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872 PAPIER-ZEITUNG Nr. 20 Reklamationen Kaufmännische Betrachtungen und Ermahnungen eines Fachgenossen Fortsetzung zu Nr. 19 Bogen oder Rollen. Bei Bogen folge man dem Gebrauch, die Größe als Pro dukt darzustellen, also z. B. 70 X 100 cm und nicht 70/100 cm, wie es auch einige in Gewohnheit haben und dadurch sich Mißverständnissen aussetzen. Außerdem hat die Breite vor der Länge zu stehen, also nicht 100 X 70 cm, und ferner im Inlandsgeschäft alles in Zentimetern nicht etwa in rheinisch Zoll usw., wie es noch manchmal vorkommt. —Ihr Fabriken seht Euch vor, daß die Größe auch auf die Papiermaschine paßt, besonders wenn es sich um mehrere Größen in einem Auftrage handelt. Das Gleiche gilt für die Breiten von Rollen. Es muß bei Rollen ferner vereinbart werden, wie schwer sie sein sollen, ob Maschinen- oder Rotations wickelung, ob Hülsen aus Holz oder Pappe, ob mit runder oder quadratischer Oeffnung, und ob Stöpsel zu nehmen sind. Bei Ausfuhraufträgen muß auch die Art der Rollenver packung angegeben werden. An die Bestimmung der Bogengröße oder Rollenbreite hat sich die Vorschrift anzuschließen über die Schwere. Am klarsten ist die Angabe des Grammgewichts für den qm (g/qm), zumeist wird die Kilozahl des Rieses vorge schrieben. Wenn sich die Fabrik kein Uebergewicht ab ziehen lassen will, muß sie sich einen Spielraum ausbedingen, innerhalb dessen die Berechnung des tatsächlichen Gewichts erlaubt ist. Hat die Fabrik in ihren Verkaufsbedingungen schon eine diesbezügliche Stelle, so genügt es, in der Be stätigung zu bemerken, daß die Annahme des Auftrages zu diesen Verkaufsbedingungen, von denen ein Abdruck mit gegeben werden muß, wenn sie der Käufer nicht kennt, er folge. Erhebt der Besteller dann keinen Einspruch, so ist er gesetzlich an diese Bedingungen gebunden. Oft schreibt der Besteller auch vor: Schwere laut Probe. In diesem Falle ist es für die Fabrik sehr zu empfehlen, diese Probe genau auszuwiegen und in der Bestätigung folgendes zu sagen: »Wir haben die Probe ausgewogen und eine Schwere von g/qm festgestellt. Demzufolge werden wir das Papier in dieser qm-Schwere arbeiten, falls wir nicht andere Weisung von Ihnen postwendend erhalten.« Auf diese Weise wird dem Auftrag statt des unbestimmten »laut Muster« eine tatsächliche Zahl zugrunde gelegt. Fabriken müssen außerdem gleich darauf achten, daß sich die vorge schriebenen Gewichte innerhalb der Mindest- und Höchst schwere bewegen. Wird eine Ueberschreitung erst später gefunden, gibts Verdruß auf beiden Seiten. Aufmachung und Verpackung Es muß angegeben werden, wieviel Bogen das Ries ent halten soll. Warum müssen wir aber immer noch mit 480 Bogen rechnen, statt mit 500 oder 1000? Haben wir denn nicht die Zehner-Einheit? Lassen wir ruhig die Eng länder bei einem Gebrauch, der unpraktisch ist. Die Eng länder rechnen nur nach 480 Bogen, sind aber trotzdem nicht alle im Duodezsystem so verknöchert, daß nicht auch unter ihnen Bewegungen zur Einführung des Dezimalsystems im Gange wären. Bei uns in Deutschland muß es auf alle Fälle durchzusetzen sein, ausnahmslos 500 und 1000 Bogen zugrunde zu legen. Das hängt hauptsächlich von den Be stellern ab. Doch können auch die Fabriken ihr Teil zur Ausrottung dieser alten Gewohnheit beitragen, indem sie, wo es nur angängig ist, Riese zu 500 Bogen, namentlich bei Seidenpapier, Buntpapier usw. ihren Preisen zugrunde legen. Bei der Angabe der Bogenzahl hat im weiteren die Vorschrift zu folgen, ob die Bogen flach oder in Buch zu 25 Bogen gefalzt liegen sollen. Desgleichen hat eine Vor schrift über die Riesumschläge zu folgen, wenn dieses nicht der Fabrik überlassen sein soll. Namentlich im Ausfuhr geschäft ist der Riesverpackung besondere Aufmerksam keit zu widmen. Ob die Riese verschnürt oder ein geleimt zu verpacken sind, ist da nicht gleich, ebenso wenig, ob offene Stirnseiten oder rundum verpackte Riese. In einzelnen überseeischen Ländern ist das beste Papier schwer oder garnicht anzubringen, wenn es eine abweichende Ver packung hat. Infolge der mangelnden Papierkenntnisse gilt dort das Aeußere des Rieses namentlich in Verbindung mit bestimmten Etiketten vielfach als Sicherheit für den Inhalt. Ueber Verpackung von Rollen wurde schon oben hin gewiesen. Bei Bogen hat der Besteller vorzuschreiben, wie schwer die Ballen sein sollen, oder die Fabrik in der Be stätigung zu sagen, wie sie dies zu halten beabsichtigt. Im Ausfuhrgeschäft muß infolge der langen Transporte und vielen Umladungen zu Wasser und Lande besondere Auf merksamkeit auf die Verpackung gelegt werden. Wie oft rächen sich dabei Nachlässigkeiten in der empfindlichsten Weise. Ist ein Geschäft durch Auftragserteilung und Bestätigung zustande gekommen, so geht wegen der Lieferzeit oft bald ein Federkrieg Jos; hierüber könnte man an die Adresse der Fabriken eine ordentliche Strafpredigt halten. Es gibt Fabriken, die sich anscheinend grundsätzlich nicht um vereinbarte Lieferzeiten kümmern. Schreibt der Be steller, nachdem die Lieferzeit abgelaufen ist, wiederholt dringend wegen seiner Ware, dann kommen die bekannten Mitteilungen, daß die Ware schon »in den allernächsten Tagen« abgeschickt wird, oder ähnlich. Der Besteller be ruhigt sich einige Tage, dann sieht er, daß er nur hinge halten wird, und schreibt energisch an die Fabrik. Wieder eine tröstende Postkarte mit bekanntem Wortlaut. So geht das Spiel weiter, bis der Kunde endlich, nachdem ihn sein Abnehmer täglich in der unangenehmsten Weise ge mahnt hat, die Ware doch noch bekommt oder auch nicht. Wenn Ereignisse höherer Gewalt die Lieferung verzögern, dann kann niemand der Fabrik deswegen einen Vorwurf machen, aber wie leichtsinnig wird oft »force majeure« oder technische Schwierigkeiten vorgeschützt, wo in Wirklich keit nur alles darauf zurückzuführen ist, daß man im Kontor nicht weiß, für wie lange Zeit hinaus die einzelnen Ma schinen besetzt sind, oder daß man nicht einzuteilen ver steht. So hat eine der größten deutschen Papierfabriken einmal an einen einzigen Kunden monatlich auf Abschluß mehr verkauft, als sie überhaupt zu liefern imstande war! Schlechte kaufmännische Leitung, wo so etwas möglich ist, ebenso da, wo Ueberschreitungen der Lieferzeiten zur Tagesordnung gehören! Ist eine Lieferzeit verstrichen, so gebe man dem Lieferer eine angemessene Nachfrist unter Androhung des Rücktritts von dem abgeschlossenen Ge schäfte und der Geltendmachung jedes entstehenden Schadens. — Nach Ablauf derselben ist die Fabrik für Annullierung, Gegenkauf usw. haftbar, wenn sie nicht etwa in dieser Frist geliefert hat. Schon mancher Fabrik ist die im Inlandsgeschäft bekannte Bummelei in den Liefe rungen teuer zu stehen gekommen, sobald sie dieselbe auch gegen die Ausfuhrhäuser anwandte. Diese wissen sich dagegen zu schützen. Im Anschluß an die Angabe der Lieferzeit hat diejenige für den A blieferungsort zu folgen. Dieser ist genau zu bestimmen, also z. B. nicht einfach »Köln« sondern »frei Haus Köln« oder »frei Bahnhof Köln« oder bei Wasserverladung »frei Bord ankommenden Dampfers Rotterdam« oder »fob Antwerpen«, (f. o. b. = free on board, frei an Bord des aus gehenden Dampfers) frei Zollhafen Hamburg, »cif Liverpool« (c.i.f. = cost, insurance, freight = alle Transportspesen, Fracht und Versicherung bis Bord des ankommenden Dampfers in Liverpool bezahlt). Im allgemeinen reisen im Inland die Güter auf Rechnung und Gefahr des Bestellers, deshalb treffen Beschädigungen oder Verluste während des Trans ports, soweit sie nicht auf mangelhafte oder vorschrifts widrige Verpackung der Fabrik zurückgefübrt werden können, den Besteller, der seinerseits versuchen kann, die Bahn, den Spediteur, die Schiffsgesellschaft usw. haftbar zu machen. Im allgemeinen gilt dabei der Satz, daß jeder Beförderer die Ware in dem Zustande abzuliefern hat, in dem er sie übernahm, sofern er nicht gleich bei der An nahme diesbezüglich einen Vorbehalt gemacht hat. Schluß folgt