Volltext Seite (XML)
2612 PAPIER-ZEITUNG Nr. 59 Lithographie in Amerika Die Lithographen in den Vereinigten Staaten sind seit i. August 1906 im Ausstand, weil die Arbeitgeber ihre Forderungen nicht bewilligen und besonders nicht die Wochenarbeit von 48 Stunden, d. h. von 8 Stunden täglich. Die American Lithograph Company in New York beschloß am 1. Januar 1907, weil es im Lande an ausgebildeten Litho graphen fehlte, und die Einfuhr lithographischer Arbeiten fortwährend wächst, aus Europa geeignete Leute kommen zu lassen. Um den Beweis zu führen, daß es unmöglich sei, die erforderliche Zahl ausgebildeter Lithographen in den Vereinigten Staaten zu beschaffen, suchte die Gesell schaft in 12 Zeitungen der größten Städte 4 Wochen lang durch 3 mal wöchentlich eingerückte Anzeigen solche Leute mit dem Ergebnis, daß sich kein einziger gemeldet hatte. Die Gesellschaft schloß alsdann Vertrag mit 2 Lithographen in Nürnberg, denen sie freie Reise nach Amerika und Be schäftigung für 1 Jahr zusicherte. Dieselben kamen am 2. Mai in New York an. Gegen ihre Zulassung in das Land hatte der Lithographenverband, dessen Mitglieder im Aus stand waren, Einspruch erhoben, und der Einwanderungs kommissar in New York entschied, daß die beiden Leute nach Deutschland zurückkehren müßten. Diese Entschei dung erfolgte auf Grund eines Gesetzes, wodurch die Ein fuhr fremder Arbeiter auf Grund von Arbeitsverträgen ver boten ist und jede Verletzung des Gesetzes mit 1000 Dollar bestraft wird. Das Gesetz bestimmt jedoch auch, daß berufsmäßige Schauspieler, Künstler, Vorleser und Gelehrte unter Kontrakt hinübergebracht werden dürfen, und daß auch ausgebildete Arbeiter eingeführt werden dürfen, wenn keine unbeschäftigten Leute gleicher Art in den Vereinigten Staaten zu haben sind. Auf Grund dieser Bestimmung be schwerte sich die American Lithograph Company beim Handelsminister mit dem Erfolg, daß die beiden Leute zu gelassen wurden. Bei den Verhandlungen hatte der Präsi dent des Lithographenbundes ausgesagt, es befänden sich 240 Mitglieder seines Bundes unbeschäftigt in den Ver einigten Staaten, und diese genügten, um alle leeren Stellen zu füllen. Dies wurde aber vom Gegenanwalt durch ein Druckschreiben widerlegt, welches der Lithographenbund selbst erlassen hatte, und welches folgenden Wortlaut hatte: »Die Angaben der Arbeitgeber zeigen, daß in dem lithographischen Kunstfach mehr Leute fehlen als sich jetzt im Ausstande befinden, daß also diese bei Aufhören des Ausstandes doch nicht zur Besetzung der leeren Stellen ausreichen würden.« Der Generalanwalt entschied auf Grund dieses Druck schreibens, daß sich in den Vereinigten Staaten keine ge nügende Anzahl Lithographen zur Ausführung der vor liegenden Arbeit befindet, und daß deshalb die in New York unter Vertrag Angekommenen zugelassen werden müssen. Diese Entscheidung wird, wie »Paper Trade Journal« annimmt, die Wirkung haben, daß die Ausständigen zur Arbeit zurückkehren werden. Faszikelbogen Das Papierlager einer Druckerei mit größerem Umsatz muß alle gangbaren Papiersorten enthalten, welche dem Charakter der Druckerei entsprechend benötigt werden. Mit dem Umfang eines Druckereibetriebes wächst auch dessen Lagerbestand. Dieses Lager ist eine kostspielige Notwendigkeit, da es nicht nur bedeutenden Zinsverlust verursacht. Ist das Lager mangelhaft sortiert, so drückt es die Leistungsfähigkeit des ganzen Druckerei - Betriebes stark herab. Druckereien, welche leistungsfähige Papierläger oder Fabriken in der Nähe haben, sind bedeutend im Vorteil gegen solche, die ihren Bedarf vollständig am eigenen Lager halten müssen. In der wohlgemeinten Absicht, keine Restbestände zu schaffen, wird oft zu lange mit Ergänzung des Lagerbestandes gewartet. Und doch gibt es einfache Wege, die ohne großen Zeitverlust den Lagerverwalter sofort aufmerksam machen, daß eine Papiersorte neu bestellt werden muß. In Druckereien, denen ein umsichtiger Papierfachmann vorsteht, genügt oft schon ein Lagerbuch, die Ordnung im Papierlager aufrecht zu erhalten. Einem weniger sicheren Papierkenner würde mit dem einfachen Aufführen der Lagersorten nicht gedient sein, weil ihm die Möglichkeit fehlt, für jede Druckarbeit die passende Papiersorte des Lagers sofort zu bestimmen. Aber auch der erfahrene Fachmann muß vergleichen, probieren, wiegen — er muß mit einem Worte von allen Lagersorten Probebogen — Faszikelbogen — zur Hand haben. Die Anordnung ist so zu treffen, daß ein Griff ge nügt, um den gesuchten Probebogen zur Hand zu haben. Alle jenen Papiere, welche einer Gattung angehören, sind zusammen zu fassen. So werden alle Plano-Postpapiere zu sammen eine Sammlung bilden, Kanzleipapiere, Werkdruck-, Kunstdruck-, Umschlag-, Affichen-, Glace- und Chromo papiere, weiße und farbige Natur- und gestrichene Kartone, Karten- und Billettformate, soweit sie in gangbaren Größen und Sorten zum Lagerbestand zu rechnen sind, müssen vertreten sein. Diese Mustersammlung läßt sich bequem in einem Wandschränkchen unterbringen. Die einzelnen Fächer sind durch entsprechende Aufschriften sofort kenntlich gemacht, die sich mit der Art der darin enthaltenen Papiere decken müssen. Jeder Bogen dieser Sammlung ist vom Lager ent nommen, gefaltet und mit den nötigen Vermerken ver sehen, z. B.: Lager Nr. 8241 Hyronimus Hopfs Erben, Elberfeld fein Kronenpost, 24 Kilo. — Ankauf M. 16,50 p. 1000 Bg. 15000 Bogen 5. V. 07. Diese 15000 Bogen, welche laut Rechnung vom 5. Mai 1907 eingetroffen sind, wurden vom Lagerverwalter nachgeprüft aut Güte des Stoffes, Gleichmäßigkeit der An fertigung und der Anzahl. Der Belegbogen mit dem Kontroll zeichen wird dem Bureauchef übergeben. In manchen Betrieben besteht die Unsitte, Papiersendungen unausgepackt stehen zu lassen, bis das Papier gebraucht wird. Von einer Kon trolle der Sendung kann dann keine Rede sein. Zeigen sich später Mängel, so lehnt die Fabrik jede Verantwortung ab, weil die Reklamationsfrist verstrichen ist. Druckpapiere müssen sofort aus der Verpackung genommen werden, wenn glattes Arbeiten ermöglicht sowie gutes Aussehen der Druckarbeit gewahrt werden soll. Jede sich wiederholende Druckarbeit wird in gut ge leiteten Betrieben nach der Kalkulation der letzten An fertigung auf den neuen Arbeitszettel überschrieben. Die Lagernummer des verwendeten Papiers wird von dortüber- nommen, ein Fehler in der Auswahl des Papiers ist deshalb kaum möglich. Vom Besteller wird häufig für jede neue Druckarbeit ein Kostenvoranschlag verlangt. Bei Aus arbeitung der Haus-Kalkulation ist die Nummer des zur Ver wendung vorgesehenen Papiers anzugeben und wird von der Vorkalkulation auf den Druckzettel übernommen, die benötigte Bogenanzahl am Faszikelbogen abgeschrieben. Wie weit Großbetriebe, deren Lagerbestand noch eine große Zahl anderer Papiersorten, welche zu dem Werkver brauch zu rechnen sind, aufweist, die Kontrolle in der vor beschriebenen Weise ausdehnen, bleibt dem Ermessen des Einzelnen überlassen. Gerade im Großbetrieb ist peinlich genaue Kontrolle des Lagerbestandes notwendig, um das Geschäft vor Nachteilen aller Art zu bewahren. Dem unbefugten Entnehmen von den Lagerbeständen, sei es auf verdruckte Auflagen, die möglicherweise in die Kesselanlage gewandert sind und nun stillschweigend noch einmal angefertigt werden sollen, oder sonst in unredlicher Absicht, ist hier ein Riegel vorgeschoben. Zur Lager kontrolle ist nur nötig, hinter jeder Abschreibung am Faszikelbogen die Drucknummer der Arbeit beizufügen. Stellt es sich heraus, daß der Lagerbestand einer Papier sorte nicht mit der Schlußzahl am Faszikelbogen überein stimmt, trotzdem die einzelnen Posten der Druckaufträge ordnungsgemäß angeführt sind, so ist der Mangel auf irgend eine Art zum Schaden des Geschäfts erfolgt. Die große Zahl der unter sich stark verschiedenen Druckpapiere eines Lagers macht besonders übersichtliche Anordnung des Lagers und der Numerierung nötig. Die Praxis hat hier manche Vorteile herausgefunden, die über flüssiges Suchen ersparen, schnell, gleichsam mit einem