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APIER-VERARBEITUNG !■ Bu CH G E WERBE Berliner Typographische Gesellschaft Vereinslokal: Berliner Buchgewerbesaal, Dessauer Straßes, III Vorsitzender: G. Könitzer, Steglitz, Arndstraße 35 Kassierer: C. Rinck, Schöneberg, Bahnstraße 43, link. Aufgang III Schriftführer: E. Baumeister, SW 29, Bellealliancestr. 29 Zu der am Dienstag, 4. Februar 190Q, abends 9 Uhr, pünktlich, stattfindenden Arbeitssitzung werden die geehrten Mitglieder mit der Bitte um zahl reiches Erscheinen ergebens! eingeladen. Der Vorstand Tagesordnung: 1. Geschäftliches. — Eingänge. — Aufnahmen. 2. Kalender und Neujahrsdrucksachen. Besprochen von Herrn Gustav Könitzer. 3. Das Buchdruckplakat. Mit ausgestellten Beispielen der Buchdruckerei J. Wimmer in Linz a. D. 4. Eine amerikanische Papierprobe. Referent Herr Georg Erler. 5. Beschlußfassung über "die Veranstaltung eines heiteren Abends. 6. Technische Fragen. Berichtigung. In dem Bericht über die Sitzung vom 21. Januar ist ein bedauerlicher Fehler untergelaufen. Die Exlibris-Samm- Jung wurde nicht von Herrn Bruno Senf, sondern von Hrrrn Faktor Albin Weber ausgestellt und dieser hielt auch den Vor trag über Exlibris. Abänderung der Gewerbeordnung Zu Nr. 8 S. 281 Ich stimme der »Vereinigung für die Zollfragene vollständig bei, wenn sie sagt, daß die Vorschläge gründlicher Prüfung be dürfen. Die Ausdehnung der Vorschriften für Fabriken auf Be triebe mit nur 10 Arbeitern hätte für viele Mittelbetriebe ernste Gefahren und Schädigungen im Gefolge. So müßte eine Arbeits ordnung ausgearbeitet, von der Behörde genehmigt und ein geführt werden, und dann dürfte man von den Arbeitszeiten nicht abgehen, ohne vorher behördliche Genehmigung eingeholt zu haben. Wozu solches führen kann, möge aus einigen Bei spielen hervorgehen. Plötzlich kommt eine eilige Arbeit, so kann derjenige Be trieb, welcher nicht als Fabrik gilt, ohne weiteres mal eine oder zwei Stunden länger als üblich arbeiten lassen, nicht aber der jenige, welcher eine Arbeitsordnung hat einführen müssen, So hatte sich bei mir einmal eine Stunde Mehrarbeit plötzlich er forderlich gemacht, irgend jemand erstattete Anzeige bei der Gewerbeaufsicht, und diese führte zu unangenehmen Folgen. Anfang 1907 wurde die Arbeitszeit für die Buchdruckereien um 1/2 Stunde wöchentlich herabgesetzt, ich glaube aber, es werden sehr viele größere Betriebe garnicht daran gedacht haben, die dadurch notwendig gewordene Aenderung der Arbeitsordnung auch behördlich genehmigen zu lassen. Nach den gesetzlichen Bestimmungen darf aber keine Abänderung einseitig vorgenommen werden. Wie unendlich viele Umstände die behördliche Fabrik- Aufsicht bringt, weiß jeder davon Betroffene. Daher meine ich, muß angestrebt werden, daß bei der geplanten Abänderung Ausnahmen für eilige Fälle ohne weiteres zulässig erklärt werden. Auch die Herabsetzung der Höchstarbeitszeit für Arbeiterinnen auf 10 Stunden müßte für solche Ausnahme fälle außer Kraft treten. Gerade die Arbeiten in unserem Be triebe sind vielfach so leicht, daß eine Ueberanstrengung in mitunter nstündigem Arbeiten nicht erblickt werden kann. Weitere Aussprache ist sehr erwünscht. N. Meisterkurse für das Buchbinder-Gewerbe in Köln. Auf Ver anlassung des Oberbürgermeisters stimmte die Kölner Hand werkskammer der beabsichtigten Einrichtung von Meisterkursen für das Buchbindergewerbe zu und bewilligte einen Zuschuß zu den Kosten. O. K. Fernphotographie Die Erfindung des Münchner Professors Dr. Korn, welche zum ersten Male die Uebertragung deutlich erkenn barer Bildnisse durch Elektrizität auf Entfernungen wie Berlin—München, Berlin—Paris ermöglichte, hat mit Recht großes Aufsehen erregt. Korn benutzt den Film einer Originalphotographie, der auf einen Zylinder gerollt ist und sich in einer kleinen Dunkelkammer am Geber der Abgangsstation befindet. Dieser Zylinder, welcher auf recht steht, wird um seine Achse gedreht und während jeder Umdrehung um einen halben Millimeter gehoben. Durch eine winzige Oeffnung fällt das Licht einer kleinen Nernstlampe immer auf eine kleine Stelle des Films und durch denselben, zugleich aber auch durch eine Selenzelle. Diese hat die Eigenschaft, den elektrischen Strom, in den sie eingeschaltet ist, jeweils umso kräftiger wiederzugeben, je heller das Filmbild gerade belichtet wird. In 12 Minuten wird der sich drehende und allgemach nach oben gleitende Film nach und nach abgeleuchtet und in eine Folge ver schieden starker Ströme übersetzt, durch die angeschlossene Telephonleitung der Empfängerstation übermittelt. Dort geht die Zurückverwandlung in Lichteindrücke folgendermaßen vor sich: ein Saitengalvanometer über nimmt die Funktion der Blenden, wodurch das Licht einer zweiten Nernstlampe je nach den Strom und Lichtstärken schwächer oder stärker auf das lichtempfindliche Papier wirkt, dem es in einer zweiten Camera obscura zugeführt wird. Die Uebereinstimmung des Anwickelns der beiden Zylinder im Geber und im Empfänger, der sogenannte Synchronismus, ist neuerdings durch Korn ebenso voll kommen erreicht wie die früher nie gelungene Gleichmäßig keit der Wirkungen des Selen. Es entsteht im Empfänger- Apparat ein aus einer Spirallinie von 5 mm Zeilenweite bestehendes photographisches Bild, das dem im Geber apparat genau entspricht; es muß nur entwickelt und fixiert werden. Die Bilder zeigen ziemlich deutlich, von oben nach unten gehend, diese Zeilen, aus denen das Bild besteht, die Linien sind in den Lichtpartien feiner, in den Schatten kräftiger. Schon hat man angefangen, die Korn’sche Erfindung in die Praxis zu übertragen, indem bereits ein Austausch von Bildern zwischen den illustrierten Zeitschriften »Illustration« in Paris und »Daily Mirror« in London be gonnen hat. Indes sind andere Forscher auf diesem Ge biete nicht ohne Erfolg geblieben. So hat der französische Ingenieur Belin in Anlehnung an Korn ein Verfahren er dacht und erprobt, bei dem an Stelle des Selens ein Ge triebe und anstatt des Korn’schen Galvanometers der so genannte »Oscillator Blondel« wirkt. Das Originalbild Belins hat ein schwaches Relief, entsprechend den Lichtern und Schatten, ein Taster geht über das ebenfalls auf einen Zylinder gerollte Bild und beschreibt eine Spirallinie um denselben, die Unterschiede der Erhabenheiten werden durch einen Hebel in Bewegungen übertragen, proportional den Lichtern und Schatten des Bildes. Im Empfänger be sorgt der Oscillator die Abblendung des Lichts der Nernst lampe entsprechend der Stärke der ankommenden Ströme mittels eines winzigen schwingenden Spiegels, welcher die Licbteindiücke durch eine kleine Oeffnung in die Dunkel kammer wirft, deren Bauart ebenfalls Korn entlehnt ist. Die Pariser Wochenschrift »Illustration« druckte eine Autotypie ab, die nach einer Belin’schen Fernphotographie bergestellt wurde, und die Abdrücke zeigen keine Spur der bisherigen störenden Längslinien; es ist ein Bildnis der Königin von Holland in noch ganz jugendlichem Alter von großer Feinheit der Töne. Allerdings wirkt es etwas flau trotz der augenscheinlich angewandten Retusche in den tiefsten Schatten. Wie das Relief im Originalbilde hergestellt wird, darüber hüllt man sich in Schweigen. Paul Hennig