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Nr. 26 PAPIER-ZEITUNG ii39 durch die Weißeritz-Talsperre erwachsenden hohen Lasten. Da es sich hier um eine Sache privatrechtlicher Natur han delt, in der durch Proteste nichts zu erreichen ist, so wurde ihm empfohlen, er möge die Talsperren-Genossenschaft an sich herankommen lassen. Von einem andern Kollegen wurde die jetzt erfolgte Anstellung staatlicher Flußmeister zur Inspizierung der Wehranlagen, Uferbefestigungen, Abwässer, Kläranlagen usw. bemängelt, wovon der Wassertriebwerksbesitzer nur neue Behelligungen zu erwarten haben werde. In drastischer Weise wurde ferner das Unwesen im Zwischenhandel beleuchtet. Ein zum Besten gegebener Fall zeigte, mit wie wenig Fachkenntnis auf dieser Seite mitunter gearbeitet wird. Auch von einem Falle, in dem eine Handelsfirma Abschlüsse mit 8 M. 50 Pf. zu machen suchte, wurde berichtet und solches Gebaren entsprechend gegeißelt. Nach kurzer Aussprache über Stauberechtigung schloß der Vorsitzende gegen 1/27 Uhr abends die interessant ver laufene Versammlung. 1. Reisebrief aus Nordamerika Von Dr. Hans Hofmann Am 15. Januar landete ich in Amerika. Ich hielt mich zunächst mehrere Tage in New York auf und besuchte einige hervorragende Papierfachleute, darunter die Herren Fisher und Barrat von der Union Bag and Paper Co., Bertuch von J. and J. Rogers, Ausabie Forks, New York und Zent graf in Firma Louis De Jonge and Co., Chromopapierfabrik, New York. Alle kamen mir außerordentlich freundlich ent gegen und forderten mich auf, ihre Fabriken zu besichtigen. Dann fuhr ich nach Wilmington im Staate Delaware, wo mich Herr Thomas Savery, Präsident der Maschinenfabrik Pusey & Jones Company aufs liebenswürdigste empfing. Ich erhielt einen Platz im Zeichensaal, habe Gelegenheit, alles was ich wünsche, nach Gefallen zu studieren, Und man bemüht sich, mir jede erdenkliche Unterstützung angedeihen zu lassen. Die Pusey and Jones Company hat in den letzten Jahren eine Reihe von Verbesserungen eingeführt, die sich an zahlreichen Maschinen in Amerika und Skandinavien bewährt haben. Hierzu gehört eine patentierte Verbindung der Heizdampfleitung mit den Trockenzylindern, die gleich zeitig zur Ableitung des Kondenswassers dient, nämlich Saverys patented Dryer Steam Joint and Safety Valve (Dampf-Gelenk- und Druck-Regler für Trockner) und New Century Shake (Siebtuch-Schüttlung). Das patentierte »New Century« genannte Schüttelwerk für den Siebtisch wurde in Nr. 78 der Papier-Zeitung von 1901 beschrieben. Das Dampfgelenk braucht keinerlei Packung und keine Wartung außer Schmierung. Leckwerden erscheint ausgeschlossen, und die Einrichtung wirkt außerdem als Sicherheits-Ventil, das auf bestimmten Druck eingestellt werden kann. Beim »New Century Shake« sind so gut wie keine Teile vor handen, die sich abnützen. Die Schüttelung wird durch das Schwingen starker Federn bewirkt, die den Siebtisch tragen, und läßt sich während des Ganges regeln, auch das Ende des Siebtisches nach Belieben heben und senken. Einer Einladung Herrn Saverys folgend, besuchte ich am 7. Februar die Jahresversammlung des Vereins ameri kanischer Papier- und Papierstoff-Fabrikanten in New York, an deren Festessen nahezu 800 Personen teilnahmen. Als Nichtmitglied hatte ich keinen Zutritt zu den Sitzungen, hielt mich währenddem in den weiten Hallen des Hotels Waldorf-Astoria auf und die Herren von der Pusey and Jones Company machten mich mit vielen Fabrikanten be kannt. So lernte ich kennen: Herrn Chisholm, Präsident der International Paper Co. (welche über 25 Druckpapier fabriken besitzt), die Brüder Luke, Besitzer der West Vir ginia Pulp and Paper Co., den angesehenen Papierchemiker A. D. Little aus Boston, Herrn Arthur Hastings von der Cliff Paper Co. in Niagara Falls und viele andere. Die Versammlung fand ihren Abschluß durch ein Bankett. Vor her traf man in einem Empfangssaal zusammen, wo aus giebigste Gelegenheit zur Anknüpfung von Bekanntschaften geboten war. Auffallend war mir das Fehlen der holden Weiblich keit. Unter Fanfarenklängen zogen dann die Gäste in den festlich geschmückten Speisesaal. Beim Essen, das mit echt amerikanischer Geschwindigkeit eingenommen wurde, tranken viele Herren nur Whisky oder ähnliches. Während der Mahlzeit wurden Andenken verteilt, die z. T. als Re klame für die Spender dienen sollten: 1. ein schön aus gestattetes Buch, 2. Eine hübsche Aschenschale, 3. Eine Teufelsfigur auf einer Streichholzschachtel mit der Aufschrift: The first Sulphur Burner. When grinning Old Nick first swung the big stick And reveled in sulphurus vapor, Did he think of the trick we would do with the stick Transformed by his vapor to paper. (Als der »grimme Nick« seinen Holzstock schwang Und sich in Schwefeldämpfen rekelte Dacht er nicht, daß wir aus dem Holz Mit Hülfe des Schwefels Papier machen würden.) Die prächtig ausgestatteten Speisenfolgen waren mit dem Bilde der ältesten amerikanischen Papierfabrik ge schmückt : The Rittenhouse Paper Mill in Germantown, Pa., erbaut im Jahre 1690. Nach dem Essen begannen Reden von ungeheurer Länge. Ich hörte deren 3 an, die je 3/4 Stunden und länger dauerten. Ich war wohl nicht der einzige, der bedauerte, daß die Redner den Satz nicht beherzigten. Schön ist eine Rede, schöner ist keine Rede, am schönsten ist eine kurze Rede. Mr. Hastings hatte mir mitgeteilt, daß die Niagara-Fälle gefroren seien, und mich in liebenswürdigster Weise zum Besuch seiner Fabrik aufgefordert. Ich nahm denn auch am nächsten Abend den Nachtschnellzug der New York Central-Eisenbahn nach Niagara Falls. Auf der kurzen Strecke bis Albany (3 Stunden) verspätete sich der Zug in folge Schneefalls um 10 Stunden, was von den Reisenden ohne das geringste Murren ertragen wurde, obgleich kein Speisewagen vorhanden war, und man sich den ganzen Tag mit einem eilig auf einer Frühstückshaltestelle ein genommenen Imbiß behelfen mußte. Im Anschluß hieran möchte ich ein Eisenbahn-Erlebnis erzählen, das, so grausig es war, auf die Amerikaner nicht den geringsten Eindruck zu machen schien: AlsmeinZugaufderFahrtvonWest-nachNord- Philadelphia mit voller Geschwindigkeit (90 km) über die Shuylkill-Brücke raste, schlug sich der Lokomotivführer an einem Brückenpfeiler den Kopf ein und blieb lautlos tot, die Hand an der Bremse. Der Zug fuhr mit unverminderter Schnelligkeit weiter. Erst bei der Einfahrt in Nord-Phila delphia wunderte sich der Heizer, daß nicht gebremst wurde, sah das Unglück und brachte den Zug noch recht zeitig zum Stehen. In Niagara Falls besichtigte ich die Fälle, die in ihrem prächtigen Winterkleid gewaltigen Eindruck machten. Tags darauf besuchte ich die Cliff Paper Mill, wo mich Herr Hastings sehr freundlich empfing. Der Fabrikleiter führte mich durch die Fabrik, in der bessere Zeitungs- und Tapetenpapiere aus Sulfitstoff und Holzschliff auf 2 Maschinen von 2,34 m und 2,59 m Arbeitsbreite her gestellt werden. Der Antrieb ist elektrisch. Die Trocken zylinder werden mit Frischdampf geheizt. Trotz des damit verbundenen großen Wärmeverlustes ist diese Arbeitsweise hier zweckmäßig, weil der Antrieb sich bei den ungeheuren zur Verfügung stehenden Wasserkräften sehr billig stellt. Ein Aufzug brachte uns in die Holzschleiferei hinunter, in der mit 8 Schleifern und 7 Naßmaschinen in 24 Stunden 40000 kg Holzschliff hergestellt werden. Das Wasser, welches die Papierfabrik getrieben hat, treibt die viel tiefer gelegene Holzschleiferei. Nach Wilmington zurückgekehrt, besuchte ich von dort aus folgende Fabriken: Jessup and Moore Co., Delaware Mills, Wilmington. Mit 7 Kochern und 3 Naßmaschinen werden in 24 Stunden 62 000 kg feinen Sodastoffs hergestellt, unter anderm sehr schöner Kiefernstoff. Jessup and Moore Co., Augustine Mill, Wilmington, Dela ware. Aus Lumpen, Soda- und Sulfitstoff werden in 24 Stun den 32 000 kg feine Buchpapiere hergestellt. Wasser und Dampfkraft stehen zur Verfügung. 4 Holländer von 300 kg, 5 von 600 kg und 4 von 900 kg Eintrag und 2 Marshall- Stoffmühlen bereiten den Stoff für die 3 Papiermaschinen von 1,93 m, 2,28 m und 2,97 m Breite. Pulp Saver (trichterförmige Stoffänger Füllnerscher Bauart für das Ab wasser der Papiermaschinen) von der Pusey and Jones Company sorgen für Wiedergewinnung der Fasern aus dem