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WHs WW UMM 8 50. Jahrgang Freitag, den 12. Januar 1900. Erscheint jeden Wochentag abends für den folgenden Tag und kostet durch die Austräger pro Quartal Nik. 1,40, durch die Post Mk. 1,50 frei in's Haus. Inserate nehmen außer der Expedition auch die Austräger auf dem Lande entgegen, auch befördern die Annoncen- Expeditionen folche zu Originalpreisen. Hohenstein Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Lngau, Hermsdorf, Kernsdorf, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Nußdorf, Wüsteubrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Erlbach, Kirchberg, Pleißa, Neichenbach, Callenberg, Tirschheim, Kuhschnappel, Grumbach, St. Egydieu, Hütteilgrund u. s. w. Arrrtstblcrtt für den BEVAltANgshM?! des Stadtrathes zu Hohertstem-Ornstthsl. Anzeiger für Bekanntmachung, die Anmeldung der Militärpflichtigen zur Rekrntirnugsstalnmrolle betr. 1 ., Nach Z 22, 25 der Deutschen Wehrordnung vom 22. November 1888 beginnt die Militär pflicht mit dem 1. Januar des Kalenderjahres, an welchem der Wehrpflichtige das 20. Lebensjahr vollendet. Nach Beginn desselben haben die Wehrpflichtigen die Pflicht, sich zur Aufnahme in die Rekrutiruiigs-Stammrolle, und zwar in der Zeit vom 15. Januar bis 1. Februar, anzumelden. 2 ., Die Anmeldung erfolgt bei der Ortsbehörde desjenigen Ortes, an welchem der Militärpflichtige seinen dauernden Aufenthali hat. Hat er keinen dauernden Aufenthalt, so meldet er sich bei der Ortsbehörde seines Wohn sitzes, d. h. desjenigen Ortes, an welchem sein, oder sofern er noch nicht selbstständig ist, seiner Eltern oder Vormünder ordentlicher Gerichtsstand sich befindet. 3 ., Wer innerhalb des Reichsgebietes weder einen dauernden Aufenthaltsort noch einen Wohnsitz hat, meldet sich in seinem Geburtsorte zur Stammrolle, und wenn der Geburtsort im Auslande liegt, in demjenigen Orte, in welchem die Eltern oder Familieuhäopter ihren letzten Wohnsitz hatten. 4 , Bei der Anmeldung zur Stammrolle ist das Geburtszeugnist vorzulegen, sofern die Anmeldung nicht am Geburtsorte selbst erfolgt. 5 ., Sind Militärpflichtige von dem Orte, an welchem sie sich nach Nr. 2 zur Stammrolle anzumelden haben, zeitig abwesend, auf der Reise begrissen, Handlungsdiener, auf See befindliche Seeleute rc., so haben ihre Eliern, Vormünder, Lehrherren, Brod- und Fabrikherren die Verpflichtung, sie zur Stammrolle anzumelden. 6 ., Die Anmeldung zur Stammrolle ist in der vorstehend vorgeschriebenen Weise seitens der Militär- vflichiigen w lange alljährlich zu wiederholen, bis eine endgültige Entscheidung über die Dienst pflicht durch die Ersatzbehölden erfolgt ist. Bei Wiederholung der Anmeldung znr Stammrolle ist der im ersten Militärjahre erhaltene Lofungsschein vorzulegen. Außerdem sind etwa eingetretene Veränderungen (in Betreff des Wohnsitzes, des Gewerbes und Standes u. s. w.) dabei anzuzeigen. 7 ., Von der Wiederholung der Anmeldung zur Stammrolle sind nur diejenigen Militärpflichtigen befreit, welche für einen bestimmten Zeitraum von den Ersatzbehörden ausdrücklich hiervon ent bunden oder über das laufende Jahr hinaus zurückgestellt werden. 8 ., Militärpflichtige, welche nach Anmeldung zur Stammrolle im Laufe eines ihrer Militärpflichtjahre ihren dauernden Aufenthalt oder Wohnsitz nach einem anderen Aushebungsbezirk verlegen, haben dieses behufs Berichtigung der Stammrolle, sowohl beim Abgänge der Behörde oder Person, welche sie in die Stammrolle ausgenommen hat, als auch nach der Ankunft an dem neuen Orte derjenigen, welche daselbst die Stammrolle führt, spätestens innerhalb 3 Tage» zu melden. 9 ., Versäumung der Meldefristen (Nr. 1, 6 und 8) entbindet nicht von der Meldepflicht. 10 ., Wer die vorgeschriebenen Meldungen zur Stammrolle oder zur Berichtigung derselben unterläßt, ist mit Geldstrafe bis zu 30 Mark oder mit Hast bis zu 3 Tagen zu bestrafen. Demgemäß werden alle nach Hotzcnstein-Ernstthal gehörigen Militärpflichtigen, soweit sie im Jahre 1880 geboren sind bez. m früheren Musterungen zurückgestellt worden sind, im Falle der Ab wesenheit aber deren Eltern, Vormünder, Lehr- oder Fabritherre» hiermit zur Befolgung der vorersichtlichen Bestimmungen, insbesondere aber dazu aufgefordert, in der Zeit Jcb. Rchtr. Gßlr. Bekanntmachung. Ter 3. Termin Der Stadtrath. Qr. Polster, Bürgermeister. Hohenstein-Ernstthal, den 11. Januar 1900. Ter Stadtrath Dr. P v l st e r, Bürgermeister. Vom 15. Januar bis 1. Februar 1900 unter Vorlegung der Geburts- oder Loosungsscheine die vorgeschriebene Anmeldung zu bewirken. Die Anmeldungen erfolgen im Meldeamt (Ruthhaus-Zimmer Nr. 5.). Hohenstein-Ernstthal, am 8. Januar 1900. wird Dienstag den 16. und Mittwoch den l7. Jannar d. A. in der Gemeindcexpedition vereinnahmt. Oberlungwitz, am 10. Januar 1900. Ter Schulvorstand. k. Lande, Vors. Hohenstein-Ernstthal, am 10. Januar 1900. Ter Stadtrath. I)r. Polster. Bekanntmachung. Alle Geschäftsleute und Handwerker, welche im verfloffenen Jahre Lieferungen und Arbeiten für die Stadtgemeinde Hohenstein-Ernstthal geleistet haben, werden aufgefordert, elwa noch nicht beglichene Rechnungen nunmehr ungesäumt anher znr Zahlung ein zureichen. Bekanntmachung, das polizeiliche Meldewesen betr. Es ist in letzter Zeit sehr häufig wahrzuaemnen gewesen, daß seitens der hiesigen Einwohnerschaft die Vorschriften über die polizeilichen An:, Um- und Abmeldungen recht wenig beachtet werden. Theils werden die Meldungen sehr mangelhasi, lhecis aber überhaupt nicht erstattet, sodaß sich verschiedent lich Bestrafungen nolhwendig gemackt hib.r. Wir bringe» deshalb hieimil die Emwolmcr- und Frcmdeumeldeorduung für die hiesige Stützt in Erinnerung und brmer'.o uigi -cb, ,mf; die Meldungen nicht, wie oft vorgekommen, von Kinder», sondern von solchrn Per mren au;mugeu sind, welche über die die Meldung betreffen de» Personen genaue Auskunft ;n geben vermögen. Zuwiderhandlungen gegen die angemg.m Einwohner- und Fremdenmeldeordnung ziehen ummch- sichtlich die darin angedrohlen Straw» nach sich. Schiffstaufe in Stettin. DerDoppclschraubcn-Lchnelldampser„DeutsHlcind' lief Dienstag Mittag 12 Uhc m Stettin in Gegenwart deS Kaisers glücklich vom Stapel, -en Taufakt voll zog StaalSmimster Graf v. Bülow Folgende Einzel heilen werden über di- Feier berichtet: Um 12 Ubr traf der Kaiser om d-r Werlt des „Vu-kan" ein. Am Landungsplätze, wo eine vom Grenadier-Regiment „König Friedrich Wilhelm IV." (1. Pow.m.) Nr. 2 gestellte Ehrenevmpagnie ausgestellt ivar, wurde Seine Majestät von den Directoren und dem Ausiichtsrathe des „Vulkan" empfangen. Nach dem Abschreiten der Front der Ehrencompagnie begab sich Sc. Majestät m den hergcrichv En Pavillon und wohnte dem Stapel lauf des Doppelschraubcn Schnelldampfers „Deutsch land" bei. In der Ansprache, mit der Staatssccr-tä' Graf Bülow die Taufe des Damm rr „Deutschland" vollzog, legte er die gewaltige Eruw ckelung der Ham burg-Annrika Linie dar, die wähn:.' des letzten halben Jahrhunderts mit dem Bremer glotz' zur größten Rhederci Gesellschaft der Welt nnpvrstiea, in deren Flotte heute ein neues Schiff eingereiht werden soll zur Fahrt aur jener Hochstraße des nordatlantischcn Verkehrs, die Deutschland mit dem befreundeten Volke der Vereinigten Staaten verbindet. Das Schiff ist out der Werft deS „Vulkan" erbaut, der seine Laurbahn auch ebenso bescheiden begonnen habe, wie die Ham bürg-Amerika Linie, und der beute auch den Marinen fremder Nationen alle Schiffstypcn liefert. Das Schiff, das heute dem Element übergeben wird, soll das mäch tigste Schiff Ler Welt werden, das an Schnelligkeit alle auf dcr Fahrt befindlichen Sch sie übertreffe. Wie die Hamburg-Amerika-Lw'c und der Stettiner „Vulkan" ihre LcisturgSfäh'gkett ste-gerten, begann währe"d der selben Periode Deutschland sich wieder zu gcm nncn, was sei« den Tag» der Hansa verloren gegangen ist. Seit dem Untergänge der Hansa, die zu Grunde gmg, weil das alle Reich sie nicht genügend stützte, weil da ¬ mals der deutsch: Kammann keine genügend swrle Rückd.ckung gesunden hatte, wandte sich Deutschland von drc Sce ab. Erst als die Ration durch den großen Kaiser und die unsterbliche» Berather dieses groß m Kaisers und durch die Opicrwilligkcit und Vaterlands liebe aller Stämme und Schichten des deutschen BolkcS dic staatliche Emhcit wiederccrunzcn hatte, betrat e§ wieder das Theater der Weltpolitik. Deutschlands gegenwärtige überseeische Politik fit aus Deutschlands gegenwärtigem wirthschaßlichc» Ausichwunge hervor gegangen, der wiederum eine Folge der Schaffung des Reiches ist. Als di? deutsche Arbeit sich e-ne Stellung au- dem Weltmar.t erobert^, mußte Deutschlands auS- mä tige Politik de Gestaltung Ser wiNhsHanlichcn Krä'te folge». Drutschlanrs heutige überseeische Politik. Lie heutige Weltpo'nik ergab n sich aus Deutschlands wiclhscha'tlich m WachSthum mit Noltzwendigkcit. Deutschland fühlte meine und mc^r, daß das Volk, das sich von der See OTränae» läßt, >n dem W.ltgctriebc bei Seile stehe. Deut'chlauo, dessen Handel währe, d dcr o-.r Jabrzennt von 2*2 Milliarden im Jahre 1860 auf 8 Milliarden im Jahre 1897 ge stiegen sei, das in 30 Jahren Ec Tonnage der an delsmarine verfünfzehnsachtc, das im Handel und in dcr Schifffahrt m die zweite Stelle auszcrückt ist dar nieder im winhschaitlichcn noch im politischen Weit bewerb zurückbleiben; Deut'chland, Vas längst nicht mehr nur ein Binncnvolk im Herzen Europas, sondcrr auch in dcr Welt als HandclSmacht im Vordertreffcn concurrirt, müsse auch zur Sce stark genug sein, um den deutschen Frieden, deutsche Ehre und deutsche Wohlfahrt überall wahren zu könne» Redner schloß: „Wenn wir auf die cm uns vom Schicksal vorgczeich ncten Wege Hindernisse zu überwinden und schwierig- Stelle» zu passire» haben, wird uns daö w.dcr irre machen, noch nicd-rbeugcn; muthig. stetig, energisch müssen i:nd wolle» wir diesem Endziele cntgegenschrciten Der Ramc, den dieses Schiff erhalten soll, ist der Rame des ersten Lchiff-s dcr Hamburg-Ameeika-Line, eines kleinen Segelschiff'S, das im Jahre 1848 von Hamburg nach Rewyvlk mit 220 Passagiere» >» See stach, derj-nige Ramc, der von allen irdischen Ramen »ns d.r theuerste, höchste uns heiligste Nam. M: Lmtichland. Ich taufe dich auf den Ramen „Deutsch land"! Nachdem die Schoumweinflasche am St v n des Schiff s zerschellt war, fuhr Gras Bülow fort: „Gott segne und schütze das Schiff, schütze sie Frcunsschwt den Verkehr mit uns und Sen Vereinigten Staaten!" Bülow schloß mit einem Hoch au» d:n Führer der Nativ'', Se. Majestät den Kaiser. Im Laufe des Nachmittags fand ein Festmahl statt, beiden, MimsterGrafBülowwieder eine iRede hielt, in der er ausführte: Als Staatssekretär des Aeußeren habe ich die Pflicht, die Auswärtige Politik iir dem Geleise zu halte», das der größte Staatsmann unserer und wohl aller Zeiten, Fürst Bismarck, vorgezeichuet hat, im Geleise ruhiger Stetigkeit, friedlicher Besonnen heit, fester Sicherheit und Würde, die dem Deutschen Reiche das Vertrau?» der andere» Kabinette erworben habe» und die ein festes Fundament des europäische» und des Weltfriedens bilden. Wenn ich auch wohl weiß, daß auf dem Gebiete der inneren Politik, um mich diplomatisch auszudrücken, Differenzen obwalten, fo glaube ich doch, daß hinsichtlich der Ziele unserer auswärtigen Politik und auch der Mittel, um diese Ziele zu erreichen, tiefere Differenzen in der Nation nicht wohl obwalten können. In dieser Einigkeit unseres Volkes liegt gegenüber der Schärfe der inneren Gegensätze ein Ausgleich und eine Gewähr für die Zukunft unseres Volkes. Mit dieser Ueberzeugung von der Uebereinstimmung der uiigeheureii Mehrheit der Nation, hinsichtlich ihrer Daseinsbedingunzen, habe ich seinerzeit die Geschäfte meines : essorts über nommen und ich hoffe, daß es mir »ach und nach gelinge» inöge, so freundliche Anerkennung, wie sie mir soeben zutheil geworden ist und das Vertrauen und die Zufriedenheit im Lande zu erlangen. Meine Herren! Von den beiden Herren, die vor mir das Wort ergriffe» haben, ist die Frage der von den ver bündete» Regierungen für nothwendig erachteten Er gänzung und Erweiterung des Floltengesetzes von 1898 berührt worden. Wir alle halten an der Hoffnung fest, daß die Vertreter des deutschen Volkes mit oft bewährter Vaterlandsliebe und Einsicht und Würdigung der Weltlage und unserer Lage in Ser Welt und in Würdigung der Nothwendigkeiten und Gefahren unserer Lage der Verstärkung unserer See- streitkräste auch diesmal ihre Zustimmung nicht ter- sagen werden. (Lebhafter Beifall.) Meine Herren! Ich habe oft gedacht, daß doch ein tiefer Sinn darin liegt, daß der Flottengedanke und die Einheitsbewegung ungefähr gleich alt sind. Der erste Antrag auf Aus rüstung eines deutschen Kriegsschiffes wurde gestellt in Baden in demselben Jahre 1817, wo die Wartburg seier stattfand. Als 1840 das Lied vom freien deutschen Rhein ertönte, trat der Vorkämpser sür die deutsche Seemacht, Friedrich List, in die publizistischen Schranken — 1848 flammten der Einheits- und der Flvltcngedaicke gleichzeitig auf und wurden 2 Jahre später zusammen eingesargt, um gleichzeitig wieder aufzustehen. Im Jahre 1867 wurden gleichzeitig der norddeutsche Reichstag und die norddeutsche Marine geboren, welche sich vier Jahre später in den deutschen Reichstag und die deutsche Flotte umwandelten. Sie sehe» also, daß im Grunde der Reichstag und die Flotte Geschwister sind. (Heiterkeit und lebhafter Beifall.) Wir hoffen alle, daß der Bruder seiner Schwester weiter verhelfe» möge zu WachSthum, Stärke uud Größe und daß die Mutter Germania auch weiter an diesen beiden Kindern ihre Helle Freude hat. (Lebhafter Beifall.) Graf Bülow schloß seine mit stürmischem, anhaltendem Beifall aufgenommene Ned? init einem Hoch auf die beiden großen Gesell schaften, die „Hamburg - Amerika » Linie" und den „Vulkan".