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3122 PAPIER-ZEITUNG Nr. 75 Bilderhandel zugunsten eines Kirchenbauvereins Vom Landgericht Kassel wurde am 5. Juni 1905 der Händler Heinrich Bernhard von der Anklage des Betruges freigesprochen. Er sollte sich dieses Vergehens dadurch schuldig gemacht haben, daß er beim Verkauf von Bildern zugunsten eines Kirchenbau vereins die wahre Tatsache unterdrückt hat, daß er nur 12 M. wöchentlich dafür abzuliefern habe, und daß er vorspiegelte, es handle sich um eine Kollekte. Der Kirchenbauverein hatte mit dem Buchhändler P. einen Vertrag abgeschlossen, wonach dieser monatlich 100 M. an den Verein zu zahlen hatte. Dafür gab ihm der Verein fünf gedruckte Empfehlungen. Darin wird darauf hingewiesen, daß der Verein noch weiterer Mittel, insbesondere zur Erbauung eines Pfarrhauses, bedürfe, weshalb man bitte, die Reisenden zu unterstützen. P. stellte nun fünf Reisende an, von denen einer der Angeklagte war. Dieser zahlte wöchentlich 12 M. an P., der Mehrerlös gehörte ihm, und er hatte darüber keine Rechnung zu legen. Er erwirkte sich dann einen Wandergewerbeschein und ging mit den von einer Firma bezogenen Bildern hausieren. Die im Einkauf 10 und 20 Pf. kostenden Bilder verkaufte er für 50 Pf. und 1 M. Er ging zunächst zum Bürgermeister und Pfarrer und legte Empfehlungen vor. Dann suchte er Bilder los zu werden. Schließlich bat er, ihm den Kirchendiener oder einen Knaben mitzugeben, damit dieser ihn zu den wohlhabenden Einwohnern führe. Diesen legte er seine Sachen vor, wobei er sagte, er sammle für den Kirchenbauverein. Bot ihm jemand weniger als 50 Pf., so sagte er, das dürfe er nicht annehmen; wer mindestens 15 Pf. gebe, erhalte ein Bild. Er pflegte ein Kollektenbuch vor zulegen, in welches er selbst die gezahlten Beträge eingetragen hatte oder hatte eintragen lassen. Einige Zeugen haben nun bekundet — und darauf stützte sich die Anklage —, sie würden kein Bild gekauft haben, wenn sie gewußt hätten, daß nicht der ganze (!) dem Kirchenbauvereine zufalle. Trotzdem hat das Gericht nicht die Ueberzeugung gewinnen können, daß sie bei Kenntnis des wahren Sachverhalts kein Bild genommen hätten. Sie mußten annehmen, daß erst die Spesen gedeckt werden mußten, daß also der gezahlte Betrag nur zum Teil für wohl tätige Zwecke verwendet werden könne. Gegen das frei sprechende Urteil hatte der Staatsanwalt Revision eingelegt. — Sie wurde jedoch vom Reichsgericht als unbegründet verworfen, da die Freisprechung auf den unanfechtbaren tatsächlichen Feststellungen beruht. Schreibmaschine für die Esperanto-Sprache Die Welthilfssprache Esperanto findet namentlich in England und Frankreich viele Anhänger. Von dem kürzlich in Genf ab gehaltenen Esperanto-Kongreß wurde berichtet, daß viele Ge schäfte in Genf mit Tafeln versehen waren, auf denen stand, daß man auch Esperanto spreche. Die neue Sprache scheint nun auch schon auf die Schreibmaschinen überzugreifen, denn es wird berichtet, daß die Oliver Typewriter Company einen Katalog in der Esperanto-Sprache herausgegeben und besondere Esperanto-Tastaturen eingeführt hat. K. Ortsbriefe und Drucksachen Bisher wurden Drucksachen unter Kreuzbandverschluß — sofern auf der Adresse die Bezeichnung »Drucksache« fehlte — ohne weiteres als Briefe angesehen und mit Strafporto belastet, wenn sie für die Briefform ungenügend frankiert waren. Jetzt, nachdem im Ortsverkehr die Drucksachen teurer sind als die Briefe, wird ein anderes Verfahren beliebt; es werden Druck sachen unter Streifband, auch wenn die Bezeichnung »Drucksache« fehlt, nicht als Briefe befördert, sondern als Drucksachen ange sehen, sie werden mit Strafporto belegt! Die Oberpostdirektion Berlin hat sich auf eine Beschwerde dahin geäußert, daß gedruckte Gegenstände im Gewicht von mehr als 100—250 g, die an sich den Bestimmungen für Drucksachen entsprechen, nur dann gegen das Briefporto befördert werden, wenn sie als Briefe verpackt, d. h. ver schlossen sind! Diese Auffassung erscheint den unteren Organen der Post selbst aber so ungeheuerlich, daß vielfach dagegen verstoßen wird, und es erst des Einschreitens der Revisionsbeamten bedurfte, um dieser merkwürdigen Bestimmung Geltung zu ver schaffen. Es bleibt abzuwarten, ob eine höheren Orts gegen dieses Verfahren gerichtete Beschwerde Erfolg haben wird. Bis dahin möge man diese unberechtigte Eigentümlichkeit der Post verwaltung im Gedächtnis behalten, um sich vor Schaden zu bewahren. (Zeitschrift f. Deutschlands Buchdr.) Probenschau Unter dieser Ueberschrift werden alle von Beziehern der Papier-Zeitung eingesandten Muster von Erzeugnissen des Papier- und Schreibwaren-Faches, die Neues oder Bemerkenswertes bieten, kostenfrei veröffentlicht Postversandschachtel, DRGM von Wilh. Thomas, Karton- nagenfabrik in Steinigtwolmsdorf i. Sa. Die von vielen Ge schäftszweigen benutzten Versandschachteln mannigfacher Form und Größe haben den großen Mangel, daß sie zur Aufbewahrung bedeutende Räume erfordern. Aus diesem Grunde sind schon viele Geschäftsleute dazu übergegangen, von den Kartonnagenfabriken nur Zuschnitte zu beziehen, die dann im Betriebe des Verbrauchers unter Benutzung einer Zange oder einer Maschine mittels Metallklammern zu Schachteln und Deckeln verbunden werden. Dies Ver fahren hat den Nachteil, daß man ein Werkzeug zum Schließen der Schachteln braucht, daß man Klammern für diesen Zweck kaufen muß, und daß die einmal geschlossenen Schachteln nicht ohne Beschädigung wieder flach gelegt werden können. Der obiger Firma geschützte Schachtel zuschnitt gestattet das Zusammensetzen ohne irgend ein Werkzeug und ohne Anwendung einer Klammer oder eines ähnlichen Verbindungsmittels. Die an den Seitenwänden angeschnittenen Verbindungslappen sind so geformt, daß sie, in entsprechende Schlitze der anstoßenden Seitenwand gesteckt, sich nicht von selbst lösen können. Wenn auf solche Weise Schachtel sowie Deckel zum Gebrauch über einander gestülpt werden, bilden sie ein ebenso wider standsfähiges Schutzmittel wie irgend eine Schachtel anderer Verbindungsart und gleicher Pappenstärke. Dabei zeigt die geschlossene Schachtel keine leicht beschädigungs- fähigen Lappen usw. Der Empfänger hat den Vorteil, daß er die Schachtel flach legen und verwenden kann. Ansichts-Postkarten von Aristophot, A.-G. in Taucha. Die für den Herbst bestimmten neuen Muster sind er schienen und umfassen mehr als 100 verschiedene Karten in allen photographischen Druckverfahren. Vor allem ist der warme braune Farbton der Lychnogravüre wieder zahl reich vertreten; daneben finden sich viele prächtig kolo rierte Bromsilberkarten, die ebenso wie die schwarzweißen Bromsilberkarten zum Teil mit Hochglanz überzogen sind, der die Tiefe des Bildes sehr verstärkt. Dem Motiv nach sind es wieder zum großen Teile galante Damen, vielfach aber auch Kinder. Eine Serie Karten stellt z. B. eine Ge sellschaft von 5 Knaben und einem Mädchen im Bauern haus beim Abendbrot dar. Diese Karten sind hinsichtlich der photographischen Aufnahmen, der technischen Durch führung und der natürlichen kindlichen Anmut und Schel merei sehr gelungen. Eine besondere Neuheit bilden die große Serie Flaggenkarten. Sie tragen auf schwarzem Grunde eine große, meist englische Flagge. Hauptsächlich sind der Union Jack des vereinigten Königreichs und die Flaggen der verschiedenen Kolonien vertreten. Während die farbig ausgeführte Flagge etwa dreiviertel jeder Karte bedeckt, ist eine Fläche von etwa 7X5 cm auf der Flagge für ein Bild freigelassen. Diese Bilder zeigen Regenten bilder, die Mitglieder der englischen Königsfamilie sind mehrfach dargestellt, oder Städtebilder auch Landschaften aus der zur Flagge gehörigen Gegend des britischen Welt reichs. Da diese sehr umfangreiche Kartenserie vollständig zur Ausfuhr nach England und dessen Kolonien bestimmt ist, wurde auch auf die Adressenseite ausschließlich eng lischer Text gedruckt. Silhouettenkarten von Friedrich Adolf Ackermanns Kunstverlag in München, Maximilianstraße 6. Die Firma gab verschiedene Serien von Schattenrißkarten heraus, die neben dem allgemeinen auch literarisches Interesse ver dienen. Eine der Serien zeigt Goethe und einige von seinen Freunden und Verwandten in Bildern, die der Zeit ihrer Entstehung nach von seiner Jugend bis zum Jahre 1805 reichen. Leider ist weder der Künstler noch der Aufent halt des Originalschnittes auf den Karten angegeben. Von den 12 Karten stellen 9 Goethes Profil, teils nur den Kopf teils die ganze Gestalt dar, während auf den 3 übrigen Goethes Mutter, Frau von Stein und Lotte zu sehen sind. Alle Karten sind mit einer mattgrün gedruckten Umfassung aus gestattet, deren Form dem Umriß des jeweiligen Bildes an gepaßt ist. Eine Serie von Schiller-Silhouetten umfaßt nur 6 Karten. Unter ihnen ist ein Brustbild Schillers mit Faksimile- Unterschrift, ein Jugendbild Schillers als Karlsschüler, Schiller im Reiseanzug und im Hofkleide, sowie je ein Bild von Charlotte von Lengefeld und von der Gustel von Blase witz. Auf allen Karten ist das Jahr, in dem die dargestellte Silhouette angefertigt wurde, angegeben. Druck und Kar ton sind vorzüglich, und jede Serie ist in einen passend ausgestatteten Umschlag verpackt.