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entbindet, nur dann beigemessen werden darf, wenn er un vorhergesehen und mit solcher Wirkung eintritt, daß er etwa einem Einsturz der Fabrik oder der Zeche oder einem ähnlichen Ereignis gleich zu achten sein würde. Das hier für die Befreiung von der übernommenen Lieferungspflicht aufgestellte Erfordernis, daß der Streik nicht vorauszusehen und seine Wirkung nicht abzuwenden war, wird nicht bei allen Streiks vorliegen. Es wird dann also der Käufer oder Besteller berechtigt sein, den Ver käufer wegen Verzugs auf Schadenersatz zu verklagen. Das Reichsgericht verlangt in dieser Beziehung von demjenigen, der eine Lieferung übernimmt, sei es als Fabrikant, sei es als Großhändler oder Vermittler, kaufmännische Umsicht, ins besondere soll er bedenken, ob er nicht in der Verab redung einer Vertragsstrafe, z. B. des Kohlenhändlers mit der Zeche, ein geeignetes Mittel haben würde, einer dem nächst eintretenden Unterbrechung der Lieferung vorzu beugen. Wenn nach alledem der Streik eine genügende Ent schuldigung für die Nichtlieferung einer besonderen Sache seitens einer Fabrik oder Zeche sowie des Zwischen händlers bildet, so entschuldigt er doch in der Regel nur die Verzögerung der Lieferung. Die Fabrik usw. ist also befugt, später nach Beilegung des Streiks nachzuliefern, und umgekehrt kann der Besteller Nachlieferung fordern, selbst wenn infolge des Streiks die Arbeitslöhne höher ge worden seien und infolgedessen die Ausführung des Auf trags zu dem alten Preis für den Verkäufer nicht mehr lohnend sein sollte. Nur dann würde ein Recht auf Nach lieferung beiderseits nicht mehr zustehen, wenn es sich um eine solche Lieferung handelt, welche naturgemäß an eine bestimmte Zeit gebunden ist. Diese Rechtsprechung ist für unsere Industriellen, seien sie Fabrikanten oder Handwerker, zu hart. Sie überspannt meines Erachtens den Verpflichtungswillen des Lieferanten und wird dadurch dessen Interessen nicht gerecht. Es kann deshalb nur dringend angeraten werden, in alle für längere Zeit giltigen Lieferungsverträge die Streikklausel aufzunehmen. Braunschweiger Brief Anfang September Anfang Juli konnte der Konditionslosenstand mit etwa io Mann als für hiesige Verhältnisse zufriedenstellend bezeichnet werden, inzwischen erhöhte sich die Zahl der arbeitslosen Buchdrucker auf über 20 und dürfte hiermit auch wohl den höchsten Stand erreicht haben. Das Akzidenz-Geschäft ist augenblicklich recht ruhig, auch das Zeitungsgeschäft ist der sommerlichen Stille angemessen, nur wenige Verlagsdruckereien arbeiten mit Ueberstunden. Mit erhöhter Arbeitslosigkeit im Gewerbe nehmen auch die erwerbsunfähigen Kranken zu. Wenn auch die freie Aerzte- wahl vielleicht ihr Teil dazu beiträgt, so hatte die Bezirks krankenkasse des Verbandes wohl selten so viele Kranke wie in den letzten Wochen. Nachdem die Aussperrung der Lithographen und Stein drucker ihr Ende erreicht, sind auch hier und im benachbarten Wolfenbüttel die Ausgesperrten, etwa 40 Mann, zum größten Teil wieder in ihre alten Stellungen getreten. Unter dem Titel »Braunschweiger Fliegende Blätter« gibt der Verlag der hiesigen »Neuesten Nachrichten« seit dem 1. Sep tember wöchentlich ein auf Illustrationspapier hergestelltes buntes Unterhaltungsblatt seinen Beziehern umsonst. Es er scheint ohne Inseratenteil, und die erste Nummer machte einen guten Eindruck. Nachdem die Anträge zur bevorstehenden Tarifrevision ver öffentlicht sind, nehmen auch die einzelnen Körperschaften in Versammlungen hierzu Stellung. Für die Prinzipale der Stadt Braunschweig und näheren Umgebung hatte der Verein der Buch- und Steindruckereibesitzer, Bezirks-Verein Braunschweig- Hildesheim des D. B.-V., Kreis I (Nordwest), bereits am 4. August eine Sitzung anberaumt, welche bereits die bevorstehende Tarif revision behandelte. Am 9. September, vormittags 11 Uhr, findet in dem westlichen Teil des Bezirks, und zwar in Seesen, Hotel Wilhelmbad, eine Zusammenkunft der Prinzipale der Stadt und näheren Umgebung Seesens im Anschlusse an eine Vorstandssitzung des Bezirksvereins statt. Auch auf dieser Ver sammlung wird die bevorstehende Tarifrevision voraussichtlich die Hauptrolle spielen. Um aber auch solchen Mitgliedern, welche vorbezeichneten beiden Versammlungen nicht beiwohnen konnten, Gelegenheit zu geben, etwaige Wünsche zur Tarif revision zu äußern, werden sie durch gesondertes Rundschreiben ersucht, solche Wünsche schriftlich bei der Geschäftsstelle, Braunschweig, Breitestr. 2, einzureichen. Diese Wünsche sollen dann in einer Kreisvorstandssitzung, an welcher auch der Prinzipals-Tarifvertreter teilnehmen wird, zur Sprache gebracht werden. Das braunschweigische sozialdemokratische Blatt, der »Braunschweiger Volksfreund«, wird vom 1. Januar 1907 ab in größerer und verbesserter Ausstattung in eigener Partei- Druckerei erscheinen. Von dem bisherigen Drucker, Herrn August Günther, welcher das Blatt bereits 36 Jahre in seiner Offizin herstellte, davon etwa 25 Jahre im eigenen Verlag, soll nichts übernommen werden. Auch wird die Druckerei in neu gebaute, gesunde und praktische Räume übersiedeln. Die neue Firma, welche handelsgerichtlich eingetragen wird, zeichnet Rieke & Co. und besteht aus 3 Mitgliedern, während das Schiedsgericht für diese neue Parteidruckerei aus 5 Herren bestehen wird. In der Günther'schen Druckerei feierten vor kurzem der Setzer Johann Wiegmann und die Einlegerin Anna Ludewig ihr 25jähriges Geschäftsjubelfest. Sie erhielten viele Beweise der Achtung und Wertschätzung von ihren Vorgesetzten und Bekannten In einer am 2. September seitens des hier domizilierenden Kreisvorstandes nach Hannover, Hotel Luisenhof, einberufenen Kreisversammlung des Kreises I des Deutschen Faktoren-. Bundes, welche von etwa 30 Mitgliedern aus allen Teilen des Kreises besucht war, wurde die Aufstellung der 4 Kandidaten als Delegierte für die außerordentliche Generalversammlung in Berlin vollzogen. Die Zentralkommission der vereinigten Krankenkassen Braunschweigs, welcher außer mehreren Buch druck-Betriebskrankenkassen auch die Ortskrankenkasse für Buchdrucker als Mitglied angehört, beschäftigte sich in ihrer letzten Sitzung mit dem Ausgleich von Differenzen zwischen Kassenärzten und Kassen. Den Anträgen der Aerzte auf Er richtung eines Schiedsgerichts und die Errichtung einer ärzt lichen Vertrauenskommission für alle der Zentralkommission angeschlossenen Kassen wurde zugestimmt. Auch sollen Ver handlungen mit den hiesigen Apothekern über einheitliche Rabattgewährung in die Wege geleitet werden. H. S. Deutsche Spielkarten-Erzeugung Im Rechnungsjahre 1905 bestanden im Deutschen Reiche 31 Spielkartenfabriken; sie verteilen sich mit ihrer Herstellung auf folgende Direktivbezirke: Hergestellt wurden Brandenburg Pommern Sachsen Hannover Hessen-Nassau Rheinland Zahl Spiele von der 36od. wenig. Fabriken Blättern 3 218 639 1 1815053 1 433 385 1 267 465 2 588143 2 451136 Spiele von mehr als 36 Blättern 68 739 193 213 4659 45 072 759 282 13926 zusammen Preußen Bayern Sachsen Baden Hessen Thüringen IO 8 9 1 2 1 3 773 821 957 220 96 132 4 976 767 659 758 356 1 084 891 fr 459 222 54 759 16 107 zus. Deutsches Reich 31 6 358 164 1 217 438 Dagegen im Rechnungs ¬ jahr 1904 31 5 993 316 1210 592 Der Abgang stellte sich im Rechnungsjahre 1905 auf 6429281 * 1185659 Dagegen 1904 auf ... . 5 976 117 1 189 685 Aus dem Bundesgebiet wurden ausgejührt 1905 831249 1243 052 1904 686535 1185372 Vom Ausland eingeführt 1905 19718 20369 1904 23071 20417 Zur Versteuerung gelangten 5666578 Spiele von 36 oder weniger Blättern zu 30 Pf. = 1699973 M. 4° Pf-, 256287 Spiele von mehr als 36 Blättern zu 50 Pf. = 128 143 M. 50 Pf. Die vorjährige Statistik wurde in Nr. 75 von 1905 S. 2870 abgedruckt. Lohnbewegung im Buchbindergewerbe München. Eine öffentliche Buchbinderversammlung, die gut besucht war, befaßte sich am 7. September mit den an die Arbeit geber zu richtenden Forderungen. Der Referent Gratzsch be gründete mit dem Hinweis auf die hohen Lebensmittelpreise das Verlangen nach Lohnerhöhung. Kürzere Arbeitszeit und bessere Behandlung zu fordern, sei angesichts der bestehenden Verhältnisse recht und billig. Die Hauptforderungen seien neun stündige Arbeitszeit, Mindestwochenlohn von 25 M. für männ liche Arbeiter, für ungeübte Arbeiterinnen in den ersten sechs Monaten 9, in den nächsten drei Monaten 10, die folgenden Monate 11 M., für geübte Arbeiterinnen 15 M.; für Bronzier-