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PAPIER-ZEITUNG 3287 Nr. 75 Das beste, allerdings auch das teuerste Mittel, Kasein ohne Zersetzung aufzulösen, ist Borax. Auch Borax ist schon gegen 40 Jahre als Lösungsmittel für Kasein in Gebrauch, wie aus älteren Auflagen von Wagners Technologie, z. B. der achten Auflage, hervorgeht. Trotzdem finden wir, daß die Anwendung von Borax, nachdem sie schon lange in Europa geübt worden war, durch das amerikanische Patent 228459 vom 13. Januar 1880 (George Vining, »sizing for paper«) geschützt wurde; da dieses Patent gegen 1897 ablief, nahm der amerikanische Kaseinfabrikant W. A. Hall ein neues Patent heraus (Nr. 623541 vom 25. April 1899), welches sich von dem Vining’schen dadurch unterscheidet, daß statt Borax »Alkali und Borsäure« angewandt wird. Zu dieser Art von Patenten gehört auch U. S. P. 730 505 vom 9. Juni 1903, das die Mischung von Mineralstoffen wie Talk, Gips, Kaolin mit Kasein schützen will, welches letzere vorher durch Aufsaugen einer Boraxlösung und darauffolgendes Trocknen löslich gemacht wird; ferner U. S. P. 780506 vom 9. Juni 1903, welches Kasein betrifft, das durch Besprengen mit Boraxlösung in lösliche Form übergeführt, dann getrocknet und gekörnt oder gepulvert wird. Auch für die Verwendung von Natriumphosphat, welches lange als Kaseinlösungsmittel bekannt ist (siehe z. B. E. Schmidt, Pharm. Chemie II, 1896), erhielt Hall ein Patent (684545 vom 15. Oktober 1901) welches eine Mischung von Kasein, Natrium phosphat, Natriumsulfit und Kalk deckt. Ebenso wurde Hall die Anwendung von Trinatriumphosphat geschützt durch U. S. P. 695927 vom 25. März 1902. Die Verwendung von Aetznatron (U. S. P. 243 178 vom 21. Juni 1881 und Engi. Patent 1686 vom 18. April 1881) oder von kohlensaurem Natron zur Auflösung von Kasein ist verwerflich, da, wenn die Temperatur beim Lösungsvorgang nicht sehr niedrig gehalten wird, Dunkelfärbung und Zersetzung des Kaseins eintritt, welche sich auch am Auftreten von Ammoniakgas er kennen läßt. Auch eine altmodische Mischung von Soda und Borax, wie sie in den Vereinigten Staaten immer noch von Kaseinhändlern als Zusatz zu Kasein — zur Herstellung löslichen Kaseins für Kartonnagen-Fabrikation usw. —- angewandt wird, gibt weder einen guten noch einen haltbaren Leim; besonders im Sommer geht ein Leim, der z. B. durch Auflösen eines Gemisches von 100 T. Kasein, 7 T. Soda (Ammoniaksoda) und 2 T. Borax in 400 T. Wasser hergestellt ist, in kürzester Zeit, mitunter in wenigen Stunden in Zersetzung über und verbreitet einen scheußlichen Gestank. Ursache dieser Zersetzung ist die Soda, welche ebenso wie Aetznatron Zerlegung des Kaseins hervor ruft; die geringe Menge Borax, welche die Mischung enthält, vermag diese Zersetzung nicht hintanzuhalten. (Schluß folgt.) Papierfabrikation in den Vereinigten Staaten Die Ergebnisse der Gewerbezählung von 1905 werden jetzt vom statistischen Amt in Washington auch für die Papierfabrikation veröffentlicht. Der Wert der Erzeugnisse der Papier- und Papierstoffabriken in 1905 war rund •89 Millionen Dollar, die Fabriken beschäftigten rund 66000 Leute, und das angelegte Kapital betrug 277 Millionen Dollar. Die entsprechenden Zahlen für 1900 waren 127 Millionen Dollar Wert der Erzeugnisse, 50000 Arbeits kräfte, 168 Millionen Dollar Kapital. Zunahme der Industrie. Die Zunahme in den Jahren von 1900 bis 1905 war größer als die Zunahme in den vor hergehenden 10 Jahren. Im Jahre 1850 war der Wert der Erzeugnisse nur 10 Millionen Dollar, die Zahl der Arbeits kräfte 3800 und das angelegte Kapital 7 Millionen Dollar. Die Zahl der Anlagen sank von 763 in 1900 auf 761 in 1905. Dies deutet an, daß die Industrie mehr in großem Maßstabe und in bedeutenden Anlagen betrieben wurde. Dies ergibt sich auch aus dem Wert der durchschnittlichen Erzeugung einer Anlage: diese betrug in 1850 23000 Dollar, 1890 121000, 1900 167000 und 1905 248000 Dollar. IVichtigste Papier erzeugende Staaten. Der führende Staat auf diesem Gebiet ist New York mit fast 38 Millionen Dollar Erzeugungswert, dann kommt Massachusetts mit 32, Maine mit 23, Wisconsin mit 18, Pennsylvania mit 15 und Ohio mit n Millionen Dollar Erzeugung. Art und Wert der Erzeugnisse. Vom Gesamtwert der Erzeugnisse, 189 Millionen Dollar, entfallen 36 Millionen Dollar auf Zeitungspapier, 37 Millionen Dollar auf Bücher- Papier, 22 auf Feinpapier, 30 auf Packpapier, 17 auf Pappen, 5 auf Seidenpapier, 1 auf Löschpapier, 5 auf Bau-, Dach-, Asbest- und dergl. Papier, 3 auf Tapetenpapier. In den letzten 5 Jahren hat die Druckpapier-Erzeugung um 79 v. H. im Wert zugenommen, die von Bücherpapier um 50 und die von Feinpapier, also hauptsächlich Schreibpapier, um 40 v. H. Rohstoffe und deren Wert. Die Kosten der in genannten Fabriken in 1905 benutzten Rohstoffe werden auf III Millionen Dollar angegeben, davon entfielen 27,6 Millionen Dollar auf die Herstellungskosten oder den Kaufpreis von Holzschliff und Zellstoff. Von dem insgesamt erzeugten Holzschliff wurden 41 v. H. für den Markt hergestellt, in 1900 noch 55 v. H. Dies deutet das Bestreben an, den Holzschliff möglichst im eigenen Betrieb zu erzeugen. Verbraucht wurden in 1905 über 3 Millionen Kord Holz (1 Kord = 3,88 Festmeter) im Wert von über 20 Millionen Dollar, ferner 250000 Tonnen Lumpen im Wert von rund 9 Millionen Dollar und 589000 Tonnen Altpapier im Wert von 7,4 Millionen Dollar. Der Wert von Schwefel und Chemi kalien, welche in diesen Industrien benutzt wurden, beträgt 8,3 Millionen Dollar, für Heizstoffe wurden 13,1 Millionen Dollar ausgegeben. Aus- und Einfuhr. Die Ausfuhr von Papier und Papier waren in 1905 betrug 8,2 Millionen Dollar, die Einfuhr 5,6 Millionen Dollar, somit war die Ausfuhr um rund 46 v. H. größer als die Einfuhr. Bis 1897 hatte die Einfuhr an Wert überwogen. In 1905 wurden 168000 Tonnen Holzstoffe im Wert von 41/2 Millionen Dollar eingeführt, also rund ’/ s der gesamten für diese Industrien gekauften Menge an Holz schliff und Zellstoff. Papierstoff aus Pflanzen der Philippinen G. F. Richmond veröffentlicht im Philippine Journal of Science einen Bericht über seine Versuche, aus andern Pflanzenstoffen als aus Holz Sulfitstoff herzustellen. Die Versuche waren erfolgreich bei Zwergbambus, alten Tauen, Jutesäcken und Abfall von Manilahanf (Abacä, Hanfpisang, vergl. Hofmanns Handbuch S. 1635). Zwergbambus läßt sich trotz seines Reichtums an Kieselsäure leicht wie folgt verarbeiten: Die reifen, abgelagerten Rohre werden zwischen Walzen gebrochen und in 3 bis 4 Zoll lange Stücke ge schnitten. In der gleichen Weise wie Holz gekocht, ergab Bambus 45 v. H. Ausbeute an gebleichtem Stoff. Tauen und Säcke erforderten viel kürzere Behandlung als Bambus: Die Kochzeit betrug nur 4 bis 6 Stunden und die höchste Temperatur 150 0 C. Der Sulfitstoff aus diesen Rohstoffen war ungebleicht so weiß wie aus denselben Stoffen auf alkalischem Wege gewonnener halbgebleichter Stoff. Man versuche jetzt in Europa und Amerika, den beim Hecheln von Hand entstehenden Abfall von Abacä zur Herstellung von Papierstoff zu verwenden. Wird dieser Abfall in seiner ursprünglichen Gestalt in Ballen gepackt und ver sandt, so erfordert er in der Papierstoffabrik eine mecha nische Behandlung, bei welcher er bis zu 50 v. H. seines Gewichts verliert, bevor er reif zum Kochen ist. Nach dieser sorgfältigen Reinigung wird der Abacä-Abfall durch Sulfitlauge sehr leicht aufgeschlossen und ergibt 48 bis 50 v. H. Ausbeute an Zellstoff, der ungebleicht zu Manila papieren verarbeitet werden kann. In diesem Falle muß der Rohstoff im Kocher erst gedämpft werden, dabei sinkt er in sich zusammen und gibt Raum für das Zulassen der Sulfitlauge. Die Temperatur kann rasch erhöht werden, da der Stoff sehr porös ist. Der Stoff besteht aus einem Gemisch von langen, starken Fasern und von nichtfasrigen Zellen. Der Verfasser meint, daß auch die Gewinnung von Sulfitstoff aus Manilahanf-Abfall auf den Philippinen selbst Aussicht auf Erfolg bietet. Aus Cogon-Gras lasse sich eine Art Espartostoff ge winnen. Dieses Gras wächst in ungeheuren Mengen frei, enthält keine Knoten und kann in sparsamer Weise mittels des Natronverfahrens leicht brauchbaren Stoff liefern. Wöchentlicher Ruhetag in französischen Papierfabriken. Durch Erlaß des Staatsrates vom 14. August wurden die Papier-, Pappen- und Papierstoff-Fabriken unter diejenigen Anlagen eingereiht, welche ihren Schicht-Arbeitern den wöchentlichen Ruhetag gruppenweise abwechselnd (par roulement) gewähren dürfen.