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2204 PAPIER-ZEITUNG Nr- 53 anderschmilzt, tragen viel zur Unleserlichkeit bei. Auch die Verwendung nur großer Buchstaben beein trächtigt die Deutlichkeit der Aufschriften ungemein, weil sie nicht so schnell entziffert werden können, wie es der hastende Postbetrieb erfordert. Als Beispiel sei nur ein längerer Ortsname angeführt: RAPPOLTSWEILER — Rapppoltsweiler Es bedarf keiner Frage, daß sich letztere Schreibweise leichter lesen läßt als die erstere. Daß die Reichspost die Schreibmaschinenschrift aus den erläuterten Gründen noch nicht verboten hat, ist zu verwundern. An Klagen über solche mangelhaften Auf schriften von seifen der Postbeamten hat es in letzter Zeit nicht gefehlt. So brachte die »Deutsche Postzeitung« einen Aufsatz, in welchem u. a. ausgeführt wurde, daß mit der Enträtselung solcher Aufschriften viel Zeit verloren geht, daß Fehlleitungen dadurch entstehen, und die Be arbeitung solcher Briefsendungen eine Ueberanstrengung der Augen herbeiführt. Am Schluß dieses Aufsatzes heißt es: »Im Interresse der Sicherheit des Verkehrs und der Gesundheit der Beamten darf man hoffen, daß das Reichs- postamt derartige Aufschriften als unzulässig bezeichnet und verbietet«. Solche Wünsche der Postbeamten werden sich zweifel los wiederholen, wenn die Aufschriften aus Schreib maschinenschrift nicht deutlicher werden. Um einem Ver bot vorzubeugen, verwende man weiße oder wenigstens helle Briethüllen, dunkle und unverwischbare Schreib- maschinenfarbe und möglichst große und kräftige Schrift typen, bei welchen große Buchstaben nur angewandt werden, wenn es die Schreibweise erfordert. A. Sanguinet Reisestellung Ich trage mich seit langem mit der Absicht, mich um einen Reiseposten zu bemühen und habe mich eigens hierauf vor bereitet. Ich kenne unser Fach, Papier-, Schreib- und Lederwaren und den gesamten Kontorbedarf durch und durch, da ich sowohl im Großhandel als auch im Laden tätig war, als Expedient, Lagerist, Kontorist, Stadtvertreter und Verkäufer, und mir hier durch umfassende Kenntnisse aneignete. Ich genoß gute Schul- und Allgemeinbildung, bin redegewandt, habe gute Erscheinung und andere Eigenschaften, die von einem tüchtigen Reisenden verlangt werden. Ich meinte, es würde keine großen Schwierigkeiten bereiten, eine geeignete Stellung zu erhalten, da immer genügend in der Papier-Zeitung ausgeschrieben werden. Weit gefehlt! »Wenn Sie nicht gereist haben und die für uns wichtige Kundschaft nicht kennen, bedauern wir leider« schrieb mir vor kurzem ein größeres Haus auf meine Bewerbung, und dabei handelt es sich um sehr gut eingeführte Touren. Ist es denn so außerordentlich wichtig, daß der Vertreter den Kunden persönlich kennt? Vor 10—15 Jahren spielte ja die persönliche, langjährige Bekanntschaft mit dem Kunden eine große Rolle, aber heute? In meiner letzten Stellung hatte ich, wie schon mehrfach vorher, auch den Einkauf zu besorgen und daher mit den Reisenden zu verkehren. Meinen Geschäftsherren und mir war es vollkommen gleich, ob der Vertreter der A-Fabrik uns bekannt war oder nicht, wir kauften, weil er oder seine Firma die Erzeugnisse am vorteilhaftesten anbot, oder weil diese seit Jahren eingeführt waren und von der Kundschaft verlangt wurden. Kam so ein Vertreter von der alten Garde, den man schon während der Lehrlingszeit kannte und in allen Stellungen immer wieder traf, dann begrüßte man ihn freundschaftlicher und unterhielt sich mit ihm, kaufte aber nur dann von ihm, wenn sein Angebot vorteilhafter war als das der Mitbewerber. Wäre ein Fremder an seiner Stelle gekommen, der sein Fach ebenso genau kannte, man hätte ebenso gekauft. Jeder, der sich bei dem jetzigen Warenhaus- und sonstigen Wettbewerb behaupten will, muß sich beim Einkauf von Güte und Preis der Ware leiten lassen, gleichgiltig, ob ihm der Vertreter bekannt ist oder nicht. Meines Erachtens sollte es sich bei Anstellung eines Reisenden in erster Linie darum handeln, daß er das Fach gründlich kennt und auf allen Gebieten beschlagen ist. Auf die persönliche Bekanntschaft kommt es sehr wenig an, außerdem muß man doch einmal den Anfang machen. P. S. Gewinnbeteiligung der Arbeiter In dem Betriebe des Verfassers werden Tage-, Stück- und daneben auch Gruppenlöhne gezahlt. Gegen Tagelohn ist einzuwenden, daß hierbei nur von wenigen Ausnahmen und sehr gewissenhaften Arbeitern die Arbeit nicht ver langsamt wird. Bei Stücklohn für den einzelnen Arbeiter ist zu berücksichtigen, daß nicht alle Arbeiter, selbst bei gutem Willen, gleichmäßig befähigt sind. Gerade Arbeiter, welche in Pünktlichkeit und regel mäßigem Arbeiten am unzuverlässigsten sind, suchen mit Aufbietung aller Kräfte ohne Rücksicht auf sich selbst und andere soviel wie möglich herzustellen, ja selbst die Ruhe pausen zur Arbeit zu benutzen, um bei andern Gelegen heiten 1 oder 2 Tage nicht zu arbeiten, sehr zum Schaden des Arbeitgebers und -nehmers. Der Arbeitgeber kann sich kein richtiges Bild davon machen, in welcher Zeit ein Stück Arbeit bei regelmäßiger, ununterbrochener Arbeit hergestellt werden kann, so drückt die Uebererzeugung eines einzelnen naturgemäß den Preis der Stückarbeit zum Nachteil der andern Arbeiter. Der fleißige Arbeiter jedoch, welcher sich regelmäßig, ernst und ohne Zeitverlust an seine Arbeit hält, muß ge schützt werden, denn auf ihn kann man sich verlassen und nach seiner Leistung den richtigen Preis für alle Arbeiten feststellen. Als zuverlässig und nutzbringend erweist sich der Gruppenlohn. Eine Fabrik, welche eine oder mehrere Waren herstellt oder verarbeitet, trennt die einzelnen Ver richtungen, und die Arbeiter einer Verrichtung arbeiten sozusagen in eine Tasche. Die Löhne werden so aus gesetzt, daß die Gruppe, welche die schwierigsten Arbeiten macht, höheren Tagelohn bezieht, dann folgen 1 oder 2 Gruppen mit weniger hohem Lohn. Diese festen Löhne werden von dem Gesamtverdienst zuerst abgezogen und der Restbestand alsdann gleichmäßig und im Verhältnis der geleisteten Arbeitsstunden verteilt. Z. B. Eine Gruppe von 30 Arbeitern hat für im Stücklohn hergestellte Ar beiten in 14 Arbeitstagen einen Gesamtverdienst von 1500 M. Die Arbeiter sind in 3 Lohnklassen geteilt, und es ergibt sich dann folgende Tabelle: 30 Arbeiter Verdiente Summe 1500 M. I. Festes Gehalt: 8 Arbeiter zu 3,— M. = 24 M. X 14 Tage = 336 M. i° » „ 2,50 „ =25 „ X 14 „ = 350 „ 12 » » 2,— „ = 24 „ X 14 „ =336 „ 1022 M. Die zu verteilende Summe für 420 Arbeitstage beträgt 478 M. oder 1 M. 14 Pf. für jeden Tag. Jede Gruppe erhält für einen Arbeiter: I. 42 M + 15 M. 93 Pf. — 57 M. 93 Pf. X 8 = 463 M. 64 Pf. II. 35 „ + 15 „ 93 „ = 5° » 93 „ X 10 = 509 „ 30 „ III. 28 „ + 15 „ 93 „ = 43 „ 92 „ X 12 = 527 „ 04 „ 1499 M. 98 Pf. Die Lehrlinge werden vom Geschäftsherrn bezahlt, werden aber oft von den Arbeitern durch eine Prämie angespornt. Der Gruppenlohn hat bedeutende Vorteile. Die Ar beiter ordnen sich.freiwillig gegenseitig unter, hindern sich nicht, haben nur den gemeinsamen Vorteil im Auge und erzeugen in geordneter und fleißiger Arbeit soviel wie möglich. Die befähigten und intelligenten Arbeiter über nehmen die Führung, die weniger befähigten oder jüngeren ordnen sich ihnen unter, weil sie ihren Vorteil darin finden, und die Eintracht unter den Arbeitern wird mit wenigen Ausnahmen gewahrt. Auch zur Gewinnbeteiligung eignet sich der Gruppen lohn gut, ohne den Jahresabschluß abwarten zu müssen. Der Geschäftsherr, welcher seine Preise auf gesicherter und zuverlässiger Grundlage festsetzen kann, kann seinen Arbeitern von dem vorher ausgerechneten sicheren Ge winn (insoweit dieser von der Herstellung der Arbeit und nicht von den schwankenden Preisen der Rohstoffe ab hängt) bestimmte Prozente des Gewinns überweisen, welche unter den einzelnen Gruppen im Verhältnis des verdienten Lohnes, oder gleichmäßig verteilt werden. Dieser Prozentsatz ist nach dem erzielten Umsätze festzusetzen und würde sich bei flottem und stillem Geschäftsgang von selbst regeln. Da dieser Prozentsatz eine freiwillige Steuer ist, würde der Geschäftsherr nicht gezwungen sein, Einsicht in seine Bücher zu gestatten. Die Arbeitnehmer würden dadurch zum fleißigen Arbeiten angespornt, und zwischen Arbeit geber und Arbeitnehmer würde ein Verhältnis geschaffen, welches beiden Teilen zum Vorteil gereicht. L. H.