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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 23.01.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-01-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190001231
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19000123
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19000123
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-01
- Tag 1900-01-23
-
Monat
1900-01
-
Jahr
1900
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 23.01.1900
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beschlagnahmt! folgende Meldung des Reuterschen Bureaus aus Lorenzo Marquez ab: Das deutsche Segelschiff „Marie", aus Australien mit Mehl für die Transvaalregierung unterwegs, wurde vom britischen Kriegsschiff „Pelorus" unweit der Jnvakinsel an der Mündung der Delagoabucht sestgenommen und ist mit Zwangsbesatzung an Bord nach Durban geschickt worden. Wie diese neue Heldenthat eines englischen CommandeurS mit den von Lord Salisbury ertheilten Zusicherungen zu vereinbaren ist, wird erst beurtheilt werden können, wenn nähere Mittheilungen über die Beschlagnahme der „Marie" oorliegen. Da die eng lische Regierung den Vereinigten Staaten gegenüber bereits zugegeben hat, daß Mehl nicht als Kriegs- contrebande zu behandeln ist, können wir gespannt darauf sein, ob dieses Zugeständniß von deutscher Seite erst noch gesondert erstritten werden muß, oder ob nicht ohne weiteres für deutsches Mehl das gleiche Recht gelten soll wie für amerikanisches. Im übrigen wird man in England beherzigen müssen, daß jede Behinderung der Zufuhr von Nahrungsmitteln nach Transvaal in erster Linie nicht die Buren, sondern die in Pretoria sitzenden englischen Gefangenen schädigen muß. Bei der Beschlagnahme der „Marie" handelt es sich also um mehr als eine bloße, von den Eng ländern auf die leichte Schulter zu nehmende „Geldfrage". London, 20. Jan. Ein Artikel der „Pall Mall Gazette" giebt der „Timer" recht, wenn letztere den Ton der Rede Bülows beklagt. Man muß die öffent liche Meinung Deutschlands berücksichtigen. Wäre der Fall umgekehrt gewesen, hätten deutsche Kriegsschiffe englische Frachtdampfer aufgebracht, so würde das in England auch Erregung verursacht haben. Die „St. James Gazette" erhebt Einwendung gegen die Schärfe des Tones in der Rede des Grafen Bülow. Der „Globe" weist daraufhin, daß ein britischer Postdampfer zur Zeit der Unruhen auf Samoa von deutscher Seite angehalten wurde und daß im Januar 1870 englische Kohlenschiffe in dem französischen Hafen Rouen beschlag nahmt worden seien. Petersburg, 20. J,n. Die Zeitung „Rossija" bespricht die gestrige Verhandlung im deutschen Reichs tag und sagt: Deutschland habe einen Sieg davon getragen, über den sich Europa freuen könne. Die deutsche Diplomatie habe sich aus der Höhe ihrer Auf gabe gezeigt. Wenn die Diplomatie des übrigen Eu ropas auch so energisch wäre, so würde manches anders sein. Der Krieg «m Transvaal. Vom Kriegstheater in Natal liegen zur Gründe wichtigere Nachrichten nicht vor. Die Engländer scheinen zum großen Theil über dem Tugela zu sein, vorläufig aber ihre Kanonen noch diesseits gelassen zu haben. Ob sie dem Landfrieden doch nicht recht trauen? Das Gelände, das von den Engländern jen seits des Flusses bisher besetzt ist, scheint sich nach allen vorliegenden Meldungen von Osten nach Westen auf etwa drei deutsche Meilen auSzudehnen und er streckt sich nach Norden nur einige Kilometer; zudem wird es auf beiden Flanken von starken Höhen stellungen der Buren beherrscht. Zur Entwickelung eines allgemeinen Angriffes fehlt es also vorerst noch an Raum, und die Buren werde« nicht säumen, die gegnerische Stellung nach bewährter Praxis mit Schützengräben zu umschließen. — Laß aber ein Theil der Engländer noch eine Stellung diesseits des Flusses besetzt hält, ergiebt sich aus folgender Meldung des Manchester Guardian: „Unsere Hauptposition, der Mount Alice, ist 700 Fuß hoch und sehr steil, man überblickt ein weites Panorama. Der Tugela fließt unter dem Hügel, und unmittelbar auf der anderen Flußseite liegen vier kleine Anhöhen, welche von Lyttletons Brigade mit Haubitzen gehalten werden. Das Gelände in der Front ist offen, wird aber be- herrscht im Osten von dem Brakfontein-Hügel und im Westen vom Spionkop. Hinter dem Spionkop erstreckt sich eine lange Höhenkante ungefähr im rechten Winkel. Dieselbe liegt vor Trichards Furt, wo ein Theil von Warrens Truppe den Fluß überschritt. Die Position der Bure« ist stark (!), aber augenscheinlich nicht so stark wie bei Colenso." Im Folgenden geben wir nach der „Times" eine Beschreibung des hier in Frage stehenden Ge ländesausführlich :r wieder. Nach der Darstellung führen westlich von Colenso drei Furten durch den Tugela, die Maritzers Drift (der Luftlinie nach etwa 16 Kilo meter westlich von Colenso), die Potgieter-Drift (24 Kilometer von Colenso) und die Trichards Drift. Der Weg, der von Ladysmith in südwestlicher Richtung durch die Maritzer Furt über den Tugela führt, ver läuft sich auf dem südlichen Flußufer, scheint also nicht für alle Waffen gangbar zu sein. Eine zweite Straße führt von Ladysmith nach Westen über Dew- drop. Südwestlich des Ortes zweigt eine zweite Straße nach Süden ab, die bei Potgieters Drift durch den Tugela und weiter nach dem etwa 13 Km. süd lich der Furt gelegenen Springfield führt. VonDew- drop aus führt die Hauptstraße in westlicher Richtung und in verschiedenen Gabelungen weiter hinauf zu den Pässen des DrakensgebirgeS. Hinter dem Venter Spruit jedoch zieht sich von ihr ein Weg an der Missionsstation Bethany vorüber nach Süden, der durch die Trichards Drist über den Tugela und von hier weiter östlich nach Springfield führt. Etwa 8 Kilometer nördlich der Trichards Drift liegt der über die Straße führende und sie militärisch beherrschende, von den Buren besetzte Spion Kop. Das ganze Gelände ist außerordentlich durchschnitten, denn mit diesem westlichen Umgehungsversuche des Bullerschen Entsatzheeres ist der Kriegsschauplatz in die Vorberge des Drakengebirges verlegt. Wie sich englische Köpfe die Sache auSmalen, ergiebt sich aus folgenden Nachrichten: London, 20. Januar. Die heutigen Morgen blätter sind der Ansicht, daß man noch einige Tage warten müsse, bis verbürgte Nachrichten über eine Schlacht am Tugela eintreffen. „Daily Mail" glaubt, daß diese Schlacht heute oder spätestens morgen statt finden werde. Die Zeitungen behaupten, das Kriegs amt habe Telegramme von Buller erhalten, worin sich der General zuversichtlich über das Gelingen seiner Operation ausdrückt. Darnach wird der Entsatz von Ladysmith so gut als vollendet angesehen. Hier laufen zur Zeit noch unkontrolirbare Gerüchte um; so erzählt man im Offizierklub, Buller sei verwundet und Warren gefallen. Bisher haben aber alle der artigen Gerüchte sich nicht bestätigt. Nach einer Privatmeldung soll Buller die Stellung der Buren bei Colenso unhaltbar gemacht haben. Der Correspondent des Daily Telegraph aus Natal meldet über das Gefecht Lord DundonaldS bei Acton Homes, dieses Treffen gebe den Engländern die Kontrole über einen leichten Zugang nach Ladysmith und unterbreche die feindliche Verbindung mit dem Freistaat. (?) „Unsere Cavallerie hält die Position. Die gefangenen Buren (?) sind in unserem Lager. Warren rückt stetig vor." (!) Aus den Meldungen der Daily Mail ist folgendes interessant: „Der Tugela fällt rapid und erleichtert die Transportarbeit. Für den Fall eines neuen Anschwellens stehen Ponton brücken bereit. Schwerer Geschützdonner wurde von Ladysmith gehört, aber keine Nachricht liegt darüber vor." — Dem Times-Correspondenten zufolge wetteten die englischen Offiziere am vorigen Sonntag zwei gegen eins, Ladysmith würde am Freitag entsetzt werden. „Daily Mail" glaubt zu wissen, Lyttletons Brigade werde demnächst nach heftiger Beschießung der Front die Buren angreifen und Warren inzwischen versuchen, die rechte Burenflanke zu umgehen. Die Besatzung von Ladysmith werde einen entschlossenen Ausfall nach Westen machen, gleichzeitig werde Bartons Brigade die Burenstellungen bei Colenso angreifen. London, 19. Januar. Aus Spearmans Farm wird gedrahtet, Warrens große Umgehungsbewegung sei soweit erfolgreich gewesen. Mittwoch Abend soll er sich innerhalb 17 Meilen von Ladysmith befunden haben. Der militärische Sachverständige der „Times" meint, Warrens Erfolg würde fast sicher den Rückzug der Buller gegenüberstehenden Burenkommandos zur Folge haben, wodurch der Entsatz von Ladysmith er- leichtert würde. Die spärlichen Nachrichten, die über die kriegeri schen Vorgänge in London eingegangen sind, über mitteln folgende Telegramme: London, 19. Januar. Die „Central News" melden aus dem Lager von Spearmans-Farm vom Donnerstag Abend: Alles geht gut; unsere Geschütze haben den ganzen Tag die Position der Buren be schossen. Die Geschütze der Buren bewahrten absolutes Stillschweigen. Zweimal wurde heute ein Luftballon aufgelassen, welcher unseren Artilleristen die Ver schanzungen der Buren signalisirte. Ein Theil von General Lyttletons Brigade ist auf die Stellung der Buren vorgerückt, wir haben schon beinahe Fühlung mit ihnen, bis jetzt hat;edoch noch kein nennenSwer- thes Gefecht stattgefunden. Wiederholt waren heute die Buren sichtbar, wie sie aus der Richtung von Colenso herbeigaloppirten und Positionen hinter Hügeln einnahmen, wo sich ihr Lager befindet. — Buller legt ein Lager am Südufer an, wo 2900 Karren Proviant und Munition aufgestapelt werden. Auch Verschanzungen werden angelegt. London, 20. Jan. Heute wird aus Spearmans Lager telegraphirt: Heute früh wurde auf unserem linken Flügel Feuer von Feldartillerie gehört. Augen scheinlich hat Warren das Bombardement der Stellungen der Buren am Tabanmyana-Berg be- gönnen. Außer dem Artillerie-Feuer wurde auch kurze Zeit Knattern von Gewehrfeuer vernommen. — Einer der am Donnerstag bei Dundonalds Schar mützel gefangenen Buren ist ein Enkel Krügers. Von Donnerstag Abcud spät wird eus Spearmans Farm telegraphirt: Beim Bombardement der Traacheeu der Buren von Mount Alice aus sah man ab und zu kleinere Burcn-Abtheilungen sowie eine große Ab- theiluna, welche augenscheinlich von Ladysmith herkam und sich nach dem SpionS-Hügel zu bewegte. Lyttletons Corps marschirte heute aus und machte eine Demon stration gegen die Anhöhen von Braksontein. Vier Meilen nördlich von uns bombardiren unsere Geschütze die Anhöhen kräftig, doch erwiderte der Feind nicht. Warrens Truppen am der Linken hielten zwei Höhen besetzt, welche die Schlucht hinter dem Spions Hügel überblicken. London, 20. Jan. Lyttletons Colonne kehrte Donnerstag Abend von der Demonstration zurück. Viele Buren blieben infolge derselben die ganze Nacht in ihren Gräben. Vereinzeltes Bombardement der Haubitzen und Flottengeschütz: dauert fort. — Bei den Buren- Positionen kam eine Kalesche, gezogen von sechszehn galoppirrenden Maulthieren an. Man glaubt, daß Joubert oder der französische Oberst Villebois Mareuil darin war. Aus dem Norden der Kapcolonie berichtet eine Depesche des neuen Obercommandirenden, General Roberts an das Kriegsministerium vom gestrigen Tage: General French habe seine Linien in östlicher Richtung noch weiter ausgedehnt und bedrohe die Verbindungs linie des Feindes. Sonst habe sich die Lage nicht ge- ändert. Von demselben Theile des Kriegsschauplatzes liegt noch folgendes Telegramm vor: Pretoria, 20. Jan. Ein Telegramm aus ColeS- berg vom 17. Jan. besagt, Commandant Delarey habe die Mittheilung erhalten, daß sich auf einer 6 Meilen entfernten Farm eine englische Patrouille befinde. Er habe hierauf drei Patrouillen ausgesandt, um die eng lische abzuschneiden. Es stellte sich heraus, daß die englische Patrouille hundert Mann stark war und drei Kanonen mitführte. Die Artillerie der Buren kam zu spät an, um die britischen Kanonen ins Gefecht zu ziehen. Eine der Buren-Patrouillen schnitt eine Anzahl australischer Reiter ab, von denen 5 getödtet, 3 ver wundet, 11 gefangen genommen wurden. Lie Buren haben keine Verluste. Das englische Bureau Reuter verbreitet wieder einmal die erstaunlichsten Märchen über angebliche Verluste der Buren. Nach diesem Bericht soll ein aus Colesberg entkommener, in RenSburg eingetroffener Herr mitgetheilt haben: Der Burenverlust in ColeSberg wird bisher auf 200 geschätzt. Die von den Buren an Todten und Verwundeten inSgesammt erlittenen Verluste werden von aus den Republiken eingetroffenen Personen folgendermaßen zusammengestcllt: 500 bei Mafek ng, 300 bei Kimberley, 400 bei Belmont, 250 bei Graspan, 400 am Modderriver, 700 bei MagerS- sontein, 100 bei Karuman, 75 bei DouglaS, 300 gegen French, 100 gegen Gatacre, 300 bei Glencoe, 600 bei Elandslaagte, 2000 bei Ladysmith, 400 an den anderen Orten DaS ist natürlich alles pure Erfindung. Der sehr glaubwürdige Herr erzählt auch, die Kapburen rissen bereits aus nach dem Freistaat; hat sich was! Dabei muß er aber zugebeo, daß die Burenmacht bei ColeSberg zwischen 6000 und 7000 Mann zählt und ein starkes Commando NarvalSpont besetzt halte. Der Local-Anz. bemerkt noch: Da Englands Schiffe die für Transvaal bestimmten Lebensmittel ab fangen, Ohm Paul aber seine Kriegsgefangenen nicht verhungern lassen möchte, so ist der Gedanke plausibel, daß sie ihr Brot durch Arbeit in den Minen ver dienen sollen. Die Goldgesellschaften werden erfreut fein, wenn ihnen so ihr Eigenthum erhalten wird, denn die Wasser in den Bergwerken steigen sichtlich. Für den Fall des Erliegens der Freistaaten hat die Volks- stem eine verzweifelte Rachethat in Aussicht gestellt, eine Dynamitleistung, die alle Bergwerke nur als Trümmerhaufen in den Besitz der ^goldgierigen Briten gelangen ließe. Aber noch herrscht guter Muth, und noch dürfen wir annchmen, daß die Preisgebung des Tugela ein taktfiches Manöver der Buren ist, um den zurückqeschlagenen Feind in den Fluß zu werfen. Wchßsches. Hohenstein-Ernstthal, 20. Januar 1900. Etthittungen von allgemeinem Interesse werden dankbarem gegengeuommen und evevtl. honor'rt., — Der am 27. d. M. im RathSkeller (Altstadt) abzuhaltende Meldetag des BczirkSfeldwebcls fällt an läßlich des Geburtstags Sr. Majestät des Deutschen KaiserS aus. Der nächste Meldetag findet am Sonn abend, den 10. Februar d. I. statt. — Vor Kurzem meldeten wir, daß die Landwirthe in der näheren Umgegend beschlossen haben, die Preise für die Milch zu erhöhen. Ihrem Beispiele sind nun auch die Oekonomen in der anderweiten Nachbarschaft gefolgt. Am Donnerstag Ab-nd hat sich eine Anzahl Gutsbesitzer aus Reichenbrand, Siegmar, Schönau und Stelzendorf zu einer Besprechung in der Jagdschävke emgefundeo. Rach längerer Debatte wurde beschlossen, vom 1. Februar an die Milch wie folgt zu verkauieu: das Liter Magermilch für 8 Pf., Vollmilch 24 und Sahne 70 Pf. — Pleitza. Der bisherige Pfarrvicar Herr Do. Ml. Bönhoff ist vom Kirchenvorstaude zum Pfarrer gewählt worden. Herr Pastor Bönhoff verwaltet die neue Parochie Pleißa-Kändler seit etwa einem halben I hr-. — Rochlitz, 20. Januar. Ein von dem Publikum bis jetzt noch wenig bemerkter Streik findet jetzt, so schreibt das hiesige „Tageblatt", in den Mauern von Rochlitz statt. Die jetzt Milch liefernden Oekonomeu wollen den Preis um 2 Pf. pro Liter erhöhen, die Frauen aber, welche in der Stadt mit Milcb handeln, sehen darin eine schwere Belastung der ärmeren Klassen und haben einstimmig erklärt, nicht mit zu thun. Dem Publikum wäre zu wünschen, daß der Sieg auf Seiten der Milchfrauen bliebe. — Die I. Gemeinde- und Privatbeamtenschule zu Geyer eröffnet zu Ostern ihren 10. LehrcursuS. Nachdem in neuerer Zeit die Nachfrage nach gut vor- gebildeten Leuten im Stande der Subalternbeamten sich außerordentlich gesteigert hat, sind die bisherigen Erfolge der Geyerschen Beamtenschule entschieden an- erkennenswerth. lieber 350 Schüler verdanken bereits ihre Ausbildung und ihr günstiges Fortkommen dieser Anstalt, und eine beträchtliche Anzahl von Verwaltungs behörden sucht auf Grund längerer Erfahrung ihre Copisten- und Expedientenstellungen mit Geyerschen Beamtenschülern zu besetzen. Es seien daher alle Eltern, deren Söhne den Beamtenberuf erwählen und eine zweckentsprechende Ausbildung empfangen sollen, auf genannte Schule aufmerksam gemacht. Die Direktion derselben versendet auf Wunsch ausführliche Prospekte und ertheilt alle gewünschte Auskunft. — Stollberg. Ueber die an dem kleinen 13jähr. Realschüler N. aus Brünlos in und außer Pension verübten Abscheulichkeiten wird weiter noch berichtet: Der arme Knabe wurde am Dienstag Nachmittag von zwei Realschülern auf dem Schlitten nach Hause ge- bracht, weil er nicht mehr im Stande gewesen, allein zu gehen; er mußte sofort in ärztliche Behandlung gegeben werden; der ganze Körper, Kopf, Arme und Beine waren durch Schläge oder Stöße mit dem Stiefelabsatz in einen jämmerlichen Zustand versetzt. Die übrigen Verletzungen sind hier nicht wiederzu geben. Alle diese Grausamkeiten mußte der Junge ertragen, weil er seinen Peinigern nicht Geld zu geben vermochte. Hoffentlich entgehen diese hoffnungs vollen Bürschchen, die aus Lugau, Hohenstein und Erlbach stammen sollen, ihrer wohlverdienten Strafe nicht. — Mittweida. Am Freitag früh 4 Uhr brannte das Herrn Seltmann in Unterscheide gehörige Wirtschaftsgebäude vollständig nieder. Seltmann mit Familie ist kaum mit dem nackten Leben davon gekommen. Gerettet wurde garnichts, auch hatte der Brandgeschädigte nicht versichert. — Schlunzig, 20. Jan. Im Verlaufe eines häuslichen Zwistes sprang dieser Tage die Ehefrau eines hiesigen Einwohners aus dem Fenster des zweiten Stockwerkes herab. Die Frau, die in einigen Monaten ihrer Niederkunft cntgegensieht, befindet sich in ärztlicher Behandlung. — Zwönitz. Am Dienstag gegen Abend ver gnügten sich verschiedene Kinder in Kühnheide mit ihren Kinderschlittev zu sah en. Dabei fuhr die 6jährige Enkelin des G-meindecassicers Bonitz an eine ihrer mitsahrcnden Gespielin fo heftig an, daß sie aus Mund und Nase blutete. Während sie zu Hause noch den Vorgang erzählen wollte, wurde sie bewußtlos, ohne wieder zu erwachen. Wenige Stunden darauf starb das Kind. Es hatte sich, wie ärztlicherseits con- statirt wurde, bei dem heftigen Zusammenstoß eine G-Hirnverletzung zugezogen. — Aus Meerane wird mitgetheilt, daß neuer dings falsche Einmarkstücke, die vorzüglich aus geführt sind, in Umlauf gesetzt worden. Lie Falsch- stückc haben sonst gar keine Unterscheidungsmerkmale; sic tragen die Jahreszahl 1899 und das Münz- zeichen v — Se. Majestät der König hat die Besitzer der Rittergüter Dorfstadt und Falkenstein, Han- Dietrich Conrad, Franz Oswald und Maximilian Franz Adolf v. Trützschler in den erbliche» Freiherren- staud erhoben, zugleich mit dec Berechtigung zur Fübruog des Ramens Trützschler, Freiherren zum Falkenstein. — Am 20. Januar 1400, also jetzt vor einem halben Jahrtausend gelangten die Herren von Trützschler in den Besitz der Herrschaft Falkenstein, der ihnen bis zum heutigen Tage verblieben ist. Ein seltener Fall dauernden Besitzes im Verlaufe von Jahr hunderten, die so große Umgestaltungen und zeitweilig so schwere Erschütterungen aller wirthschaftlichen Ver hältnisse gebracht haben! Wenn auch sehr alte Gc- ichlechter, deren Geschichte sich viele Jahrhunderte weit zurückverfolgen läßt, im Vogtland« noch heute seßhaft sind, so liegt doch, theilt der „Vogtl. Lnz." mit, ein zweiter Fall eines nachweislich halbtausendjährigen un unterbrochenen Besitzes derselben Scholle nicht v'r. Ehe die Trützschler Falkenstein erwarben, werden Herren v. Falkenstein in vogtländischen Urkunden seit dem 26. Mai 1260 erwähnt und «och ein 1317 ge. Der Familienschumck. Roman von A. I. Mordtmann (41.Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) „Das hoffe ich". Man hätte kaum glauben sollen, daß das vom ständigen Schmerz über ihr eigenes großes Leid ein wenig resignirte Antlitz so fröhlich lächeln könnte. „Wissen Sie, Pierre, seit ich einmal Ihr Spiel auf dem Cello gehört habe, bin ich den Hunden wegen ihrer großen Abneigung gegen die Musik nicht mehr gram." „Warten Sie nur ab. Sie werden es noch er leben, daß ich einmal Concerte gebe wie dieser Holm feld. Er wird in seiner Jugend auch Hunde und Katzen in die Flucht gejagt haben. Jetzt bilde ich mich ganz in der Stille aus." „Das ist menschenfreundlich. — Nehmen Sie sich eine Rose mit," fügte sie hinzu, als sie hörte, wie Pierre aufstand. „Darf ich?" „Natürlich dürfen Sie. Das Vorrecht haben alle meine Freunde. Auch dem Herrn Holmfeld würde ich es einräumen, wenn er einmal hierher käme." „Dann will ich hoffen, daß er niemals hierher kommt. Denn was hätte ich dann noch als Gegengewicht gegen sein Violinspiel geltend zu machen?" Marguerite lächelte erröthend; dann stand sie auf, ging langsam, aber doch sicher auf einen der Roscnstöcke zu und brach eine der prächtigen, vollauf geblühten Blumen ab, die sie ihrem Besucher überreichte. Ec drückte die Rose an seine Lippen und sagte: „Ich danke Ihnen, Marguerite. Adieu — Papa erwartet mich." „Auf Wiedersehen," antwortete Marguerite, in dem sie ihm ihr Antlitz zuwandte und ihm freundlich zunickte. Als das Geräusch seiner raschen und entschiedenen Schritte verhallt war, nahm Marguerites Gesicht wieder den ernsten und nachdenklichen Zug an, den es für gewöhnlich trug, und anstatt in ihre Laube zurückzu kehren, wanderte sie in den durch lange Gewohnheit vertraut gewordenen Gängen des kleinen Gartens umher, hier und da Halt machend, mit zarter Hand einen Busch betastend oder die Blumen ihrem Gesicht nähernd. Wer lle sah, hätte wohl kaum geglaubt, daß ihr das Augenlicht versagt war. Als sie wieder bei dem Rosenbusch ankam, sagte sie leise vor sich hin: „Armer Pierre! Er hält so viel von mir — aber ich . . .," sie schüttelte zweifelnd den Kopf. „Vielleicht ^wäre es anders wenn ich ihn sehen könnte. Es scheint, als ob man ohne Augen nicht lieben kann. Nein —" fügte sie nach einigem Besinnen hinzu — „er ist ein guter und lieber Mensch, aber —" und wiederum schüttelte sie den Kopf und schloß die un ausgesprochenen Gedanken mit einem energischen „Nie mals!" ab. Sie ging in das Haus zurück. ES war ein freundliches, wenn auch nicht übermäßig großes, ein stöckiges Haus, das die Mitte zwischen ländlichem Wohnhause und städtischer Villa hielt und damit dem aus dem Stande der Landleute in den des städtischen Bürgerthums hinüber gleitenden Charakter seiner Be wohner entsprach. Marguerite schritt durch den mit Strohmatten belegten Gang, der das Haus in zwei Hälften theilte, zur vorderen Thür, die sie öffnete, um hinauszuhorchen. Ein großer, silbergrauer Kater, der dort im Sonnen schein schlief, sprang auf, reckte sich, gähnte, ließ sich den dicken Kopf von seiner Herrin streicheln und blieb behaglich schnurrend bei ihr stehen. Kein bekannter Schritt näherte sich von der Ortschaft her, von deren äußerstem Ende das HauS Chardins einige hundert Schritt entfernt lag. „Der Großpapa kommt noch nicht," sagte Marguerite nach ihrer Gewohnheit leise vor sich hin und kehrte in das Haus zurück, wohin ihr nun Mussa, wie sie den Kater genannt hatte, folgte. Sie ging ins erste Stockwerk, wo ihr Schlaf- und Wohn zimmer lag, setzte sich ans Clavier und fing an zu phantasiren, Bruchstücke bekannter Melodieen mit eigenen Ideen verbindend und dazu gelegentlich mit nicht starkem, aber ungemein wohllautendem, reinem Sopran singend. Es konnte kein rührenderes Bild geben, als diese von der Farbenpracht der Außenwelt ausgeschlossene Blinde, die im Reiche der Töne Trost und Erheiterung suchte. Mussa saß mit der Miene eines ernsthaften Kritikers daneben, nur zuweilen durch eineu vor den offenen Fenstern zwitschernden Vogel oder eine vorbeisummende Fliege in seiner Aufmerk samkeit gestört. Nach und nach versank Marguerite wieder in sinnendes Träumen. Das zusammenhängende Spiel hörte auf, ihre Finger glitten achtlos über die Tasten, nur ab und zu weiche Accorde greifend. Abermals kehrten ihre Gedanken zu dem Gegenstände zurück, der sie vor dem Heraufkommen beschäftigt hatte. (Fortsetzung folgt.)
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