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2818 PAPIER-ZEITUNG Nr. 68 Manche der sympathetischen Tinten werden auf sehr einfache Weise gewonnen: Saft von Zwiebeln, Knoblauch, Zitronen und dergl. wird schwarz und daher sichtbar, wenn man ihn erhitzt, aber diese Art ist recht unvollkommen und wird daher nur wenig benutzt. Die bequemsten sind die, welche durch Erhitzen sichtbar werden, ein Streich holz, eine Kerze, ein Plätteisen reicht dann hin, kurz, was man leicht zur Hand hat. .Lösungen von Schwefelsäure, kaustischer Soda, Ammoniaksalz und dergl. wären hier zu nennen, die schönste jedoch ist die von Chlorkobalt. Der gothaische Leibarzt Jakob Waitz war cs, der die Ent deckung machte, daß mittels einer Lösung davon Schrift züge erzielt werden können, die nach dem Eintrocknen un sichtbar sind, nach dem Erwärmen deutlich mit blauer Farbe hervortreten, um nach dem Erkalten wieder zu ver schwinden. Der Grund dieser Erscheinung ist darin zu suchen, daß, während Chlorkobalt in konzentriertem Zustande blau ist, es ganz blaßrosa wird, wenn man die Lösung ver dünnt. Beim Erhitzen verschwindet das Wasser durch die Verdunstung, die Lösung konzentriert sich, wird blau und sichtbar. Beim Kaltwerden nimmt es wieder Feuchtigkeit aus der Luft auf und entfärbt sich. Die Zahl der sympathetischen Tinten ist groß, es gibt deren fast so viele Arten, wie es chemische Reaktionen gibt, bei denen sich aus farblosen Flüssigkeiten farbige Niederschläge bilden. Da jedoch das Schreiben mit farb losen Flüssigkeiten sehr unbequem ist, wird feines Kohlen pulver dareingemischt, wodurch man eine schwarze Flüssig keit erhält. Die Kohle läßt sich, nachdem die Schrift trocken geworden ist, durch Abwischen mit einem Stück chen Gummi oder Zeug entfernen, sodaß nur die unsicht bare Schrift bleibt. Das Versenden eines Blattes Papier ohne Schrift könnte aber verdächtig erscheinen, daher werden mancherlei Winkelzüge angewandt, um den Argwohn abzulenken. So schreibt man mit sympathetischer Tinte, läßt trocknen und wirft dann irgend eine unschuldige Mitteilung auf das Papier, wobei man sich einer Tinte bedient, die dadurch erzielt wird, daß man etwas Stärke in Wasser auflöst und mit einigen Tropfen Jod färbt. Diese läßt sich vollständig entfernen, wenn man das Papier über den Rauch brennen den Schwefels hält, worauf das wahre Schriftwerk zu tage tritt. Wie ersichtlich, haben freundliche Erfinder alles getan, damit das Briefgeheimnis nicht verletzt werde, und zwei oder vielleicht auch mehr Wesen, die sich etwas anzu vertrauen haben, was vor anderen verborgen bleiben soll, dies auf schriftlichem Wege können. Vorsicht erscheint allerdings auch dann geboten, denn es könnten auch un befugte Dritte, argwöhnische Mütter z. B., auf den Gedanken kommen, daß sympathetische Tinte verwendet wurden, vielleicht durch eigene einst gemachte Erfahrung gewitzigt. Dagegen hat noch kein Erfinder etwas auszurichten ver mocht. W. IValdau Oesterreichisches. Die Wiener Papierhändler-Genossenschaft unternahm bei der Statthalterei Schritte, um für die Papier handlungen den Liederverkauf, der bis jetzt an eine schwer- erhältliche Konzession gebunden ist, frei zu erhalten. Die Ge nossenschaft stellte an die Statthalterei das Ansuchen, in die polizeiliche Lizenz zum Verkaufe von Gebetbüchern, Kalendern usw. auch die Bewilligung zum Liederverkaufe einzuschließen, und begründete dieses Begehren damit, daß die Volkslieder lediglich zum häuslichen und geselligen Verkehr dienen, daher nicht der im Preßgesetze vorgeschriebenen Konzessionspflicht unterliegen. Sowohl die Korporation der Buch-, Kunst- und Musikalienhändler als auch die Handelskammer unterstützten dieses Ansuchen aus dem gleichen Grunde und wiesen darauf hin, daß es sich hier um leichte Volksmusik handle, die ohne Noten gesungen werde und die Rechte der Musikalienhändler nicht tangiere. Trotzdem hat die Statthalterei das Ansuchen der Papierhändler-Genossenschaft abschlägig beschieden, da der § 3 des Preßgesetzes der Polizei nur die Erteilung der Lizenz für Schul-, Gebetbücher, Kalender und Heiligenbilder gestatte, somit zum Liederverkauf eine eigene Konzession erforderlich sei. Die Papierhändler-Genossenschaft bat nunmehr die Statt halterei, daß wenigstens mit dem bisherigen Gebrauch, wonach die Konzession für den Volksliederverkauf nur in den seltensten Fällen erteilt wird, gebrochen werde. Dieses Einschreiten hatte Erfolg, und von nun an sollen Ansuchen um die Kozession zum Liederverkaufe weitestgehende Rücksicht finden. M. (Illustr. Wiener Extrabl.) Amerikanische Schreibwaren Bleistift- oder Federhalter von Albert E. Rose in Brooklyn^ Staat New York. Amerik. Patent Nr. 798 749- Die gewöhnlichen Bleistift- und Federhalter sind infolge ihrer-Glätte und Härte, besonders bei kaltem Wetter, unbequem zu handhaben. Man hat zur Beseitigung dieses Mangels schon den vorderen Teil des Halters mit einer Kork oder Kautschukhülse umgeben. Nach vorliegender Erfindung ist annähernd der ganze Halterstiel, wie die Abbildung zeigt, mit einem Schlauch 4 aus gewebtem oder gewirktem Stoff umgeben. Die Befestigung dieses Schlauches auf dem Halter kann in beliebiger Weise geschehen, beispiels weise in der Weise, daß man das hintere und vordere Ende einschnürt und mit einer kleinen Metallhülse oder einem Ringe 5 umgibt. Unzüchtige Postkarten Reichsgerichts-Entscheidung. Nachdruck, .verboten 4- Wegen Vergehens gegen §184StGB ist amap.Maiigoö der Kaufmann Hugo Diinkeiberg vom Landgerichte IVies- LJ baden zu 4Monaten Gefängnis verurteilt worden. Neben V ihm ist derMitangeklagteWaldmann zu 150 M. Geldstrafe verurteilt worden, während der Mitangeklagte Jost freigesprochen worden ist. Dünkelberg und Jost haben sich 1905 oder 1906 in Frank furt kennen gelernt. D. fragte Jost, ob er ihm eine Postkarte mit vier nackten Frauen vervielfältigen könne. J. verneinte und empfahl ihm Waldmann. Diesem ließ D. durch J. 12 Aktstudien zur Vervielfältigung übergeben. W. vervielfältigte dann die Bilder. Es befinden sich darunter solche, die den Beischlaf oder beischlafähnliche Handlungen darstellen. D. ließ Zettel drucken: »Sie finden, was sie suchen! Intime Szenen!« Ein Zeuge ließ sich auf einen solchen Zettel hin Bilder von D. kommen. Sie stellten einen Beischlafakt dar. In Wiesbaden stellte D. öffentlich einen Stereoskop-Apparat auf, welcher sich entkleidende Frauen zeigte. Damit beabsichtigte er Herren anzuziehen, die seine Serienbilder mit den Beischlafsdarstellungen bestellen sollten. Zwei Herren kauften auch solche Serien. Die Polizei beschlag nahmte schließlich das Lager in Wiesbaden, welches lauter Bei schlafsbilder enthielt. Die Stereoskopbilder sind nach Ansicht des Gerichtes nicht unzüchtig, auch nicht die 12 Freilicht-Akt studien, die J. dem W. übermittelte, weil der Zweck nicht Er regung der Lüsternheit war. Diese letztere Ansicht wurde in der vom Staatsanwalt gegen das Urteil eingelegten Revision als rechtsirrtümlich bezeichnet. Das Reichsgericht hob das Urteil auf, da es nur darauf ankommt, ob eine Darstellung geeignet ist, das Scham- und Sittlichkeitsgcfühl zu verletzen. Probenschau Trauer-Postkarten DRGM 157972 von H. Zetzsche in Freiburg i. B. Diese Postkarten sollen für alle die Mit teilungen benutzt werden, die man sonst auf schwarz geränderten Briefbogen macht. Sie sind auf beiden Seiten mit etwa 6 mm breitem schwarzem Rand versehen und tragen je nach Wunsch des Bestellers einen von neun vor rätigen Vordrucken, von denen sechs Todes-Anzeigen, zwei Teilnahme-Versicherungen und einer Danksagung für die Teilnahme enthalten. Die Vordrucke sind so abgefaßt, daß man entweder nur die Familienstellung und den Namen des Toten, oder auch sein Alter und die Zeit der Beerdigung sowie den Namen des Absenders auszufüllen hat. Während im allgemeinen gegen die Fassung des Textes nichts ein zuwenden ist, heißt es in der Danksagung: »Für die liebe volle Teilnahme an dem uns so schwer betroffenen Verluste sprechen unsern herzlichsten Dank aus usw.« Man sollte diesen sprachwidrigen Text berichtigen. Die Ausführung der Karten in sauberem Steindruck ist gut. Westfalenkarte von R. Ernst Grönewald in Bielefeld, Alsenstr. 34. Eine Sammlung von Bildern aus Westfalen, z. B. Porta Westfalica, Sparrenburg bei Bielefeld, Drei Kaiser turm bei Bielefeld sind auf einer Karte nebeneinander an geordnet, und den verbleibenden Raum füllt ein »Westfalen gruß« in Form eines singbaren Liedes von vier Strophen, das vom Selbstverleger der Karte verfaßt ist.