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Nr. 58 PAPIER-ZEITUNG 2559 Einige technisch verwertbare Pflanzen der Tropenländer Prof. Karl Sajö veröffentlicht in Heften 919 und 920 des »Prometheus« einen Aufsatz mit 9 Abbildungen, dem wir folgende auf die Papierfabrikation sich beziehende Teile entnehmen: Der Emajaguastrauch oder auch Maj'aguastrauch (Paritium tiliaceum') verdient als Faserpflanze ersten Ranges besondere Beachtung. Er ist ein Kind des tropischen Amerikas, war daselbst schon lange vor der Entdeckung durch Columbus eine geschätzte Pflanze und liefert dort auch heute noch das vorzüglichste Material für Taue und Schnüre. Sein Bast hat sehr starke und geschmeidige Fasern, etwa wie Jute; ihre merkwürdigste und schätzbarste Eigenschaft ist aber die, daß sie in geteertem Zustande durch längeres Lagern, man könnte also beinahe sagen: durch längere Mazeration in Wasser, anstatt an Güte und Stärke zu ver lieren, noch stärker und widerstandsfähiger werden. Aller dings sind auch die Coirfasern (die aus den Kokusnußhüllen gewonnen werden) gegen Wasser unempfindlich und ver bessern sich unter Wasser sogar noch ein wenig; sie haben aber nicht die Biegsamkeit der Emajaguafasern und lassen sich nicht teeren. Auf der Insel Porto Rico werden fast alle Stricke, Seile usw. aus Emajaguafibern hergestellt, außerdem aber auch vorzügliche Matten. Ferner scheint der Bast für die Papierfabrikation vorzüglich geeignet zu sein; und da stellenweise riesige Bestände dieser Pflanze vorhanden sind, so wird sich wahrscheinlich auch die Papierindustrie in kürzester Zeit dieses Rohstoffes bemächtigen. Der Bast ist von den grünen, noch nicht eingewässerten Zweigen leichter zu gewinnen als von den meisten übrigen faser tragenden Holzgewächsen. Daß Paritium tiliaceum in außeramerikanischen Tropen gebieten ebensogut gedeihen würde, ist zwar noch nicht erwiesen, aber immerhin sehr wahrscheinlich, weil die Art in ihrer Heimat zu den anspruchslosesten Gewächsen zählt und ganz so gezüchtet werden kann wie die Korbweide. Schneidet man die oberirdischen Teile ab, so sprossen aus dem Strunke sogleich neue Triebe empor. Die Kultur wäre also sehr leicht und billig. Es wäre sehr angezeigt, ebenso mit der Kultur des Emajaguastrauches in verschiedenen tropischen Geländen, wie mit seinen Faserprodukten in den Laboratorien der Seil- und Papierindustrie ausgedehnte Ver suche nach allen Richtungen anzustellen. Merkwürdig ist, daß bis heute sich noch keinerlei Ausfuhr an diesen Pro dukten aus Zentralamerika entwickelt hat; wahrscheinlich deshalb nicht, weil Handel und Großindustrie auf sie noch nicht aufmerksam gemacht sind. Zu den neuerdings schon vielfach verwendeten Tropen gewächsen gehören die Bananenpflanzen oder Pisange, d. h. die Arten der Gattung Musa. Besonders die wilden Arten liefern einen vorzüglichen Faserstoff, obwohl für die Papier industrie auch die Fasern der kultivierten Arten oder Sorten sehr wohl brauchbar sind. Der weltbekannte Manilahanf oder abaca stammt von wilden Bananen und ist schon längst der Rohstoff einer blühenden Seil- und Tauindustrie. Die verbrauchten Seile und zerlumpten Gewebe aus diesem Faserstoff werden schon seit geraumer Zeit zu »Manila papier« verarbeitet, welches besonders stark und dauerhaft ist. So haben die Vereinigten Staaten im Jahre 1900 bereits rund tooooo Tonnen Manilahadern im Werte von 2500000 Dollar eingeführt. Da aber der Bedarf an diesem Faserstoff mit alten Tauen nicht mehr gedeckt werden kann, hat man die Ab fälle der Abacafasergewinnung (abaca heißen die Fasern der wilden Musa-A.rten) ebenfalls in die Papierindustrie eingeführt. Die Abaca- oder Manilahanffasern werden nämlich aus den wilden Bananenpflanzen meistens an Ort und Stelle im Freien mittels Handarbeit gewonnen. Bei dieser Arbeit geht aber ein sehr großer Teil der Fasern verloren, und diese Abfälle bleiben meistens auf dem Felde liegen, wo sie höchstens als Dünger dienen. Versuche haben bewiesen, daß die in diesen, bisher dem Verderben ausgesetzten Abfällen gebliebenen Fasern für die Papier industrie sehr wichtig sind und Esparto- oder Alfagras (Stipa tenacissima) und Hanf an Güte übertreffen. Es bliebe nur zu erwägen, ob die Felder, auf denen der Manilahanf gewonnen wird, durch die anderweitige Verwertung dieser Abfälle nicht rasch ärmer würden an Pflanzennährstoffen, weil diese Abfälle bisher als Dünger dienten. Die chemische Untersuchung führte nun zu der Erkenntnis, daß die Bananengewebe an Pflanzenaschenbestandteilen haupt sächlich Kaliumverbindungen enthalten, sodaß der Ver armung des Bodens mittels Kalidüngung gesteuert werden könnte. Es zeigte sich aber ferner, daß diese Kalium verbindungen größtenteils im Safte der grünen Pflanze sich finden. Wenn man also aus der noch frischen Pflanze den Saft auspreßt, so können die wichtigsten Dungverbindungen mit diesem Safte dem Boden zurückgegeben werden. Außer wilden Musa- Arten hat man auch die wegen ihrer Früchte kultivierten edlen Bananen untersucht. Ihre Fasern stehen an Stärke denen der wilden Sorten, also dem Manila hanfe, bedeutend nach, eignen sich also für die Tau- und Seilindustrie nicht. Gerade das dürfte aber für die Papier industrie als Empfehlung dienen, weil die Zerkleinerung der Fasern, die das Papiermachen ermöglicht, dadurch er leichtert wird. Daß auch aus edlen Bananen, sowohl aus den süßfrüchtigen eigentlichen (Musa sapientum) wie aus den sogenannten plantains, die wenig Zucker, aber viel Stärke in ihren Früchten haben (M. sapientum var.paradisiaca'}, ein vorzügliches Material für die Papierfabrikation gewonnen werden kann, ist längst festgestellt. Wenn man bedenkt, welche riesigen Massen von Musastämmen jährlich auf einer einzigen Bananenanlage wachsen, und daß bisher diese Stämme nach der Ernte des Fruchtkolbens abgehauen und meist dem Verderben preisgegeben wurden, so bietet sich in diesen tropischen, üppig wuchernden Fruchtpflanzen eine reichliche Quelle zur künftigen, wenigstens teilweisen Deckung des Faserbedarfs der Papierfabrikation. Es gibt noch verschiedene andere tropische Faser pflanzen, z. B. Agave-Arten (aus Agave cantula wird der sogen. »Sisalhanf« gewonnen), ferner Sanseveria-Erten, die zurzeit der Tau- und Textil industrie dienen, und deren Abfälle, nach Entnahme der für diese Industrien brauch baren Fibern, noch viel gutes Material für Papierzwecke enthalten dürften. Diese Quellen scheinen jedoch bisher ganz unbeachtet geblieben zu sein. In Hindostan finden sich zwei in die Grammineen- familie gehörige Arten, welche in den bisher errichteten acht ostindischen Papierfabriken massenhaft verbraucht werden. Die eine Art ist das sogenannte Bhaburgras (Ischaemum angustifolium), welches auf dem zentralen Tafel lande in großen Mengen wächst. Es liefert ein sehr ge schätztes Rohmaterial, beinahe ebenso gut wie das Esparto- gras, und hat den Vorzug, daß es an vielen Orten in über aus großen Mengen wild wächst, also für lange Zeit eine reichliche Quelle der Papiergewinnung sichert. Das aus dieser Pflanze gewonnene Papier ist von guter Qualität. Außerdem werden einige wilde Saccharum-Arten, in erster Linie das sogenannte Munjgras (Saccharum sara), hoch geschätzt. Die letztere Art ist noch vorzüglicher als das Bhaburgras und wird hauptsächlich in Oberindien, namentlich in den Papierfabriken bei Lucknow, verwendet. Trotz seiner vorzüglichen Qualitäten hat aber dieses Roh material einstweilen nicht die Bedeutung des vorigen, weil es in wildem Zustande nicht so massenhaft vorkommt und bei künstlichem Anbau natürlich bedeutend teurer zu stehen käme. Auf den Philippinen kommen zwei Gräser vor, die in dieser Hinsicht in der nächsten Zukunft besondere Wichtig keit erlangen dürften, von denen die eine Art auf den trockenen Hügeln, die andere in den feuchten Niederungen wild wächst. Die erstere Art heißt daselbst Cogongras und ist in der wissenschaftlichen Botanik als Imperata exaltata Brogn. bekannt. Heute dient diese Pflanze nur zum Decken der Häuser und Hütten. Sie wird 1 m hoch oder auch etwas darüber, hat breite Blätter und scheint gegen Dürre unempfindlich zu sein, was ihre Einführung in andere tropische dürre Gebiete empfehlen dürfte, wo es sich darum handelt, Papierrohstoff zu gewinnen, und wo keine ge eigneten einheimischen Pflanzen vorkommen. Die zweite Art, die feuchten Boden verlangt, ist Saccharum spontaneum, wie der Gattungsname zeigt, eine Verwandte des Zucker rohrs. Sie wird über 2 m hoch, ist perennierend und ge deiht am üppigsten da, wo der Boden während der Regen zeit mit Wasser bedeckt ist. Sie muß in noch saftigem