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Nr. 72 PAPIER-ZEITUNG 3165 Paul Schliebs Geschäftsführer Schlüsse des Tarifausschusses ist zurzeit abgelaufen. Der Tarif wurde an fast allen Orten glatt eingeführt. Die Zahl derjenigen Gehilfen, die wegen Verweigerung der Einführung der neuen Bestimmungen ihre Arbeitsplätze aufkündigten oder verließen, beträgt noch nicht einmal ein Dutzend. Dies ist kein Beweis dafür, daß die Beschlüsse des Tarifausschusses sehr leicht zu erfüllen waren, denn die letzte materielle Aufbesserung des Tarifes hat alle früheren Beschlüsse des Tarifausschusses über troffen. Die diesmalige glatte Durchführung des Tarifes findet nur darin eine Erklärung, daß die Tarifgemeinschaft in unserm Berufe fest eingewurzelt ist, und die mit ihr verbundenen gegenseitigen Pflichten von den Beteiligten als etwas Selbst verständliches erfüllt werden. Hierzu hat wesentlich der Ab schluß des Organisationsvertrages beigetragen, der eine weitere Hebung des Buchdruckgewerbes und die Durchführung und Respektierung der tariflichen Rechte und Pflichten der Prinzipale und Gehilfen zum Ziele hat. Was will nun gegenüber solchen Fortschritten ein gewisses einseitiges Bestreben besagen, das darauf hinausgeht, die für das Gewerbe vorgesehene und notwendige Ordnung zu er schüttern? Welche Wirkung kann die unbegründete Warnung vor einem engen Zusammengehen der beiden im Buchdruck gewerbe maßgebenden Organisationen haben, nachdem durch jahrzehntelange Arbeit und Erfahrung der Beweis erbracht ist, daß das Wohl des Gewerbes und seiner Angehörigen lediglich auf der eigenen Kraft dieser beiden Organisationen beruht? Was soll das Herunterreissen jenes Organisationsvertrages, die Anschwärzung der Tarifgemeinschaft bei den Behörden, die Mißkreditierung derselben in der Oeffentlichkeit? Woher nehmen uns Fernstehende das Recht, sich in unsere eigensten Berufsangelegenheiten zu mischen, die sie sachlich zu beurteilen garnicht imstande sind? Wir haben im Vertrauen auf die von uns vertretene gute Sache diesem Treiben bisher ruhig zu gesehen und erachten auch heute noch nicht den Augenblick für gekommen, hiergegen Stellung zu nehmen. Unsere Arbeit, die Ziele und Erfolge derselben entwickeln sich vor der breitesten Oeffentlichkeit, und wir haben die letztere nimmer zu scheuen. Das Bestreben unserer Gegner aber geht darauf hinaus, die in dem Gedanken der Tarifgemeinschaft wurzelnde Gleichberechtigung der Prinzipale und Gehilfen am Arbeits- vertrage zu zerstören, und deshalb benutzen sie den Organi sationsvertrag, um aus demselben das Vorhandensein staats- gefährlicher Probleme und die größten Gefahren für das ge werbliche Leben zu deduzieren. Von dem unsererseits bis jetzt beschrittenen Wege abzu- weichen, Hegt aber weder der Wille, noch eine Notwendigkeit Vor. Alle Momente, die hierfür maßgebend waren, sind reiflichst Vorgeprüft worden, und sie sind lediglich entsprungen dem guten und festen Willen, das Gewerbe und seine Angehörigen unter Beachtung aller gesetzlichen Bestimmungen materiell und ideell vorwärts zu bringen. Mit politischen Zielen haben unsere gewerblichen Bestrebungen garnichts zu tun! Daß sich die beiden maßgebenden Organisationen im Beruf durch einen be sonderen Vertrag zusammengeschlossen haben, steht der Koalitionsfreiheit nicht im Wege, denn wir haben nichts da- egen, wenn sich unsere Gegner in Prinzipals- und Gehilfen- Ereisen ebenso fest zu einem anders lautenden Vertrage ver- Bünden. Auch hat der Tarifausschuß erst im April wiederholt anerkannt, daß auch andere Organisationen in diese Vertrags- Gemeinschaft aufgenommen werden können, sofern sie der als Bedingung gestellten Neutralität in politischen und religiösen jungen entsprechen und ihre Tariftreue nachweisen können, -nser Vertrag hat ferner mit den anders gearteten Verhältnissen anderer Gewerbe nicht das geringste zu tun. Wir erstreben den gewerblichen Frieden; das kann aber nimmermehr zu einer Erstarrung in alten Grundsätzen führen, sondern es wird beim Kämpfen und Ringen der hierbei in Be tracht kommenden Faktoren auch für alle Zukunft sein Be wenden haben. Die Frage ist nur, auf welchem Boden und mit Welchen Mitteln gekämpft werden soll; und wenn sich das Buchdruckgewerbe dafür entschieden hat, auf parlamentarischem “öden und mit dem Mittel gegenseitiger Vertragsverpflichtung seine gewerblichen Kämpfe auszufechten, so verstehen wir nicht, arum man uns dies verübeln oder versagen will! Zu einer dteit, in der sich die Vertreter aller Völker bemühen, anstelle e s rohen Völkerkampfes einen friedlichen Wettbewerb aller 7 ationen um das Erklimmen einer möglichst hohen Kulturstufe u setzen, sollte man doch ein wenig mehr Verständnis be- Rnden für das Bestreben, den gewerblichen Kämpfen das rohe KScht und die brutale Gewalt des Stärkeren zu nehmen; solche mampfe schlagen dem Volke und der Volkswohlfahrt nicht letnder tiefe Wundenl Wir glauben gern, daß wir der Ziele Iztes auf diesem Wege nicht erreichen werden, aber wir lassen zi ebensowenig den Glauben daran nehmen, daß wir diesem Mele.zusteuern: und hierin finden wir uns einig mit einer dienrheit der Angehörigen des Deutschen Buchdruckgewerbes, 6 der Gesamtheit gleich ist! G. ,, Tarifamt der Deutschen Buchdrucker Prin058 W. Büxenstein L. H. Giesecke apalsvorsitzender Gehilfenvorsitzender Neue Vordrucke der Post Der Weltpostkongreß in Rom 1906 hat u. a. beschlossen, daß künftig der Absender den linken Teil aller Postkarten, also nicht nur der Ansichtspostkarten, benutzen kann. Bei den amtlichen 1 . karten fallen daher die Worte »An«, »in« und »Wohnung (Straße und Hausnummer)« weg, die punktierten Linien für die Aufschrift gehen auf allen Post karten nur über zwei Drittel der Karte, sodaß der ver bleibende linke Teil für den Absender zu schriftlichen Mitteilungen, zum Aufdruck von Reklamen usw. frei bleibt. Der Karton, der Markenaufdruck und der Vordruck »Post karte« bleiben wie bisher. Bei den Antwort-Postkarten fallen die Worte »Die angebogene Karte ist für die Ant wort bestimmt« weg. Künftig lautet der Vordruck nur »Postkarte mit Antwort« und auf der angebogenen Karte »Postkarte Antwort«. Die Weltpostkarten erhalten auch nur den Vordruck »Postkarte«, die Worte »Weltpostverein, Carte postale, Union postale universelle« und »Nur für die Adresse« fallen weg. Bei den Weltpostkarten mit Antwort jedoch bleiben die Worte »Carte postale avec reponse paye, Union postale universelle und Carte postale - reponse« wie bisher, dazu wird aber künftig andere Schrift verwendet werden. Die Worte »Ct rserv ä l’adresse« ebenso wie der entsprechende deutsche Vermerk fallen weg. Auf den von der Privatindustrie hergestellten einfachen Postkarten ist die Bezeichnung »Postkarte« nicht mehr er forderlich, nur Postkarten mit Antwort müssen als solche bezeichnet sein. Die von der Privatindustrie hergestellten Karten dürfen in Form und Größe nicht wesentlich von den amtlichen abweicben und nicht größer als 9: 14 cm, aber auch nicht kleiner als 7:10 cm sein. Die Papierstärke darf die postalische Behandlung nicht erschweren, Bilder oder Photographien auf besonders dünnem Papier können künftig auch auf der Vorderseite der Postkarten aufgeklebt werden, wenn sie mit der ganzen Fläche befestigt sind. Die neuen amtlichen Postkarten werden nicht vor dem 1. Oktober und erst nach dem Verbrauch der alten Vorräte ausgegeben. Nach den Beschlüssen des württembergischen Land tages läßt sich annehmen, daß die Ortspostkarten in Württem berg zwar beibehalten werden sollen, daß das Porto aber von 2 Pf. auf 3 Pf. erhöht werden wird. Dazu ist voraus sichtlich eine neue Postkarte zu 3 Pf. nötig, wie sie früher nur in Bayern vorhanden war. Die Marke und der übrige Vordruck dürften in brauner Farbe hergestellt werden; ob der bläuliche Karton der Zweipfennigkarten oder der gelb liche Karton der Fünfptcnnigkarten oder ein anderer Karton verwendet werden wird, ist noch fraglich. Seit Jahrzehnten war eine Weltpostmarke für den inter nationalen Verkehr gefordert worden, durch deren Bei fügung man den Empfänger in den Stand setzen wollte, Anfragen usw. aus fremden Ländern postfrei zu beant worten. Man wollte also für Briefe dasselbe erreichen, was im Postkartenaustausch durch die Weltpostkarte mit Ant wort geboten wird. Eine derartige Weltpostmarke hat bis her nicht eingefübrt werden können; einen Ersatz dafür soll vom 1. Oktober ab ein Antwortschein bieten, der in den Weltpostvereinsländern gegen ein Postwertzeichen zu 25 Centimes oder dem entsprechenden Betrag in der Landes währung umgetauscht werden kann. In Deutschland kostet ein Antwortschein 25 Pf. Der Antwortschein wird nach dem Entwurf des französischen Malers Grasset in der Druckerei von Benziger & Co., A.-G. in Einsiedeln (Schweiz) auf dünnem Papier aus der Fabrik von J. M. Zanders in B.-Gladbach hergestellt. Näheres über diese Antwortscheine ist in Nr. 64 S. 2846 mitgeteilt. Giftige Tapeten? In Nr. 67 findet sich auf Seite 2950 eine Notiz über die Er gebnisse der im Jahre 1906 von staatlichen Laboratorien unter nommenen Giftuntersuchungen, worin es heißt: »beanstandet wurden viele Textilwaren, aber am giftigsten waren manche Tapeten. Ueber 175 Proben von Tapeten wurden so arsenik haltig befunden, daß ihr Verkauf amtlich verboten werden mußte.« Diese Zeilen können Beunruhigung in weiteren Kreisen hervorrufen. Daher bitten wir Sie, uns das Ihrem Artikel zu grundeliegende Material zugänglich zu machen. Es ist uns sehr viel daran gelegen festzustellen, ob die beanstandeten Tapeten Fabrikate einheimischer oder ausländischer Fabriken sind.