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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 24.01.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-01-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190001248
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19000124
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19000124
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-01
- Tag 1900-01-24
-
Monat
1900-01
-
Jahr
1900
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 24.01.1900
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«mde aus Spion Kop zurückgeworfen. Die Engländer biwakirten uni dem eroberten Terrain. Die «eueren Nachrichten vom Natal-KriegSschau- platz besagen: WMIWMtz Lovdon, 22. Jan. Die „Time»" melden von gestern aus Spearmans Camp: Die Laufgräben wur den von den Buren geräumt und heute bei Tages anbruch von den britischen Truppen besetzt. Der Feind nimmt eine andere halbkreisförmige Stellung am Haupt bergrücken hinter der ersten ein. Der Zweck des An griffs war, die feindlichen Truppen durch den Vormarsch des rechten Flügels des Generals Hildyard in zwei Hälften zu »heilen. Die britischen Truppen nehmen eine ged-ckte Stellung ein, und zwar eine halbe Meile vom Feinde entfernt. London, 23. Jan. Bezüglich der Operationen Bullers wurde gestern Abend ein Telegramm vom Kriegsamte veröffentlicht. Buller telegraphirte, daß im vorgestrigen Gefecht 1 Officier und 5 Mann getödtet, 3 Officiere und 75 Mann verwundet wurden und 8 Mann vermißt werden. Von dem Uebergang der Bullerschen Armee über den Tugela liegt eine Schilderung aus dem Buren lager am Spion Kop vom 16. vor, in der gesagt ist: Kurz nach Mittag wurde heute bekannt, daß 300 Briten bei der Pont Drift den Tugela überschritten, u"d daß die britischen Truppen eine große Demon stration gegen Colenso und eine andere au den nörd lich nach der Oliviers Höckbrücke gemacht hatten, welche von den Buren einige Tage vorher gesprengt worden war. Gegen 5 Uhr sah man, wie lange Jnfamerie- linien sich abwärts und längs der Waldungen bewegten, welche die Zwartkop genannte Hügelkette bedecken. Von Zeit zu Zeit verschwanden sie zwischen den Bäumen aber um 6 Uhr tauchten sie wieder am Rordufer au und rückten in aufgelöster Colonne nach den hart au Flusse gelegenen niedrigen Hügeln vor. Um halb 7 nahmen sie ihre Position unter Todesschweigen von der Burenseite ein. Die Dunkelheit war h.reingebro chen, nur hin und wieder wetterleuchtete es aus drohen den Gewitterwolken. Allmählich zertheilten sich dieselben und der Mond brach hervor. In diesem Augenblick ertönte ein wohlbekannter Choral von einer der Buren- Positionen. Er wurde von Kopfe zu Kopfe aufgenom- men. ES war eine seltsam ergreifende Scene, welche dsS gesammte Burenheer vom alten Graubart bis zum bartlosen Knaben bis ins Innerste erschütterte. Von Lord Methuen hört man gar nichts mehr. Der sitzt anscheinend fest in der Mausefalle. Reuters Bureaus meldet nur, daß die Buren durch das Granat- feuer der Engländer große Verluste erlitten. Auch Gatacre und French haben hart zu kauen und kommen nicht vom Flecke. General French telegraphirt: Ich machte am 19. d. Ms. mit Cavallerie und Geschützen eine Demonstration auf Hebron zu; sonst die Lage unverändert Aus RenSburg wird gemeldet, daß die Buren sich bei Achtertang concentriren, um den Brü ckenübergang über den Oranjefluß zu sichern, damit sie nicht von der Eisenbahn abgeschnitten würden. Die Engländer haben einen Kabeltram auf dem Coles kop angelegt, mit welchem sie den Artilleristen Munition, Vorräthe und Wasser zuführen. LAus Durban wird gemeldet, daß von den Kran kenträgern 10 Mann direkt ins Burenlager marschirteu. Dasselbe soll bei Colenso passirt sein. Die Engländer nehmen an, daß diese Leute Burenspione gewesen feien. In Durban und Mantzburg rechnet man bestimmt au? den Entsatz Ladysmiths und trifft dafür allerhand Vor bereitungen. London, 23. Jan. Das „Reutersche Bureau" meldet aus Kimberley vom 17. Der Feind beschoß uns heute von allen seinen Stellungen aus von früh morgens bis 8 Uhr abends. Das Feuer war haupt sächlich auf die Redoutei. gerichtet. Die bisherigen Mißerfolge scheinen der englischen Regierung doch nahezulegen, daß es gut wäre, sich mit den Buren wieder auf guten Fuß zu stellen. Es liegen die folgenden Nachrichten vor, aus denen man eine beginnende Vermittelungsaktion herauslesen könnte: Washington, 22. Jan. Das Staatsdepartement dementirt kategorisch, daß der Hilsssekretär Webster Davis, der sich zur Zeit in Südafrika befindet, mit irgend einer Mission beauftragt fei und hat dem amerikanischen Consul in Kapstadt, welcher sein Vetter ist, untersagt, ihn nach Pretoria zu begleiten, wenn Webster Davis sich dahin schlüssig machen sollte, dorthin zu reisen. Washington, 22. Jan. Der Abgesandte der Südafrikanischen Republik White ist hier einaetroffen. London, 22. Januar. „Daily Mail" sagt, wir können für die nächste Zeit auf einen gemeinschaftlichen Friedensvorschlag seitens mehrerer Mächte gefaßt sein. Das Blatt weist darauf hin, daß der frühere ameri- kanifche Generalkonsul White mit einer Spezialmission an Mac Kinley gesandt sein dürfte und daß auch der Consul Mougron mit derselben Mission für Frankreich beauftragt ist. Die von Transvaal vorgeschlagenen Bedingungen sollen sein: Vollständige Unabhängigkeit der Republiken und die Gewährung des Wahlrechts nach siebenjährigem Aufenthalt an die Uitlander. Daß die Buren unter diesen Bedingungen Frieden schließen sollten, glaubt das Blatt doch selbst nicht. Die Engländer würden vielleicht jetzt bereit sein, unter diesen Bedingungen zu Kreuz zu kriechen. SiMscheS. Hohenstein-Ernstthal, 21. Januar 1800. Siltthevungen von allgemeinem Interesse werden dankbar ent- gegengenommen und eveutl. honor'rt., — Hohenstein-Ernstthal, 23. Janva.. Er mittelt und festgenommen wurden gestern Nachmittag durch unsere Polizei jene Personen, gegen welche erheb kicher Verdacht besteht, daß sie in letzterer Zeit die hier und in der Umgegend vorgekommenen Einbrüche verübt und dadurch die Einwohnerschaft in nicht geringe Aufregung versetzt haben Die Thäter haben auch die unbemittelteren Leute nicht geschont und mehrere hiesige Webktwohnnngen heimgesucht, indem dieselben nach Eindrücken bez. Einwerfen der Fensterscheiben die Fenster öffneten, in die Wohnungen einstiegen und dort alles, was sie an Geld und sonstigen ihun in die Augen fallenden Sachen vorfanden, Mitnahmen. — In dei vorigen Woche noch wurde von den Einbrechern in frecher Weise in Oberlungwitz operirt. Als am 18. d. M nachts gegen 1 Uhr der Strumpfwirker Grunett und der bei ihm wohnende Schutzmann Duba nach Hause zurückkehrten, bemerkten sie zu firem nicht geringen Schrecken, daß in der Wohnung des Grunert'schen Sohnes, des Radelmachers G, ein Fenster offen stand und in der Stube Licht brannte. Sofort angcstellte Nachforschungen ergaben, daß ein Einbrecher in der Wohnung gewesen war. Derselbe halte ein Fenster zertrümmert und in der Wohnung alles durchsucht In die Hände ist den Thätern dort ziemlich viel ge fallen, denn es fehlen über 60 Mk. ein goldener Ring, mehrere Photographien und dergl. mehr. — Ein ver Wegener Diebstahl, den man gewiß auch auf das Conto derselben Thäter setzen kann, wurde nun gestern Nach mittag in einem Productengeschäft in der hiesigen Dresdnerstrabe verübt. Dort wurde die verschlossen gewesene Ladenkaffe erbrochen und geraubt. Die In haberin deS Geschäfts erstattete sofort Anzeige u-d warf dabei Verdacht auf einen Mann, der kurz vor der That etwas gekauft, davei unbemerkt den Draht der elektrischen Klingel durchschnitten und alsdann wieder eingetreten sein mag. Aus Grund dieser Angaben schritt die Polizei alsdann zu den Verhaftungen der bereits seit einiger Zeit beobachteten verdächtigen Personen. — Erhöhung der Papierpreise. Nach der „Papier-Ztg." fanden am 15. Jan. in Berlin aus allen Theilen Deutschland« überaus zahlreich besuchte Berathungen von Papierfabrikanten statt. Es wurde eine Erhöhung der Preise für imitirt Pergament-, Pack- und Dütenpapiere um 10 Proc. beschlossen. In den Tags darauf abgehaltenen Versammlungen der Couvert-, holzfrei Schreib- und Druckpapier-Fabrikanten wurden ähnliche Beschlüsse gefaßt. — Die „DreSd. Nachr." schreiben: Je weiter die Arbeiten des Landtages fortfchreiten und damit sich ein Ueberblick über die Ansorderungen, die in dieser und der nächstfolgenden Finanzperiode an unsere Staats kaffe gestellt werden, gewinnen läßt, desto mehr macht sich auch die Ueberzeugung geltend, daß auf die Damr nur durch eine Reform der direkten Steuern die Mittel zur Herstellung des Gleichgewichts in unseren Smots- haushalt beschafft werden können. Neue Anleihen wür den zwar vorübergehend aus der Verlegenheit ü l'en, aber unseren Haushalt dauernd belasten und schli ßlich die Steuerresorm um so nothwendiger machen. Ab striche aber in einem Budget, das sorgfältig aufgestellt ist, haben ihre sehr bedenkliche Seite; jedenfalls erscheint cs als ausgeschlossen, daß, wie einmal die Dinge liegen, durch Streichungen allein das finanzielle Gleichgewicht auf die Tauer hergestellt werden kann. Ueber die Mittel und Wege zur Beschaffung höherer Einnahmen gehen nun die Ansichten bei den Mitgliedern des Land ¬ tages weit auseinander. In der Zweiten Kammer neigt man einer Erhöhung deS Steuersatzes bei den größeren Einkommen von 4 auf 6 (?!) Brocent unter Wegfall der fogenannteu Horizontalen, und der Ein- sührung einer Capitalrentensteuer zu. Die minder steuerkrästigen BevölkerunzSklaffen sollen nicht weiter belastet werden. Gleichzeitig befürwortet man in der Zweiten Kammer Zurückstellung aller nicht dringend nothwendigen Um- und Erweiterungsbauten, größtmög liche Sparsamkeit unter Vermeidung von jedem über- flüssigen Luxus bei den Hochbauten, aber Fortsetzung des Ausbaues unseres Eisenbahnnetzes im bisherigen Tempo. Dem Vernehmen nach will man beim außer ordentlichen Etat zu Abstrichen bis zur Gesammthöhe von 20 Millionen gehen. Wesentlich in anderer Richt ung bewegen sich die Wünsche der Ersten Kammer. Diese vertritt die Ansicht, daß durch eine sparsamere Finauzgebahrung, insbesondere durch Einschränkung des Baues unrentabler Bahnlinien, die Bedürfnisse der StaatSkaffe zu vermindern seien und das Gleichgewicht im Staatshaushalt am besten durch allgemeine Zu schläge zur Einkommensteuer hergestellt werden könne, eine Steuerreform also zunächst noch nicht nothwendig sei. Die Regierung hat sich über ihre Anschauungen noch nicht geäußert, man glaubt aber in eingeweihten Kreisen zu der Annahme Grund zu haben, daß sie mehr der Ansicht der Zweiten Kammer zuneigt, weil unser Staatshaushalt unzw ifelhaft eine steigende Ten denz zeigt, also nicht etwa nur für eine vald vorüber gehende Zeit größere Mittel erfordert, und es doch nicht wohl angeht, Steuerzuschläge als permanente Ein richtung einzuführen Außerdem lasten die mißlichen Verhältnisse, die bei einem Theil unserer Bevölkerung im Erzgebirge und Vogtlande herrschen, eine weitere Anziehung der Steuerschraube kaum »u. In diesem Sinne schrieb auch die „Leipz. Ztg.": „Es müßte sich für den organischen Ausbau unseres Steuerwesens eine weniger complicirte Form finden lassen, die nicht nur der Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichts, sondern zugleich den socialpolitischen Grundsätzen aus gleichender Gerechtigkeit im Sinne einer Höherbesteuer ung des sundirten Einkommens gerecht wird. Verzögern läßt sich diese Reform; aber auf die Dauer wird sie in unserem socialpolitischen Zeitalter doch unaushaltsam sein". Jedenfalls wird eS schwere Mühe kosten, bis es gelingt, eine Uebereinstimmung in den verschiedenen Ansichten herbeizuführen. Möglicher Weise greift man wieder, wenn die Kammern auf ihren beiderseitigen Standpunkten beharren, zu dem bewährten AuSkunsts- mittel der Zwischendeputation, um im Vereinigungs- Verfahren zunächst einmal die Grundsätze fistzustellen, nach denen dem Staat die Mittel beschafft werden sollen, deren er zur Bestreitung seiner Bedürfnisfi nicht länger entrathen kann. — Ein bedauerlicher Unglücksfall ereignete sicy Sonnabend Nachmittag gegen 5 Uhr auf der Bahn strecke Lugou—Wüstenbrand, in unmittelbarer Nähe der H ltestelle Kirchberg. Der in der Bahnmeisterei Lugau beschäftigte Arbe ter Franke aus Kirchberg war ohne^ Er'aubniß aus den ^5 Uhr von Lugau abgehenden Güterzug aufgesticgen, um nach beendeter Arbeit mit nach Hause zu fahren. Er hat vermuthlich vor der Haltestelle Kirchberg versucht, von dem dort nicht hal tenden Güterzuge abzuspringen, wobei er jedenfalls ab- ge-utscht und zum Fallen gekommen ist. Er wurde von den Rädern der Lowry erfaßt und in vier Stücke zermalmt. Der Verunglückte, welcher selbstverständlich o'vrt todt war, hinterläßt eine Wittwe und 7 K'nder im Alter von 6 bis 27 Jahren. — Kappe!, 22 Jan. Vorgestern wurde der 50 Jahre alte Handarbeiter Streiter von hier im Kappelbach todt ausgefunden. Derselbe dürfte, als er nach Hause gehen wollte, ven Weg verfehlt haben und in den Bach gefallen sein — Hohndorf. Für die Buren sind hier, wie schon mitgetheilt, ca. 160 Mark gesammelt worden. In dem Schreiben, mit dem sich der Gesandte Dr. Leyds für die Uebersendung der Summe bedankt, heißt es: „Die allgemeine Theilnahme und die über wältigenden Beweise von Sympathie, deren sich in diesen Tagen schwerer Prüfung die beiden Süd afrikanischen Republiken in so reichem Maaße cr- reuen dürfen, sprechen deutlicher denn alles andere ür die gerechte Sache, die meine Landsleute so ein heitlich verfechten, und für ihr gutes Recht; sie müssen uns daher von doppeltem Werthe und als moralische Stütze ebenso herzlich willkommen sein, wie in der Eigenschaft nothlindernder Liebesgaben." — Lichtenstei«°C., 20. Jan. Ja der gestrigen stadtverocoactensitzung wurde ein neues Regulativ über die Hundesteuer angenommen. Danach sollen in Zukunft erhoben werden für den 1. Hund 6 Mark, für den 2. Hund 10 Mark und für den 3 Hund 15 Mark jährlich. Ausnahmen werden nicht gemacht. — Lichtenstein. Das Haus des Webermeisters Asmuß ist in der Sonnabend-Nacht theilweise ein gestürzt. Schon während des Tages zeigten sich am Giebel des A.schen Hauses schwache Risse, außerdem vollzogen sich zeitweilig Mörtelabbröckelungen. Daß jedoch an eine größere Gefahr gedacht werden konnte, galt als ausgeschlossen. Abends gegen ^11 Uhr waren in einer Niederstube des erwähnten Hauses mehrere Personen beim Kartenspiel beschäftigt. Plötzlich hörte man ein Knistern und das Zerbrechen von Fensterscheiben. Ehe man sich aber so recht besinnen und nach der Ursache forschen konnte, brach die ganze Giebelmauer in sich zusammen. Voll des Schreckens suchten in aller Eile die in der Stube Anwesenden und alle übrigen Hausbewohner das Freie. Nachdem all die Gefährdeten wieder zur rechten Denkkrast ge langt, bot sich ihnen ein schreckliches Bild der Ver wüstung: Das Haus war auf der rechten Seite bis zum Dache vollständig bloßgelegt, alle Gegenstände, die an der Wand gestanden, lagen, zum Theil zer trümmert, auf dem Erdboden. Noch in den späten Abendstunden strömten zahlreiche Menschen nach der Unglücksstätte, so daß sich sehr bald wegen der noch vorhandenen Gefahr des Nachstürzens durch die Polizei und die inzwischen zur Hülfeleistung er schienenen Mannschaften der Freiwilligen Feuerwehr die Absperrung als nothwendig erwies. Für die im Augenblicke des Unfalles in der Niederstube anwesen den Personen war die Situation eine recht kritische, indes hielt der Webstuhl die sich herabsenkende Decke zurück. — Oelsnitz i. E», 22. Jan. Die Kunde von einer gräßlichen Stecherei durchlief gestern früh mit Windese.le unseren Ort. De- Bergarbeiter Karl Heinrich Lorenz, Vater von 7 Kindern, war in der Nacht vom Sonnabend bis Sonntag erstochen und der Bga. Leo Käppler sowie der Schneidermeister Emil Voigt durch Messerstiche schwer verwundet. Der Her- gang war folgender: In der Restauration zur Garküche geriethen der -vga. Brühschwein und ein Italiener in Streit, da ersterer diesen beschuldigt hatte, ihm ein Portemonnaie mit 2,50 M. entwendet zu haben. In folge dieser unwahren Behauptung gerieth der Italiener in Wuth und drohte mit dem Messer. Daraufhin wurde ihm vom Wirthe, Herrn Kaden, das Messer weggenommen und das Gasthaus, cS war '/,1 Uhr, geschlossen. Brühschwein, Lorenz, Käppler und Voigt gingen hieraus gemeinsam nach Hause, während die Italiener sich nach der entgegengesetzten Richtung ent fernten. Als Lorenz, Käppler und Voigt nun in ihr gemeinschaftliches Wohnhaus eintreten wollen, hörten sie den wcht weit davon wohnhaften Brüh'chwein um Hilfe rufen. Sie eilten sofort dahin. Brühschwein hatte einen ganz unbetheiligten Italiener daher kommen sehen und ohne jeden Grund Hilfe gerufen. Der Italiener, Ramens Lotto, kümmerte sich im Anfang gar n cht darum, wurde aber von den 3 Hinzukommenden angefallen, mit Fäusten und Zaunlatten geschlagen, in den Bach gestoßen und mit Füßen getreten Der so Bedrängte zog hierbei fein Messer und traf Lorenz, der ihn am meisten geschlagen, in die Brust, Käppler und Voigt in die Seite und Rücken Die drei er- gr ffen die Flucht, indem sie über einen Zaun sprangen, und mag hierbei die Wunde Lorenz' erst tödtlich ge worden fein. Mehrere des Weges daherkommende Landsleute Lottos brachten diesen nach seiner Wohnung. Lotto und Brühschwein wurden durch die hiesige Gen darmerie und Polizei ver.aftet sowie mehrere Sistierungen vorgenommen. — Stollberg. Der Vater des kleinen Realschülers N. in Brünlos schreibt dem „Stollb. Anz.": Als mein Sohn zu Ostern 1899 die Realschule zu Stoll berg besuchte, habe ich denselben nicht in Pension ge geben, sondern er ging täglich nach Hause, und ich konnte zu meiner Freude wahrnehmen, daß er Fort schritte machte, seitdem ich ihn aber in Pension ge geben, fand ich, daß er sich nicht mehr so befleißigte. Auf meine Frage, woher das komme, ward mir die Antwort: „da macht keiner nicht viel" zu Theil. Am 13. November kam er zu Frau Wittwe S. in Pension. Wenn er nach Hause kam, hat er sich nichts merken lassen, daß ihn seine Pensionsgenossen so drangsalirten und Geld zu erpressen suchten, es scheint mir sonach, daß seine drei Mitschüler ihn derart eingeschüchtert hatten, daß er zu Haufe sich demzufolge nichts zu Der Famtlieuschmuck. Roman von A. I. Mordtmann (42.Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) „Nein, er hat keine Ahnung von Musik," flüsterte sie. „ES geht nicht! Armer Pierre! Wie es mir wohl sein würde, wenn er so empfände wie ich? Ach — wie wunderbar, wenn man mit einem sprechen könnte, dem die Musik dasselbe ist wie mir — die unbeschreiblich erhabene Göttm einer Welt, die viele Menschen so wenig begreifen, wie ich die Welt, die man sehen kann!" „Ah — da kommt der Großpapa!" unterbrach sie sich plötzlich in ihrem Selbstgespräch, als draußen der Kies unter einem schweren Tritt knirschte. Auch Mussa sprang auf und eilte, feiner Herrin voraus, die Treppe hinunter. Herr Jean Chardin, wohlbestallter Maire der Ortschaft Ostabat, trug seine nahezu siebenzig Jahre mit großer Rüstigkeit und war weder in seinen Be- wegungen noch in feiner Sprache hinfällig. Er ließ sich von seiner Enkelin umarmen und küssen, strich ihr liebkosend über die dichten und weichen Locken und begrüßte dann auch den Kater, der sich zärtlich an feinem Beine rieb. „Habt Ihr Beide wieder Musik getrieben?" fragte er scherzend, während Marguerite sich in seinen Arm hing und ihn in das Zimmer rechts vom Ein gang hineinführte, wo der Tisch eben von der alten Haushälterin und der Magd gedeckt wurde. „Mich dünkt, ich hörte das Clavier." „Das war nur nebenbei. Mussa und ich haben eigentlich nachgedacht." „So, Ihr klugen Leutchen! Ist denn dabei etwas Gescheites herausgekommen?" Vater Chardin setzte sich; seine Stirn war etwas umwölkt, und er schien nicht in der besten Laune zu sein. So sehr er sich auch Mühe gab, dies zu verbergen, vor Marguerites feinem Gehör war das Verbergen nicht leicht. „Nichts besonders Gescheites, Großpapa", ant wortete sie, „aber doch noch Verständigeres als in Eurem einfältigen Gemeinderath. Heute ist es da ge wiß wieder sehr thöricht zugegangen, denn Du machst eine ganz krause Stirn." Sie konnte es nicht sehen, aber sie wußte es doch; denn Mussa war bei ihr geblieben und nicht auf des Großvaters Schooß gesprungen, wie er zu tyun pflegte, wenn des wackeren, alten Dorfschulzen Gesicht auf gut Wetter deutete. „Na freilich, viel dümmer als die Dickköpfe im Gemeinderath hätte Mussa es auch nicht gemacht! Aber Monsieur Rouher hat Schuld." „Der Minister? Wieso?" „Ja, der Minister. Da hat er so ein zweistündiges läppisches Geschwätz über das außerordentliche An sehen, das die Regierung des Kaisers in Europa ge- meßt, losgelassen..." „Nun, das ist doch nicht schlimm. Laßt den Mann doch reden." „Das Reden wäre auch nicht so schlimm; denn wir brauchen es ja — Gottlob! — nicht anzuhören, aber die Abgeordneten, die nie einen vernünftigen Einfall haben, haben beschlossen, daß die Rede auf Staatskosten gedruckt und in allen Gemeinden angeschlagen werden soll. Das hat uns alle rabiat gemacht." „Trink, Großväterchen," sagte Marguerite lächelnd, indem sie ihm den Cider hinschob, „und laß die Suppe nicht kalt werden. Ihr seid alle so rothe Jacobiner! Gönnt doch dem braven Rouher die Freude, daß seine Rede in ganz Frankreich angeschlagen wird. Lesen wird sie ja doch keiner." „Den Teufel auch!" brummte Chardin, während er sich Brot in die Suppe schnitt und auch ein Schüsselchen desselben Gerichts für Mussa zurecht machte, für den diese Procedur augenscheinlich erheblich inte ressanter war als alle ministeriellen Reden im gesetz gebenden Körper zu Paris. „Das Verdrießlichste an solchen einfältigen Geschichten ist nur, daß die Bauern, wenn sie so etwas gemerkt haben, noch bockbeiniger werden als sonst. Glaubst Du, daß ich die Leute da zu bringen kann, das Grundstück für die Heilanstalt herzugeben, die der Präfect uns bauen lassen will? Keine Idee! Und wie viel Geld würde das in den Ort bringen! Denke nur unser Klima und die Aus sicht auf die Berge! Alle kranken Engländer würden zu uns kommen, anstatt nach Pau zu gehen!" „Das ist freilich wahr. Aber — weißt Du, Großpapa, vielleicht ließe sich noch etwas machen. Ich habe einen guten Gedanken." „Die hast Du oft, mein Herz. Was ist eS? Laß hören." „Es kommt nächstens ein berühmter Musiker nach Bayonne, und der wird auch in St.-Jean eine Zeit lang bleiben. Wir wollen ihn bereden, daß er ein Concert zum Besten der Heilanstalt giebt; wenn die Bauern sehen, daß andere Leute sich dafür interessiren — Du kennst sie ja — da schämen sie sich vielleicht und besinnen sich eines Besseren. Und dann — Herr Rouher hält doch nicht immer Reden!" „Gott sei Dank, nein! Sehr ost und sehr lang, aber nicht immer. Was ist denn das für ein Musiker?" Marguerite erzählte, was sie wußte und welchen Plan sie mit Herrn Pierre Alouard verabredet hatte. Zean Chardin fand nichts dagegen einzuwenden. Er war schon bei seinem schwarzen Kaffee, dessen letzten, stark gezuckerten Rest er mit Cognac ausbrannte, eine Operation, gegen die Mussa eine so tief eingewurzelte Abneigung hegte, daß sie ihn regelmäßig zu einem würdevollen Rückzug veranlaßte, während sie den braven Maire stets in behagliches Nachdenken versenkte. „Ja, ja, Monsieur Alouard, das ist ein wackerer und guter Mensch. Und es ist eine hübsche Besitzung, die sie haben, die Alouards — 50000 Franks unter Brüdern Werth — dazu ein Haus in Pau —Mon sieur Pierre ist der einzige Sohn — es freut mich, daß Ihr beiden so gut miteinander auskommt." „Er spielt nur gar so miserabel Cello — und für feine Musik hat unser Mussa ein besseres Ohr als er." „Ja, Mädel, was schadet denn das? Ich kann ein Cello nicht von einer Flöte unterscheiden, aber das hat Deine Großmama nie gestört. Und sie spielte do b so gut Clavier, daß sogar der Herr Präfect einmal gesagt hat: „Chardant — sehr charmant!"" Marguerite stand auf, setzte sich neben ihren Großpapa, lehnte traulich ihr Köpfchen an seine Schulter und sagte schmeichelnd: „Das warst aber auch Du, Großpapa. Die Großmutter hat mir manches Mal er zählt, welch' ein stattlicher Mann Du gewesen bist. Sie konnte Dich sehen, aber ich — ich muß von dem Manne, dem ich einmal angehören soll, Ersatz für das verlangen, was ich nicht sehen kann. Nicht wahr, Großpapa?" Er legte voll zarter Güte und Liebe seine breite Hand auf ihr kleines Händchen und antwortete: „Das sehe ich ein, mein Herz. Du magst Recht haben. Aber es wäre so schön gewesen." (Fortsetzung, folgt.)
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