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10, 23. Januar. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 137 sprach jedoch durch das Eckenntniß vom 19. Juli v. I. beide An geklagte frei. Es nahm auf Grund des Geständnisses des Ange klagten Rocco Rocca und eines von dem artistischen Sachverstän digen-Verein erstatteten Gutachtens zwar für erwiesen an, daß die Lithographie, „Auguste" im Sinne des Gesetzes vom 11. Juni 1837 für eine Nachbildung der Studie „Io oolombo", deren ausschließ liches Verlagsrecht Goupil von dem Maler Lenfant erhalten, anzu sehen sei, erachte diese Nachbildung jedoch aus folgenden Gründen für eine nicht unerlaubte. Der Autor des Werkes, der Maler Len- sant, der in Metz wohnt, sei, wie nach Name und Wohnort anzu nehmen, ein Franzose, und könne derselbe, dazwischen Frankreich und Preußen hinsichtlich des den gegentheiligen Einwohnern zu ge währenden Schutzes ihrer Geistesproducte keine Rcciprocikät bestehe, der Nachbildung seines Gemäldes in Preußen nicht widersprechen. Nun sei aber, wie aus §§. 1., 18. und 21. des Gesetzes vom 11. August 1837 hervorgehe, das Verlagsrecht nur der Ausfluß des ausschließlichen Vervielfälkiqungs-Rechts des Autors, der Verleger werde der „Rechtsnachfolger" eines Autors genannt, und es könne Niemand mehr Recht übertragen, als er selbst habe. Gou pil könne daher nicht Schutz für ein Recht verlangen, welches in der Person dessen, von welchem er es erworben, nicht anerkannt und ge schützt werde, und sei die von den Angeklagten bewirkte Nachbildung nicht für eine unerlaubte, eine strafbare zu erachten. Gegen diese Entscheidung hat der Staats-Anwalt die Appellation eingelegt. Zur Rechtfertigung greift er den von dem ersten Richter zu Grunde ge legten Nechtsgrundsatz an, daß der Verleger als Rechtsnachfolger des Autors dann nicht geschützt werde, wenn dem ausländischen Autor, von welchem er das Verlags-Werk erworben, dieser Schutz nicht zukomme, indem er behauptet, daß das Recht auf Schutz, wie aus den im Gesetz vom 11. Juni 1837 enthaltenen formellen Vor schriften erhelle, ein für sich constituictes formelles sei, welches mit dem Verlags-Rechte als einem Ausfluß aus der Autorschaft in ma terieller Beziehung keinen derartigen Zusammenhang habe, daß es als ein Ausfluß desselben zu betrachten sei; es werde das Recht aus Schutz dem jedesmal legitimirten Eigenthümer des Verlagsrechts an Stelle der früheren Privilegien, gewissermaßen als ein generalisir- tes Privilegium zuertheilt. Nach erfolgter gesetzlicher Constituirung des Begriffs des schriftstellerischen Eigenthums sei ferner kein speci- sischer Unterschied mehr zwischen dem Erwerb eines Verlagsrechts und von Waaren in Frankreich. So gut nun ein Preuße, der dort eine beliebige Waaren-Erwerbung gemacht, in Preußen geschützt werde, eben so gut komme einem preußischen Verleger, der in dem Auslande ein Verlagsrecht gültig erworben, hierorts der formelle Schutz gegen Nachdruck zu. In der späteren Gesetzgebung sei durch das Publications-Patent vom 29. November 1837 im Art- 4. be stimmt: „dem Urheber, Verleger und Herausgeber der Originalien nachgedruckter oder nachgebildeter Werke stehe der Anspruch auf alle Entschädigung zu." In diesem Gesetze, welches aus denselben Grund sätzen, wie das vom II. Juni 1837 entstanden, und somit als eine Fortsetzung desselben zu betrachten, seien Verleger und Herausgeber hinsichtlich des ihnen zu gewährenden Schutzes dem Urheber gleich gestellt, und damit der Grundsatz sanctionirt, daß der Anspruch auf Schutz dem legitimirten Erwerber eines Verlagsrechts auf Grund eines für sich bestehenden formellen Rechts, welches mit den Eon sequenzen des schriftstellerischen Eigenthumsrechts nichts gemein habe, zustehe. Deshalb müsse man auch dem preußischen Erwerber eines ausländischen Verlagsrechts den Schutz des preußischen Gesetzes an gedeihen lassen. Appellant behauptet ferner, die in Rede stehende Lithographie sei als eine in Preußen erschienene zu betrachten. Der Angeklagte führte zu seiner Rechtfertigung an, daß Goupil seine Hauptveclags-Handlung in Paris habe, und sein hiesiges Geschäft nur eine Eommandite sei, nach welcher er seine Pariser Verlags- Artikel sende. Derselbe habe das Verlagsrecht von dem Autor nicht als hiesiger, sondern als Pariser Kunsthändler erworben, und sei die nachgeahmtc Studie nicht ein Berliner, sondern Pariser Ver lagsartikel. Kein Gesetz verbiete die Nachahmung von Erzeugnissen ausländischer Autoren. Am 15. d. M. kam die Sache bei dem k. Kammergerichte zur Verhandlung. Von der Ober-Staats-Anwalt- schaft wurde beantragt, auf die Appellation der Staats-Anwaltschaft zu erkennen, obgleich sie der Ansicht des ersten Richters die Wohl begründetheit nicht absprach. Der Vertheidigec des Angeklagten, Rechtsanwalt Deycks, machte nur noch darauf aufmerksam, daß der Vertrag zwischen dem Autor und Verleger von zwei Franzosen in Frankreich geschlossen sei. Das k. Kammergericht bestätigte auch das erste Eckenntniß, weil das Gemälde in Frankreich gefertigt und erschienen, dann hierher gesandt und erst später nachgeahmt worden sei, was, da zwischen Preußen und Frankreich ein Recipro- citäts-Vertrag hinsichts des Nachdrucks nicht existire, als strafbar nicht angesehen werden könne. (Berl. Nachr.) Miscellerr. DaS 11. Heft von Petermann's „Geographische Miltheilungen" enthält einen Aufsatz von vr. H. Barth über Plan und Inhalt des großen Reisewerkes, mit dessen Ausar beitung der berühmte Reisende eben beschäftigt ist. Dieses Werk, das den eigentlichen Reisebericht über eine der größten Land-Expedi tionen, die jemals unternommen worden, bringt, wird in fünf Oc- tavbänden in einer deutschen und einer englischen Ausgabe, Erstere bei Justus Perthes in Gotha und Letztere bei Longman ck Comp, in London erscheinen. Etwa zwanzig Kartenblätter werden alle von Barth durchzogene Straßen in aller Mannigfaltigkeit der Terrain- Gestaltung darlegen und zugleich die wichtigsten Momente der Ver breitung von Pflanzen und Thieren und anderen physikalisch-geo graphischen, ethnographischen und historischen Thatsachen angeben. Auch werden die Pläne der hauptsächlichsten, von Barth besuchten Städte auf besonderen Blättern in größerem Maaßstabe dargestellt sein. Karten und Pläne werden von Or. Pekermann gezeichnet und gestochen. Die größeren Ansichten, etwa sechzig, werden, nach des Reisenden Original-Skizzen, von dem Maler I. M. Bernatz in München (dem Zeichner und Verfasser der schönen „Bilder aus Aethiopicn") gezeichnet und unter dessen Leitung in Ehrcmo-Litho- graphie ausgeführt. Die zahlreichen xylographischen Illustrationen werden in England gearbeitet. Das französische Journal „l-s krosse" konnte sich im Jahre 1855 einer Auflage von 42,646 Exempl. rühmen (der größten von der gesammten Journalistik Frankreichs), nachdem cs im I. 1836 nach sechsmonatlichem Bestehen mit 9931 Erempl. dcbutirt hatte und 1848 vorübergehend bis auf 63,869 angewachjen war. Seine Stempelabgaben haben sich im verflossenen Jahre auf 1,226,806 Francs belaufen- Der Druck wird mittelst fünf Satzformen, die gleichzeitig unter fünf Pressen mit vier Cylindern bahinrollen, in nicht mehr als zwei Stunden bewerkstelligt. Au den interessantesten Werken, deren Erscheinen bevorsteht, gehört eine Schilderung von der Expedition des Commodore Perry nach Japan in den Jahren 1853, 54 u- 55, von Wilhelm Heine aus Dresden, der Seitens der amerikanischen Regierung der Expedi tion als Maler beigegeben war; es wird (im Verlage von Eoste- noble hier) in zwei oder drei Bänden mit zahlreichen Illustrationen nach der Ostermesse erscheinen. — Aus England wird berichtet, daß von dem früheren franz. Polizeiminister v. Maupas ein Werk über den Staatsstreich vom 2. December, wobei er bekanntlich als dama-