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Nr. 68 PAPIER-ZEITUNG 2813 Arbeiterinnenheime für Berlin Herr Kommerzienrat Max Krause, Gründer der gleich namigen Papierausstattungsfabrik in Berlin S 42, veröffent licht ein Heft mit »Betrachtungen über 2 Fragen: Pflege damen für weibliche Arbeiter in Fabrikbetrieben und Arbeiterinnen-Heime.. Der Verfasser hat in seinem umfang reichen Betrieb mustergiltige Wohlfahrts-Einrichtungen ge troffen und besitzt reiche Erfahrung in den großstädtischen Arbeiterverhältnissen. Wir bringen daher einen Auszug seiner Betrachtungen. Unter »Arbeiterinnen-Heim« versteht Verfasser ein Haus, dessen Hauptzweck ist, alleinstehenden weiblichen Arbeitern Wohnung zu bieten. Die Gesichtspunkte bei Begründung eines solchen Heims werden durch die örtliche Lage beeinflußt. Es wird ein großer Unterschied walten, ob das Heim auf dem Lande, in mittleren oder in großen Städten sein soll. Bei den nachstehenden Ausführungen handelt es sich lediglich um Berlin. Gerade Berlin bietet die allergrößten Schwierigkeiten für die Gestaltung. Nicht allein die außerordentlichen Boden- und Bau kosten, welche ein sehr großes Anlagekapital bedingen, sondern auch die Art des Lebens, welches die große Stadt bietet, und welche durch ein Heim in vielen Beziehungen Beschränkung erfahren muß, wirken erschwerend. Dem gegenüber steht als Vorteil die leichtere Vermietung infolge der großen Zahl allein stehender weiblicher Arbeitskräfte. Ein Bedürfnis für solche Arbeiterinnen-Heime liegt vor. Die Entwicklung von Berlin zur Industriestadt führt einen großen Teil der weiblichen Jugend zur Fabrikarbeit. Es gibt 3 verschiedene Arten von Arbeiterinnen: 1. solche, welche bei den Eltern wohnen; 2. solche, welche bei Verwandten wohnen. Diese beiden Arten scheiden für das Arbeiterinnen-Heim aus. Die Tätigkeit dieser Arbeiterinnen ist meist darauf be gründet, daß sie durch ihren Verdienst den elterlichen oder verwandtschaftlichen Hausstand stützen, d. h. die Lebens bedingungen verbessern sollen. Aus diesen Kreisen kommen die meisten jugendlichen, noch nicht geübten Arbeiterinnen. 3. Ferner solche, welche ohne Familienanhang in Berlin leben, Diese, die hauptsächlich für das Heim in Frage kommen, sind meist geübte und im allgemeinen auch bessere Arbeite rinnen. Die Folge davon ist ein höherer Verdienst. Für jugendliche Arbeiterinnen, die noch geringen Verdienst haben, und von auswärts kommen, sollte man keine Heime in Berlin schaffen, sie gehören als alleinstehende Mädchen nicht in die Großstadt. In des Verf. Fabrik waren am 13. März 1905 185 weibliche Arbeiter beschäftigt. Von diesen wohnten bei den Eltern 130 = 70,3 v. H. bei Verwandten 7 = 3,8 v. H. in eigener Wohnung .... 26=14,0 v. H. in Schlafstellen 22 = 11,9 v. H. Durch Umfragen bei einer größeren Anzahl seiner weib lichen Arbeiter ließ Verf. betreffs der Wohnungsverhältnisse folgendes feststellen: Bei den Eltern und Verwandten haben sie meist neben Wohnung volle Beköstigung. Sie zahlen dafür, je nachdem die Eltern mehr oder weniger wohlhabend sind, 5 bis 8 M. 50 Pf. die Woche. Dafür haben sie volle Beköstigung und bringen sich zum Frühstück und Mittagbrot ihr Essen, das zumeist in Butter broten besteht, mit. Während der Pausen brühen sie sich Kaffee oder Kakao auf, wodurch ihnen täglich 10—12 Pf. Unkosten ent stehen. Die Einrichtungen der Küche und Kantine, welche schon für 15 Pf. ein Portion warmes Essen liefert, werden von diesen weiblichen Arbeitern fast nicht benutzt. Der Grund dafür ist, daß ihnen von den Eltern erklärt wird, an dem Preise für die Beköstigung könnten sie nichts nachlassen; es wäre gleich, ob sie das Butterbrot mitgeben oder nicht, und infolgedessen scheuen die Mädchen die geringe Ausgabe für das Essen. Rech net man diese 60—70 Pf. die Woche für Kaffee und Kakao hinzu, so stellt sich der Pensionspreis auf 5 M. 70 Pf. bis 9 M. 20 Pf. Diejenigen weiblichen Arbeiter, welche in Schlafstelle wohnen, zahlen durchschnittlich die Woche 2 M. 35 Pf. für Wohnen. Dafür bekommen sie des Morgens Kaffee und Brot. Die Selbstbeköstigung einer solchen Arbeiterin stellt sich auf 5 bis 7 M. die Wochn. Sie halten sich eigenes Brot, Butter und Wurst für das Abendessen und benutzen im Laufe des Tages die Einrichtungen der Fabrik. Aus dem Ganzen ergibt sich also eine wöchentliche Aus gabe von rund 9 M. für Wohnung und Ernährung. Die Umfrage ergab, daß keine einzige Arbeiterin allein wohnt. Sie wohnen entweder mit einem anderen Mädchen oder mit der Vermieterin in einem Raume zusammen, welcher sehr häufig die Küche ist. Diese Wohnungsverhältnisse sind sicher nicht sehr gut, deshalb kann die Frage: »Ist ein Bedürfnis für Arbeiterinnenheime vorhanden?« bejaht werden. Weiter tritt die Frage auf: Auf welchem Wege sind solche Arbeiterinnenheime zu schaffen? Die jetzt bestehenden Ar beiterinnenheime decken meist ihre Kosten a) durch Mieten, welche die Inwohner zahlen, b) durch freiwillige Beiträge, welche von auswärts stehenden Personen geleistet werden. Beiträge dieser Art stempeln die Arbeiterinnenheime zu einer Wohltätigkeitseinrichtung. Dies kann ungünstig wirken, einmal dadurch, daß falsche Vor stellungen darüber entstehen, was die Arbeiterin für das von ihr gezahlte Geld erhalten kann. Diese Vorstellungen wird sie, wenn sie nicht einsichtig genug ist, die ihr erwiesene Wohltat einzusehen, mit ins Leben hinausnehmen und später nicht be greifen können, wie sie früher für so geringes Geld leben konnte, während ihr eigenes Wirtschaften sie auf ganz anderen Standpunkt stellt. Kommt sie dagegen zu der Einsicht, daß ihre Bezahlung nicht genügt für das, was sie empfängt, sondern ihr von anderer Seite eine Wohltat erwiesen wird, so wirkt dieses Gefühl ent weder abstumpfend oder niederdrückend. Das Eine ist so schlimm wie das Andere, denn nur der Mensch, der durch seine eigene Tätigkeit schafft, was ihm das Leben als notwendig auf erlegt, kommt zum vollen Genuß seiner Arbeit und seines Daseins. Die, wie ich schon vorher gesagt, geübteren und besser be zahlten Arbeiterinnen stehen durchweg in dem kräftigsten Menschenalter. Sie sind durch ihre jugendliche Elastizität und durch die Notwendigkeiten, welche das Leben an sie stellt, zu größerer Selbständigkeit gelangt. Sie bieten keinen Grund zu wohltätigem Eingreifen. Wird dagegen den Einwohnern eines solchen Heims klargelegt, daß sie in dem Hause auf Grund ihrer Zahlungen als Vollberechtigte wohnen, so wird das er zieherisch auf sie einwirken und ihren Stolz sowie den Trieb zu größerer Tätigkeit erhöhen. Arbeiterinnenheime müssen sich also selbst erhalten. Dies ist möglich. Verfasser beweist dies durch Anführung genauer Berechnungen. Das Heim müßte als Hinterhaus erbaut werden. Der Mehr ertrag des Vorderhauses käme dem Heim zugute. Schluß folgt Das Auffällige in Zeitungsanzeigen Daß Zeitungsanzeigen unter allen Umständen auffällig sein sollten, so auffällig, daß sie das flüchtige Auge des Lesers fesseln, wenn es über eine gedrängte Anzeigenseite schweift — diese Forderung ist nicht unbillig. Der mit vielen ähnlichen Geschäften in Wettbewerb stehende Kauf mann muß wünschen, daß gerade sein Reisender gehört, seine Anzeige oder seine Drucksache gelesen werde. Gingen alle in Wettbewerb stehenden Geschäftsleute ziel bewußt vor, so fiele es dem Einzelnen außerordentlich schwer, die Mitbewerber immer wieder zu übertrumpfen, es gibt aber in dieser Beziehung so viel Lässigkeit und Un verstand, daß dem geschickten, von einem kundigen Drucker gut beratenen Anzeigenden ein großer Vorsprung bleibt. Das Hauptsächliche in der Anzeige muß mit allen Mitteln herausgearbeitet werden. In der Regel wird dies das zu empfehlende Erzeugnis sein. Es gibt zwar Firmen, die vornehmlich ihren Namen in Empfehlung bringen, in der Annahme, daß sich der Käufer bei Gelegenheit dieser Firma erinnern werde; einen so vornehm abwartenden Stand können aber nur erste Häuser einnehmen, deren Name schon eine zwingende Macht in sich schließt. Der Durchschnitts-Anzeigende wird gut tun, sein Erzeugnis in erste Linie zu stellen. Wer nun beispielsweise Stiefel herstellt, oder Kuchen, oder wer mit Butter handelt, der würde unklug verfahren, einfach Stiefel oder Kuchen oder Butter anzukündigen, denn damit reizt er den Leser nicht und macht für jeden Reklame, der mit der gleichen Ware handelt. Er wird durch irgend einen Zusatz das Interesse wecken und zum Kauf nötigen müssen, z. B.: Elephant-Stiefel, Dauer-Stiefel, Herz-Stiefel, Patent-Stiefel, ferner Grünauer Butter-Kuchen, Spezial Kuchen, Osteroder Land-Butter und dergl. Daneben muß ein Hinweis auf die große Beliebtheit des Erzeugnisses gehen, sowie unter Umständen eine An deutung auf die »höchsten Herrschaften«, die seit Jahren eifrige Abnehmer sind. Also erst das Interesse wecken, dann den Leser fest halten! Das Gleiche gilt für technische Dinge, denen meist