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PAPIER-ZEITUNG 771 Briefkasten Der Frage muß 10 PL-Marke befliegen. Anonyme Anfragen blebea unbercksichtig Antwort erfolgt ohne Gewähr. Kostenfrei nur, wenn Abdruck ohne Namen gestattet Erfüllungsort 8221. Frage: Ist die häufig angewandte Bemerkung auf Rechnungen »Erfüllungs- und Zahlungsort K.« (Ort der liefern den Firma) rechtlich unanfechtbar zulässig? Wenn nicht, kann man sich in folgender Weise den durch die obige Bemerkung beabsichtigten Vorteil sichern? Ich frage bei sich neu etablierenden Firmen mit einem in Maschinenschrift gedruckten Schreiben, auf dem die Adresse und Datum mit Schreibmaschine nachgeschrieben waren, mit 10 Pf.-Brief (also nicht Drucksache !) an, ob sie geneigt seien, von mir ein Lager meiner Waren zu übernehmen. Auf diesen Druck schriften möchte ich unter anderen Bedingungen auch die drucken lassen, daß »Erfüllungs- und Zahlungsort K.« ist. Dieser gleiche Vordruck befindet sich auch auf den Rechnungen, ist aber so für den Abnehmer nicht verbindlich. Soweit ich mich entsinne, ist diese Bemerkung aber, falls sie im Antrag enthalten ist, für den Käufer verbindlich! Ist diese Annahme richtig? Sind die von mir an die neu gegründeten Firmen gerichteten Briefe als Anträge zu be trachten ? Antwort: Wir verweisen auf das vom Syndikus der Aeltesten der Kaufmannschaft Berlins veröffentlichte Buch »Der Erfüllungsort beim Handelskauf«, welches in unserer Nr. 26 von 1904 S. 969 besprochen wurde, ferner auf die Gerichts-Entscheidung in unserer Nr. 60 von 1906 S. 2500. Danach sind Angaben auf Rechnungen ohne rechtliche Be deutung, dagegen sind Bedingungen, welche im Angebot oder in der Auftragsbestätigung enthalten sind, nach dem Abschluß des Vertrags rechtsgiltig. Die vom Fragesteller geplanten Rundschreiben sind wohl Angebote, d. h. An träge im juristischen Sinne, jedoch wird es sich empfehlen, in der Bestätigung des Vertrages die Klausel über den Er füllungsort in auffälliger Schrift anzubringen, damit der andere Teil nicht später seine Unkenntnis dieser Be dingung behaupten kann. Gefütterte Beutel 8222. Frage: Wäre es ratsam, sich auf einen Prozeß einzu lassen, da ich mit meinem Abnehmer S. in Güte nicht einig werden kann? S. bestellte bei mir 25000 kleine Beutel laut Probe 1 (2 Stck.) mit staubdichter Klebung und das Pergamyn- papier an der Klappe genau wie Probe über das Silberpapier hinausragend. Ich lieferte nach beifolgenden 10 Beuteln, die ich aus 10000 herauszog. Das übrige geht aus den Briefen hervor. S. läßt sich nicht sprechen und will die Papier-Zeitung als Schiedsrichterin nicht anerkennen. 7 M. kostet das 1000, und 3 M. will S. nur zahlen. 5 M. 50 Pf. habe ich zugesagt. Auch meinen hiesigen Konkurrenten nimmt er als Schiedsrichter nicht an. Welchen Rat geben Sie? Ankvort: Die gelieferten Beutel weichen von der Vor lage darin ab, daß der untere angeklebte Falz bei einem Teil der Auflage die letzte Zeile des Reklametextes zum Teil überklebt. Wenn die uns vom Fragesteller gesandten 10 Muster dem Durchschnitt der Sendung entsprechen, so besitzen nur etwa 1/10 diesen Mangel. Da das Beutelpapier sehr durchscheinend ist, läßt sich die überklebte Zeile deutlich lesen. Ferner beanstandet der Käufer, daß die Beutel nicht pulverdicht, folglich unbrauchbar sind. Die uns übersandten Liefermuster unterstützen diese Behauptung in keiner Weise, vielmehr erweisen sich danach die gelieferten Beutel ebenso dicht wie die Vorlagebeutel. Käufer lehnt jedes Schiedsgericht ab, da er annimmt, daß der Schiedsrichter die gelieferte Ware zwar für minder wertig erklären, jedoch auf deren Annahme gegen Nachlaß erkennen wird. Dagegen werde der gelehrte Richter, falls Fragesteller auf Uebernahme klagt, dem Käufer das Recht zusprechen, die Ware glatt abzulehnen, da sie un brauchbar sei. Wir halten diese letzte Annahme des Fragestellers für irrig. Der Richter würde wahrscheinlich die Beutel einem Sachverständigen vorlegen und sich nach dessen Gutachten richten. Dieses würde so lauten, wie das eines sach verständigen Schiedsrichters. Nach § 634 BGB ist Annahmeweigerung ausgeschlossen, wenn der Mangel den Wert oder die Tauglichkeit des Werkes nur unerheblich mindert. Dieser Fall liegt hier vor, daher kann Fragesteller auf Uebernahme der Ware zu dem von ihm reichlich ermäßigten Preise klagen. Konkurrenzklausel des Vorbesitzers 8223. Frage: Am 20. Februar sind es 8 Jahre, daß ich meine Fabrik in X an den Apotheker A verkaufte. Als Kaufpreis erhielt ich gute Hypotheken. Auch mein sonstiges Vermögen ist fest gefahren, ohne daß ich auf Zinsen dafür in absehbarer Zeit rechnen kann. Ich muß deshalb wieder Geld verdienen. Mit mir unbekannten Artikeln usw. möchte ich nicht Versuche machen, sondern meinen Artikel, den ich gelernt habe, wieder aufnehmen. Leider habe ich mich beim Kaufabschluß zu einer Konkurrenzklausel verleiten lassen, laut §§ 3 und 4 beiliegenden Vertrags. Diese verbieten mir die Fabrikation meiner früheren Ware. Was ist zu tun, um von dieser Konkurrenzklausel befreit zu werden? § 4 räumt mir zwar ein Bezugsrecht ein auf die Ware, da aber X nicht mehr den guten Rohstoff nimmt, den ich früher verwandte, und auch nicht mehr so genau arbeitet, weiß ich nicht, was ich für Ware bekomme; habe ich mir mit Mühe und Not einen Kundenkreis geschafft, so büße ich ihn vielleicht wegen schlechter Qualität ein. Ich bin verheiratet und habe einen Sohn von bald 19 Jahren. Wäre es angängig, daß meine Frau, mit welcher ich in Güter trennung stehe, oder mein Sohn die Fabrik eröffnet? Antwort: Beschränkung der Konkurrenzklausel nach Ort, Zeit und Höhe der Vertragsstrafe ist gesetzlich nur für Handlungsgehilfen vorgesehen. Wenn selbständige Kaufleute in einem Vertrag eine Konkurrenzklausel ver einbaren, und diese Klausel nicht gegen die guten Sitten verstößt, so muß der Vertrag gehalten werden. So auch hier. Vorschiebung der Frau oder des Sohnes wäre gleich falls vertragswidrig. Wer ist kündigungsberechtigt? 8224. Frage : Ich wurde im November 1905 von dem bevoll mächtigten kaufmännischen Leiter fürs Bureau mit gesetzlicher Quartalskündigung angestellt. Der technische Leiter ist wohl für den Betrieb bevollmächtigt, jedoch fürs Bureau nicht, obwohl er auch dort oft die Briefe unterschreibt, da der kaufmännische Leiter häufig nicht da ist. Im Laufe der Zeit schloß der tech nische Leiter, ohne Wissen des kaufmännischen, mit mir einen Vertrag, worin 4wöchentliche Kündigung festgesetzt wurde. Heute, am 31. Januar 1907, kündigt mir der technische Leiter zu Ende Februar. Muß ich diese Kündigung zum 1. März annehmen oder kann ich auf gesetzliche Kündigung von Mitte Februar zu Ende März bestehen? Antwort: Zur Kündigung ist der Geschäftsherr oder sein bevollmächtigter Vertreter berechtigt. Wenn der technische Leiter Vollprokura hatte, so durfte er in Ver tretung der Firma, auf Grund des neuen Vertrags, kün digen. War der technische Leiter zur Alleinvertretung der Firma nicht berechtigt, so war auch der von ihm allein unterschriebene Vertrag ungiltig. Wenn aber Fragestellerin die Kündigung ebenso wie den Vertrag angenommen hat, obwohl sie den Mangel der Vollmacht kannte, so kann sie die Kündigung nicht anfechten. Verträge müssen nach Treu und Glauben gehalten werden. Vorschriftswidriger Aufdruck 8225. Frage: Ein Kunde bestellte Akten-Kuverte mit Auf druck der Bestellerfirma in großer Ausführung quer oben über das Akten-Kuvert, wie auf dem beifolgenden Muster mit Bleistift gezeichnet. Der Setzer hat versehentlich die Firma in kleiner Ausführung, wie aus der Probe ersichtlich, gesetzt; sonst ist alles richtig. Nur infolge des kleineren Druckes weigert sich der Abnehmer unseres Kunden, die Akten-Kuverte zu über nehmen. Kann unser Kunde den Abnehmer zur Uebernahme zwingen, und hätte ein Prozeß Aussicht auf Erfolg. Dem Kunden wurde Nachlaß angeboten, er glaubt aber zur gänzlichen Verweigerung berechtigt zu sein und will sich auf nichts ein lassen. Antwort: Nach § 633 des BGB war Fragesteller ver pflichtet, die Briefumschläge so herzustellen, daß sie die zugesicherten Eigenschaften haben. Zugesichert war, daß der Aufdruck fast die ganze Länge des Aktenumschlags einnimmt. In der Ausführung nimmt er nur etwa 1/3 in der Mitte ein. Beseitigen läßt sich der Mangel nicht. Demnach fragt es sich, ob der Kunde auf Grund des § 634 BGB die Abnahme verweigern darf oder mit entsprechendem Nachlaß abnehmen muß. Wir sind der letztgenannten Ansicht, da nach dem vorletzten Absatz des § 634 Wandlung (d. h. Rücktritt vom Vertrag) ausgeschlossen ist, wenn der Mangel den Wert oder die Tauglichkeit des Werkes nur un erheblich mindert. Dieser Fall liegt unseres Erachtens hier vor.