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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 14.01.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-01-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190001145
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19000114
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19000114
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-01
- Tag 1900-01-14
-
Monat
1900-01
-
Jahr
1900
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 14.01.1900
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WeM-EMUer TWckatt. Amtsblatt. 10 " Sonntag, den 14. Januar 1900. Beilage. reine elegMe «MoilkNen M M»e vsM». " von klk. 1.- NN Nsinseiä. Pongs von E von Hlk. 1. NN ki6IN86ici. örülanie vorrüglicl» im linken äer ttoffensteiner Zkictenzveböt-ki l.ot26, üollönslkin-ks.!. 8. 8ein8kiü. Laoktisolwöicks Sengaline ksiiweici. Vaukrs kein L6stl6ift. keins. fayonns Kein8. l>»mns8ö8 K6in8eill. ^oularä8 ke^isüt man aus 1.- .. 1.25 „ 2-- „ von 2. „ 230 .. „ 1.^" Nsin8. lallet , keine, lallet eannöle, wnncic-, volle i.n.l>tinUie , I-vtLS Q686II seil Afis- unci Oon66r1-^ob6n. Ikoiu»«. lallet, Javqiiarel, Heil <1 voIoui»«V^i»iirt, I»ii< <«» Ilain»!e«S llvrveilleux a s. vv., für I>vel>1eins '1'oiletten, von len rnitesten Oiz /u len llnnkelüten Staancinlnj-e» Hiliensteiiiee ^eillkMederei „ML", »Mtm-cenMsl. Lünixl., QrossIierro^I. unl llerroxl. Hollislerant. - l1li>88te 1'nluilt Mr 8ei<Ie»8loIIe uinl 8peeinl8ei«Io»Iinii8 in ^»elizeu. : lilials: l_6ip2IA, Reickssir. 33/35. Politische Wochenschau. Der Reichstag hat seine Arbeit wieder auf. genommen, die zunächst den Etatsdebatten gewidmet ist. Einen besonders lebhaften Ton verspricht diese Debatte zu Beginn der nächsten Woche anzunehmen, wo die Berathung des Etats des Reichskanzlers dazu benutzt werden wird, um eine Besprechung des Bor gehens Englands gegen die deutschen Schisse herbei zuführen, die sich vielleicht zu einer Debatte großen Stils über die auswärtige Politik Deutschlands aus dehnen wird. Ein nock größeres Interesse als den Verhand- lungen des Reichstags ist der Eröffnung des preußischen Landtags zugewandt worden, dessen Tagung gleichzeitig mit dem Wiederbeginn dec Reickstagsverhandlungen begonnen hat. Die Session des preußischen Landtags steht diesmal, wie schon die vorige Session, im Zeichen des Kampfes um die Canalvorlage, die dem Landtag aufs neue in einer durch vermehrte Compensationen erweiterten Gestalt zugegangen ist. Die Thronrede, mit der der Landtag eröffnet wurde, hat über die Entschiedenheit, mit der die Regierung diesmal ihre Forderungen zu vertreten gedenkt, nichts veriathen. Das allgemeine Urtheil über die mit so großer Spannung erwartete Thronrede geht dahin, daß sie mehr verschwiegen als verrathen hat und daß sie farbloser ist, als bei diesem besonderen Anlaß füglich zu erwarten war. Um so lebhafter gestalten sich die Verhand lungen des Abgeordnetenhauses, das am Dannc.siaz übee die Maße.gelungen brr politischen Beamten, w !ch: bei dem Streu um öle Canalvorlage geoen die Politik der R'gierung gestimmt hatten, zu Gericht saß Die Verhandlung endete mit einer NieüeUag' der Rechnung, deren Politik in diesem Fall!- auch nicht die Billigung einer einzigen Partei raud. Die preußiicye Regierung wirb aus den Per. Handlung- n -'us Abgco> >mte!,paches entnommen hab:«, daß üe für ne gu-e S-che Mit ich echte., .Mitteln ce> kämp-t Kat und zwar deshalb, weil sie sich gPch-ut hat, dir guten und zweckentspr.chentzen Mittel m Än- Wendung zu bringen. Mit Interesse aber wird abzu warten sein, welch n Einfluß die intim« Aussprache ,m Abgeordn.-t nhause au: das 'Pchälttuß der Regierung und dr R'chten habe-' w'rd. Aber mu noch cwg^panntcr.m Interesse als diese Vorgänge auf Lein Gebiet der inneren Politik wurde in dieser Woche allüberall in Deuffchland die weitere Entwicklung tcs deut-ch-englischen Coaflictes vc.solgt Die gewaltigen Schlappen, welche En-rand zu Laude gegenüber luu Buren erlitt, aui die man in England Wil so m cwg-.bruchtcr Geringschätzung herabgcjchcn hatte, schienen' dort das Bedürfniß geweckt zu haben, wenigstens au' »er See irgend wNch: Triumphe zu ernten. Äber die Entschiedenheit und Entschlossenheit, mit urlcher die deutsche Regierung sich der bedrohten Jnieuss.m d r deutschen Leeschstfmhrt aanahm und den englischen Uebeczriffm zunächst in den üblichen Formen des ttp omamch-n Verkehrs entgegentrai, steint ihre Wirkung nicht zu verfehlen. Nachdem bereits zwei Rcichspostdampter von den Engländern sreiaegeben wurden und damit der Beweis erbracht worden ist, daß die englischen Kriegsschiff'-ommanoanlen einen schweren Mißgriff begangen habe-, steht zu hoffen, daß England volle Entschädigung und volle Genuathu ng für die der deutschen Flagge zugefügten Uuzebührlichkeitin geben und so eme gütliche Bei legung des Conslictes ermöglichen wird. Zu einem solchen Entgegenkommen hätte man in England um so mehr Anlaß als die verantwort lichen Leiter der englischen Politik kaum Neigung cm- vfinden dürften, zu dem südafrikanischen Conflict, dessen Ausgang Loch mindestens zweckelyaft ist, noch einen neuen zu provocircn, über oesstn Tragweite man sich in Engeand keinem Zwecket hrnzebru kann. Mau hat aber in England um so mehr Ursache, den deutsch swz- stsihw Zwischenfall auf das schnellste und glättere bei- Megen, va die überall in Deutschland emvorivLernve Ertrüstung die Engländer darüber aufgeklärt haben wird, auf wie wenig Sympathien sie i» Deutschland überhaupt noch zu rechnen haben. Wenn die verant wortlichen Männer in England wirklich Verantwort- lichkeüszefüh! hab:», dann müßten sie angesichts des schroffe-! Gegensatzes zum Zweibund alles vermeiden, was England auch noch zu Deutschland in einen ti fm uud unüberbrückbar'» Gegensatz treiben könnte. Wenn dieser Gegensatz zwischen England uud den, Z rsibnnd auch im bisherigen Verlauf Les südasrikani schul Krieges noch nich: in die Erscheinung getreten ist so Hai doch die russische „Probcmobiliffruug" noch der afghanischen Grenze den Engländern die Augen darüber geöffnet, daß Rußland nur aus den völligen Zusammenbruch der englischen Kriegsmacht wartet, um seine writausschauenden und gut vorbereiteten Pläne ui Kosten des englischen Colonialbesitzes zu verwirk lichen. Und wenn wir auch nicht daran zweifeln, daß Rußland nichts sehnlicheres wünscht, als eine-., Zusam- m ustoß zwischen Deutschland und England, der beide Awaten in gleicher Weise schwächen könnte, so kann man sich, in England doch kaum verhehlen, daß die alsdann -n Europa vor sich gehende Machw.-rschübunZ zu S.mstm des Zweisuades in erster Reih: auf Kosten Eng-auds erwlgcn würde, nach dessen weitausgedchntem Colomalbesitz Rügland seit tanzen Jahren mck wach sender Lüsternheit blickt. Die fi-bechast gesteigerten Rüsiu gen, die fetzt in England betrieben w-rden, sind ein Zeichen öcs schlechten englischen Gewissens. Die Lage auf dem südafrikc.. irischen Kriegsschauplatz ist so ungünstig wie uu möglich und ob sich mit dem Eintreffen der neuen Heerführer und der neuen an Zahl reichen, in Bezug auf die Qualität aber recht zweifelhaften Truppen am dem Kriegüschanplatz die Sachlage ändern wird, das wird man nach Sem b-Shcrigrn Vcrlsuf Le» Feldzuges Loch immerhin als recht zweifelhaft hinstcllen türien. Aber England hat nicht nur den Buren, sondern auch Sen and-ren Mächte» gegenüber ein böses Gewissen, weil überall, arch da, wo die Regierungen aus Gründen der höheren StaatSraison sich mutcal verhalten, die Sym pathien au'' Seiten der Buren sind, da diese eben für ckne gute und gerechte Sache kämp-cn. DsS Uckh.il der Geschichte über ben südafrikanischen Krieg steht schon jetzt fest. Aber nicht nur die Geschichte, sondern auch der bessere Theil des englischen Volkes wird Abrech nung halten mit dem Cabmct, welches aus den ver werflichsten Gründen diesen frivolsten aller Kriege pro- vocirt hat. Aber auch manche anderen europäischen Cabiucte liest, den sich zur Zeit in prekärer Lage. Das Cabinett Waldcck-Rousseau in Frankreich hat durch die Wahl Dc^ch ^.cls zum Präsidenten der Kammer eine kleine Schlavve erlitten, die zwar noch nicht offen eiigestsu- Scu wird. Aber das Cabiuet sieht sich genöthigt, m Bälde eine grundsätzliche Abstimmung in der Kammer herbeizaführen, um die Probe auf das Ex-mpe! zu machen, ob cs noch die Mehrheit der Kammer hinter sich hat. Das Cabiuet Pelloux in Italien kämpft einen schweren Kampf um sein Dasein und es Hai das Rc- gicrungZchfff soeben nur noch dadurch vor dem Schiff bruch bewahren können, daß cs den Kriegsminister Mirri als gefährlichen Ballast über Bord war». In Österreich endlich sucht das Cabinet Wittek nur nach Sem geeigneten Moment, um in anständiger Form ab- mtceten und einem vielleicht, vielleicht auch nicht, oaucr- gaitem Cabinet zu weichen. Die „Cubinets"-Phüw graphi n in Oesterreich werden bald ein stattliches Album füllen. Vom Reichstag. Berlin, 12. Jan. Aul der Tagesordnung stehen zunächst die ver- ichiedeuen Zusätze zu Ser Novelle zum Jnv lintäts Versicherung-gejetz und verschiedene Resolutionen dazu Eme Resoluuon des Abz. Frhrn. v. St mm (R ichsp) wünzcht im Anschluß an die Invalidenversicherung auch die Witlwcn- und Laiscnversicherung. Eme Resolution der Abgg Schädler und Hitze (Ccntr.) will gleichfalls die Relcktcuvnsiche-.m.g und zwar mit der Maßgabe, daß diese für di- in Fabrn.n bffchä'tigten Personen unter cntsprcch-iOcr Erhöhung Ser Bckträa- im Gcsetzeswcg cstigemkrt, den übrigen Versicherten sb:: sie Belheiligmiq un W ge der freiwill gen Versicherung gewährt werde. Abg Fchr 0. Stumm (RerchSv.) führt m der Begründung f-ineS Antrags suS, daß der sociale Zweck her V;rsich--wv-zg,Fttzg,hu-iz erst voll erre-chi werbe, wenn such bie Hinterbliebenen Ler Arbeiter in die Fürsorge de» Gesetzes einbezozen würden. Abg. Hitze (Centn) hält gleichfalls die Wittwen- u-'d Waiscnversichirung für cm: nothwendigc Ergänzung Scs b-.stchcnöen socikSn VersicheruaiSwescnS und er richtet sie >ür viel wichtixer »lS di; AlterSocrsicheruvz o)er gar die Herabsetzung der Altersgrenze, au L- heute wohl niemand mehr denke. Zweifellos sei ad e, Saß die Industrie und die industriellen Arbeiter die aus der Relcktenversicherung folgende Ncubel-- ueg viel leichter tragen könnten, slZ Lie LanswirthschL-r und die «andwirthschastliches Arbeiter. Den Letztere» könne man unmöglich so hohe Beiträge zumuthen wie den Ersteren. Außerdem >ei unveikeanbar, Ssß der lndusirielle Arbeiter der Relikten'ürsvrze viel mehr b:> dürfe als der landwirthschaftliche Arbeiter; daher empfehle sich die Annahme der Resolution m Ser von inner Partei beantragten Fassung Für die iandwirrh- schaftlichen Arbeiter genüge das Recht der Selbstver- sicherung. StaatSsrcretär Graf Posadowsky theilt mit, nach der gegenwärtig dem Hause vorliegenden Newlin der Unfallversicherung werde alsbald die Reform der Krankenversicherung, besonders die Ausdehnung der Unterstützung von 13 auf 26 Wochen an die Reihe kommen; erst dann könne der Frage einer Reliktenfür sorge näher getreten werden. Die Kosten derselben solle man nicht unterschätzen; die Beiträge würden nach vorläufiger V.ra-sichlazunz sich auf jährlich 100 Mill. Mark belaufen. Eines aber wolle er sofort gegenüber Ser Centrumrc olntion aussprcchen: Auf eine Aus- nahmebehandlung der randwickhschoftli en Arbeit r werde sich sic Regierung auf knaen Fall einlasse«. (Beifall) Thäte sie das, so steige die Gefahr des Wegzugs ländlicher Arbeiter nach den Jndustri Plätzen. (Ricke: Lehr richtig.) Auch würde eme solche excepckonelle Bchandlnng der ländlichen Arbeiter dem Grundsätze von gleicher Behandlung aller Arbeiter widersprechen. Erst solle man üvcrhaupt einmal die finanziellen Ergebnisse Ser Reform Ser bestehenden drei Verficheeungsgeietze abwarten, gewissermaßen Kasse machen, und " zusehen, ob oem Wunsche betreffs der Relikteiisücsvrge alsdann stattgezeben werden kann. Jetzt könne sich die Regierung jedenfalls gegenüber diesem Wunsche nicht entgegenkommend erklären, man müsse einstweilen abmacken, wie später die Finanzlage, die Si.-uerk>äfte des L mdeS, der Handel unter den neuen H.-.-chelsv rträgen u s. w. sich gestalten würden. Abg. v. R-chthoien (cons.) erklärt, die Conservativen würden aui die Gefahr hin, unpopulär zu werden, gegen die Resolution stimmen. Theoretisch sei die Relikt mfülsorg: sehr schön, aber mau müsse praktische Politik -.reibe-', wnl sonst die Gefahr entstehe, daß unser s werbe w:g:n zu großer B-lastung aus dem Weltmärkte >cht w-.hr concuri.'enz-ährg bleibe; kei..cssalls dürfe, wenn eg' acht bas platte Lana noch mehr entvölkern wolle, der landwirthschaftliche Arbeiter auf diesem Gebiete anders behandelt werden, als der industrielle. Abg. Hofmann (nat.-lib.) sieht nicht ein, weshalb man Acht die Resolution Stumm annehmen solle. Die Regierung solle ja damit durchaus nicht gedrängt m rdeu, sie Reliktenfürsorge sofort in's Werk zu setzen. Gegen die vom Abg. Hitze gewünschte Freilassung der laiidwirthschaftlichen Arbeiter von der Relikten- oersicherun; habe er dagegen starke Bedenken. Abg. Molkeubuhr (Soz.) ist der Ansicht, Freiherr v. Stumm habe heute jedenfalls Herrn Hitze an Arbeiterfreund lichkeit übertrumpft. Seine Freunde würden ja auch die Resolution Stumm annehmen, denn sicher sei eine solche Reliktenversicherung besser, als die bloße Armen versicherung. Abg. Rösicke-Dessau (lib.) spricht sich gleichfalls für die Resolution Stumm aus. Es sei auf diesem Gebiete der sozialen Fürsorge noch so viel zu th in, daß das liier Geforderte als erster Schritt kaum ausreiche. Abg. Richter (freis.) schlägt Ver- Weisung an eine Kommission von 28 Mitgliedern vor. Er ist überhaupt dagegen, in so großen wicktigen Fragen Resolutionen »u fassen, über deren Ausführung die verschiedenen Parteien ganz auseinandergehende Ansichten hätten. Abg. Stötzel (Centr.) empfiehlt die Der FamilieMmnlk. Roman von A. I Mordimann .W.Forisetznng.) -Nachdruck verbalen) „Aber darüber zu klagen ist ja nutzlos — das Unabwendbare muß geschehen —, denn, nicht wahr, für unabwendbar halten Sie es doch?" Holmfeld verstand den bittenden Blick, womit Edith diese Frage begleitete, und er antwortete: „Es ist unabwendbar, Edith. Geben Sie um Himmels- willen keiner trügerischen Hoffnung Naum! Ich muß Herrn Scudamore mein Aktenstück mittheilen, wenn Sie es nicht thun. denn darauf habe ich Ihrem sterben den Pflegevater mein Wort gegeben. Doch hoffe ich, daß Sie selbst es thun werden." „Dazu habe ich mich entsch'o jen, — denn wie konnte ich anders? Äber eine B-t e habe ich noch an Sie, Holmfeld, die Sie mir nicht abschlagen dürfen. Ich soll jetzt zum dritt-n Mal- eine Heimath ver lieren ..." „Um eine andere zu gewinnen." „Line andere . . . wissen Sie das? Ocer wissen Sie nicht vielmehr, daß mit dem, was ich durch Sie verliere, alles, was mir die Zukunft versprach, dahin ist, und daß es dafür keinen Ersatz giebt?" „Und was wollten Sie von mir erbitten?" fragte Holmfeld schmerzlich bewegt. Wußte er doch auch, was es heißt, auf liebgewvrdcne Zukunftstränme zu verzichten. „Wenn es mir möglich ist, zu erfüllen, was Sie wünschen, so soll es geschehen." Edith zuckte resignirt die Achseln, als wenn sie sagen wollte, sie wisse diese Redensart nach ihrem wahren Werth zu schätzen. Sie suhr in ihren Klagen fort: „Als ich durch den Schiffbruch, dessen trübselige Geschichte Ihr Document erzählt, Eltern und Heimath eiubüßte, fand ich gleich eine neue, trauliche Heimath und liebevolle Menschen, die mir die Eltern ersetzten. Ebenso war es, als ich hierherkam: Ich vertauschte nur ein Heim mit tum andern. Aber wenn ich morgen dem Herrn Scudamore das Geheimniß meiner Her- knifft eröffne, so verliere ich nur und bekomme nichts dafür wieder." „Wir werden doch Ihren Verwandten in Frank eich nachforschcn," erwiderte Holmfeld. „Und bis Sie Aufnahme bei denen finden, wird Ihnen Schloß Thulwall, wie bisher, Gastfreundschaft gewähren." „Wissen Sie das so gewiß?" fragte Edith un- mathlg. „Und wenn es auch wäre, mit welchen Augen würde man wich ausehen! Eine Geduldete! Wochenlang werde ich mir wie eine Ausgestoßene vor- konnnen." „Aber wie kann da geholfen werden?" „Lassen Sie uns mit der Ausklärung warten, bis ich meine Verwandten ausfindig gemacht habe. Kann ich vor den clten Herrn hiimeten und ihm sagen: „Lieber Herr Scudamore, ich bin nicht, was Sir glauben, nicht Ihre Enkelin, sondern die Tochter des französischen Capitüns Violet, und ich danke Ihnen recht sehr für alles Gute, das ich unter Ihrem Dache genossen habe, aber länger kann ich nun nicht bleiben, sondern ich reise morgen nach Frankreich, zu meinen dortigen Verwandten, die mich schon erwarten" — kann ich das sagen, so hat alles ein anderes Aus sehen." — — Holmfeld sah etwas unzufrieden drein; seinem strengen Rechtsgcfühle widerstrebte dieser Aufschub, aber er begriff die Gefühle Ediths und konnte es nicht über sich gewinnen, ihre Bitte abzuschlagen. Er über legte und sagte dann: „Ich kann Ihnen nicht Unrecht geben. Es bleibt also abgemacht, daß wir beide nichts sagen, bevor Sie wenigstens einige Kenntniß von Ihren französischen Angehörigen erlangt haben und über die Ausnahme, die Sic bei ihnen finden werden, beruhigt sind. Nun erhebt sich aber die Frage, wie diese Erkundigungen eingezogen werden sollen." „Natürlich durch persönlichen Augenschein." „Aber Sie können doch nicht selbst nach Frank reich reisen?" „Nein, das würde nicht angehen. Ich rechne dafür auf Ihre Güte; denn ich habe sonst niemand, dem ich mein Vertrauen schenken könnte. Wenn Sie mir d.ese Bitte abschlagen, so würde ich rath- und hilflos dastehen." „Ich wollte Ihnen diese kleine Gefälligkeit schon selbst anbitten," versetzte Holmfeld. „Es war ohnehin meine Absicht, demnächst nach Paris zu reisen —, einmal in Paris, ist ja die Hauptsache schon geschehen. Von da nach den Pyrenäen ist nicht weit. Habe ich Vollmacht, drüben in Ihrem Namen zu handeln?" „Gewiß, nur mit einer einzigen Einschränkung. Ich möchte, daß Sie nur im allgemeinen von meinem gegenwärtigen Verhältnissen erzählen. Sie brauchen deswegen kein so finsteres Gesicht zu machen; der Grund liegt doch auf der Hand. Wenu meine Ver- wandten, die doch aller Wahrscheinlichkeit nach keine reichen Leute sind, hören, au» welchen ganz anderen Verhältnissen ich heransgerissen werde, uni zu ihnen zu kommen, so würde sie das peinlich berühren. Es wäre doch besser, wenn sie eS erst später durch mich selbst erfahren." „Sie erschweren wir dadurch meine Aufgabe sehr. Mir ist überhaupt jede Heimlichkeit und Vertuschung verhaßt. Wenn ich trotzdem auf Ihre Wünsche ein gehe, so sehen Sie daraus, wie sehr mir daran liegt, Ihnen gefällig zu sein." „Sind Sie mir denn nicht auch eine kleine Ent schädigung schuldig? Sie wissen doch, wie schwere Opfer mir aus Ihrem Handeln erwachsen." „Nicht aus meinem Handeln, sondern aus den Verhältnissen, die mich zum Handel zwingen. Mir wäre es lieber, ich hätte nie etwas von der Sache er fahren." „Das ist mir einerlei, ich — sehe nur, daß ich Opfer bringen muß." „Wo es sicy darum handelt, das Recht zu thun, sollte man nicht von Opfern reden. Bringt man denn ein Opfer, wenn man unter einem Zwange handelt?" „Das ist auch etwas Anderes." „Für meine Anschauung nicht. Ist es denn gar nicht möglich, auch Sie für diese Anschauung zu ge winnen? Wenn man zur Hergabe dessen, was man liebt und hochschätzt, durch die Ueberzeugung von dem, was man für Recht hält, getrieben wird, so ist das für einen guten, sittlichen Menschen zwingender, als wenn ihm eine Pistole auf die Brust gesetzt wird." „Es ist nur schade, daß nicht alle Menschen solche Grundsätze haben," sagte Edith etwas verächtlich „So sind die Ändern, die sie nicht befolgen, im Vortheil," „Nicht auf die Dauer," versetzte Holmfeld voll ehrlicher Ueberzeugung, denn seine Lebenserfahrungen hatten noch keinen großen Umfang. „Mit der Zeit siegt doch immer daS Bessere." „Nun, da wäre ich wirklich neugierig, wie sich das in meinem Falle bewähren sollte." (Fortsetzung folgt.)
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