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)APIER=VERARBEITUNG I Buch Gewerbe Lohnbewegung im Steindruckgewerbe Barmen. Eine öffentliche Versammlung der Lithographen und Steindrucker wurde am 6. August abgehalten. Der Vorsitzende der Lokalkommission, Herr Korinth, erstattete Bericht über die am 30. Juli in Berlin zwischen dem Schutz verband Deutscher Steindruckereibesitzer und dem Vorstand des Senefelder-Bundes stattgefundene Verhandlung. Diese wurde zwischen beiden Parteien schriftlich geführt. Nach den Darlegungen des Berichterstatters gingen die Vor schläge des Schutzverbandes in der Hauptsache dahin, daß die Gehilfen an den Aussperrungsorten die Arbeit vorläufig wieder aufnehmen sollten; die Zentralleitung des Schutz verbandes wollte dann vorhandene Schäden und Mißstände prüfen und nach Möglichkeit zu beseitigen suchen. Die Vertreter des Senefelder-Bundes hätten jedoch diesen Vor schlag von der Hand gewiesen und eine Resolution an genommen, nach welcher die Arbeit erst dann wieder auf genommen werden soll, wenn die Arbeitsbedingungen voll ständig geregelt seien. Auch bezüglich der Wieder- Einstellung aller Ausgesperrten hat der Vorstand des Schutzverbandes den Vertretern des Senefelder-Bundes keine bindende Zusage gegeben, sondern die Einstellung der Ausgesperrten nur nach Möglichkeit in Aussicht ge stellt. Der Berichterstatter teilte ferner mit, daß der Streik dem Senefelder-Bund bis jetzt 685 000 M. gekostet hat, und daß genügend Mittel vorhanden seien, um den Kampf weiter zu führen. Ferner habe man festgestellt, daß bei den von der Aussperung betroffenen Firmen etwa 25 v. H. der Maschinen laufen, diese würden teils durch Arbeitswillige, Nichtmitglieder des Senefelder-Bundes, öder auch durch Hilfskräfte aller Art bedient. Die Versammlung erklärte sich mit der Stellungnahme ihrer nach Berlin entsandten Vertreter einverstanden und beschloß, einstimmig im Kampf auszuharren. In nächster Zeit soll auch eine Volksversammlung in Barmen abgehalten werden, welche die Lohnbewegung im Steindruckgewerbe zum Gegenstände hat. —t. * * * Der Standpunkt der Arbeitgeber geht aus einer Mit teilung in der »Zeitschrift für Deutschlands Buchdrucker« hervor, der wir folgendes entnehmen: Der Kampf geht weiter und wird von den im Schutzverband vereinigten Steindruckereibesitzern in großer Ruhe geführt. Die Steindruckereien können jetzt in der Stille des Sommers mit größerer Ruhe dem Kommenden entgegensehen, als zu Anfang der Streitigkeiten. Im Kampfobjekt ist seit den Berliner Verhandlungen und der letzten Sitzung des Schutzverbands-Ausschusses eine nicht unwesentliche Veränderung eingetreten. Jetzt bewegt sich der Streit um die Frage, ob die gleichzeitige Wiederaufnahme der Arbeit vor oder nach den örtlichen Verhandlungen stattfinden soll, und die Gehilfen fechten hartnäckig für den letzteren Teil dieser Alternative. Da über die zentral zu regelnden Fragen Einigkeit erzielt wurde, und der Schutzverband ausdrücklich erklärt hat, daß er rückständige Arbeitsverhältnisse nicht schützen wolle, in welcher Erklärung doch ein ansehnliches Zugeständnis an die Gehilfen liegt, und da weiter erklärt wurde, daß es den Prinzipalen nicht um Zerstörung oder Niederwerfung des Sene felder-Bundes zu tun ist, so ist das starre Festhalten der Gehilfen an einer Doktorfrage nicht recht verständlich. Man hätte auf ihrer Seite in das von den Prinzipalen gegebene Wort einiges Vertrauen setzen und sich sagen sollen, daß Verhandlungen not wendig, im Zustande völliger Erschöpfung aber nur mit geringen Aussichten zu führen sind. Auch die bedeutenden Verluste, welche auch die Gehilfenschaft erlitten hat, hätten zu ver ständiger Erwägung der Sachlage stimmen sollen. Indes hat man sich auf Seiten der Gehilfenschaft zum Weiterführen des Kampfes entschlossen, und man wird binnen kurzem sehen, wo hin das führen wird. Schutzverband reisender Kaufleute des Kunstgewerbes Vergl. Nr. 62 S. 2557 So etwa lautet der Name unseres Vereins den Geschäfts herren gegenüber, welche von seinem Bestehen Kenntnis erlangen; den Behörden gegenüber lautet der Titel unter voller und wahr heitsgetreuer Nennung unserer Bestrebungen anders. Wir sind kein Geheimbund, ziehen es jedoch vor, unseren vorhan denen und zukünftigen Gegnern unbekannt zu bleiben. Legt man unserer Anonymität unlautere Motive unter, so geschieht dies nur von denjenigen, die auf unserer »Schwarzen Liste« stehen. Ein zweiter Grund für uns, unbekannt zu bleiben, ist folgender: wir wollen uns in keinen Kampf einlassen, denn wir sind den Geschäftsherren gegenüber die Schwächeren. Sollten deshalb Ausdrücke fallen wie: feige den Feind aus dem Hinterhalte an greifen, Verleumdungen usw., so schützt uns dagegen das Be wußtsein, daß unser Tun und Lassen rechtlich ist. Wir sind aufrichtige Freunde jedes rechtlich denkenden Arbeitgebers, und es ist uns schon oft gelungen, aus den Reihen der Schmutz konkurrenten des graphischen Gewerbes manchen unschädlich zu machen, zu Nutz und Frommen der anständigen Firmen inhaber. Wir hoffen, daß mit der Zeit durch unsere Tätigkeit nach dieser Richtung hin das Vorurteil gegen unseren Schutzverband sich mindere, und man den Angestellten dasselbe Recht zuge stehen wird, welches die Arbeitgeber bereits im vollsten Um fange ausüben. Heute ist es noch ein Verbrechen in den Augen mancher Geschäftsherren, wenn ihre Angestellten versuchen, ihr Dasein besser zu gestalten. Der Schutzverband wurde im Jahre 1902 in München ins Leben gerufen, nachdem immer mehr und mehr bei der Anstellung von Reisenden die gesetzlichen Bestimmungen seitens vieler Arbeitgeber umgangen und mißachtet worden sind. Wenn auch in früheren Jahren schon Probezeiten für die Reisenden vereinbart wurden, so bewegten sich selbe doch immer noch in anständigen Grenzen, d. h., man ließ dem Reisenden genügend Zeit, seine Fähigkeit zu beweisen. Man gab ihm wenigstens eine dreimonatige Probezeit. Sah man guten Willen, Eifer und Fleiß, so drückte man vielleicht ein Auge zu, und ließ ihn trotz nicht ganz guter Reiseerfolge einen weiteren Probemonat machen, damit er Gelegenheit habe, sich noch in letzter Stunde in gutes Licht zu stellen. Diese dreimonatige Probezeit ohne Kündigung war, wenn sie befriedigend ausfiel, für Arbeitgeber und -Nehmer eine Gewähr für weiteres angenehmes Zusammenarbeiten. Wenn keine feste Anstellung darauf erfolgte, war es leicht, ohne Zank und Streit auseinanderzugehen. Leider folgten mit der Zeit Anstellungs-Anerbietungen mit kürzerer Probezeit: 2 Monate, 1 Monat und sogar 14 Tage! Ferner wurden Reiseposten ohne Kündigung angeboten, d. h., es stand dem Arbeitgeber frei, den Reisenden jeden Tag von der Reise abzurufen, ihm sein Gehalt bis zur Stunde seines Austritts aus zuzahlen und ihn Knall und Fall wegzuschicken. Ebenso durfte der Reisende jeden Augenblick seine Reisetätigkeit beenden und von der Arbeit weglaufen. — Die Verhältnisse bedurften sehr der Besserung. In den meisten solchen Fällen 14tägiger Probe reise oder Anstellung ohne Kündigungsfrist finden sich wohl Elemente zusammen, von denen der Eine so viel wert ist als der Andere. Der Schutzverband aber verzeichnet solche Fälle, wenn er sie erfährt, in der »Schwarzen Liste«. Auch der Name des Reisenden findet dort Erwähnung, und er kann nie Mitglied des Schutzverbandes werden. In gleicher Weise wird vorge merkt, wenn der Arbeitgeber seinen redlichen, anständigen Reisenden auf der Reise in Geldverlegenheiten bringt, indem er trotz Anmahnung die Reisespesen schickt, wenn es ihm beliebt, nicht wenn sie fällig sind, also von seinem Vertreter Kredit be ansprucht; desgleichen vermerken wir uns diejenigen Firmen, welche ihre Reisenden mit unauskömmlichen Spesen hinaus senden, mit 5,6 und 7 M. für den Tag auf weiteren Reisen, nicht Stadtreisen oder solchen in Umgegend der Stadt, in welcher die Firma ihren Sitz hat, sondern auf Reisen, bei welchen der Reisende Hotel-Unterkunft und Verpflegung zu nehmen ge zwungen ist. Die »Schwarze Liste« nimmt diejenigen Arbeitgeber auf, über welche mindestens von drei verschiedenen Mitgliedern Be schwerde über ungebührliche Behandlung, Hinterziehung von Salär, nicht eingehaltene Kündigung usw. geführt wird Eine Hauptzierde unserer »Schwarzen Liste« sind Preisdrücker und zu Schundpreisen arbeitende Firmen des graphischen Gewerbes,