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Pulsnitzer Anzeiger Ohorner Anzeiger Haupt, und Tageszeitung für die Stadt und den Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz und die Gemeinde Ohorn Die». Zeitung «scheint täglich mit Ausnahme der gesetzlich« Sonn- «d Feiertag«. Der Bezugspreis betrügt bet Abholung wöchentlich 46 Rps., bet vteserung frei Hau» >0 «»1. Postbezug monatlich L80 NM. Iw Falle höher« Gewalt ober sonstiger Betriebsstörungen Hai der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung ober U ückmhlung de» Bezugspreises. — Preise und Nachlaßsützr bei Wiederholungen nach Preisliste Nr.» — Für da» Erscheinen von Anzeigen in bestimmt« Nummer« und an bestimmt« Plütz« ketu« Sewühr. Anzeigen find an d« ErscheinunaSSag« NS««» 10 Uhr aufzugeb«. — Vertag: Mohr S- Hoffman«. Druck: Karl Hoffmaun m Gebrüder Mohr. Hauptschristleiter: Walter Mohr, Pulsnitz; Stell».: Walter Hasst«««» PulSui^ Berantwortlich für den Hetmattetl, Sport u. Anzeigen Walt« Hoffman», P»N«1tzr für Politik, Bilderdienst und den übrigen Teil Walt« Mohr, PuSnttz. D. A. L, GeschäftSstell«: «lbertstrabe 2 und Abolf-Httler-Strahe 4. Fermnes »»« «»» «0 Der Pulsnitzer Anzeiger ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast zu Kamenz, des Etadtrates zu Pulsnitz und des Gemeinderates zu Ohorn behördlicherseits bestimmte Blatt und enthält Bekanntmachungen des Amts gerichts Pulsnitz, sowie des Finanzamtes zu Kamenz 88. Jahrgang Sonnabend, den 14. November 1936 Nr. 267 Brach in -er Pariser Bammer Ohrfeigengefecht um den Innenminister Salengro Gelegentlich der Aussprache über die Beschuldigungen der Rechten gegen den französischen Innenminister, näm lich, daß Innenminister Salengro während des Krieges fahnenflüchtig geworden sei, kam es in der Kammer zu einer Saalschlacht, wie man sie bisher in der Geschichte des französischen Parlamentarismus wohl kaum beobachtet haben dürfte. Der rechtsstehende Abgeordnete Becgnart führte in seiner „Anklagerede" aus, daß der Beschluß des sogenann ten Ehrengerichts, dem General Gamelin Vorstand, keine Aufklärung des Falles gebracht hätte. Die Zeugenaus sagen, die vorlägen, gingen ausschließlich do'aus hinaus, daß Salcnaro während eines vollkommen ruhigen Tages die französischen Stellungen verlassen habe und seither spurlos verschwunden gewesen sei. Er habe behauptet, den Leichnam eines am vorhergehenden Tage gefallenen Kameraden zwischen den Stellungen suchen zu wollen. Die Frage sei aber, warum er dann in einem Brief erklärt habe, er sei während einer Schlacht gefangengenommen worden. Sofort nach der Gefangennahme Salengros habe eine heftige Beschießung der französischen Stellungen ein gesetzt. Die Haltung Salengros sei entweder die eines Helden oder eines Deserteurs. Seine Vorgesetzten hätten ihn aber nie für eine Auszeichnung vorgcschlagcn, sondern ihn im Gegenteil vor das Kriegsgericht zitiert. Salengro habe die Möglichkeit gehabt, seine Ankläger wegen Verleum dung zu verfolgen. Er habe davon keinen Gebrauch ge macht. Aum Schluß gab der Interpellant feiner Verwunde rung darüber Ausdruck, daß von fünf Richtern sich zwei für die Schuld Salengros ausgesprochen hätten. Dies sei ein dunkler Punkt, der unbedingt aufgeklärt werden müßte. Nachdem Becgnart seine Ausführungen beendet hatte, betrat Ministerpräsident LeonBlumdie Rednertribüne, um feinen Innenminister zu verteidigen. Auf der Rechten setzte sofort ein Tumult ein. Zwei Kommunisten sprangen daraufhin über ihre Bank hinüber zu der Rechten, und in wenigen Se kunden kam es zu einer beispiellosen Saalschlacht im Parlament. Es hagelte von allen Seiten Ohrfeigen. Unter unbeschreiblichem Lärm versuchte Kammerpräsident Herriot die beiden kämpfenden Parteien auseinanderzu bringen. Leon Blum auf der Rednertribüne brauchte meh ¬ rere Minuten, um sich überhaupt der Lage bewußt zu werden. Er verließ schließlich die Tribüne, als er von Herriot dazu aufgcfordcrt wurde. Erst »ach längere« Be mühungen gelang es den Saaldicnern, die Ruhe einiger maßen wicdcrherzustellcn, nachdem Herriot inzwischen die Sitzung aufgehoben hatte. Bei Wiederaufnahme der Sitzung betrat dann wieder Ministerpräsident Leon B l u m die Rednertribüne, um die Verteidigungsrede für seinen Innenminister zu halten. Er erklärte, daß Salengro nur ein einziges Mal vor ein Kriegsgericht gestellt und mit drei gegen zwei Stimme« srcigcsprochcn worden sei. Wenn einige Blätter das Gegenteil behaupteten, so geschehe das lediglich, >im in nere Zwietracht zn säe«. Ministerpräsident Leon Dl um erinnerte abschließend daran, daß die Kammer keinen Freispruch zu fällen habe, denn dies sei bereits vom Kriegsgericht geschehen, sondern daß sie die Aufgabe habe, einen gemeinen Feldzug zu brandmarken, Der schwerkriegsverletzte, rechtsstehende Abgeordnete Val- lat, forderte dann den Innenminister aus, sich mit dem Schiedsspruch eines Ehrengerichts einverstanden zu erklären und dieses Ehrengericht aus den Reihen seiner politischen Gegner zu wählen. Ein anderer Abgeordneter der Rechten gab seiner Ver wunderung darüber Ausdruck, daß sich Salengro nicht selbst von der Tribüne der Kammer herab verteidigt habe, Er habe vergeblich aas jene« Schrei der Entrüstung ge wartet, den jeder Schuldlose abgegeben haben würde. Diese Aufforderung veranlaßte Innenminister Salengro zu einigen kurzen Bemerkungen, in denen er lediglich erklärte« daß er als Soldat ebenso seine Pflicht getan habe wie jeder andere. Der Kammerpräsident gab die zum Fall Salengro vor liegenden Entschließungen bekannt. Die Kammer nahm zum Abschluß Ler Aussprache eine Entschließung an, in der zum Ausdruck kommt, daß sie den Feldzug gegen Salengro verurteilt und der Regierung das Vertrauen dafür ausspricht, Laß sie ein Pressegesetz erläßt, das in Zukunft derartige Verleumdungen unmöglich macht. Vertagung des französische« Parlaments Die französische Kammer hat sich auf Leit 24, November, der Senat auf Len 27. November vertagt. Die Beratung der Steuerreform ist wegen der feindseligen Haltung nicht nur Ler Opposition, sondern auch eines Teiles der Radikal- sozialisten zurückgestellt worden, Becks London-Besuch beendet Dunkel über das Ergebnis der Verhandlungen Der polnische Autzeuministcr Beck hat London nach einem fünftägigen Aufenthalt »nieder verlassen. Der geringe Raum, den die Zeitungen dem Besuch, den Ver handlungen Becks gegeben und vor allem der Abreise des Polnischen Außenministers gewidmet haben, läßt erken nen, daß das Hauptinteresse Englands zur Zett noch in Wcstcnropa liegt, und daß die Verhandlungen zu keinem bedeutsamen Ergebnis geführt zu haben scheinen. Von amtlicher Seite ivurde mitgeteilt, daß die bri tische Regierung mit den Ergebnissen der Besprechungen zwischen Oberst Beck und mehreren britischen Ministern zufrieden fei. Die polnische Presse zeigt sich in ihren Ausführungeil ebenfalls zufrieden mit den Verhandlungen Becks in London. Man müsse sich erinnern, schreibt die amtliche polnische Telegraphen-Agentur „Pat", daß Polen mit zwei der wahrscheinlichen Unterzeichner des vorgesehenen Westpaktes zweiseitige Verträge habe, näm lich das Bündnis mit Frankreich und die Verständigung MU Deutschland. Tie berechtigten Belange Polens verlangten daher, daß diese zweiseitigen Verträge durch das Nichtzustandc- lommcu eiues Wcstpaktcs nicht im geringsten berührt oder in »hrcn, Werte vermindert würden. Der italienische Außenminister Graf Ciano hat an läßlich des Abschlusses der Wiener Konferenz gegenüber einem Vertreter der Amtlichen Nachrichtenstelle eine Erklä rung abgegeben, daß seine Wiener Besprechungen mit Bundeskanzler Dr. Schuschnigg und Staatssekretär Dr. Schmidt neuerdings den festen Willen Oesterreichs und Italiens bewiesen hätten, im gegenseitigen Einvernehmen das Aufbauwerk im Sinne der römischen Protokolle fort- zusetzeu und damit auch einen Beitrag zur friedlichen Zu sammenarbeit der Nationen Europas zu liefern. Die halbamtliche italienische Zeitung „Giornale d'Jtalia" betont in einem Kommentar nachdrücklich, daß man eS. bei, dem „italienisch-österrcichisch-ungarischen Ver ein" keinesfalls mit einer Blockbildung zu tun habe, die im Gegensatz zu anderen Gruppen stehe. Die römischen Protokolle seien vielmehr als erste Etappe auf dem Wege zu einer Neuordnung des Donauproblems zu werten, wo bei ihre Ausdehnung auf andere Donaustaaten jedoch nur langsam erfolgen könne. Die neue« Abmachungen, fo fchreibt „Giornale d Italia" weiter, zwischen den einzelnen Protokollstaaten und anderen Ländern müßten in Form zweiseitiger Ver Graf Ciano über öie Wiener Konferenz träge abgeschlossen werden. Im Gegensatz zu den Be ziehungen zu den Staaten der Kleinen Entente seien die Beziehungen zwischen den Protokollstaaten und Dentschländ mit ihren offenkundigen wirtschaftlichen und kulturellen Interessen im Donauraum vollkommen geklärt, und bilden ein stabiles System gleichgerichteter Ziele. Auch die österreichische und die ungarische Presse sind mit dem Ergebnis der Dreierbesprechungen in Wien zu frieden. Und ieht Budapest... Der italienische Außenminister, Graf Ciano, traf am Freitag in Budapest ein. Aus dem mit ungarischen und italienischen Flaggen geschmückten Budapester Hauptbahn hof wurde Graf Ciano von Ministerpräsident Daranyi und Außenminister Kanya feierlich empfangen. Die Straßen der Hauptstadt trugen reichen Fahnenschmuck. Die Budapester Blätter widmen dem italienischen Gast herzliche Worte der Begrüßung und feiern in ihm unter Hinweis auf die Nevisionserklärung Mussolinis in Mai land den Vertreter des italienischen Regierungschefs. Ciano im ungarische« Reichstag Stürmische Huldigungen für Italic». Der italienische Nnßenminifter Ciano stattete dem u» garischcn Reichstag einen Besuch ab. Als Graf Cian» während der Sitzung des Abgeordnetenhauses die Dipl» matculogc betrat, wurde er von den Abgeordneten mit «urmtzcyen Eljen-Rusen und Hochrufen auf den König von Italien und Mussolini begrüßt. Der Präsident des Reichstages begrüßte den ttaki» nischcn Anßcnministcr mit einer Ansprache, in der er im Namen der ungarischen Nation dem tiefen Dank für der« Freund Ungarns, dem König- und Kaiserreich Italien, Ausdruck gab. Der RcichstagsprSsident bat den italie nischen Außenminister, dem Führer des italienischen Vol kes für fein Bekenntnis für die gerechte Sache Ungarns den aufrichtigen Dank Ungarns zu übermitteln. Romreife Horthys Ende November Der Besuch des ungarischen Reichsverwcsers Horthy beiin italienischen König in Rom ist nunmehr auf die Zeit zwischen dem 25. und 30. November fest- gelcgt worden. In ungarischen diplomatischen Kreisen rechnet inan allgemein mit einem baldigen italienischen Gegenbesuch, der bereits in der ersten Dezemberhälfte er folgen soll. Eine endgültige Entscheidung, ob tatsächlich, wie gerüchtweise verlautet, der König von Italien und Mussolini in offizieller Erwiderung des Besuches des Reichsvcrwescrs von Horthy in Rom nach Budapest kom men, liegt noch nicht vor. Ltnverstän-liches Arieil Polnisches Gericht verurteilt Reichsdeutsche zu Unrecht. Arn letzten Reichswahllage im März dieses Jahres befanden sich zahlreiche Reichsdeutsche aus dem Kreise Rybnik in Deutsch-Oberschlesien, um ihrer Wahlpflicht zu genügen. Während der Heimfahrt wurden die Reichsdeut schen von Mitgliedern des polnischen Verbandes der Auf ständischen überfallen und mißhandelt. Gegen mehrere Aufständische wurde Anzeige erstattet. Der Staatsanwalt in Rybnik lehnte jedoch eine Strafverfolgung mit der Be gründung ab, daß ei», „öffentliches Interesse nicht vor- liege". Merkwürdigerweise wurden aber elf Reichsdeutsche im Verwaltungsstreitverfahren zu Haft- und Geldstrafen verurteilt, weil sie angeblich die Aufständischen „pro- vozicrt hatten. Gegen diese Strafen legten die Reichs deutschen Berufung ein. Jetzt wurde die Angelegenheit Bezirksgericht in Rybnik verhandelt. Obwohl »amtliche Angeklagten den Vorwurf, die Aufständischen herausgefordcri zu haben, übereinstimmend zurückwiesen, kam das Gericht zu einer Verurteilung der Reichsdeutschen und erkannte auf je 50 Zloty Geldstrafe.