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3062 PAPIER-ZEITUNG Nr. 74 Lösung fallen zu lassen, das Papier umzudrehen und nun auf die entsprechende Stelle ebenfalls einen Tropfen aufzubringen. Zur Erleichterung kann man die entsprechenden Stellen vorher auf beiden Seiten mit einem Bleistift anzeichnen. Die kurze Zeit, die dazu nötig ist, beeinflußt das Ergebnis durchaus nicht. Eine einprozentige Lösung von Natriumhydroxyd in Wasser wirkt in der kurzen Zeit von höchstens 1 Minute weder quellend auf die Faser, noch lösend auf das Harz, wovon man sich über zeugen kann, indem man ein Stück geleimtes Papier z. B. eine Minute lang in eine einprozentige, kalte Natronlauge einlegt, nach dieser Zeit dann herausnimmt und nun die Lösung auf das Vorhandensein von harzsaurem Natron untersucht. Fein ge pulvertes Harz ist in freiem Zustande innerhalb dieser kurzen Zeit in einer so sehr verdünnten, kalten Natronlauge kaum in Spuren löslich; in der viel resistenteren Form, in der es im Papier vorhanden ist, und über welche man bekanntlich wenig unterrichtet ist, ist es aber praktisch unslöslich, was die kurze Zeit, die kleine Menge eines Tropfens und die geringe Kon zentration betrifft. Ebenso ist es mit dem Einwurf gegen die Verwendung des Alkohols, wobei Herr Klemm schreibt: »Alkohol, der den vierten Teil des Volumens der Phenolphthaleinlösung ausmacht« usw. Er scheint aber übersehen zu haben, daß ich einen Teil Alkohol (von etwa 90 v. H.) auf vierzig Teile mit Wasser verdünne, also Alkohol von 2 v. H. Gehalt und nicht, wie sich nach seiner un richtigen Berechnung ergeben würde, von 25 v. H. Gehalt an wende. 2prozentiger Alkohol wirkt aber in der kurzen Zeit des Versuches ebenfalls auf Harzleim nicht ein. Ebensowenig stichhaltig ist der Einwurf, daß die sauer reagierenden Tinten, welche von ganz anderer Zusammen setzung sind, als meine Lösungen, nicht »gleichsinnig und ein ander entsprechend« Papier durchdringen. Tinte ist eine Flüssig keit von bestimmter Konzentration, ebenso meine Lösungen, und die Geschwindigkeiten des Durchdringens durch Papier sind diesen Konzentrationen proportional, folglich ist auch die Zahl, welche die Leimfestigkeit angibt, proportional der wirklichen Festig keit gegen Tinte, und eine solche proportionale Zahl ist eben das, was man braucht, da sie ja, wie der Name »proportional« ausdrückt, der wirklichen Festigkeit gegen Tinte entsprechend ist und also praktisch denselben Dienst leistet. Die durch mein Verfahren erhaltenen, der wirklichen Festig keit gegen Tinte proportionalen (entsprechenden) Zahlen bieten das, was die Praxis braucht, nämlich ein durch eine Zahl aus gedrücktes, genaues Ergebnis. Leimen, Beschweren, Färben Durch Ueberfärben, Ueberleimen, Ueberbeschweren in folge vonllnwissenheit oder Gleichgiltigkeit können Millionen unwiederbringlich verloren gehen. So wird oft nicht genug gewürdigt, wie sehr manchmal durch Beimischen von zuviel Gelb die Wirkung der anderen Farben im Papierstoff zurückgedrängt wird. Oft fügen Neulinge, um die Weiße des Papiers zu heben, zu viel Blau oder Rot zum Stoff und verdunkeln diesen erst recht. Sie bedenken nicht, daß, wenn die Faserstoffe trüb sind, die Kunst des Färbens zu Ende ist. Zeitverluste und Abzüge der Kunden verschlingen hier außer dem Mehrbedarf an Farben oft große Summen. Auch das richtige Fixieren der Farben wird oft versäumt, auf welche übrigens oft auch die Beschaffenheit des Wassers und der Stoffe nachteilig ein wirkt. Der Leimungsfachmann Herr Fritz Arledter hat diesbezüglich Neues und Bewährtes entdeckt. Bevor Arledter die Theorien Wursters ins Praktische übersetzte, und bevor man die zur Ersparnis an Leim bei tragende Wirkung des Emulgators kannte, wurden große Summen dadurch verpulvert, daß der Leim Siebe und Filze verschmierte, und infolge Klebenbleibens an den Pressen viel Ausschuß entstand. Trotz dieser Erkenntnis kommt es merkwürdigerweise neuerdings nicht selten vor, daß man da, wo weniger Leim genügen würde, überflüssigerweise mehr Leim in Anwendung bringt. Mancher kann es eben noch nicht begreifen, daß man auch mit kleinen Mitteln, wenn man sie richtig anwendet, Großes ausrichten kann. Unwillkürlich fällt mir da der norwegische Bauer ein, welcher statt der vorgeschriebenen Tropfen die Medizin auf einen Schluck austrank und gesund wurde. Mancher Leimapostel hat oft zufällig einmal Glück bei seiner Leim verschwendung oder einmal Unglück durch unrichtig an gewendete Sparsamkeit, und der Leimverschwendung ist Tür und Tor aufs neue geöffnet. Bei den meisten farbigen Papieren ist zu starke Leimung geradezu unzulässig, bei Druckpapier meistens unzweck mäßig, bei Seidenpapier und Schrenz ist starke Leimung häufig entbehrlich, und bei Kuvertpapieren, die ja nur auf einer Seite beschrieben werden, namentlich bei einseitig glatten, mit Maß (als übertriebene Vorsicht!) anzuwenden. Wenn einmal die Papierstoffasern mit dem leimenden Stoff überzogen sind, schadet ein verstärkter Ueberzug mehr als er nützt, denn die Festigkeit des Papiers leidet darunter, die Bespannungsstoffe werden verschmiert, und die Fabrikation namentlich holzhaltiger dünner Papiere wird infolge Hängenbleibens der Bahn an den Pressen ge stört. Die hohen Harzpreise hatten für manchen Papiermacher den Vorteil, daß sie ihn zum Sparen und Nachdenken ver anlaßten. Ueber zu großen Mineralienzusatz will ich mich kurz fassen. Ist die Zuteilung größer, als sie von der Papierbahn aufgenommen werden kann, so geht im Sandfang und im Strudel der Sauger nicht nur der Beschwerungsstoff ver loren, sondern er zieht auch tausend und abertausend feine Papierfäserchen mit sich. Alle Kunst des Bindens ist hier vergeblich. Techniker Wiederverarbeiten von Ausschuß Neulich passierte unserem eben von einer Papiermacher- Schule zurückkehrenden Unterwerkführer Nachstehendes: Da infolge schlechten Ganges der Maschine der Eintrag im Holländer stark mit nassem bläulichem Ausschuß, welcher gewöhnlich sofort dem Holländer zugeteilt wird, vermischt werden mußte, bekam das Papier zu starken Stich ins Blaue. Mein gelehrter Studiosus weiß nichts besseres zu tun als durch Tönen mit Rot den Fehler zu berichtigen. Leider war der Erfolg sehr traurig: das Papier wurde anstatt wie die Vorlage bläulichweiß, stark bräunlichweiß, und die Folge davon war, daß die Anfertigung wegen ungenügender Weiße zurückgewiesen wurde. So wenig man Schwarz in Weiß verwandeln kann, läßt sich eine trübe Färbung durch Nüancieren heben, am wenigsten bei weißen Farben. Dieser Vorfall zeigt dem in die Fabrikation eintretenden Studenten, daß nur in Verbindung mit den wertvollen, oft allerdings teuer erkauften Lehren der Praxis die Theorie Nutzen stiften kann. (Aus den Erfahrungen eines Papier machers) Erfahrungen eines Papierfabrikanten Fortsetzung zu Nr. 73 Uebergang auf andere Farbe. Wir mußten eilig von ge ringem farbigem Papier auf besseres weißes übergehen. Ich warnte vor so jähem Uebergang, gleichwohl wurde dieser höheren Orts beschlossen, mit dem Vermerk, daß alles gründlich gereinigt werde. Holländer und Rinnen, Bütten und Naßpartie wurden auch mit größtem Eifer von den Rückbleibseln des farbigen Stoffs befreit. Ich half mit und gab erst nach genauer Prüfung den Befehl zum Anfängen. Mit großem Schreck sahen wir aber, daß trotz aller Vor sicht das Papier unrein war. Nun wurde mein früherer Vorschlag gutgeheißen, einen geringeren Uebergangsstoff einzutragen und dann erst mit feinen Sorten zu beginnen. So erhielten wir reines Papier. Hätte man es gleich so gemacht, so wäre langer Stillstand vermieden worden, auch hätte man die Stoffe der Vorfabrikation z. T. zu der Mittel sorte verwenden können. Ein anderes Mal hatten wir dunkelfarbiges Papier ge macht und befürchteten beim Uebergang davon zu Weiß Farbabdrücke der Filze. Um nun keinen Filzwechsel vornehmen zu müssen, ließ ich naturfarbiges hellbraunes Papier dazwischen machen. So konnte ohne Anstand auf das Feinweiß übergegangen werden. Billige Filze. Mit billigen Unterfilzen einer Oechel- häusermaschine hatte ich einmal gute Erfahrungen gemacht und bestellte daher eine größere Zahl dieser Filze nach. Wie war ich aber enttäuscht, als ich wahrnehmen mußte, daß sie an Lebensdauer kaum den vierten Teil aufwiesen! Zurückgeben konnte ich die Filze nicht, da ich sie auf Grund der zuerst gelieferten bestellt hatte, aber das nächste