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SCHREIBWAREN-HANDEL M_EE£eSES=HSGSKHIE5 I Nr ‘ 13 C — 3 14 Februar 1907 j Papierverein Berlin und Provinz Brandenburg Das Stiftungsfest wurde am Sonnabend, 9. Februar, in den Sälen des Norddeutschen Hofes zu Berlin durch Abend essen und Ball gefeiert. Der prächtige Blumenschmuck der Festtafeln fand allgemeinen Beifall, ebenso die schöne Be leuchtung der stilvoll eingerichteten Festräume. Gegen achtzig Festteilnehmer waren erschienen, darunter auch viele Gäste. Zwischen den Gängen des Festmahls spielte eine gute Kapelle, auch wurden zwei eigens für das Fest gedichtete Lieder gemeinsam gesungen, die viel Beifall fanden. Fräulein Kuhn erfreute durch fein vorgetragenen Gesang. Trinksprüche wurden auf die Damen, die Gäste, den Vergnügungs-Ausschuß und den Papier-Verein aus- gebracht. Fröhlicher Tanz hielt fast alle Gäste bis zum Morgen grauen beisammen. Eine Polonäse mit zahlreichen Scherz figuren, zu welchen die Papier-Industrie die Hilfsmittel lieferte, trug zur Heiterkeit bei. Außer der Erinnerung an ein schönes Fest konnten die Damen auch Spenden mit nach Hause nehmen: eine hübsch verzierte verschließbare Truhe mit Süßigkeiten und gutes Briefpapier, gestiftet von der Firma Bretschneider & Graeser. Volle Anerkennung gebührt dem Vergnügungsausschuß, und es ist nur zu wünschen, daß künftig mehr Mitglieder mit ihren Familien das Stiftungsfest mitmachen. Wiener Luxusbriefpapiere (Eigenbericht. Nachdruck verboten) Mit Befriedigung kann man den von Jahr zu Jahr sich steigernden Aufschwung der Wiener Papierindustrie ver folgen. Alle Kunstgewerbeausstellungen, selbst das k. k. Oesterr. Museum für Kunst und Industrie, öffnen ihr die Pforten, denn jeglichen Anregungen vom Standpunkt der Kunst und Mode zugänglich, stellt sie Künstler aus aller Herren Länder in ihren Dienst und bildet einen stolzen Pfeiler des Wiener Kunstgewerbes. Der gegenwärtigen Moderichtung folgend, entlehnt sie ihre Motive hauptsäch lich dem Empire- und dem Biedermeierstil, ohne deshalb den neuen Stil, für den England vorbildlich ist, zu ver nachlässigen — abgesehen von den Phantasieschöpfungen, denen der anmutige, tändelnde Wiener Geschmack zu grunde liegt. Im ganzen genommen zeichnen sich also die modernen Erzeugnisse durch künstlerischen Schmuck, durch gediegenes Material und durch erlesenen Farbenreiz aus. Die weitaus geschätzteste Verzierung bilden heuer Kupferdrucke, einfarbige und kolorierte Heliogravüren, von den Originalzeichnungen, Aquarellen und Oelbildchen ab gesehen, die ihrer Kostspieligkeit wegen hauptsächlich als Glückwunsch- oder als Speisekarten in Verwendung kommen. Neben dem vorerwähnten künstlerischen Schmuck finden sich reizende Verzierungen durch kolorierte Relief prägungen, Blaudruck in Delfter Manier, Zwei-, Drei- und Vielfarbendruck, Ton , Klischee- und Blinddruck, sowie durch Gold-, Silber- und Kupferpressungen. Der Schmuck nimmt, wenn er bildartig wirken soll, häufig der Quere nach die Mitte oder fast den ganzen oberen Teil der Kopfseite ein, oder wird bei breitem Format links als Rand leiste angeordnet. Häufig werden auch Bildchen in photo graphischen Formaten seitlich oben angebracht, die durch eine Arabeske im entsprechenden Stil einen rahmenartigen Abschluß erhalten. Zu den modernsten Darstellungen ge hören beispielsweise viererlei Mädchengestalten in Altwiener Tracht in kolorierter Heliogravüre, welche die vier Jahres zeiten darstellen, und die sich auf eine Kassette von nur zwanzig Briefen verteilen. Sehr modern sind tanzende Paare aus der Biedermeierzeit, Genrebilder und niedliche Szenen aus dem Vormärz, Kinderköpfe nach alten eng lischen Meistern, spielende Kinder nach holländischer Art, sowie Landschaften und Blumen in einfarbiger und kolo rierter Heliogravüre. Hohen Rang nehmen die kunstvoll gezeichneten Tierbilder für Sportpapiere ein, die nament lich als Vignetten von vornehmster Wirkung sind, sowie Bildchen in Längs- oder Quartformat, die den Automobil-, Fahr- und Wassersport veranschaulichen. Reizend sind auch Kartuschen mit Bildchen aus der Biedermeierzeit in Heliogravüre im Mittelpunkt, Vignetten in weißrotem Far bendruck, ein mit einem Hund spielendes Kind dar stellend und Medaillone in Goldprägung, deren Mittelpunkt ein Silhouettenköpfchen, auch im Stile der Biedermeierzeit, bildet. Der Mode entspricht auch ein farbiges Papier mit einem Fries von farbigen Biedermeierbäumchen in Relief prägung, ferner weiße Prägungen, die im Empirestil das farbige Papier oben und an beiden Längsseiten umrahmen. Beim Blumenschmuck verstreuen sich oft einzelne Blüten über den oberen Querrand oder ziehen sich in kolorierter Reliefprägung in Form eines Fuchsien-, Alpenveilchen- oder Fliederzweiges über die linke Seite und den oberen Teil des Blattes. Noch einige Worte über Güte und Form der Papiere. Die wichtigsten Modepapiere bilden Nach-' ähmungen von Leinen, Musselin, Pikee und Moire an- tique in allen Modefarben, die, wenn sonst unverziert, einen schmalen abstechenden Rand und Gold- oder Silber ecken erhalten. Sehr modern ist Grau mit Indischrot, Grün mit Gold, Lila mit Mattgelb, Gelb mit Rot und alle Farben mit weißer oder mit matter getönter gleichfarbiger Umrandung. Sehr gangbar sind neublaue Musselinpapiere ohne Verzierung, graues Velinpapier, Elfenbeinpapier, sehr starkes halbrauhes Papier, ferner geripptes, matt satiniertes und fassoniertes Papier mit Wasserdruck. Immer elegant und namentlich als Hintergrund für Heliogravüren wirksam ist Schöpfpapier mit gefranztem Rand. Dieser Art ist »Musselinpapier«, so genannt, weil es dünn und zart ist, weshalb es sich auch für überseeische Korrespondenz eignet, trotzdem es rauhes Korn hat. Modefarben für Papiere sind: Chamois, Grau, Lila, Neublau, Rosa, Elfenbein farbe, Grün und Gelb. Die modernen Bogen sind zumeist breit und kurz oder sehr lang und schmal, hingegen weist das Alltagsformat 17 cm Höhe zu 13 cm Breite auf. Sehr modern ist 11 cm Höhe zu 15 cm und zu 18 cm Breite, sowie 13 cm Höhe zu 17 und 20 cm Breite. Das lange Format zeigt eine Höhe von 22 cm zu 16 cm Breite, ferner 20 cm Höhe zu 12 cm Breite. Die Umschläge sind zumeist unverziert, aber mit dem Briefbogenpapier sonst genau übereinstimmend. In feinster Ausführung zeigen sie immer Deckschlußklappen; modern ist aber auch die Seitenschlußklappe. Da der größte Wert jetzt darauf gelegt wird, daß das Kuvert un durchsichtig sei, so ist es, falls das Material dieser Anfor derung nicht entspricht, mit einem anders farbigen Seiden kuvert gefüttert oder innen dessiniert, oder es hat eine farbige lackierte Innenseite. Bei feineren Papieren und Um schlägen spielt die Farbenzusammenstellung die Hauptrolle. Modern ist die gelbe Einlage zu Lila, die braune zu Chamois, eine rote zu Weiß, eine blaue zu Grau und noch viele andere Einlagen in Grün, Violett, Rosa und Gelb. Eine ganz reizend ausgeführte Modeneuheit isf Perl mutterpapier in langem und schmalem Format. Ueber die Fläche der mattfarbigen Bogen und Kuverts zieht sich ein zartes Blumenmuster in Tondruck, welches von mattem Perlmutterschimmer überhaucht ist. Ein anderes Papier in breitem Format zeigt gleichfalls auf der Vorder- und Rück seite ein Blumendessin in Tondruck, aus dem sich rechts seitwärts drei reizende Mädchenköpfe in abgestuften Größen herausheben. Geschmackvoll ist Moirpapier in kurzem und breitem Format mit großer Maserung in Zartgelb, Gelb grün, Liiarot und Kupferrot mit winzigen goldenen Buch staben und kupferner Umrahmung desselben im Empirestil. Ein sehr dünnes Musselinpapier in Hochrot, Heliotrop, Fraise und Blaßblau, fällt durch ganz schmalen schwarzen Rand und schwarze Buchstaben auf, ein Pikeepapier in Gelb, Grün, Grau und Blaßblau ist durch weiße Linien karriert