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Rechnung über unbestellte Anzeige Die Firma »Verlag des Adreßbuch von Deutschlands Handels-, Industrie- und Export-Firmen« in Leipzig versucht wieder einmal in der Erwartung, daß Drucksachen nur un genügend gelesen werden, sich eigenmächtig Aufträge zu ver schaffen. In der Einlage überlassen wir Ihnen das betreffende Schreiben, falls Sie davon Gebrauch machen wollen. Zur Zeit verfahren vielfach Verlagsanstalten von Adreß büchern in ähnlicher Weise. Vielleicht erlassen Sie in der Papier-Zeitung eine Warnung, wie Sie dies schon öfter mit Er folg getan haben. Buntpapier-Fabrik Das Druckschreiben lautet: Leipzig, den 13. März 1907 Thalstraße 5 P. P. Mit dem Neudrucke meines ADRESSBUCHES VON DEUTSCHLANDS HANDELS-, INDUSTRIE- UND EXPORT-FIRMEN beschäftigt, für dessen Herstellung ich die größte Sorgfalt ver wende, gestatte ich mir, Ihnen anbei die beabsichtigte Aufnahme Ihrer w. Firma in die neue Ausgabe des Werkes zur gefl. Durch sicht zu übersenden, und hoffe ich, daß mir für diese Aufnahme, im Text wie im Branchenteil der neuen Ausgabe, den Preis laut mitfolgender Interims-Rechnung bewilligen werden. Das Werk ist bereits im Druck und erscheint nacheinander branchenweise. Etwa gewünschte Aenderung erbitte ich mir gefl. mit zuteilen. Ich bitte höflichst um Ihre baldgefl. Entschließung, ohne Eingang dieser würde ich Ihr Einverständnis mit der Aufnahme voraussetzen und gelegentlich über den Betrag verfügen. Hochachtungsvoll Verlag des Adreßbuch von Deutschlands Handels-, Industrie- und Export-Firmen. Leipzig, den 13. März 1907 RECHNUNG von dem Verlag des »Adreßbuch von Deutschlands Handels-, Industrie- und Export-Firmen« LEIPZIG 1 Inserat Müller & Schulze (Firmen Auf Buntpapierfabrik M ' l6, — nähme) Wolkenhain i. Sa. Man pflegt im kaufmännischen Verkehr nur über er ledigte Aufträge Rechnung zu senden. Hier ist eine Rech nung aufgestellt, ohne daß eine Bestellung erfolgt oder auch nur eine Anfrage an den Aussteller der Rechnung ergangen wäre. Vielmehr will dieser erst durch sein Rundschreiben veranlassen, daß bei ihm eine Anzeige bestellt wird. Die anliegende Rechnung erweckt jedoch den Anschein, als wäre eine Bestellung bereits erfolgt, und kann in großen Geschäftshäusern, deren Angestellte auf die Anständigkeit ihrer Geschäftsfreunde bauen und den langen einleitenden Text nicht lesen, dazu führen, daß die Rechnung bezahlt wird. Wir glauben jedoch, daß in solchem Falle der Zahlende, nachdem er seinen Irrtum bemerkt hat, das Geld zurückfordern kann, da er durch die Rechnung irregeführt wurde. Bemerkt die in dieser Weise angezapfte Firma den Irrtum und sendet den Betrag nicht ein, und läßt der Verlag des Adreßbuchs die bereits fertig gesetzte Anzeige im Adreßbuch erscheinen, so kann der Verlag wegen un lauteren Wettbewerbes verklagt und verurteilt werden, denn das Aufnehmen unbestellter Anzeigen ist nach über einstimmenden richterlichen Urteilen eine tatsächliche An gabe unwahrer Art und erweckt den Eindruck eines be sonders günstigen Angebots (§ 1 des Wettbewerb-Gesetzes). Die unwahre Angabe besteht darin, daß der Leser in den Glauben versetzt wird, die Anzeige sei bestellt, und der Anschein eines besonders günstigen Angebots wird da durch hervorgerufen, daß die Fachgenossen den Wert der artiger Druckerzeugnisse nach der Zahl der darin ent haltenen Anzeigen und nach dem Ansehen der anzeigenden Firmen beurteilen. Der Verlag des Adreßbuchs ist nicht berechtigt, das Nichtbeantworten obiger Drucksache als Einverständnis zu betrachten. Der Anzeigen-Auftrag gilt vielmehr nur als erteilt, wenn eine Aeußerung des Anzeigenden vorliegt. Bonbonnieren-Stil Der Aufsatz dieses Titels des Herrn Carol Hilarius in Nr. 22 fordert durch seine große Bestimmtheit und die allgemeine Fassung, mit welcher er das lange Bestehende allgemein und durchweg verurteilt und nur gelten lassen will, was er für richtig, zweckmäßig und schön anerkennen will, zu recht lebhaftem Widerspruch heraus! Es scheint fast, als wäre Herr C. H. nur an schlechte Bei spiele gekommen, oder als kennte er das allerdings sehr weite Gebiet der »süßlichen Chromos unserer sogenannten Kunstan stalten, die nichts mit Kunst zu tun haben«, nur sehr, sehr ober flächlich! Weiß er nichts davon, daß schon seit Jahrzehnten bedeutende Künstler, wie Rich. Knötel, Willy Stöwer, Prof. Nath, H. Meyer-Cassel, C. Klein, Henry Enfield, E. Döplerjr., Theodor Guggenberger, E. Buffetti und viele andere, für diese »süßlichen Chromos sogenannter Kunstanstalten, die nichts mit Kunst zu tun haben« arbeiten und gerade auf diesem Gebiete Arbeiten ge schaffen haben, die als wirkliche »Kunst« angesprochen werden müssen, auch wenn sie nicht dem Ideal des Herrn C. H. ent sprechen, nicht von ihm angeregt wurden und ihnen der Ehren titel von Herrn C. H. versagt wird? Sind genannte Herren denn nicht auch Künstler von Ruf, die wissen, was uns fehlt? Es ist eben nicht nur das Kunst, was Herr C. H. dafür hält, sondern was sich diesen Titel überall selbst erwirbt. Bloß da durch, daß man irgend etwas gänzlich umkrempelt und »anders« macht, als es seither gemacht wurde, wird es noch lange nicht zur alleinseligmachenden Kunst oder auch nur allein zweckmäßig. Die Neuerer von gestern und heute meinten und meinen dies zwar vielfach, daß sie aber damit auch vielfach auf dem Holz wege waren, beweisen die letztjährigen Wandlungen auf diesen Gebieten! Was ist nicht alles angepriesen worden, und wohin ist es zum Teil geschwunden? Mit Vorwürfen ähnlicher Art sollte man daher doch wohl vorsichtiger umgehen und sie nicht als unbedingte Wahrheit in die Welt setzen. Wer übrigens auch noch die geschäftlichen Verhältnisse kennt und dann in dem Artikel liest: »Die Kartonnagenfabriken mögen alte Muster vergangener Kunstepochen nachbilden lassen«, der kann sich gewiß eines Lächelns nicht erwehren! Denn so, wie es sich Herr C. H. denkt, geht es bestimmt nicht, schon darum nicht, weil Geschäftsleute eben nicht, wie die Künstler angeblich teilweise, nur vom »Ruhm« leben können! W. B. Stuttgarter Brief Mitte März Die Buchdrucbereien sind mit wenigen Ausnahmen gut be schäftigt; Ausnahmen bilden hauptsächlich zwei Werkdruckereien, welche vor einiger Zeit. Setzer entlassen mußten, doch ist dieses wohl nur eine vorübergehende Erscheinung, wozu die Ueber- erzeugung im Buchveilag und geringer Buchabsatz beitragen mag. Sehr gering ist seit Beginn des Jahrs die Zahl der Arbeits losen, welche von mehr denn 60 bis Anfang März auf 9 herab ging, was bei über 1500 Verbandsmitgliedern in Stuttgart und über 1000 in der Provinz sehr günstig ist. Ueber die Einführung des Tarifs sagt der Gaubericht u. a.: »Der Tarif selber ist in allen Stuttgarter Druckereien nach Beseitigung einiger kleiner Anstände voll durchgeführt; auch die außertariflich zugestandenen Sätze kamen mit verschwindender Ausnahme in loyalster Weise zur Einführung.« Dieses gute Einvernehmen möge auf Jahre hinaus gesichert sein. Den günstigen Stand des Gewerbes im letzten Jahre beweisen die Ziffern des Gauberichts. An Reise- Unterstützung an 3 Zahlstellen wurden nur 6845 M, 40 Pf. be nötigt und für Arbeitslose am Orte für ganz Württemberg 28 705 M. 60 Pf., wovon aber 7000 auf den vom Gau gezahlten Zuschuß und 4000 auf außerordentliche Unterstützungen der Mitgliedschaft Stuttgart entfallen. Für Kranke hingegen mußten einschließlich 2300 M. Sterbegeld 53380 M. 60 Pf„ für am Schluß des Jahres vorhandene 48 Invaliden 21290 M. 50 Pf. und für Witwen-Unterstützung und Beerdigungsbeiträge vom Unter stützungsverein für Buchdrucker und Schriftgießer in Württem berg 13 532 M. 90 Pf. aufgewendet werden. Auch in den Steindruckereien ist der Geschäftsgang seit Be endigung des letztjährigen Ausstands und der Aussperrung gut, und verschiedentlich war Ueberzeitarbeit notwendig. Für Buchbindereien mit Ladengeschäften sowie solche Papier- und Sortimentsbuchhandlungen, welche mit Schulwaren handeln, wird Verminderung ihres Absatzes eintreten infolge Ein führung der Lehrmittelfreiheit in den Stuttgarter Volksschulen. In der Nähe einer Schule konnte man z. B. in einem solchen Laden auch ein Plakat erblicken mit Aufschrift: »Wegen Ein-