nägel mit 3 bis 4 gelernten Schmiedegesellen, von denen stets einer auch den Hufbeschlag verstehe und kaffe durch letzteren nicht allein seine eigenen Pferde, sondern auch die seiner beiden Verwandten beschlagen. Herr Direktor Jobst führte weiter aus, daß es eine gesetzliche Definition des Begriffes Fabrik und Handwerk nicht gebe und wies dann auf die vom Reichsgericht aufgestellten Unterschei dungsmerkmale, wie Arbeitseinteilung rc, hin. Es lasse sich stets nur von Fall zu Fall entscheiden. Bei dem Facius'schen Betriebe liege das Moment der Arbeits teilung ohne Zweifel vor. Es komme hinzu, daß der selbe eine große Produktion habe. Die Herstellung der gedachten Grubennägel setze eine handwerksmäßige Aus bildung nicht voraus. Jeder Handwerker könne nach wenigen Tagen diese Arbeit verrichten. Facius habe ihm auf Ehrenwort versichert, daß er für andere Leute Schmiede arbeiten nicht aussühre mit Ausnahme des Hufbeschlags für die Pferde seiner beiden Verwandten. Von der Kgl. Amtshauptmannschaft Chemnitz sei Facius nicht mit Be zug auf die Nagelfabrik, sondern auf die Husschmiederei der Innung zugelheilt worden. Er habe zu erklären, daß die Husschmiederei in Zukunft von Facius nicht mehr be trieben werde und bitte das Plenum, sich dahin auszu- sprechen, daß Facius nicht innungspflichtig sei. Herr Gewerbekammervorsitzender Uhlmann entgegnete, daß die Herstellung der Nägel eine so einfache Arbeit, wie sie der Herr Referent geschildert hat, nicht sei. Der Arbeiter müsse beurtheilen können, ob das Eisen die rechte Hitze habe für den Moment, wo er dasselbe mittels Hammer durch die im Ambos befindliche Oeffnung schlage. Das verstehe nur der gelernte Schmied, der dann mit einem einzigen Schlag den Nagel vollständig mit Spitze her stelle. Eben weil diese Nägel mit einem Schlag fertig gestellt werden, lasse sich auch das Moment der Arbeits- theilung gar nicht anführen. Thatsache sei ferner, daß, wenn Facius die Pferde seiner Verwandten nicht beschlage, dies in einer Schmiede geschehen müsse und den Huf schmieden Lugaus ihr begründeter Handwerkserwerb nicht entzogen würde. Herr Stadtrath Jäger erklärte, daß er anderer Meinung sei, als Herr Baurath Uhlmann. Wenn jemand stets nur eine bestimmte Sorte Nägel bestelle, so müsse dies mit der Zeit nothwendigeweise zu einer Fabri kation dieses Gegenstandes führen, die Aufmachung der Artikel werde dann eine ganz andere und der gesammte Betrieb ein kaufmännischer. Er halte den Facius'schen Betrieb für einen fabrikmäßigen, doch solle man in dem selben für die Zukunft die in das rein handwerksmäßige einschlagenden Arbeiten verbieten. Nach weiteren Aus sprachen der Herren Direktor Jobst und Gewerbekammer vorsitzender Uhlmann über die Art und Weise der Her stellung der in Rede stehenden Nägel beschloß das Ple num gegen 12 Stimmen der Gewerbekammer, den Betrieb des Herrn Arthur Facius für einen fabrikmäßigen zu er klären. — Chemnitz. Paul Göhre wird, wie verlautet, am Mittwoch hier über das Thema sprechen: „Warum ich Sozialdemokrat geworden bin." Es ist dies das erste öffentliche Auftreten Göhre's nach seiner Uebertrittser- klärung. — Oelsnitz i. E., 23. April. Heute Vor mittag verletzte sich der 30jährige Bergarbeiter Dörr hier, als er eine Dynamitpatrone zur Explosion brachte. Er wurde sofort nach dem Ortohospital gebracht, wo ihm an der linken Hand je 1 Glied des Daumens und Zeigefingers amputiert werden mußten. Auch im Gesicht hat Dörr Verletzungen davongetragen. Wie Dörr in den Besitz des Dynamit zündröhrchens gekommen ist, konnte noch nicht festge stellt werden. — Bernsdorf, 23. April. Beim Abfeuern eines Schusses aus einem Gewehr verletzte sich gestern Abend ein Mitglied des König! Sächs. Militärvercins hier schwer an der Hand. Ein Sanitäter der freiwilli gen Feuerwehr verband den Verletzten in kunstgerechter Weise, worauf derselbe der ärztlichen Behandlung über geben wurde. — Burttstädt, 18. April. Am 2. Feiertage wurde auf hiesigem Bahnhofe eine unbekannte Frau von einem plötzlichen Tode ereilt, und am 3. Feiertag starb ebenfalls am Herzschlag ein Mann aus Markersdorf, welcher mit dem Zuge aus dem Gebirge gekommen war, in der hiesigen Bahnhosstraße. Seine beiden erwachse nen Töchter, welche den Vater abholen wollten, fanden ihn bereits verschieden und standen weinend an seiner Leiche. — Werdau. Der einarmige Otternfänger Graup ner hier hat am zweiten Osterfeiertag in diesem Jahre zum ersten Male im Werdauer Walde eine Jagd auf Kreuzottern veranstaltet und dabei nicht weniger als acht derartige gefährliche Reptilien eingefangen, theilweise Thiere von beträchtlicher Stärke. — Meerane, 23. April. Se. Majestät der König haben allergnädigst geruht, Herrn Oberpfarrer Ur. ptril. mgräber hier das Ritterkreuz I. Klasse zu verleihen. — Dresden, 23. April. Der Kaiser ist heute Abend halb 8 Uhr nach herzlicher Verabschiedung von der Königlichen Familie von Haltestelle Strehlen aus wieder abgereist, und zwar nach Schlitz. Der Kaiser hat die Villa und den Park Strehlen während seines Dresdner Besuches nicht verlassen. — Heute Abend fand anläßlich des Geburtstages des Königs eine große Soiree beim Staatsminister v. Metzsch im Ministerhotel statt, welcher die gesammte Königliche Familie mit ihren Hofstaaten, das diplomatische Corps, die Staatsminister, die Generalität u. s. w. bei wohnten; es waren 700 Einladungen ei gangen. — Dresden, 24. April. Die Prinzessin Friedrich August reiste heute früh 8 Uhr 50 Min. nach Salzburg ab, nachdem sie sich auf dein Bahn hofe von dem Prinzen Friedrich August und von ihren drei kleinen Söhnen herzlich verabschiedet hatte. — Leipzig, 23. April. Auf frischer That wurde gestern Nachmittag ein 15 jähriger Barbierlehrling Die Stutzuhr. Humoreske von R. Heller. 1. Fortsetzung. (Nachdruck verbalen.) Er erwiderte gnädig-herablassenden Tones den ehrerbietigen Gruß des Agenten und sagte dann so nebenbei: „Ach, Herr Rapsmann, ich möchte Sie um eine kleine Gefälligkeit bitten, Sie haben doch hoffentlich einen Augenblick Zeit für mich?" „Einen Augenblick, Herr Assessor?" echote Raps mann, bereits neben Fritz Brandenstein hinschreitend, „eine Stunde, ja, noch länger, stehe ich Ihnen zu Diensten, Sie haben nur zu befehlen!" Der Assessor machte eine abwehrende Bewegung mit der Rechten und fuhr fort: „O, nein, ich werde S'- wirklich nicht lange bemühen, die Sache ist auch höchst eimach, ich möchte Sie nämlich ersuchen, sür mich r rgen bei der Versteigerung in der Kerbe'schen Billu unen bestimmten Gegenstand zu erstehen, da ich fetter verhindert bin. Es liegt mir viel daran, eine hübsche kleine Stutzuhr, die im Auctionskatalog ume« Nr. 97 aufgeführt ist — notiren Sie sich gefälligst die Nummer — zu e> werben; Sie bieten also aus das Ding, das hoffentlich nicht allzutheuer zu stehen kommen wird. Aber ich ersuche Sie ernstlich, Herr Rapsmann, meinen Namen in der Sache unter keiner Bedinguna zu nennen, Sie erstehen eben die Uhr für sich; soll ich Ihnen vielleicht eine Summe bis zu hundert Mark etwa zur Verfügung stellen?" „Nicht nöthig, Herr Assessor," erwiderte Raps mann eifrig, mit der Hand in der rechten Hosentasche wühlend, „der Auctionator Mohr kennt mich ganz ge nau, er wird mir die Uhr zuschlagen, ohne daß ich vorläufig einen Pfennig zu zahlen brauche." „Na, gut also", meinte Fritz Brandenstein, „da machen Sie morgen Ihre Sache gut, auf eine ent sprechende Vergütung für Ihre Mühewaltung und Ihren Zeitverlust wird es inir natürlich nicht an kommen. Ich bin übrigens morgen den ganzen Tag über nicht zu Hause, sondern komme voraussichtlich erst spät Abends heim, was aber weiter nichts thut; sagen Sie nur meiner Wirthin, der Frau Jeschke, Sie hätten bei mir etwas abzugeben, Sie stellen dann die Uhr aus den Ecktisch in meiner Wohnung. Na, adieu, lieber Rapsmann, und hübsch reinen Mund gehalten!" Der Assessor nickte dem Agenten zu und setzte seinen Weg nach dem Rathsk-ller fort, während Raps mann jenem noch hinterher verschiedene devote Verbeug ungen machte und hieraufineinerSeitengasse verschwand. Unterdessen spielte sich in der Wohnung der Frau Commerzienrath Wilkens zwischen dieser würdigen Dame und ihrer Tochter eine Unterredung ab, die sich ebenfalls auf die Stutzuhr bezog. „Mama", äußerte Fräulein Magda, sich neben ihre Matter auf das Sopha im Wohnzimmer setzend, „ich war also vorhin mit Fritz, der übrigens morgen verhindert ist, zu uns zu kommen, in der Kerbe'schen Villa; wir haben uns dort Verschiedenes angesehen, doch konnte sich Fritz offenbar nicht gleich zu einer bestimmten Wahl ent scheiden. Ich dagegen habe bexeits imine Emscheidung getroffen, Mama, eine reizende Stutzuhr gefiel mir so ausgezeichnet, daß ich sofort beschloß, dieselbe, wenn irgendmöglich, sür — für unser künftiges Heim zu er werben, und da Fritz ein Kenner und Liebhaber der- ariiger Sachen ist, glaube ich entschieden, ihm durch dieses kleine Kunstwerk eine freudige Ueberraschang zu bereiten." Magda beschrieb nun ihrer Mutter die Stutzuhr eingehend, worauf die beiden Damen zu dem Entschluß gelangten, den das Panerre des von ihnen bewohnten Hauses innehabenden Tapezierer Meyer mit der Er- oerbung der Stutzuhr zu beauftragen. Meyer, der sich gerade zu Hause befand, wurde durch das Dienst mädchen der Frau Commerzienrath Wilkens heraufge beten, und nahm er nun von den Damen das Nähere wegen des ihm zugedachten Aufträgen entgegen. Der Tapezierer erklärte sich ohne Weiteres bereit, diese Mission au-.;uführen, nur meinte er vorsichtig: „Schön, mein Damen, werde Alles bestens be sorgen, nur möchte ich gern wissen, wie weit ich im Bielen gehen dürste, denn es wäre mir natürlich sehr fatal, wenn ich unwissentlich viel zu viel bieten würde." Frau Wckkens und Magda sahen sich eine Weile unschlüssig an, bis endlich erstere zögernd meinte: „Hm, ja . . . wenn ich nur wüßte, was so eine Uhr kostet . . . na, am Ende wären Hundert Mark für ein solches Erzeugniß der Rokokkozeit nicht zu wenig, vielleicht könnte man aber das Ding auch um vieles billiger kriegen — was halten Sie denn von der Sache, lieber Herr Meyer?" „O, Frau Commerzienrath", entgegnete der Ta pezierer, sich verlegen hinter dem Ohre kratzend, „von derartigen Dingen verstehe ich wirklich herzlich wenig, nur denke ich, daß hundert Mark für eine solche alte Uhr immerhin viel Geld sind. Aber freilich, in unserer Stadt giebt es ja genug Liebhaber für aller- lei Raritäten, und zwar Leute, die ihre Passionen auch bezahlen können, es wäre daher doch leicht möglich, daß auch von anderer Seite auf die Stutzuhr rcflectirt würde, und da es sich um eine öffentliche Versteigern g handelt, so könnte es allerdings zu einer hübschen Preistreiberei kommen! D'rum möchte ich natürlich gern wissen, wie weit ich ungefähr im Bieten auf diese Uhr gehen dürfte?" „Na", antwortete da die Frau Commerzienrath mit entschlossener Stimme, „bieten Sie meinetwegen bis zu ... bis zu. . . meinetwegen bis zu zwei hundert oder zweihundertundfünfzig Mark für die Uhr, ich werde dieselbe dem jungen Paare zum Geschenk machen, Magda und Fritz haben dann wenigstens et was Rares für ihren Salon! Aber leider Hobe ich augenblicklich einen solchen Geldbetrag gar nicht im Hause, Herr Meyer ..." „O bitte, bitte, Frau Commerzienrath", unter brach, sich verbeugend der Tapezierer die Sprecherin, „da wollen Sie sich weiter keine Sorge machen! Ich bin mit dem städtischen Auctionator Mohr recht gut bekannt, er weiß, daß er mir creditiren darf, ich kann daher morgen bei der Auction in der Kerbe'schen Villa mitbieten, selbst wenn ich nicht einen Nickel in der Tasche haben sollte. Soll ich nun das Ührchen hier zu Ihnen bringen, oder gleich in die Wohnung deS Herrn Assessors/?" „Meinetwegen bringen Sie die Uhr erst hierher, damit ich das Ding auch mal zu sehen bekomme, dann können Sie dieselbe immerhin zu meinem zukünftigen Schwiegersohn schaffen, es ist ja eigentlich gleich, ob er schon jetzt oder erst später von der Sache erfährt, jedenfalls freue ich mich über diese Ueberraschung! Doch adieu jetzt, lieber Herr Meyer, machen Sie Ihre Sache gut, und vergessen Sie nicht, daß Nr. 97 die Katalognummer der Uhr ist!" Herr Meyer zog sich unter Kratzfüßen, mit denen er die gnädigen Abschiedsworte der Frau Commerzienrath stumm erwiderte, zurück, während Magda und ihre Mutter ein eifriges Gespräch über die häusliche Er richtung des Mrrn Assessors Brandenstein und seiner Gattin in spe begannen. — Fortsetzung folgt.
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