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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 24.03.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-03-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190003244
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19000324
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19000324
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-03
- Tag 1900-03-24
-
Monat
1900-03
-
Jahr
1900
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 24.03.1900
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Prinzen Philipp von Coburg, von ihrer Absicht. Allein bald nach ihrer Rückkehr aus Scheveningen er öffnete sie ihrem Schwiegervater, dem Kaiser Franz Josef, ihren Wunsch, sich wieder zu vermählen, und theilte auch gleichzeitig mit, daß Graf Elemer Lonyay der Auserwählte ihres Herzens sei. Der Kaiser, dessen große Güte sich auch bei diesem, ihn sicherlich tief bewegenden Anlasse wieder in rührender Weise äußerte, überzeugte sich davon, daß der Entschluß der Kronprinzessin-Wittwe thatsäch- lich ein unerschütterlicher sei; er gab seiner Schwieger tochter eine Frist, damit sie sich ihren Entschluß reif lich überlege. Wenn sie dann noch immer auf ihrem Wunsche beharrte, werde er, so versprach der Kaiser, sie nach Kräften fördern. Und als die Erz herzogin — die Frist war noch nicht abgelaufen — mit ihrem Ja zum Kaiser kam, gab er nicht nur seine Einwilligung zu der Heirath, sondern war auch be müht, alle Hindernisse aus dem Wege zu räumen. Zu diesem Behufe setzte er sich zunächst mit dem Könige der Belgier in Verbindung. Man denke sich nun das Erstaunen an dem Hofe in Brüssel, als die Eltern der Kronprinzessin-Wittwe Stefanie, trotzdem diese noch Wochen hindurch bei dem belgischen Königs paare geweilt hatte, unmittelbar nach der Rückkehr ihrer Tochter nach Wien von dort, und zwar nicht von ihrer Tochter, die Mittheilung von der bevor stehenden Wiedervermählung der Erzherzogin erhielten. Welche Gründe es der Kronprinzessin-Wittwe Stefanie angemessen erscheinen ließen, ihren Plan zu verheim- lichen, ist uns nicht bekannt geworden. Thatsächlich aber war dies der Ausgangspunkt zu vielen, nicht sehr erquicklichen Erörterungen zwischen der Kron prinzessin-Wittwe und ihren Eltern. König Leopold verweigerte seine Einwilligung zu der Heirat auf das entschiedenste, und alle Bemühungen, ihn von seinem Entschlusse abzubringen, blieben vergeblich. Selbstverständlich kann die Kronprinzessin-Wittwe, die ja majorenn ist, auch ohne Zustimmung ihres Vaters eine Ehe eingehen, allein es blieben trotzdem theils vermögens rechtliche, theils Standesfragen heikler Natur zu regeln übrig. Schon im November vorigen Jahres hätte die Heirath stattfinden sollen, doch die Verhandlungen mit Brüssel, welche der Obersthofmeister Fürst Montenuovo in Wien und der österreichisch-ungarische Gesandte am belgischen Hofe, Graf Khefenhüller, sowie der Kabinets- sekretär des Königs Baron Goffinet führten, ließen noch immer die Hoffnung nicht schwinden, daß es gelingen werde, ein Einvernehmen mit dem belgischen Hofe her zustellen. Diese Erwartung sollte sich als trügerisch er weisen. Kronprinzessin-Wittwe Stefanie, welche bereits alle von ihr innegehabten Protektorate über Vereine, Stiftungen u. s. w. niedergelegt hatte, machte plötzlich diesen Schritt rückgängig, und damals tauchten zum ersten Male die Gerüchte auf, daß sie den Plan ihrer Wieder verehelichung aufgegcben habe. Doch bald stellte es sich heraus, daß es sich nur um einen Aufschub gehandelt hatte. Weitaus die wich tigste Frage war nämlich oder vielmehr ist noch immer die thalsächliche Frage, ob die Kronprinzessin-Wittwe Stefanie nach ihrer Wiederverheirathung „Königliche Hoheit" bleibe oder nicht. Aus dem Kaiserlichen Hause ist sie mit dem heutigen Tage geschieden; darüber giebt es keinen Zweifel, und überdies hat die Kronprinzessin Wittwe im vorigen Monat in einem notariellen Akte, der unter Intervention des Ministers des Kaiserlichen Hauses. Grafen Goluchowski, zu Stande kam, ausdrücklich auf alle Rechte und Privilegien Verzicht geleistet, die aus ihrer bisherigen Stellung als Mitglied des Kaiserlichen Hauses erflossen. Anders aber stand und steht die Sache mit Belgien Ist Kronprinzessin-Wittwe Stefanie heute, nach ihrer Vermählung mit dem Grafen Lonyay, noch ein Mitglied des belgischen Königshauses, besitzt sie noch die einem solchen zukommende.i Vorrechte, oder hat sie durch den Schritt, welchen sie heute gethan, alle diese Privilegien verloren. Zwei Ansichten stehen sich hier gegenüber, jede von gewiegten Staatsrechtslchrern vertreten. Der König der Belgier hatte nämlich erklärt, daß er, nachdem seine Tochter sich wider seinen Willen vermählte, ihr den Titel „Königliche Hoheit" und alle mit diesem verbunde nen Rechte und Privilegien entziehe. Daraufhin erklärte eine Gruppe von Juristen, daß eine solche Entziehung des Titels von Seiten des Königs der Belgier nicht statt haft sei. Die andere Ansicht jedoch, die von ebenso namhaften Vertretern der juristischen Wissenschaft verfoch ten wurde, ging dahin: Kronprinzessin-Wittwe Stefanie scheide durch ihre Wiedervermählung aus der Familie ihres Vaters aus. Sie werde Gräfin Lonyay, und es komme ihr nunmehr dieser Titel zu. Zur Stunde dauern die Verhandlungen hierüber noch fort. Die zweite Frage war die Vermögenssrage. Hier konnte König Leopold seinen Willen nicht durchsetzen. Der König der Belgier erklärte nämlich, daß er nicht weiter gesonnen sei, seiner Tochter die Apanage von 50 000 Franks, welche er bisher bezahlte, weiter zu belasten., Er berief sich darauf, daß seine Tochter wider seinen Willen sich vermähle, daß nach allgemeinem Gebrauche bei einer zweiten Heirath die Verpflichtung des Vaters, welche er für die erste Ehe stipulirt habe, oo ipso hinfällig werde und daß daher keinerlei Nechtsgrund für ihn bestehe, der Kronprinzessin-Wittwe den Bezug jener Apanage weiter zuzusichern. Allein bei einer genauen Prüfung des Hei- rathskontraktes, der seinerzeit, anläßlich der Vermählung ver Prinzessin Stefanie mit dem Kronprinzen Rudolf, ab geschlossen wurde, ergab es sich, daß der Wortlaut dieses Vertrages den Rechtsstandpunkt des Königs der Belgier unbegründet erscheinen ließ. Aus diesen Darlegungen la en sich leicht die Schwie rigkeiten ermessen, welche sich stver Wiedervermählung der Kronprinzessin-Wittwe cntgegenstellten. Wir wollen hier nochmals ausdrücklich betonen, daß diese Hindernisse nicht von Wien, sondern nur von Brüste! stammten; ja, cs bedurfte wiederholt der Unterstützung des Kaisers Franz Joseph, damit dieselben überwunden werden konnten, ohne daß es zu einem Eelat kam. Noch vor wenigen Wochen war der Zeitpunkt der Hochzeit keineswegs fest gestellt, ja, die Kronprinzcssin-Witwe trug sich sogar mit dem Gedanken, die Zeremonie auf den Monat Mai und hernach, sie auf den August zu verschieben. Jedoch Kaiser Franz Joseph, der alles, was in seiner Macht stand, gethan hat, um, nachdem einmal seine Schwieger tochter sich zu dem Schritte der Wiedervermählung ent schlossen hatte, ihren Wunsch zu erfüllen, ermöglichte es, daß die Hochzeit ohne weiteren Aufschub nun endlich stattfinden konnte. Der Krieg um Transvaal. Der Verbleib der BurencommandoS unter Olivi n die am Oranjeflusse die > Engländer möglichst lange am Uebersch reiten hindern sollten, hat sich auf einmal aufgeklärt. Gestern noch wurde aus englischer Quelle gemeldet, daß die Buren „vollständig überrumpelt wurden", und der Standard fügte hinzu, daß die 4000 TranSvaalburen „voraussichtlich bald gefangen genommen sein würden". Statt dessen ist die Sache umgedreht gekommen und die Engländer sind gefangen genommen worden. Ein Telegramm besagt hierüber: Das „Reutersche Bureau" meldet aus Kroon- stad, 21. März: Die Buren unter Olivier ver wickelten die britischen Truppen unter General Gatacre in der Nähe von Bethulie in ein Gefecht. Die Eng länder wurden geschlagen und erlitten fchwere Ver luste. Die Buren machten viele Gefangene. Die Buren ziehen hier eine starke Streitmacht zusammen. Der Commandant de Wet traf heute hier ein. Gegenüber den von Laffans Bureau verbreiteten Gerüchten, daß General Gatacre mit seinem ganzen Stabe abgeschnitten und dann gefangen genommen worden sein soll und er 12 Kanonen verloren habe, meldet ein Telegramm der Daily News aus Springfont ein, daß sich Gatacre noch dort befinde. Ueber weitere Vorgänge auf den Kriegsschau plätzen meldet Reuters Bureau: London, 22. März. Die Abendblätter berichten aus Durban von gestern: Ein Kundschafter meldet, daß Pomeroy bei Biggarsberg von den Buren bei nahe vollständig eingeäschert wurde. Die Buren haben eine starke Stellung auf einer Anhöhe, welche Pomeroy beherrscht. Bethunes berittene Infanterie traf gerade ein, als die Buren sich zurückzogen, kam aber zu spät, um die Stadt noch zu icttem Gegen die Buren, die auf 5000 Mann geschätzt werden, wurde ein heftiges Geschützfeuec gerichtet. London, 22. März. Meldung des Reuter- Bureaus aus Lobatsi vom 16. März: Eine starke Truppenmacht rückt von Mafeking unter Commandant Snyman in der Richtung auf Lobatsi vor. Gestern wurde Leutnant Tyler, welcher bei den Truppen des Obersten Plumer stand, von einer Granate, getödtet. London, 22. März. Eine weitere, dem Reuter- schen Bureau zugegangene Meldung über das Gefecht bei Lobatsi vom 15. d. M. besagt, daß die Buren mit beträchtlichem Verlust in die Flucht geschlagen morden seien. Ob dieser englische Erfolg begründet ist, steht noch dahin, denn gleichzeitig meldet Reuter über Lorenzo Marquez folgendes: Die „Diggers News" haben auf telegraphischem Wege folgendes Kriegsbulletin aus Prätoria vom 17. März erhalten: Am 15. März sand, ein Gefecht mit dem Feinde an der Westgrenze von Transvaal in der Richtung von Lobatsi statt. Die Engländer flohen in größter Eile in der Richtung des Ramoutsa- lagers. Die Buren hatten keine Verluste, 4 Eng länder wurden gefangen genommen. 15 Kisten Patronen, sowie Schießwaffen und Pferde wurden erbeutet. Lord Roberts depeschirt aus Blumsontein vom Mittwoch Nachmittag: „Es haben so viele Buren den Wunsch ausgedrückt, sich unter den Bedingungen meiner letzten Proclamation zu ergeben, daß ich kleine Colonnen in verschiedenen Richtungen ausgesandt habe, um die Namen zu notiren und die abgeliefertcn Waffen entgegenzunehmen. Eine Cavalleriebrigade ist ostwärts nach Thabanchu vorgerückt. Ein Detachement hat von Blumsontein aus Smithfield besetzt, wo einige Transvaalburen und ein Wagen mit Waffen und Munition in unsere Hände fielen. Die Scots Guards stehen in Edenburg und Beddersburg. General Clements' Brigade ist über Philippolis und Faure- smith auf dem Marsche hierher." Wie die Londoner B.ätter melden, gab Lord Roberts am Dienstag den höheren Officieren und den fremden Militärattaches ein Bankett, auf welchem er die letzteren zu ver Art beglückwünschte, wie sie die Entbehrungen ertragen hätten und zugleich die Hoffnung aussprach, sie demnächst in Prätoria eiuladen zu können. Wie man der „Magdeb. Ztg." aus dem Haag meldet, wird die Gesandtschaft des Oranjestaates den Mächten eine Protestnote gegen die Proclamation des Feldmarschalls Roberts übersenden, worin den Oranje buren die Confiskation ihrer Güter angedroht wird, falls sie die Waffen nicht niederlegen. Die Protest- rote erklärt die Proclamation für einen Verstoß gegen )as Völkerrecht. Ebenso steht es mit der Proclamation des Gouverneurs der Kapcolonie, Milner, in welcher bekannt gegeben wird, daß die Reichsregrerung Ver äußerungen von Ländereien, Minen oder Eisenbahnen in Transvaal oder im Oranjefreistaat nicht als giltig anerkennen wird. Die letzterwähnte Proclamation soll den Engländern diejenigen Werthe reserviren, auf welche sie nach Besiegung der Republiken zur Deckung der Kriegskosten u. s. w. die Hand legen können, und gleichzeitig den Buren die Aufbringung von Mitteln zur Fortführung des Krieges erschweren. Eine loyale Kriegführung kann man dies nicht mehr neunen — darauf kommt es den Engländern nicht an. Nimmt man hinzu, daß es sich anschickt, den Buren vorsorg lich auch jede Massenauswanderung nach Norden zu verlegen, so sieht man diese allerdings vor die Wahl zwischen schlechthinigcr Unterwerfung und Verzicht auf )ie Erhaltung ihrer Nationalität oder einem Ver zweiflungskampfe gestellt, der, nach englischer Auffassung, mit der Vernichtung des Burenvolks endigen müßte. In einem Londoner Situationsbericht vom 22. wird noch gesagt: Der Stillstand in den Robertsschen Operationen giebt in Verbindung mit der Reise des General gouverneurs Milner, deren örtliches und sachliches Ziel streng geheim gehalten wird, zu dem heute aus Kapstadt hierher übermittelten Gerücht Anlaß, daß gegenwärtig diplomatische Verhandlungen schweben, ohne daß gesagt wird zwischen wem und worüber. In der That erfährt die Preß-Association, daß die kürzlich von Lord Salisbury im Oberhause verlesenen beiden Depeschen die in letzter Zeit zwischen der eng lischen und den Freistaat-Regierungen gepflogene Correspondenz keineswegs erschöpfen und daß erst gestern wieder eine Depesche aus Pretoria beim Aus wärtigen Amt eingelaufen sei. Mr. Douglas Story, der Vertrauensmann der Transvaal-Reg erung, der sich gerade in jüngster Zeit stets als vortresflich unter richtet gezeigt hat, betont dagegen, daß der bisherigen ichtablehnung des transvaalischen Jnterventions- gesuches seitens Rußlands und Frankreichs in Pretoria großes Gewicht beigelegt wird. Derselbe zuverlässige Gewährsmann erklärt gleichzeitig, daß die Transvaal- Regierung keinen Beschluß gefaßt hat, der auf die Zerstörung der Johannesburger Minen als ultima ratio abzielt. DaS neulich verzeichnete Gerücht einer Annectirung des Freistaats durch den Transvaalstaat wird heute in einem Timertelegramm aus Lorenzo Marquez dahin modificirt, daß eine Verschmelzung beider Republiken in eine mit Krüger als Präsidenten, Joubert als Vicepräsidenten und Steijn als Oberst- commandirenden der Armee geplant werde. Die Flagge des neuen Einheitsstaates werde die des Transvaal unter Hinzufügung der Oranjefarben sein. Der Volks raad des Freistaates ist einem Daily Chronicle-Tele- gramm aus Blumsontein zufolge nach Kroonstad ein berufen worden. SSchftscheS. Hohenstein - Ernstthal, 23. März 1900 KitthkUungen von allgemeinem Interesse werden dar bar en'. gegengenommen und eventl. honorirt.; — Hohenstein-Ernstthal, 23. März. Im Saale des Schützenhauses Neustadt fand gestern Abend eine zahlreich besuchte Weberversammlung statt, in welcher abermals über die Frage der Regulirung der Hausweberlöhne berathen wurde. Vorsitzender war Herr Gottlieb Höhn, der auch das Referat erstattete. Er gab zunächst einen Rückblick auf die bisher gethanen Schritte des niedergesetzten Ausschusses und legte dann den von dem Ausschüsse berathenen Lohntarif vor, der im Einvernehmen mit den Webern der Nachbarstädte Lichtenstein-Callnberg berathen Worten sei, allwo man die Verschiedenartigkeit der gezahlten Löhne in gleichen Artikeln ebenfalls als schweren Uebelstand empfunden habe. Ehe der Tarif verlesen wurde, gab Herr Höhn bekannt, daß auch die hiesigen Herren Fabrikanten zur heutigen Versammlung eingeladen worden seien; der Vorsitzende des Fabrikantenvereins habe aber in seinem Schreiben, in dem für die Einladung gedankt worden, bemerkt, ein Mitwirken ihrerseits sei vorläufig unthunlich, da sich der Vorstand der Weberinmmg mit dem Ersuchen um Regelung der Lohnfrage an den Fabrikantenverein gewendet und die bezüglichen Unterhandlungen noch schwebten. Nachdem hierauf Herr Müller-Lichtenstein Bei spiele über Lohnschwankungcn in den einzelnen Artikeln angeführt, verli st Herr Riedel den von der Lohnkommission ausgestellten Tarif. Derselbe be handelt zunächst Waffeldecken in verschiedenen Breiten und Ganghöhe, Ripsdecken, dann Piquedecken, Por tieren, Wischtücher, mehrschüssige Ripse und schließlich Phantasiewaaren und Borden. Im Anschlusse hieran stellt die Kommission folgende Anträge: 1) Alle noch nicht in dem Tarif enthaltenen Arbeiten sollen nach träglich in denselben eingeschaltet werden, die darauf entfallenden Arbeitslöhne werden dem Tarif angepaßt. 2) Der aus den Verhandlungen beider Kommissionen hervorgegangene und nach Antrag 1) vervollständigte Taris ist in den Geschäftsräumen und Fabriken aus zuhängen, so daß der Arbeiter jeder Zeit Einsicht nehmen kann. 3) Für den bei Geschürwechsel, sowie Reihen und Glattstechen gehabten Zeitverlust ist eine Entschädigung von 2,50 M. pro Tag oder der durch schnittliche Tagelohn des letzten Vierteljahres zu ge währen. Die Erneuerung von Mustern rc. gesiieht auf Kosten des Fabrikanten. 4) die Versammlung spricht den Wunsch aus, die Herren Fabrikanten möchten außer der Lohnregulirung noch eine all gemeine Lohnerhöhung von 5 Procent eintreten lassen. 5) Es wird der Wunsch ausgesprochen, auf die leichten und 4-Gang-Waffeldecken einen Zuschlag von 1 Pfg. auf die Zahle zu bewilligen. — Alle diese Anträge, Wwie der aus der Mitte der Versammlung bean tragte Zusatz: „Die Herren Fabrikanten möchten in Zukunft den Arbeiter auch für die Herstellung von Musterstreifen entschädigen," werden von der Ver sammlung einstimmig angenommen; ebenso ist man allseitig damit einverstanden, daß diese Anträge bald möglichst den Herren Fabrikanten zur Berücksichtigung überwiesen werden. Endlich beschließt noch die Ver sammlung, die Lohnkommission in ihrer seitherigen Zusammensetzung mit der Leitung der Angelegenheit zu betrauen. Eine inzwischen eingegangene Resolution gelangt noch zur Verlesung. Dieselbe ist an den hiesigen Fabrikantenverein gerichtet und besagt, „daß die im Saale des „Schützenhauses" versammelten Weber das Vorg'hen der hiesigen Weberinnung in Sachen der Lohnbestcebungcn unfreundlich finden; der gnannte Verein wird gebeten, das betr. Gesuch der Weberinnung auf sich beruhen zu lassen." Nach kurzer Aussprache stimmten sämmtliche Anwesende der Resolution zu, und schloß, nachdem das Protokoll verlesen, Herr Höhn die Versammlung. — Die Manöver des XIX. (2. K. S.) Armee- Korps werden in diesem Jahre in der Zeit vom 7. bis 19. September im Geoiet der Amtshauptmann- schaflen Glauchau, Chemnitz und Flöha staitfinden und zwar wird die 24. Division die Amtshauptmann schaft Flöha und die östliche Hälfte der Amlshaupt- mannschast Chemnitz, die 40. Division die Amtshaupt- mannschast Glauchau und die westliche Hälfte der Amtshauptmannschaft Chemnitz belegen. In diesen den Divisionen zugewiesenen Theilen finden zunächst vom 7. bis 10. September Brigade-Manöver, vom 11. bis 15. September Divisions-Manöver statt. Vorher wird die Artillerie des XIX. Armee-Corps in den den Divisionen zugewiesenen Manövergebieten Exerz^erübungen im Regiment und in der Brigade in der Dauer von 8 Tagen abhalten. Vom 17. bi- 19. September schließlich werden die beiden Divisionen gegen einander manöveriren. Außer den Infanterie- Regimentern 104, 181, 133, 134 nehmen noch das Husaren - Regiment Nr. 19, je 1 Eskadron des Karabiniers- und 18. Ulanen-Regiments, die Feld- artillerie-Regimenter Nr. 32 und 68, 2 Compagnien des Pionier-Bataillons Nr. 22, sowie Telegraphen- und Sanitäts-Truppen an dm Manövern der 40. Division theil. — Gersdorf. In tiefer Betrübniß und großer Sorge befindet sich die Familie Gr. hier. Ein Sohn, der sich in Lichtenstein in der Lehre befindet, wurde eines ganz geringen Diebstahls (20 Pfg.) verdächtigt. Darauf» hin hat er sich aus der Wohnung seines Meisters ent fernt und ist bis heute weder nach Lichtens!.in noch zu ,einen Eltern zurückgekehrt, trotzdem schon reichlich acht Tage vergangen sind. — Gersdorf. Vom Frauenverein war für näch sten Montag ein christlicher Familienabend geplant. Leider kann derselbe nicht stattfinden, da Herr Oberpfarrer Wetzel aus Bischofswerda, welcher über seine Kaiserreise nach Jerusalem einen Vortrag halten wollte, erkrankt ist. Doch aufgeschoben ist hoffentlich nicht aufgehoben. - Mülsen St. Niklas, 21. März. Zur Feststellung darüber, ob eiu vor einigen Tagen be erdigtes, vorzeitig todtgeborenes Kind naturgemäß ge boren, fand sich heute im hiesigen Orte eine fünf gliedrige Gerichtskommission ein, um die Ausgrabung sowie Sektion des Leichnams vorzunehmen. — Zwickau, 21. März. (Königliches Landge richt.) Auf der Anklagebank befand sich heute der am 7. Juni 1871 geborene, wegen Diebstahls schon mehr fach, darunter mit einer sechsjährigen Zuchthausstrafe vorbestrafte Schlosser und Handarbeiter Max Emil Winkler aus Oberlungwitz. Diesem wurden heute wiederum zwei unter den Voraussetzungen des Rück falls begangene Einbruchsdiebstähle zur Last gelegt. In dem einen Falle handelte es sich um denjenigen Einbruch, der in der Nacht vom 8. zum 9. Januar d. I. in der Ebersbachschen Gastwirthschaft „Zur Tannen mühle" in Meinsdorf verübt wurde, wobei von einem mit Meisel, Gesichtsmaske und sonstigem Verbrecher handwerk ausgerüsteten Diebe aus dem Keller 24 Stück Butter, 3 Flaschen Kornbranntwe.n, 1*/, Pfund Wurst und 18 Flaschen Rothwein gestohlen wurden. Von den gestohlenen Sachen wurden am anderen Morgen durch den Wirth und mehreren Polizribeamten ein großer Theil unter einer Schleußt in der Nähe des Bahndammes in Wüstenbrand wiedergefunden und hierbei Winkler, der von Weitem zugesehen hatte, er griffen. Der andere Diebstahl ist in der Nacht zum 5. Dezember v. I. bei dem Materialwaarenhändler und Schankwirth Kämpf in Erlbach b. Stollberg ver übt worden. Hierbei sind 11—12 Mark baares Geld, ein Portemonnaie mit alten und fremden Münzen, Speck, Wurst, Wein, Cigarren und Christbaumschmuck gestohlen worden. Winkler leugnete heute hartnäckig, Nie Einbrüche begangen zu haben, und es machte sich deshalb die Abhörung einer größeren Anzahl Zeugen nothwendig. Es erfolgte auch nur hinsichtlich des Ein bruchs in der „Tannenmühle" die Ueberführung des Angeklagten und wurde er deshalb zu 4 Jahren Zucht haus und 10 Jahren Ehrenrechtsverlust verurtheilt, auch wurde seine Stellung unter Polizeiaufsicht für zulässig erklärt. Wegen des Falles bei Kämpf wurde er sreigesprochen. Winkler wurde durch Herrn Rechts anwalt Blumberg hier vertheidigt. — Zwickau, 23. März. Die Zahl der wegen des Bergarbeiterstreiks im hiesigen Revier definitiv von den Werken abgelohnten Arbeiter beziffert sich auf 339. Dieselben verlieren ihre Rechte an die Knappschaftsvereins kasse. Zu der Mittheilung aus Hohndorf-Lichtenstein, daß der Helenenschacht die Ausstandszeit bei seinen Arbeitern als Urlaub behandeln werde, damit ihnen die Rechte an die Pensionskasse erhalten bleiben, wird dem „Zwickauer Wochenblatt" von zuständiger Seite mitgetheilt, daß die Nachricht geeignet ist, Mißverständ nisse hervorzurufen. Sämmtliche Arbeiter, welche nach dem Ausstand wieder in Arbeit genommen worden sind, treten ohne weiteres wieder in ihre früher erworbenen Rechte bei der Knappschaftspensionskasse ein und es bedarf dazu der besonderen Formalität nicht, die Ausstandszeit ausdrücklich als Urlaub zu erklären. Lediglich die auf Grund von Z 8^a Ziffer 5 des Berggesetzes entlassenen und nicht wieder in Arbeit genommenen Arbeiter verlieren ihre Ansprüche an die Knappschaftspensionskaffe. Mit Ausnayme der von den hiesigen Werken entlassenen 3 Bergarbeiter haben also auch die sämmtlichen auf den Zwickauer Steinkohlenwerken wieder in Arbeit genomme nen Ausständigen ihre sämmtlichen Rechte an die Knapp» schaftspensionskassc wiedererlangt. — Nossen, 22. März. Ein hiesiger Con- firmand aus armer Familie hat an die Königin einen Brief geschrieben, in welchem er den Wunsch äußert, Pastor zu werden und um Unterstützung bittet. Daraufhin ist in Allerhöchstem Auftrage Bescheid ein gegangen, daß die Ausbildung des Knaben zu ge wünschtem Berufe auf Kosten der Königin ge schehen kann. — Meerane. Die hiesige Webschule wird )emnächst das Jubiläum ihres 50jührigen Bestehens feiern. Vorarbeiten zu den Festlichkeiten sind bereits im Gange. Der Rath hat als Beihilfe zu dem Feste, vorbehältlich dec Zustimmung der Stadtverordneten, die Summe von 300 Mk. bewilligt. — Klingenthal, 22. März. Der Mörder Preuß, welcher am 6. März in Falkenstein den Handelsmann Thoß erstach und dann, nachdem er sich seines Barles entledigt und sich sonst unkenntlich gemacht hatte, flüchtete, ist im Walde bei Wilzschhaus am Dienstag sestgenommen und zunächst in das Amtsgerichtsgefängniß nach Eibenstock eingelieferr worden. — Als Unikum darf es wohl bezeichnet werden, schreibt die „Ger. Ztg.", daß in diesen Tagen auf einer Station der Glauchau-Geraer Eisenbahn der Frühzug nicht einfahren konnte, weil das dienstthuende Personal noch im Schlafe lag. Ein Arbeiter, dem das Wecken oblag, hatte dies versäumt, die Lokomotive mußte mit langem jchrillen Pfiffe das Versäumte nachholen. Zum Glück war ein Arbeiter am Platze, der daS Stationspersonal aus den Federn holte, worauf dann: möglichst schnell das verspätete Zeichen zum Einfahren des Zuges gegeben wurde. Es war morgens um die. 6. Stunde. —Ein Messerkampf ans Eifersucht. Eine ganz fürchterliche Messerstecherei spielte sich in Silber bach bei Graslitz ab. Im Streite um ein Mädchen zwischen Ignaz Böhm und den Brüdern Franz und Josef Hartl in Silberbach bei Graslitz wurde Franz Hartl durch Messerstiche in die Brust und in den Unterleib todtgestochen. Josef Hartl, der einen furcbt- baren Stich in den Unterleib erhielt, ist ebenfalls todt. Der Mörder Ignaz Böhm wurde heute früh in der Wohnung seiner Geliebten gefesselt und dem Bezirksgericht eingeliefcrt. Das Motiv der That war Eifersucht. Bermiscktei * Zum Könitzer Gymnastastenmord.
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