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Dr. Felix Weber f Am 20. August ist nach langem, schwerem Leiden der Seniorchef der Firma J. J. Weber, Verlag und Buch druckerei in Leipzigs Herr Dr. phil. Felix Weber, gestorben. Nicht nur der Buchhandel, sondern auch das deutsche Buchgewerbe verliert in dem Verstorbenen eine begabte und hervorragende Kraft, und für die Firma ist der Verlust umso größer, da erst vor kurzem ihr verdienstvoller Mit inhaber, Herr Johann Weber, ein Neffe des Dahin- geschiedenen, durch einen unglücklichen Zufall sein junges Leben einbüßte. Dr. Felix Weber wurde am 18. Januar 1845 zu Leipzig geboren und trat nach seiner akademischen Ausbildung zum Buchhandel über und in das Geschäft seines Vaters ein, den von dem letzteren in den 30er Jahren begründeten und machtvoll entwickelten Verlag von J. J. Weber, dessen Kernpunkt die f>lllustrierte Zeitung« bildete. Nach dem Tode des Begründers der Firma übernahmen dessen 3 Söhne die Weiterführung derselben, unter denen Dr. Felix Weber besonders hervortrat, um dann, als die beiden Brüder starben, als Seniorchef der Weber’schen Erben das immer sich mehr entwickelnde Geschäft zu leiten. Daß dieses sich zu einer Weltfirma emporschwang, ist in erster Linie der unermüdlichen Arbeitskraft, dem hohen Wissen und Verständnis des Dahingeschiedenen zu danken. Dem Verlagsgeschäft gliederte er eine eigene Druckerei an, zu der später eigene Setzerei, Galvanoplastik und Stereotypie, Buchdruckerei, xylographische und chemigraphische An stalt kamen, sodaß die Werke des J. J. Weber’schen Ver lages und die von ihr herausgegebenen illustrierten Zeit schriften ganz im Geschäft hergestellt werden konnten. Das machte einen Neubau nötig, der in der Reudnitzer- straße in Leipzig mit monumentaler Fassade, ausgestattet mit allen Errungenschaften moderner Technik und Hygiene, 1897 eröffnet wurde und die alte Buchhändlerstadt um einen neuen Druckpalast bereicherte. Eine Fülle von reich und schön illustrierten Werken gingen aus der Offizin neu hervor. Die besten Hilfsmaschinen, das neueste Schriften material und das Heranziehen tüchtiger Fachkräfte machten die Firma zu einer der leistungsfähigsten Deutschlands. Besondere Pflege und Beachtung schenkte Dr. Felix Weber dem Holzschnitt, der schon in seinem Vater einen Ver ehrer gefunden hatte. In den Illustrationen der Verlags werke, besonders der '»Illustrierten Zeitung«, wurde dem Holzschnitt ausgedehnte Mithilfe eingeräumt, und die Leistungen desselben — in den eigenen Werkstätten ge pflegt — erreichten in den vom Verlage herausgegebenen »Meisterwerken der Holzschneidekunst« und der »Neuen Folge« derselben ihren Höhepunkt. Dr. Felix Weber ist es mit zuzuschreiben, daß sich bei uns die Xylographie zu so voll endeter künstlerischer Höhe entwickeln konnte, daß auf der Welt-Ausstellung in Paris 1900 den Holzschnitten des J. J. Weber’schen Verlages die höchste Auszeichnung zu Teil wurde. Neben der Xylographie wurde in den letzten Jahren auch die Chemigraphie in den Werkstätten der Firma ausgebildet und brachte hervorragende Leistungen zu Tage. Diesem Ausbau und der Vervollkommnung der Firma J. J. Weber durch den Dahingeschiedenen steht sein erfolgreiches Wirken als Buchhändler und Schrift steller würdig zur Seite. Was er für das deutsche Buch gewerbe und die graphischen Künste getan, und wie er für deren Entwicklung eingetreten, wird seinen Namen in unseren Reihen nicht so leicht der Vergessenheit anheim fallen lassen. R. S. Pflegedamen für Fabrik-Arbeiterinnen Den in Nr. 68 S. 2813 erwähnten Betrachtungen des Herrn Kommerzienrats Max Krause in Berlin S 42 über »Pflegedamen für weibliche Arbeiter in Fabriken« entnehmen wir auszugsweise folgendes: Die vom Handelsministerium eingesetzte Zentralstelle für Arbeiterwohlfahrtseinrichtungen, Berlin SW, Dessauerstr. 14, geleitet vom Geh. Ober-Regierungsrat Herrn Post, hatte am 16. November 1905 eine größere Anzahl der Arbeiterwohlfahrt nahestehender Damen und Herren eingeladen. Dieser Versamm lung lag auch die Frage der Pflegedamen vor. Am 6. Februar 1906 wurde dieser Gegenstand in einer zweiten, von der gleichen Stelle einberufenen Versammlung be sprochen. In beiden Versammlungen traten verschiedene Aus führungen über den Begriff der »Pflegedame« hervor. Mit teilungen über praktische Erfolge wurden aber allein von Herrn Fabrikdirektor Peierls von den Kabelwerken Oberspree und der in dem Werk angestellten Pflegedame Fräulein Benecke ge macht. In der Versammlung vom 6. Februar 1906 wurde von einem Umschreiben Kenntnis gegeben, welches der Vorstand des Ber liner Frauenvereins an die Herren Fabrikbesitzer versandt hatte. Wenn auch dieses Umschreiben und die Bestrebungen des Vereins vom besten Willen zeugen, so muß doch die Industrie gegen die Fassung des Umschreibens scharf Stellung nehmen. Es ist eine ungerechtfertigte Anklage gegen die Fabrikanten und ein Beispiel dafür, wie gering das Verständnis für einen großen Fabrikbetrieb ist. Es wird darin gesagt, es wäre nötig, die Ar beiterinnen gegen Belästigungen seitens der männlichen An gestellten sittlich zu schützen. Wohl können an Stellen, wo beide Geschlechter Zusammen treffen, solche Belästigungen vorkommen, aber es ist nicht ge rechtfertigt, in einem öffentlichen Umschreiben einzeln vor kommende Fälle zu verallgemeinern und damit einem Stande, welcher gerade genug Arbeiterschwierigkeiten hat, eine Schmach anzuhängen. Wechselwirkungen zwischen beiden Geschlechtern gehen übrigens nicht nur von der männlichen Seite aus, auch führen diese Wechselwirkungen in allen Verhältnissen und in allen Ständen zu Verirrungen, ohne daß man es für nötig fände, dagegen Schutzvereine zu bilden. Derart verallgemeinerte Redensarten lassen sich leicht zur Verhetzung mißbrauchen. Man kann sagen: der Verein, aus wohlwollenden Damen bestehend, sagt es ja deutlich, wie ihr von den Fabrikanten und deren Angestellten bedrängt werdet. Bei der Abfassung des Umschreibens hat wohl niemand dessen Tragweite erkannt und konnte sie nicht erkennen, weil den Verfassern die eingehenden Kenntnisse von den Notwendigkeiten eines Fabrikbetriebes fehlen. Sodann wird im Umschreiben der Ersatz der männlichen Aufsichtspersonen durch gebildete weibliche Aufsichtspersonen, sogenannte Fabrikpflegerinnen, die je nach Größe des Betriebes teils als Werkmeisterinnen oder Direktricen tätig sind, teils lediglich die Oberaufsicht führen, empfohlen. So schön das klingt, so unmöglich läßt es sich durchführen. Es wurde dann von anderer Seite empfohlen, die Pflege dame dadurch zu schaffen, daß die männlichen Meister durch weibliche ersetzt würden. Daß, um dieses zu ermöglichen, Damen eine Ausbildung für diesen Beruf haben müßten, wurde zugegeben. Welche Ansichten aber über die Ausbildung und Vorbildung dafür bestehen, spricht sich darin aus, daß 14 Tage bis drei Monate als genügend angesehen wurden. Dem mußte entgegengetreten werden, und dies führte dahin, daß von einem Redner daraus Mangel an Entgegenkommen der Fabrikanten, selbst »von sonst wohlwollenden«, hergeleitet wurde. Wieder von anderer Seite wurde hervorgehoben, daß Damen, welche sich zu Pflegedamen ausbilden sollten, und zwar im Beruf als Meisterinnen zum Ersatz der männlichen Meister, zu nächst in getrennten Räumen für wenige Stunden des Tages be schäftigt werden sollten. Diesen Damen, welche reiferen Alters sein müßten, »würde der Aufenthalt während der ganzen Arbeits zeit sehr schwer werden«. Auch hierin spricht sich Ver kennen der Notwendigkeiten eines Betriebes aus. Damen in ge trennten Räumen lassen sich in wenigen Stunden des Tages nicht soweit ausbilden, daß sie als Meisterinnen eintreten könnten. Der Dame müßte doch Unterricht von einem andern erteilt werden, und dieser könnte nur der männliche Meister, den sie ersetzen soll, sein, dem es kaum zu verdenken wäre, wenn er sich da gegen sträubte. Dann müßte eine Meisterin die Fabrikstunden genau innehalten, und wenn, wie gesagt wurde, die Damen das nicht könnten, so können sie auch nicht Meisterinnen sein. In jedem größeren Betriebe, wo viele Arbeiterinnen sind, gibt es ja schon Meisterinnen, welche die Arbeitszeiten innehalten. Sodann teilt Verfasser seine eigenen Ansichten über Pflege damen mit. Edelster Zweck einer Pflegedame sei, daß das weibliche Personal ihr frei und ungescheut Mitteilungen über Uebelstände irgend welcher Art machen könne. In den Kabel werken mit 800 weiblichen Arbeitern findet eine Pflegedame gutes Feld und lohnende Tätigkeit. Aehnliche große Betriebe können diesem Beispiel leicht folgen. Wenn die Pflegedame so vorzüglich wie Fräulein Benecke wirkt, entsteht daraus für den Betrieb ein großer Vorteil. Wird die Tatsache und deren Folgen erst allgemeiner bekannt, so wird der Fabrik daraus bei Be schaffung des Arbeiterpersonals mancher Nutzen entstehen. Das Uebergewicht, welches große Betriebe über mittlere und kleine schon haben, würde jedoch noch weiter gestärkt, wenn es nicht möglich wäre, mittleren und kleineren Betrieben die gleichen Vorteile durch Anstellung einer Pflegedame zu sichern. Eine Pflegedame mit den nötigen Kenntnissen und Eigen schaften wird den Betrag von etwa 150 M. im Monat kosten. Das macht im Jahr 1800 M. und bedeutet, wenn die Dame nichts weiter ist als Pflegedame, eine ziemlich erhebliche Ausgabe.