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Nr. 75 Agenten-Provision 7800. Frage: Ich vertrat eine Fabrik und war auf Provision gestellt, welche ich für direkt durch mich und auch indirekt von meiner Kundschaft eingehende Aufträge laut Vertrag empfing. Mein Agenturvertrag enthielt die Konkurrenzklausel, wonach ich während der Dauer der Vertretung und ein halbes Jahr später, einerlei aus welchem Grunde die Auflösung des Vertrages er folge, weder als Agent noch als Selbstbetreibender, weder direkt noch indirekt jener Fabrik bei 1000 M. Konventionalstrafe Kon kurrenz machen darf. Mein Vertrag lief jährlich mit vorgängiger vierteljährlicher Kündigung. Wegen schlechter Lieferungen kündigte ich außer der Zeit am 31. Januar die Vertretung, und die Fabrik erklärte sich einverstanden, das Vertreterverhältnis sofort zu lösen, bedingte sich aber vorgenannte Karenzzeit von 1/2 Jahr, also bis 31. Juli 1906, gemäß ihrem Vertrage aus. Während dieser Karenzzeit führte sowohl ich als auch meine Kundschaft direkt der Fabrik noch Aufträge zu. Anfangs schrieb mir diese hierfür meine Provisionen gut, später hin gegen erklärte sie mir, daß ich, da ich die Vertretung am 31. Januar niedergelegt hätte, zwar nicht mehr berechtigt wäre, als Vertreter für sie zu wirken, aber verpflichtet sei, Aufträge, die ich für ihre Firma erhielte, ihr zu überweisen, jedoch ohne An spruch auf Provision, die ihrem neuen Vertreter, meinem Nach folger, zustände. Ich teilte der Fabrik sofort mit, daß ich hier ein nicht willige, vielmehr bis Ablauf der Karenzzeit auf Ver gütung der Provisionen, welche mir, wie eingangs bemerkt, für direkt durch mich überwiesene und für indirekt von der Kund schaft der Fabrik selbst überschriebene Aufträge zustehen, be stehe. Habe ich das Recht, bis zum Ablauf der Karenzzeit, d. i. bis 31. Juli, Provision auf direkte wie indirekte Aufträge zu ver langen oder nicht? Ich bin der Ansicht, daß gesetzlich das Vertreterverhältnis erst mit Ablauf der Karenzzeit, also am 31. Juli, erlischt. Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Infolge beiderseitiger Uebereinkunft war der Agenturvertrag am 31. Januar 1906 erloschen. Die sechsmonatige Karenzzeit ist daher die vom Erlöschen des Vertrags an laufende Frist, innerhalb deren Fragesteller nur noch den Bestimmungen der Konkurrenzklausel unterworfen war. Bis zum Ablaufe dieser Frist, also bis zum 31. Juli, blieb daher nur noch das Konkurrenzverbot in Kraft. Im übrigen waren beiderseits alle Rechte und Pflichten seit dem 31. Januar erloschen. Fragesteller war sonach weder verpflichtet noch berechtigt, nach dem 31. Januar irgendwelche Tätigkeit für die Firma auszuüben. Er war also auch nicht verpflichtet, die ihm noch zugehenden Aufträge der Firma zu überweisen. Er konnte dieselben einfach den Kunden zurücksenden, ohne sich weiter um das Schicksal der Aufträge zu kümmern. Er hatte anderseits auch keinen Anspruch auf Provision für die nach dem 31. Januar der Firma zugehenden in direkten Aufträge. Wenn dementgegen Fragesteller der Firma noch Aufträge zugeführt hat, so lag diese Tätigkeit außerhalb jedes Vertrages und begründete daher nicht den Anspruch auf Zahlung der Provision des früheren Ver trages. Ein solcher Anspruch wird lediglich auf den besonderen Umstand zu stützen sein, daß die Firma ihm trotz Er löschens des Vertrages für die dann noch eingesandten Aufträge die frühere Provision gutgeschrieben, also still schweigend zugebilligt hat. Hieraus kann die nachträgliche Abrede hergeleitet werden, daß auf die bis zum Ablaufe der Karenzzeit noch eingehenden Aufträge die frühere Provision vergütet werden sollte. Geht man hiervon aus, so war die Firma an diese Abrede bis zum 31. Juli ge bunden und durfte daher nicht mehr einseitig von der selben zurücktreten. Hiernach erscheint der später von der Firma eingenommene Standpunkt, daß Fragesteller zwar die Aufträge nach wie vor zu übermitteln, Provision je doch nicht zu beanspruchen habe, nicht gerechtfertigt. Auch die aus der nachträglichen Angabe des Fragestellers ersichtliche Tatsache, daß die Firma dem Fragesteller noch am 14. Juli Offerten ihrer Fabrikate zugehen ließ, spricht dafür, daß sie sich die weitere Tätigkeit des Fragestellers bis zum 31. Juli gefallen lassen wollte. Hieraus jedoch eine Rückgängigmachung des Erlöschens des Vertrages über haupt zu entnehmen, erscheint zu weitgehend. Vielmehr könnte eine solche, d. h. also ein Wiederaufleben des er loschenen Vertrages nur durch eine ausdrückliche Abrede oder stillschweigende Fortsetzung des Vertrages nach dem 31. Juli, d. h. durch Ueberweisung von Aufträgen seitens des Fragestellers und Entgegennahme derselben seitens der Firma, gefunden werden. 3145 Wechselrecht 7801. Frage: Mir ist ein gezogener Wechsel von meinem Nachmanne zurückgekommen, weil ein Giro meines Vormannes fehlt, dadurch sind mir an Porto 1 M. 35 Pf. Kosten entstanden. Mein Vormann weigert sich, diese Kosten zu bezahlen, da die indirekten Nachmänner nicht berechtigt wären, den Wechsel des fehlenden Giros wegen zurückgehen zu lassen; es sei Sache des direkten Nachmannes, den Wechsel giriert anzunehmen oder nicht. Sein Nachmann habe den Wechsel angenommen, und der Wechsel sei auch noch nachträglich durch die Hände von 6 Giranten gelaufen. Waren die indirekten Nachmänner zur Zurückgabe des Wechsels berechtigt? Der Wechsel ist noch nicht fällig. Es wird selten vorkommen, daß ein Vormann nicht giriert. In diesem Falle ist das Giro dadurch vergessen worden, daß sich eine Firma separiert hat, ohne die auf die neue Firma mit übernommenen Wechsel zu girieren. Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Das Fehlen eines Zwischengiros ist für die Nachmänner nur dann von Bedeutung, wenn es sich um das Giro eines Zwischenmannes handelt, welcher als Girator ausdrücklich im Wechsel benannt ist. Ist das nicht der Fall, liegt also ein Blankogiro im Sinne des Art. 36 WO. vor, dann ist das Fehlen des Zwischengiros gleichgiltig. Im ersten Falle wird dagegen die Legitimation der Nachmänner durch das Fehlen des Zwischengiros beseitigt. In diesem Falle er scheint also die Annahmeweigerung seitens des Nachmannes des Fragestellers begreiflich und berechtigt. Ohne Einsicht des Wechsels ist jedoch diese Frage wie die fernere, wem die Kosten von 1 M. 35 Pf. zur Last fallen, nicht zu ent scheiden. Uebrigens ist ein Nachmann zur Weigerung der Annahme eines Wechsels seinem unmittelbaren Vormanne gegenüber auch ohne Angabe von Gründen berechtigt. Denn We hsel bilden kein notwendiges Zahlungsmittel. Firmenrecht 7802. Frage: Kann der Geschäftsführer einer G. m. b. H., die inzwischen in Konkurs geriet, so lange der Konkurs nicht auf gehoben ist, eine neue Firma mit derselben Aufschrift aufmachen und betreiben? Die G. m. b. H. firmiert z. B. »Kunstverlag Urania Julius Müller G. m. b. H.«, befindet sich gegenwärtig in Konkurs, und das Konkursverfahren läuft voraussichtlich noch längere Zeit. Die inzwischen von dem Geschäftsführer neu er öffnete Firma, welche nicht handelsgerichtlich eingetragen ist, lautet »Kunstverlag Urania«, er hat also nur den Eigennamen fortgelassen. Kann ferner eine andere Person den Antrag stellen, daß der Verlag mit dem Schlagwort »Urania« für sie handelsgerichtlich eingetragen wird, noch solange das Konkursverfahren der G. m. b. H. schwebt? Hierdurch soll bezweckt werden, daß der Geschäftsführer, der jetzt das Schlagwort unrechtmäßig führt, dieses nicht dürfe. Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Die Konkurseröffnung über eine Gesellschaft m. b. H. hindert deren Geschäftsführer nicht, eine neue Firma zu eröffnen. Denn da er als Geschäftsführer nicht persönlich mit seinem Vermögen haftet, bleibt er auch nach der Konkurseröffnung in der Verfügung über sein Vermögen unbeschränkt. Nach § 18 HGB. muß jedoch eine von einem Einzelkaufmann neu begründete Firma den Familiennamen desselben und mindestens einen ausgeschriebenen Vor namen enthalten. Da die Firma: »Kunstverlag Urania« diesen Anforderungen nicht genügt, ist sie unzulässig und nicht eintragungsfähig. Ihre Führung'kann nach § 37 HGB. vom Registerrichter untersagt werden. Dagegen steht nichts im Wege, die Bezeichnung »Kunstverlag Urania« als Zusatz zu dem sonstigen Firmennamen zu führen und ein tragen zu lassen. Daß diese Bezeichnung eine teilweise Uebereinstimmung mit der Firma der im Konkurs befind lichen G. m. b. H. begründet, bildet dabei kein Hindernis. Durch die Führung und Eintragung des Zusatzes »Kunst verlag Urania« für einen Dritten, wird dem Geschäftsführer nicht ohne weiteres die Möglichkeit zur Fortführung der unzulässigen Firma genommen. Vielmehr bedarf es hierzu des Einschreitens des Registerrichters, dem davon Kenntnis zu geben ist. Haftpflicht für lagernde fremde Ware 7803. Frage: Vor einiger Zeit verbrannten uns bei dem Schadenfeuer, von dem die X’sche Fabrik betroffen wurde, 6 Rollen Braunholzpapier, welche seit mehreren Monaten dort zu unserer Verfügung lagen. Da wir nicht wissen konnten, wie lange dieser Posten in der Fabrik noch lagern würde, hatten PAPIER-ZEITUNG