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Nr. 63 PAPIER-ZEITUNG 2627 Briefkasten Der Frage muß 10 Pf.-Marke beiliegen. Anonyme Anfragen bleiben unberücksichtigt Antwort erfolgt ohne Gewahr. Kostenfrei nur wenn Abdroek ohne Namen gestattet Gummiertes Papier Zur Frage 7666 in Nr. 60. Wir werden um Aufnahme folgender Berichtigung ersucht: Das Reichsgericht hat laut Urteil vom 26. März 1906 den Patentanspruch 1 des Patentes Nr. 132241 vernichtet. Somit kann Jedermann gummiertes Papier durch Brechen der Gummischicht, nur mit anderen Apparaten als die Patentinhaberin, nichtrollend herstellen. Emil Seidel, Leipzig-Lindenau Nachahmung? 7675. Frage: Eine Konkurrenzfirma hat unser geschütztes • Muster A dem ebenfalls beigelegten Muster B nachgeahmt. Wir haben Beweise, daß unser Muster A dem Walzengraveur vorgelegen hat, und daß dieser beauftragt war, eine Nachahmung unseres geschützten Musters A zu liefern. Könnten wir der Konkurrenzfirma weitere Lieferungen dieses Musters untersagen und von ihr Schadenersatz für bereits gelieferte Ware ver langen? Antwort: Das geschützte Muster und die angebliche Nachahmung weisen auf eng geripptem Grund Rokoko- Ornamente mit Blumenranken auf. Die Aehnlichkeit der Ornamente beschränkt sich auf die Grundzüge der Linien führung, alle Einzelheiten und die Anordnung sind jedoch verschieden. Unseres Erachtens liegt hier keine Nach ahmung vor, sondern höchstens eine freie Benutzung von Motiven, welche nach dem Gesetz erlaubt ist. Auf Abruf nach Bedarf 7676. Frage: Mit der Firma X hier schlossen wir im März 1905 die Lieferung von 1000000 Etiketten ab und bewilligten Abnahme »auf Abruf nach Bedarf«, nachdem der Prokurist jener Firma gesagt hatte, daß der Verbrauch der Million innerhalb 3—4 Monaten erfolgen werde, da sonst die Fabrikation der Ware nicht lohnte. Die Lieferung der ersten Rate von 350000 Stück fand im Mai 1905 statt. Da entstanden der Firma Schwierigkeiten in ihrem Betrieb, die eine Stockung in der Abnahme der be stellten Etiketten veranlaßten. Erst auf wiederholtes Drängen wurden im Dezember weitere 200000 und im März 1906 100000 Etiketten abgenommen. Wir benachrichtigten die Firma im März, daß wir die übrigen 357000 Etiketten nur bis zum 1. Juni am Lager behalten und dann versenden würden. Sie weigert sich nun, auf die schriftliche Abmachung pochend, die Etiketten jetzt abzunehmen und will nur nach Bedarf abrufen. Ehe wir die Angelegenheit dem Rechtsanwalte übergeben, bitten wir um Ihre Ansicht, ob wir vor Gericht Aussicht haben, auf Grund der mündlichen Erklärung, die heute wahrscheinlich von der Gegenpartei in Abrede gestellt wird, einen Spruch zu unseren Gunsten zu erzielen. Wir meinen, daß es im andern Falle möglich wäre, die Abnahme auf Jahre hinaus zu ver schieben. Antwort: Eine feste Regel, wonach Papierwaren, die auf Abruf bestellt sind, innerhalb eines Jahres oder einer andern bestimmten Frist abgerufen werden müßten, besteht nicht. Der Richter erforscht in jedem Fall den Willen der Parteien beim Abschluß des Vertrages und ermittelt so die jenige Frist, welche jeweils angemessen ist. Die mündliche Erklärung des Prokuristen ist so unbestimmt, daß Frage steller daraus keinen Rechtsanspruch ableiten kann. In der Erklärung ist eine unverbindliche Ansicht ausgesprochen, aber keine bindende Zusage gegeben. Da ein schriftlicher Vertrag geschlossen wurde, so hätte die mündliche Er klärung des Prokuristen, falls sie vom Fragesteller als wichtig angesehen wurde, in den schriftlichen Vertrag auf genommen werden sollen. Aber auch wenn die Erklärung nichts bedeutet, darf der Besteller die Abnahme nicht ganz nach seinem Belieben endlos hinausschieben. Fragesteller hat das Recht, Abnahme innerhalb einer angemessenen Frist zu fordern. Um diese festzustellen, wäre es nötig, auch die Gegenpartei zu hören. Arbeiterinnen an Heftmaschinen 7677. Frage: Darf ich Mädchen an Heftmaschinen be schäftigen? Es ist mir soeben von der Polizei verboten worden. Antwort: In vielen uns bekannten Berliner Buchbinde reien werden an den Heftmaschinen beinahe ausschließlich Arbeiterinnen mit Erfolg beschäftigt. Gesetzliche Vor schriften stehen dieser Beschäftigung unseres Wissens nicht entgegen, und wir empfehlen dem Fragesteller, bei der Polizeibehörde den Grund des Verbots zu erfragen oder bei mangelnder Begründung dessen Aufhebung zu beantragen. Schwedisch Seiden 7678. Frage: Ich verkaufte im vorigen Jahre einer hiesigen Firma 50 Ballen Schwedisch Seiden, Muster I, welche sie mir fest versprach, ganz nach ihrem Bedarf abnehmen zu wollen. Bis vor drei Monaten hat sie auch regelmäßig ihren Bedarf von mir entnommen und bisher 23 Ballen verbraucht. Als ich weitere Abnahme vermißte, ging ich hin, und nun wurde mir von einem Teilhaber gesagt, daß mein Papier nicht mehr so gut sei wie sonst, sie hätten festeres, besseres und billigeres Seiden papier gefunden. Dagegen versichert mein Lieferant, mir stets gleich gutes Papier geliefert zu haben. Auch habe ich noch nicht eine Klage von meinen andern Kunden erhalten. Gekauft hat die Firma von der Konkurrenz Muster II, welches sie besser findet und nun glaubt, meinen Schluß nicht mehr ab nehmen zu müssen. Muster III ist ein Probebogen der alten Lieferung. Ich bitte die eingesandten Muster zu prüfen und mir zu sagen, 1. welches besser und haltbarer ist, 2. ob Muster I geringer ist als Muster III, 3. ob ich die Firma zwingen kann, die weiteren 27 Ballen abzunehmen. Antwort: 1. und 2. Die drei Muster unterscheiden sich an Festigkeit nicht erheblich von einander, jedoch erscheint uns Muster 1 am festesten. Es ist auch reiner als Muster 2. 3. Der Käufer ist nicht berechtigt, vom Vertrag zurück zutreten, denn die Lieferungen waren mustergetreu. Der Umstand, daß der Käufer anderwärts inzwischen eine billigere Bezugsquelle gefunden hat, berechtigt ihn nicht zum Rücktritt. Pergamentseiden 7679. Frage: X bestellte bei Y Pergamentpapier laut an liegendem Muster A, Lieferung erfolgte laut Muster B. Besteht ein Qualitätsunterschied zwischen Bestellmuster und Lieferung, welcher X zur Annahmeverweigerung der Sendung berechtigt, und ist ein Preisnachlaß geboten? Antwort: Das Vorlagemuster A hat seidenpapierartige Glätte und Geschmeidigkeit, während das gelieferte Papier B verhältnismäßig hart und klingend ist. Papier A scheint, nach dem Einriß zu urteilen, schwächer pergamentiert zu sein und dadurch den Seidenpapiercharakter mehr behalten zu haben. Wenn bei der Bestellung die besondere Ge schmeidigkeit des Vorlagemusters A betont und das Vor handensein dieser Eigenschaft bei der Lieferung bedungen wurde, so kann der Besteller die Lieferung zurückweisen. Wurde jedoch lediglich nach Muster bestellt, so muß er das Papier übernehmen, da einer Pergamentpapierfabrik infolge der Schwierigkeiten der Fabrikation beim Arbeiten nach fremdem Muster ein Spielraum zugebilligt werden muß, welcher hier nicht überschritten erscheint. Ein Wertunter schied zwischen beiden Papieren besteht unseres Erachtens nicht. Vertrag 7680. Frage: Mit einem meiner Rohstoff-Lieferanten habe ich vor einiger Zeit nachstehenden Vertrag geschlossen: »Hierdurch verpflichtet sich Herr X an (kommt meine Adresse) 6 Doppel ladungen zu 10000 kg zum Preise von . . M. frei Station . . . ., zahlbar netto Kasse bei Ankunft daselbst, zu liefern, und Herr (mein Name) verpflichtet sich, dieselben anzunehmen.« Unter zeichnet von meinem Lieferanten und mir. Von diesen 6 Waggonen hat er erst 2 zur Ablieferung gebracht und auf wiederholte Mahnungen hin noch nichts wieder von sich hören lassen. Kann ich klagbar dagegen vorgehen? Laut mündlicher Vereinbarung sollte, wenn möglich, alle 2 Monate 1 Waggon zur Ablieferung gelangen und sollte jedenfalls eine Ladung jederzeit zur Ab forderung bereit gehalten werden. Seit der letzten Lieferung sind 4 Monate vergangen. Antwort: Der schriftliche Vertrag ist unvollständig, weil er nichts über die Lieferzeit enthält. Dieser Mangel, welcher den Vertrag unter Umständen nichtig machen kann, ist durch die mündliche Vereinbarung behoben. Wenn der Rohstoff-Lieferant die mündliche Vereinbarung vor Gericht nicht mit Erfolg bestreiten kann, so muß er alle zwei Monate einen Waggon liefern, und weigert er sich dessen, so kann Fragesteller Schadenersatz fordern. Zollfrage 7681. Frage: Unter welcher Position und zu welchem Zoll sätze wird jetzt Kartonpapier in Bogen, und zwar Naturkarton, nach der Schweiz verzollt? Die Kartonpapiere, die hierbei in Frage kommen, wiegen etwa 900 g/qm. Antwort der Vereinigung für die Zollfragen der Papier ver arbeitenden Industrie und des Papierhandels, Berlin W 9, Köthenerstrafe 14 II: Kartone im Gewichte von mehr als 300 g/qm zahlen nach Nr. 304 des Schweizer Tarifs 12 Frank die 100 kg Zoll.