Volltext Seite (XML)
3064 PAPIER-ZEITUNG Briefkasten Der Frage muß io Pf.-Marke beiliegen. Anonyme Anfragen bleiben unberücksichtigt Antwort erfolgt ohne Gewähr, Kostenfrei nur, wenn Abdruck ohne Namen gestattet. Mietsvertrag 8570. Frage: Da ich mein Filialgeschäft am 15. Mai verlegen wollte, mietete ich von A. am 1. Mai 1907 mündlich ein ganzes Haus mit Laden vom 15. Mai 1907 ab. Das Haus war sehr in Unstand, der Besitzer versprach mir aber, es bestimmt bis 15. Mai gründlich in Stand zu setzen. Da er aber bis 10. Mai hierzu keinerlei Anstalten traf, mahnte ich wiederholt. Am 13. Mai unterschrieb ich den Mietsvertrag, lautend vom 15. Mai 1907 ab, auf die Dauer von 5 Jahren. Am 1. Mai war der Laden von dem bisherigen Inhaber schon geräumt, A. ließ aber erst am 13. Mai darin arbeiten. Da ich sah, daß die Arbeiten nicht mehr bis 15. Mai geschehen konnten, sagte ich A., er möchte wenigstens sorgen, bis 1. Juni alles fertig zu stellen, länger könnte ich keinesfalls warten. Die Arbeiten gingen aber nicht voran, weil von 7 Zimmern des Hauses 5 Zimmer von Mietern des A. bis 1. Juni bewohnt waren. Jetzt gehen die Arbeiten besser voran, werden aber noch bis 15. Juni dauern. Mein früheres Lokal mußte ich am 15. Mai räumen, wodurch mein Geschäft einen Monat still liegt. Einrichtung und Waren brachte ich im Hause des A. im Ladenlokal unter. Meine bis herige Privatwohnung konnte ich glücklicherweise, allerdings zu höherem Preis, bis 15. Juni weitermieten, weil sie nicht an den Mann gebracht wurde. Am 1. Juni verlangte ich von A. mittels Einschreibebriefes, da mir durch seine Schuld der Verdienst einen Monat verloren ging, als Schadenersatz Nachlaß der Miete für die zwei ersten Monate von der Zeit an, da ich das Haus bewohnen kann. Er will mir aber die Miete nur für die Zeit erlassen, in der das Haus ausgebessert wurde. Meine Ansicht geht nun dahin, daß ich 1. laut BGB 538 Schadenersatz wegen Nichterfüllung verlangen kann, 2. laut BGB 542 sogar berechtigt bin, den Vertrag ohne Kündigung aufzulösen. Dies wollte ich aber nur tun, wenn ich Schadenersatz verlangen könnte. Wie soll ich mich verhalten? Habe ich noch Zeit, Schaden ersatz zu verlangen, nachdem ich am 15. Juni das Haus bezogen habe? Finden Sie den Nachlaß der Miete von 2 Monaten (Miet preis jährlich 2250 M.) angemessen? Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Von dem Mietsvertrage kann Fragesteller auf Grund des § 542 BGB nicht mehr zurücktreten, da er trotz der schuldhaften Säumnis des Vermieters von den Mietsräumen bereits Be sitz ergriffen hat, indem er im gemieteten Laden seine Ein richtung und seine Waren untergebracht hat. Auch hat er nicht nach Vorschrift des § 326 BGB dem Vermieter zur Bewirkung der ihm obliegenden Leistung eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmt, daß er nach deren fruchtlosem Ablauf die Annahme der Leistung ablehnen werde. Dagegen kann Fragesteller auf Grund des § 286 BGB von dem Vermieter Schadenersatz wegen seiner schuldhaften Säumnis bei Uebergabe der Mietsräume be anspruchen. Der zu ersetzende Schaden umfaßt auch den entgangenen Gewinn (§ 252 BGB). Derselbe läßt sich also nicht lediglich nach der Höhe der Miete für ein oder zwei Monate bestimmen, sondern nur nach Lage des Falles, wo bei Fragesteller, wie gesagt, mit einrechnen kann, was ihm an Gewinn entgangen ist. Es empfiehlt sich jedoch, wie stets in derlei nicht ganz zweifelsfreien Fällen, den Streit durch friedlichen Vergleich und nicht durch Prozeß zu schlichten. Dr. S. Braune statt grauer Pappe Aus Oesterreich 8571. krage: Eine Firma machte mit mir einen Jahres-Ab schluß auf Lieferung von 3 Waggon grauer Pappen nach Bedarf. Ehe noch ein Abruf hierauf erfolgte, verlangt die Firma Lieferung von braunen Pappen statt der grauen, da sie auf Wunsch ihres Kundenkreises nur braune in Verwendung nehmen könne, und ersucht andernfalls umr Rückgängigmachen des Schlusses. Ich kann als nur Graupappen-Erzeuger diesem Wunsche selbst bei höheren Preisen nicht nachkommen. Ist es gebräuchlich und kaufmännisch, auf dem gemachten Schluß zu bestehen? Antwort: Da Fragesteller graue Pappe verkauft hat und braune Pappe aus ganz anderen Stoffen besteht, ist er nicht verpflichtet, braun statt grau zu liefern. Anderseits ist der Besteller nicht berechtigt, einseitig vom Vertrag zurückzutreten. Es ist kaufmännisch üblich, auf Einhalten des Vertrages zu bestehen und von demjenigen, welcher vom Vertrag zurücktritt, ohne dazu durch höhere Gewalt gezwungen zu sein, Schadenersatz zu verlangen. Als Schaden gilt der entgehende Gewinn. Rügefrist 8572. Frage: Wir haben an einen hiesigen Buchdrucke 5000 kg Zeitungsdruckpapier geliefert, auf deren Rechnung^ betrag uns wegen angeblich nicht vereinbarungsgemäßer Lief rung ein erheblicher Abzug gemacht wurde. Das Papier soi unverhältnismäßig viele Stücke, verrissene Bogen usw. enthalten wodurch sich der Buchdrucker, der mit einem automatischen Bogeneinlegeapparat arbeitet, geschädigt fühlt. Beim Kau machte der Käufer nicht darauf aufmerksam, daß er sich diesen Apparat neu angeschafft habe, obgleich er bei der letzten Liefe rung, welche durch einen anderen Händler X erfolgte und tet. weise schon automatisch in die Maschine eingelegt wurde, die selben schlimmen Erfahrungen gemacht hatte, sondern es wurdk vereinbart: genau wie früher durch X bezogen und ausdrücklic dasselbe Fabrikat »wie gehabt« verlangt und zugesagt. Es kam zur Klage und wir machten zunächst Nichteinhaltune der Rügefrist geltend. Im 1. Termin wurde Beschluß gefaßt: _ Es soll Beweis erhoben werden über die bestrittene 8. hauptung des Beklagten, er habe die von Klägerin am 5- De zember 1906 gelieferte Sendung Druckpapier, die in der Klag e ' rechnung näher bezeichnet ist, unverzüglich gerügt. Die am 13. Dezember 1906 dem Kläger übersandte Mitteilung, unter den 1 Papier befänden sich übermäßig viele Stücke, sei als rech zeitige Rüge unter Berücksichtigung des großen Umfangs de Lieferung anzusehen, durch Einziehung eines sachverständigen Gutachtens der Handelskammer zu Kassel unter Uebersendun der Akten an diese. Für den Fall, daß die Handelskanin 16 selbst nicht in der Lage ist, das gewünschte Gutachten abzl, geben, soll um Angabe eines Sachverständigen durch die Handelskammer ersucht werden. - Die Handelskammer schlug als Sachverständigen einen Buchdruckereibesitzer vor, welcher folgendes Gutachten abgabr Ich teile dem hohen Gerichtshöfe mit, daß eine Reklamatio. über schlecht geliefertes Zeitungspapier nach Ablauf von ach. Tagen nach Erhalt der Ware wohl als sehr rechtzeitig An gesehen werden darf, denn man kann eine solche Ware nicht eher auf ihre Güte beurteilen, bis man dieselbe effektiv in Ge brauch nimmt. Da man nun bei Bestellung von Zeitungsdruck papier nicht wartet, bis der letzte Bogen verbraucht ist, son dern sich rechtzeitig mit Papier versieht, damit das Erscheine 11 des Blattes keine Unterbrechung erleidet, so halte ich den Zeit raum vom 5.—13. Dezember 1906 für vollständig früh genug. Wir haben in der neuen Verhandlung dieses Gutachten m1 Erfolg angefochten und Ladung eines Gegensachverständige” beantragt. .. Wir bitten Sie nun, uns gefl. über folgende Punkte zwec5 Vorlage vor Gericht ein Gutachten abzugeben: 1. Ist das vorstehend angeführte Gutachten einwandfrei? 2. Ist ein Buchdrucker nicht verpflichtet, auch bei groes Sendungen sich durch Stichproben sofort zu überzeugen, da die Ware fehlerfrei ist? Sind gerichtliche Entscheidunge bekannt? S 3. Ist es möglich, festzustellen, ob ein Ballen Eapier verrisse 116 Bogen enthält? (Gegner bestreitet diese Möglichkeit). 4. Besteht ein Handelsbrauch, demzufolge ein Buchdrucker' welcher mit automatischem Einlegeapparat arbeitet, verpflichte ist, den Papierlieferanten auf besonders sorgfältige Sortierun hinzuweisen? 5. Ist die Handlungsweise des Beklagten: ein bestimmte Fabrikat, welches sich früher schon (durch Händler X bezog 611 ? für den automatischen Einlegeapparat als schlecht brauch!” erwiesen hat, durch einen anderen Händler (Y) unter Ver schweigung dieses Umstandes zu kaufen und denselben für d unausbleiblichen Schäden haftbar zu machen, vom kaul männischen oder gesetzlichen Standpunkte aus unzulässig? Antwort: 1 und 2. Das Gutachten fordert unseres Er achtens zu lange Rügefrist. Das Papier hätte durch Stic 11 ' proben sofort untersucht werden können. § 377 HGB. 3. Es ist möglich, das Vorhandensein gerissener Boge im Ballen festzustellen, indem man ihn öffnet und an de Schnittkante prüft. 4. Wir kennen keinen solchen Handelsbrauch. 5. Die Bestellung gleichen Papiers bei einem andere 11 Händler ist unbedenklich, denn Besteller hatte am Papie nichts auszusetzen, sondern nur an der Sortierung, die be weiterer Lieferung besser sein konnte. Zementsäcke 8573. Frage: Kann man aus Stoff wie bei gewöhnliche® Langsieb ein Papier für Zementsäcke herstellen ausschließlicD auf Dreisiebzylindermaschinen? Antwort: Wir verweisen auf die Artikel über diesen Gegenstand in Nrn. 8, 10, n, 29, 47 und 52 von 1906 und Nr. 3 von 1907 und bemerken wiederholt, daß das Papier der Zementsäcke in Amerika auf Maschinen mit mehreren Siebzylindern, also aus mehreren Lagen, hergestellt wird- Verantwortlicher Schriftleiter Siegmund Ferencti, Friedenau. Zuschrijten nur an Papier-Zeitung, Berlin SH' 11 erbeten. Druck von A. W. Hayn’s Erben, Berlin SW, Zimmerstraße 29.