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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 11.03.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-03-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190003119
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19000311
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19000311
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-03
- Tag 1900-03-11
-
Monat
1900-03
-
Jahr
1900
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 11.03.1900
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der verordneten Medikamente gelangen kann, was aber jetzt vielfach nicht der Fall fei. Andererseits müsse aber auch darauf gesehen werden, daß namentlich an kleinen Orten die Apotheken nicht zu sehr überhand nehmen, denn dort hätten diese meist um il/.c Existenz zu kämpfen. Mit dem Deputationsvotum bezüglich der Petition des Verbandes der konditionirenden appro- birten Apotheker sei er einverstanden, dagegen sei das nicht der Fall bei den übrigen Deputationsvoten, be sonders auch Triebischthals, wo ein Exklusiv-Privilegium im Wege stehe. Solche Privilegien müßten, wenn sie hinderlich seien, beseitigt und es dürfe kein Wucher mit den Apotheken getrieben werden. Sie würden aber für die Deputationsvoten stimmen. Im Uebrigen stünden sie auf dem Standpunkte, daß die Apotheken verstaatlicht werden müßten, dann würden auch die Medikamente billiger zu haben sein, und er richte an die Regierung die Bitte, auf Vermehrung der Apo theken hinzuwirken. Abg. Behrens-Dresden (kons.) ist dankbar für dar Deputationsvotum und kann sich nicht für Verstaatlichung der Apotheken erklären. Besonders dankbar sei er auch dafür, daß in dem Deputations berichte bezüglich der Errichtung neuer Apotheken ein wesentlich rascheres Tempo empfohlen worden sei. Er halte das entschieden an der Zeit und bitte die Regie rung um eine Erklärung, warum hierin in den letzten Jahren ein empfindlicher Stillstand eingetreten sei. Ministerialdirektor Geh. Rat Merz: In Sachsen würden Real- und Personal-Konzessionen unterschieden. Es könne deshalb eine allgemeine Norm für dieselben nicht aufgestellt werden. Solche Verfügungsrechte könnten nicht kurzer Hand aufgehoben werden, es seren wohlbegründete Privatrechte und es müsse immer ge gebenen Falles erst im Verhandlungswege mit den Betheiligten ein Uebereinkommen getroffen werden. Wenn seit 1870 eine verhältnißmäßig geringe Zahl von Apotheken-Konzessionen ertheilt worden sei, so sei darauf hinzuweisen, daß bei Ertheilung von Personal- Konzessionen nicht .allein nur die Bevölkerungsziffer, sondern auch andere Verhältnisse maßgebend seien. Die Konzessionen würden nach dem Gutachten der be- theiligten Verwaltungsbehörden, Bezirksärzte rc. ertheilt ohne Rücksicht auf die Persönlichkeiten. In den letzten Jahren sei eine größere Anzahl von Konzessionen er theilt worden und die Regierung wolle in Zukunft nicht erst Petitionen abwarten, sondern sie werde die Bedürfnißfrage von den Behörden prüfen lassen und bei etwaiger nothwendiger Konzession diese ausschreiben. (Bravo!)' Abg. ^ieterich-Helfenberg (kons.)widerspricht dem Abg. Fräßdorf, daß die Apotheker Wucher trieben. Die Apotheker berechneten die Medikamente nach staat lich festgelegten und genehmigten Taxen. Mit Ver staatlichung der Apotheken würden die Medikamente nicht billiger werden. Nach weiteren kurzen Bemer kungen der Abgeordneten Rüder, Hofmann, Behrens und Dieterich beschloß das Haus einstimmig den An trägen der Deputation gemäß. Im dramatischen Verein. Novellette von R. S mmer. (Nachdruck verboten.) Helene Kalkstein hatte vor zwei Jahren noch auf dem Lande gewohnt, auf dem großen Gut ihres Vaters. Jetzt wohnte sie mit ihren Eltern in Berlin. Das Gut hatte ihr ältester Bruder übernommen. Heute hatte Helene sich schon vollständig in Berlin eingelebt, heute war sie die Seele eines großen dramatischen Vereins. Sie spielte eine große Rolle in diesem Dilettanten-Verein, vermöge ihres Geldes und ihrer wirklich lobenswerthen Darstellerkunst. Sie hatte selbst ihren Vater überredet, Mitglied des Vereins zu werden. Natürlich spielte Vater Kalkstein nicht mit, wohl aber sein Geldbeutel. Nur durch die Freigebigkeiten des alten, liebenswürdigen und humorvoller Herrn war es manchmal möglich, eine Vorstellung zustande zu bringen. Sie nannten ihn daher oft im Scherz „Direk tor". Helene spielte mit großer Leidenschaft Komödie, obgleich ihr diese Lust ein großes Glück gekostet hatte. Das war damals gewesen, als sie noch auf dem Gute ihres Vaters wohnte, vor etwas länger als zwei Jahren. Sie zählte damals erst siebzehn Lenze. Sie war für ihre Jahre schon ein stattliches Mädchen, welches in ihrer Frische und Natürlichkeit die Augen manches Herrn auf sich zog. Damals war ihr Bruder HanS gerade zum Leutnant ernannt worden. Er hatte sich einige Tage Urlaub genommen und war mit einem älteren Kameraden, dem Ober-Leutnant Wilhelm von Stahl, auf dem Gute erschienen. Ein Festtag folgte dem anderen. Es herrschte während des achttägigen Urlaubs eine reine Festtags stimmung auf Kalksteins herrlichem Besitzthum. Der Oberleutnant von Stahl hatte sich in die frische, natürliche Helene, die älter und reifer aussah, als sie in Wirklichkeit war, bis über beide Ohren verliebt. Natürlich merkte die kluge, hübsche Evastochter das sofort. War eS nun dieses Siegesgefühl, war e» der Ausbruch ihres heiteren Naturells, sie mußte einen tollen Streich machen. Sie entfernte sich am Vor abende der Abreise ihres Bruders plötzlich auS dem großen Eßsaale, wo man eben begonnen hatte, nach den Tönen eines altersschwachen Klaviers ein Tänz chen zu veranstalten. Nach etwa einer halben Stunde, der dritte Tanz war eben zu Ende, erschien Helene wieder — als Leut nant — in ihres Bruders Gala-Uniform. Es stutzte die Gesellschaft über die Ankunft eines neuen Offiziers, dann aber brach unendlicher Jubel los, als man Helene erkannte. Alle amüsierten sich über diesen Einfall, nur der Oberleutnant von Stahl machte ein ernstes, ein sehr ernstes Gesicht. Ihm ge fiel diese Maskerade, dieser Charakterzug Helenens nicht. Diese Lust sich zu maskieren, so zu maskieren, erschien ihm als ein Mangel an Weiblichkeit. Und diese schätzte er beim weiblichen Geschlecht sehr hoch. So kam es, daß dasjenige, was Helene mit so großer Sicherheit erwartet hatte, nicht geschah. Der Ober leutnant erklärte sich ihr gegenüber nicht. Er reiste ab, ohne ein Wort zu ihr gesprochen zu haben. Sie hatte ihn bis heute, länger als zwei Jahre, nicht mehr wiedergesehen. Sie hatte ihn noch nicht vergessen — im Gegentheil. Vater Kalkstein saß in seiner eleganten Berliner Wohnung gerade beim Morgenkaffee, da brachte ihm die Post einen Brief aus Freienwalde. Kopfschüttelnd betrachtete er die plumpen Schriftzüge auf dem Brief umschlag. Die Handschrift kannte er nicht. Zögernd öffnete er den Brief. Er las die ersten Zeilen und lachte dann laut auf. Lachend stand er auf und rief seine Tochter. Dieser reichte er ohne ein Wort zu sagen den Brief. Sie las ihn erstaunt, halblaut vor sich hin: „Geehrter Herr Theater-Direktor!" Vater Kalkstein schüttelte sich ordentlich vor Lachen bei diesem Titel und sagte mit Thränen in den Augen, vor Lachen natürlich: „Weißt du, Helene, ihr nann tet mich bei unserem damaligen Ausflug nach Freien walde immer scherzhaft „Theaterdirektor!" Das hat der gute Mann für Ernst genommen. Doch lies erst zu Ende!" Helene las: „Die Bühne ist fertig, ge nau nach Ihrer Angabe. Sie ist schön geworden. Der Mai steht vor der Thüre, das wäre die richtige Zeit. Kommen Sie mit Ihrer Gesellschaft! Sie werden gute Geschäfte machen. Schreiben Sie mir, wann Sie kommen! Ein Sonnabend wäre der beste Tag. Es grüßt Sie achtungsvoll Balthasar Müller." „Wirth zum rothen Ochsen!" fügte Kalfflein lachend hinzu. „Der arme Mann thut mir eigentlich leid. Er hat sich Kosten und Umstände gemacht und muß nun erfahren, daß es mit meiner Theater-Ge sellschaft Essig ist". „Warum denn Papa?" „Wie?" „Wir gehen hin!" „Wir? Du und ich! Ich und du!?" Die letzten Worte trällerte er nach der bekannten Melodie vor sich hin. „Ich meine den dramatischen Verein." , Ach! Das ist eine Idee!" „Wir haben mehrere Einakter, die wir sehr gut geben können!" „Bravo! Die Besucher werden über die vor nehmen Schauspieler erstaunt sein! Wir werden mehr Geld ausgeben, als wir einnehmen!" „Wir geben eine Wohlthätigkeitsvorstellung für die Armen in Freienwalde." Im dramatischen Verein wußte Helene ihren Plan durchzusetzen. Mit großer Stimmenmehrheit wurde der Ausflug nach Freienwalde beschlossen. Der hübsche Theatersaal war schon lange vor Beginn der Vorstellung von einem behäbigen und wohlhabenden Publikum gefüllt. Man saß an Tischen; man aß und trank vor der Bühne und auf derselben. Der Wirth machte ein glänzendes Geschäft. Jetzt ertönte kurz nacheinander dreimal das Glockenzeichen. Der Vorhang ging in die Höhe. Im ganzen Saale herrschte plötzlich die tiefste Stille. Die Dilettanten machten ihre Sache besser als manche Schauspieler von Beruf und fanden reichen Beifall am Ende des ersten Stückes. Besonders hatte Helene in der Rolle einer bezähmten Widerspenstigen sehr gut gefallen. Auch im zweiten Einakter errang sie großen Beifall, sogar bei offener Scene. Viermal mußte sie nach Beendigung des Stückes hervorkommen. Als sie beim letzten Hervorruf die Augen stolz über die Bei- große Gemeinden in Frage fordern die vielen Ge meinden mit kleiner BevölkerungSzahl und geringer Leistungsfähigkeit. 8» seien daS ca. 2000 Gemeinden, eine Zahl, an der man nicht ohne Weiteres vorüber gehen könne. Wen» der Abg Nudelt der Regierung empfohlen habe, die Lasten dieser Gemeinden durch den Staat zu erleichtern, so warne er vor dem Kapitel der StaatSsubvention. (Sehr richtig.) ES gehe nicht an, bei jeder Gelegenheit den Staat als denjenigen hinzu- stellen, der unter allen Umständen eintreten müsse. (Sehr richtig.) Der Abg. Nudelt habe weiter gesagt, daß der Staat die Verpflichtung übernommen habe, für die Gcmeiudcbeamteu und deren Relikten zu sorgen, weil er di- Beamten als berufsmäßige erklärt habe Das bezügliche Gesetz sei s Z. aber auf Wunsch der Gemeivdebeamten erlassen worden. ES sei doch sehr gewagt vom Abg. Nudelt, nunmehr daraus die von ihm beliebte Eonsequenz für den Staat zu zi hen. Der Staat habe gewiß ein Interesse daran, daß an der Spitze der Gemeinden tüchtige Beamten stehen. Ein weiterer Eingriff aber von Seiten der Negierung würde der Gemeindeautonomie zuwiderlaufen. Wenn der Dg. Nudelt weiter gemeint habe, daß die Regierung die BerusSfreude der Gemeindebeamten erhöhen müßte, so sei daS richtig, sie werde aber kaum durch dic Reliktenversorgung gestärkt, sondern vielmehr durch bessere Regelung, als das gegenwärtig der Fall sei. (Sehr richtig.) Wenn der Staat den Gemeinden hohe Lasten auferlege, so lägen diese doch mit im Interesse der Gemeinden. Der Einführung einer staatlichen Prüfung der Gemeindevorstände müsse er. bei alle, Achtung vor Prüfungen im Allgemeinen, widersprechen. Eine solche Prüfung würde auf diesem Gebiet gar keine Gewähr bieten. (Sehr richtig.) Er frage auch, wie man sich die Durchführung einer Prüfung von über 3000 Gemeindevorständen denke? Dazu reichten die vorhandenen Kräfte nicht aus, und es sei ein Ding der Unmöglichkeit, diesen Vorschlag zu verfolgen. E, empfehle die Vorlage geneigter Beurtheilung. Dü Regierung sei sich völlig bewußt, daß die Versorgung der Relikten im Pensionswegc ein berechtigter Wunsch sei, daß aber die Wege zur Erreichung des Zieles noch nicht als genügend geebnet anzusehen seien, um der Sache näher zu treten. Die Regierung werde bestrebt sein, im geeigneten Zeitpunkt der Frage gesetzgeberisch näher zu treten und berechtigte Wünsche zu erfüllen (Bravo.) An zweiter Stelle der Tagesordnung stand die Schlußberathuog über eine Anzahl Kapitel deS Staatshaushaltetats für 1900/01, das Departement des Innern betreffend. Schließlich wurden dic Kapitel nach den Anträgen der Deputation bewilligt, ebenso die Kapitel Technische StaaiSlehranstalt und Bau gewerkenschulen zu Dresden, Leipzig, Plauen i. Vogtl und Zittau und Tiefbauschulc in Zittau nach Acußerung einiger auf die Zulassung der Schüler der Chemnitzer Gewerbeschule zu den Technischen StaatSlehr-nstalten bezüglichen Wünsche scirerS des Abg. Uhlmann-Stollberg Dresden, 7. März. Zweite Kammer. Ersten Gegenstand der Tages ordnung bildeten heute die Petition des Verbandes konditionierender approbierter Apotheker sächsischer Staatsangehörigkeit um Regelung des Apotheken- Konzessionswesens und Vermehrung der Apotheken anlagen, nebst Anschlußpetitionen, sowie die Petitionen des Bezirksvereins Triebischthal in Meißen, des Ge- meinderathes zu Copitz und Genossen, des Gemeinde- raths zu Paunsdorf und des Gemeinderaths zu Groß- zschocher-Windorf wegen Errichtung von Apotheken, welche die Deputation beantragt der Regierung zur Kenntnißnahme zu überweisen. Abg. Gräfe-Annaberg (wild) freut sich über das Deputationsvotum bezüglich der Petition des Verbandes konditionierender appro bierter Apotheker und verbreitet sich über die Schwie- rigkeiten, die mit der Erlangung der Selbstständigkeit der Apotheker verbunden seien, wobei er besonders auf die hohen Preise, welche für eine Apotheke verlangt werden, hinwies. Weiter kommt Redner auf den Ver kauf von Gehimmitteln durch staatlich konzessionirte Apotheken zu sprechen. Wenn solche Mittel von letz- teren verkauft würden, gelange das Publikum zu der Meinung, daß es thatsächlich wirkungsvolle Medikamente erhalte. Nach Feststellungen der Wissenschaft hätten solche Mittel aber absolut keinen Werth. Redner geht des Näheren auf einige gegen Tuberkulose und Zucker krankheit angepriesene und im Apothekenverkauf befind liche Mittel ein, wird hierbei jedoch vom Präsidenten mit der Mahnung unterbrochen, sich doch an die Sache, das Apothekenkonzessionswesen zu baiten. Schließlich bittet Redner, den Verkauf von Geheim mitteln regierungsseitig zu verbieten. Fräßdorf-Mickten (soz.): Es sei ihm daran gelegen, mit der Vermehrung der Apotheken nicht den Petenten, sondern dem großen Publikum zu dienen und wünsche, daß in allen größeren Orten in genügender Anzahl Apotheken bestünden, damit das Publikum möglichst schnell in den Besitz Vom Landtage. DreSde«, 6. März. Die Erste Kammer genehmigte in ihrer heutigen Sitzung den Gesetzentwurf betr. Zwangsvollstreckung in da» unbewegliche Vermögen. Die Zweite Kammer hatte sich zunächst mit dem Gesetze behufs Abänderung des Gesetzes, die Pensions verhältnisse der berufsmäßigen Gemeindebeamtcn der kleineren and mittleren Städte und der Landgemeinden, sowie der Petition des Direktoriums des Vereins Sächsischer Gemeindebeamten, die Erstreckung der Pensionspflicht auf die Hinterlassenen der berufsmäßigen Gemeindebeamten betr , und die Anschlußpetitton der Vorstandes der Vereinigung der Bürgermeister in Städten mit der Städteordnung für mittlere und kleine Städte und berufsmäßigen Gcmeindevorstände hierzu zu beschäftigen. Die Deputation beantragte, den vor liegenden Gesetzentwurf unverändert nach der Vorlage anzunehmen, die vorerwähnte Petition bezw. Anschluß- Petition aber der Regierung zur Kenntnißnahme zu überweisen. Rach längerer Debatte wurde ein Antrag vom Abg. Fräßdorf u. Gen., der bestimmt, daß nach kjährigrr Dievstdauer ein entlassener Gememdevorstand nsw. nur zwei Jahre unterstützt werden muß, mit 41 Stimmen abgelehnt, die Deputationsanträge dagegen aber einstimmig angenommen. Die in dem Gesetz vor gesehene Aenderung von 8 4 deS Gesetzes vom 30. April 1890 gewährt den keru^smäßigcn Bür- germeister der mittleren und kleineren Städte, sowie den berufsmäßigen Gemeindevorständen, wenn sie nach Ablauf ihrer Wahlperiode nicht wieder gewählt werden, die Hälfte ihr.s zeitherizen Dienst- Einkommens nach mindestens 12jähriger Dienstzeit als jährliche Pension, nach nur Ojähriger Dienstzeit auf 4 Jahre als Unterstützung. In der sich entrinnenden Debatte führte StaatSminister v. Metzsch Folgender auS: Die Staatsregierung habe sich über den Stand punkt, den fi: gegenüber der Reliktenversorgung ein nimmt, wiederholt dahin ausgesprochen, daß sie dieser Frage durchaus sympathisch gegenüberstehe. Er möchte darauf Hinweisen, daß lei der Berathung dcS Gesetz entwurfes in der Ersten Kammer von sehr autoritativer Seite diese Frage ebenfalls sympathisch behandelt, ihr aber eine praktische Folge in erster Linie aus finanziellen Gründen nicht gegeben sei. ES kämen eben nicht nur k'.tie doch nichts, vielmehr würden die kleinen Leute auf dem Laude uur noch mehr der Sozialdemokratie anheim tallen. Wolle die Regierung hier wirklich wieder zurückweichen und vor den Sozialdemokraten .apitulirev? Hamburgischer Senator Dr. Burchard bitte« „uzeuo, im Interesse von Handel, In dustrie und Rhederei die Beschlüsse der Kommission zu 8 14 abzulehuen. Reichskanzler Fürst Hohen lohe: Abg. Freiherr v. Wangenheim hat mit einer ge- wissen Feierlichkeit mih an ein gegebenes Versprechen erinnert und daran einen Vorwurf geknüpft. Ich sehe dazu nicht die geringste Veranlassung. Mein Ver sprechen, wenn mau es so neunen will, ist durch die Vorlage des Gesetzentwurfes vollständig erfüllt. Daß man die ausländischen Fleischwaaren nicht ganz gleich mit den inländischen in allen Fällen behandeln kann, hat die Kommission selbst anerkannt, indem sie Speck und Schmalz von den von der Kommission beliebten Maßregeln ausgenommen hat. (Richtig links, Lachen rechts). Ich bin also vollkommen in der Lage, mich gegen die KommissionSamräge zu erklären, ohne da durch mit meiner Erklärung vom Jahre 1898 in Widerspruch zu gerochen (Bewegung). Abg. Paasche (vatl.) hält den 8 14 zwar nicht für einwandfrei, die Mehrheit seiner Freunde würde gern die Fristbestimm- ung darüber, wann das Fleischemsuhrverbot in Kraft treten soll, aus dem Paragraphen herauSschaffeu und den Termin dafür der Regierung auheimgebeu, aber letzt sei ein bezüglicher Antrag doch aussichtslos. Die Mehrheit seiner Freunde werde daher beute für die Kommissionsbeschlüsse stimmen und abwarten, wie sich die Regierung bis zur dritten Lesung erkläre. (Heiter keit.) Unter allen Umständen wünschten seine Freunde dieses nützliche Gesetz zu Stande gebracht zu sehen. Eine Minderheit seiner Freunde werde allerdings gegen 8 14 der Kommission stimmen. Abg. Steinhauer (freis. Ver.) spricht sich gegen 8 14 aus, behält sich aber sein Votum über die ganze Vorlage bis zur Schluß- abstimmuvg vor. — Hierauf wird ein Schlußantrag gestellt. Abg. Singer beantragt namentliche Abstimm ung darüber. Der Schluß der Debatte wird mit 195 gegen 89 Stimmen der Freisinnigen und Sozial- demokraten beschlossen. 8 1 wird fast einstimmig, 8 2 in namentlicher Abstimmung mit 209 gegen 75 Stimmen in der Fassung der Kommission angenommen, ebenso der zumeist bestrittene 8 14» mit 168 gegen 89 Stimmen. Mit der Minorität stimmt der kleinere Theil der Rattonalliberalen und vereinzelte C.ntrumS- mitglieder; 2 Abgeordnete enthalten sich der Abstimmung. — Fortsetzung morgen. inne wurde, wie sie ihn betrogen hatte, enterbte er sie, aber im Besitze der Juwelen ließ er sie doch; denn sie war sein Liebling gewesen, und sein Herz hing noch immer an ihr." „Sie erzählen uns einen ganzen Roman, der auSsieht, als wäre er erfunden, um die einigermaßen räthselhaft gewordene Geschichte aufzuklären. Was sagen Sie denn dazu, daß sich im Schmuckkästchen der ertnmkenen Frau Selina Frere ein Schriftstück befand, das die Unechtheit der dabei liegenden Juwelen be glaubigte?" „Ich bitte, Mylord, vergegenwärtigen Sie sich doch nur den Hergang. Fräulein Selina entflieht, von einem Balle heimkehrend, mit ihrem Geliebten. Sie hat bis dahin die unechten Juwelen in Verwahr sam gehabt. WaS thut sie also? Sie wirst sie aus dem Schmuckkästchen heraus, ohne das darunter liegende Papier zu beachten, legt die echten hinein und entflieht. Daß dies Schriftstück später so unheilvolle Verwickel ungen herbeiführen würde, konnte sie natürlich nicht ahnen. Am anderen Morgen findet Herr Scudauwre die Nachahmung und legt sie bis auf weiteres in feinen Schmuckkasten, dem er am Abend vorher die echten entnommen hatte. Bemerken Sie, Mylord, wie sich da ganz natürlich eins zum anderen fügt. Auch dies zum Beispiel, wenn Herr Scudamore seine Enkelin Edith oder die junge Dame, die er dafür hielt, wieder zu sich nahm, so spielte dabei der Wunsch mit, die echten Kleinodien wieder nach Schloß Thirlwall ge langen zu lassen."^ . „Sehr sinnreich ausgeklügelt!" bemerkte Baron Hawkesbury etwas spöttisch. „Es ist jammerschade, daß der einzige Mensch, welcher die Richtigkeit Ihrer Erzählung bestätigen könnte, gestorben ist!" „Glücklicherweise ist auch für mich ein Zeuge da, wie sich für Fräulein Violet einer gefunden hat. Es existtrt unter den Scudamoreschen Papieren ein Schrift stück, welches den Hergang der Sache genau so schildert, wie ich es eben gelhan habe." „Und wo ist dies Schriftstück?" „Ich habe es hier, Mylord," sagte Serjeant Ar- mitage. „Bevor ich es jedoch vorlese, bitte ich Herrn Jnspector Runyon zu befragen, wie dies Aktenstück in meinen Besitz gelangt ist." „Wollen Sie so gut sein, Herr Runyon?" Jnspector Runyon gab in kurzen, präcisen Worten den gewünschten Aufschluß. Nach seiner Unterredung mit Lundby im Gefängniß war Armitage zu Runyon gekommen und hatte ihm nach Lundbys Angaben mit- getheilt, daß ein auf die Flucht von Fräulein Selina Scudamore und die von ihr mitgenommenen Juwelen bezügliches, von Scudamore seinerzeit aufgesetztes Schrift stück irgendwo unter den Papieren des alten Herrn, vermuthlich in dem Geld- und Documentenschrank, der in seinem Zimmer stand, vorhanden sein müsse. Um jeden Verdacht, daß eine Täuschung beabsichtigt sei, auszuschließen, hatte Armitage den Detectiv ge beten, mit ihm die Durchsuchung vorzunehmen. Sie war nach Erfüllung aller Formalitäten, die u. a. durch die angelegten Siegel nothwendig geworden waren, vor sich gegangen. Im Actenschrank fand man nichts. Man durchsuchte sodann den Schreibtisch des Ver storbenen, und hier entdeckte es Runyon in einer Schub lade, die außerdem veraltete Rechnungen, Geschäftsbriefe und schriftliches Gerümpel aller Art enthielt. Es machte den Eindruck, als habe Scudamore auf das Document keinen Werth mehr gelegt, nachdem er den Inhalt seinem Secretär mitgetheilt hatte. Soweit ging die Aussage Runyons. Armitage verlas darauf das Papier, das in allen Einzelheiten mit dem übereinstimmte, was man bis dahin nur als ein von Lundby zu seiner Vertheidigung sinnreich aus gedachtes Phantasiegebilde betrachtet hatte. Nach dieser letzten Enthüllung konnte der Aus gang des Mordprocesses nicht mehr zweifelhaft sein. Richter Hawkesbury schloß das Verhör, entließ die Ge schworenen nach einem kurzen Nesume und konnte wenige Minuten darauf ihren mit Einstimmigkeit ge fällten Wahrspruch verkündigen: „Nichtschuldig bezüglich beider Angeklagten." Gegen den abwesenden Symonds, der allein unter dem Verdachte des an Scudamore verübten Raub mordes blieb, hatte nicht verhandelt werden können 18. Capitel. Von dem Ausfall der Gerichtsverhandlung erhielt Fanny zuerst durch ein Telegramm und später durch einen ausführlichen Brief ihrer Schwester Kenntniß. Am Schlüsse dieses Briefes berichtete Ellen: „Edith oder vielmehr Marie Violet ist sofort nach Frankreich zu ihren Verwandten abgereist, von denen sie sehnsüchtig erwartet wird. Sie hat, wie sie nicht gut anders konnte, auf alle aus dem letzten unter schriebenen Testament Scudamores abzuleitenden Rechte Verzicht geleistet, da es, unter einer erweislich falschen Voraussetzung abgefaßt, von niemand als giltig be trachtet wird. Ob Herr Chardin an der neugefundenen Enkelin große Freude haben wird, will ich dahinge stellt sein lassen. Uebrigens ist Marie um so lieber abgereist, als sich von den Banes noch niemand wieder bei uns hat sehen lassen. Es sind eben Engländer! Die arme Marie muß das Leben nun noch einmal von vorne anfangen. Was mich angeht, so habe ich große Lust, ein Ausschreiben durch die Zeitungen zu veröffentlichen, wonach für ein junges, liebenswürdiges, schönes und sehr reiches Mädchen ein eben solcher Jüngling gesucht wird, der aber ein Deutscher sein muß. Denn ich habe die Engländer mit ihren steifen Manieren und der greulichen Langweiligkeit ihres Lebens ganz gründ lich satt und sehne mich wieder nach einem Lande, wo ich mich nicht in Balltoilette zu werfen brauche, um blutiges Fleisch und kraftloses Gemüse Tag für Tag nach derselben Etikettenmelodie zu verschlingen. Ich habe eben Dickens letzten Roman gelesen —, wie der Mann seine Landsleute kennt! Lauter PodsnapS Fortsetzung folgt.
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