Volltext Seite (XML)
259° PAPIER-ZEITUNG Nr. 63 unterhalt rechnen, und das in die Höhe getriebene deutsche Be steuerungswesen wirke höchst unvorteilhaft auf die Erwerbs fähigkeit Deutschlands ein. Aus diesem Grunde seien bereits bedeutende Firmen der Papier verarbeitenden Industrie dem Gedanken nahe getreten, Zweigniederlassungen in England zu gründen. Ueberhaupt breche sich in deutschen Kreisen die Ueberzeugung Bahn, daß die Schutzzölle nicht mehr dem Stand der Neuzeit entsprechen, daß unparteiische Erwägung der industriellen Lage Deutschlands auf Aenderung hindränge, und daß die Stimmung zugunsten des Freihandels mehr und mehr zunehme. Papiermarkt in Schweden Eigenbericht Als günstiges Zeichen für die Ständigkeit des Papiermarktes kann angesehen werden, daß trotz der zunehmenden Erzeugung, begünstigt durch gute Wasserverhältnisse, die Preise, namentlich der holzschliffhaltigen dünneren Papiere, steigende Richtung behalten. Dies ist aber auch eine notwendige Folge der steigen den Selbstkosten, denn Löhne, Beamtengehälter, Steuern und Rohstoffpreise erhöhen sich fortwährend. Die Ausfuhr nach allen Richtungen entwickelt sich in erfreulich zunehmender Weise, und immer neue Gebiete erschließen sich dem Welt handel. Obgleich die neugeschaffene Johnson-Dampferlinie nach Argentinien schwer zu kämpfen hat, bietet sie doch dem Aus landhandel große Vorteile. Lehrreich ist es, die jetzt von Hamburg und London an gebotenen Preise zu vergleichen. Für die meisten Papiersorten sind zurzeit die Preise des Londoner Marktes trotz der Mehr fracht ab schwedischem Hafen niedriger als die der deutschen Stapelplätze, an deren Spitze sich Hamburg als tonangebend be hauptet. Die Selbstherstellung von Kraftpapier, welche neuer dings englischerseits mit so großem Eifer versucht wird, scheint der Beschäftigung der besseren hiesigen Papierfabriken keinen merklichen Eintrag gemacht zu haben. Dies ist nicht über raschend, da die Arbeitsbedingungen der hiesigen Kraftpapier- Fabriken sich nicht so leicht anderweitig, am wenigsten aber in England, zusammenfinden. Auch wird hier das Wesentliche des für die erwähnte Papiersorte nötigen Herstellungsverfahrens sorgfältig geheim gehalten. Wenn auch Aufsätze darüber er scheinen, so können deren Angaben doch nicht in die Praxis übertragen werden. Die vor einiger Zeit eifrig betriebenen Pläne norwegischer und finnländischer Papierfabrikanten, mit den schwedischen Fach genossen eine Vereinbarung zur Kräftigung des Braunholzpapier marktes zu treffen, scheiterten an der Gleichgiltigkeit der schwedischen Papierfabriken, und die Preise sind dadurch eher noch gesunken. Da die Finnländer und Norweger im Verderben der Preise gerade von Braunholzpapier früher am meisten ge sündigt haben, so kann man es nur begreiflich finden, daß die schwedischen Papierfabrikanten, welche ohnehin zurzeit nicht für Norwegen schwärmen, hier die Rolle der Außenstehenden zu spielen vorziehen. In Zellstoß und Holzschliß bewegen sich die Geschäfte in den bisherigen Bahnen, wenn auch in der Nachfrage für Holz schliff eine gewisse Ruhe eingetreten zu sein scheint. Man darf aber diesem Umstand keine große Bedeutung beilegen, da wir an der Schwelle der trockenen Jahreszeit stehen, und daher die Nachfrage bald die Leistung übertreffen dürfte. Während die durch Feuersbrunst zerstörte Papierfabrik Fengersfors samt ihren Papierstoffabriken weniger Bedeutung hat, ist die große Holz schleiferei Lottefors infolge Ueberschwemmung vernichtet und dadurch auf längere Zeit dem Markt entzogen worden. Während die Preise der Farben durchschnittlich sinkende Richtung einnehmen, gehen die von Harz in fortgesetzter Steigerung bedenklich in die Höhe. Schwefel weist keine wesentlichen Veränderungen auf, das gleiche gilt für Erden, Soda und schwefelsaure Tonerde. Die verschiedentlich angestellten Versuche, die Leimung zu verbilligen, haben zu wesentlichem Fortschritt, der Freiharz leimung, geführt. Deutsch-schwedischer Handelsvertrag. Von schwedischer Seite wurden außer der Meistbegünstigung eine größere Zahl Zoll herabsetzungen wie für gewisse Papierwaren bewilligt, auch werden die deutschen Geschäftsreisenden vom lästigen Visierungszwange befreit und ihnen sonstige Erleichterungen gewährt. Ferner verpflichtete sich Schweden, durch Einrichtung einer Zollauskunftsstelle der bisherigen, überaus lästigen Un sicherheit in der Zollabfertigung abzuhelfen. Schweden hat auch das für die Eisen- und Maschinen-Industrie Deutschlands wichtige Zugeständnis gemacht, daß für die fünfjährige Dauer des Vertrages kein Zoll auf die Ausfuhr von Eisenerzen gelegt werden soll. Lumpen und Papierspäne. Nachdem der Ausfuhrzoll auf Lumpen in Deutschland nicht durchging, sind die bisherigen Verhältnisse bestehen geblieben. Schon hatte man sich hier gefreut, das erwartete Ausfuhrverbot von Lumpen mit be deutendem Zoll auf die Einfuhr von Feinpapieren deutscher Herkunft zu beantworten. Nun wird daraus nichts. Börse. Der Umsatz von Industrieaktien, auch solcher der Papier-Industrie, war in letzter Zeit weniger lebhaft. Die Gründe hiervon dürften weniger in der Geschäftslage als in der Ferienstimmung zu suchen sein. Man ist inzwischen bestrebt, die Leistungsfähigkeit der Papier- und Papierstoff fabriken nach Kräften zu erhöhen, angesichts der vorliegenden überaus befriedigenden Ergebnisse des letzten Geschäftsjahres, und glaubt fest auf noch lange Dauer der guten Geschäftslage. Harzleim Die Frage, welches ist der beste Harzleim, drängt sich jedem Papierfabrikanten auf, dem die vielen Arten fertig gekochten Harzleimes in mehr oder weniger dichter oder gar in trockener Form, wenig oder viel freies Harz ent haltend, jede Sorte nach einem besonderen System gekocht, empfohlen werden. Mit allen diesen Leimsorten sind in der einen Fabrik gute, in einer anderen schlechte Erfolge erzielt worden, und viele Fabrikanten sind bei dem alten, bewährten, wenn auch teureren Leimverfahren geblieben. Wer heute obenauf bleiben will, der muß sich alle Verbesserungen, durch welche Vorteile in der Fabrikation erzielt werden, zu Nutze machen. Daß in der Papier leimung Fortschritte gemacht worden sind, durch welche bei gleich guter Leimung an Leimstoffen gespart wird, weiß jeder Papiermacher, besonders diejenigen, die noch mit 50—45 v. H. krystallisierter Soda oder mit 20—15 v. H. kalzinierter Soda im hölzernen Bottiche mit direkter Dampf einströmung das Harz zur fertigen Leimmilch kochen ließen. Auch zu dieser Zeit wurde bei gleichem Leimstoffverbrauche mit einer Kochung bessere, mit einer anderen schlechtere Leimung erzielt, in einer Fabrik mußte mehr Leimstoff auf gewandt werden, als in einer anderen: Je besser der Leim gekocht war, um so günstiger war eben die Leimung, und so ist es heute noch. Gleichviel ob mit 12 v. H. kalzinierter Soda gekocht, der Harzleim 27 v. H. freies Harz enthält oder mit 8 v. H. kal zinierter Soda gekocht, etwa 51 v. H. freies Harz: je schneller' das Harz geschmolzen und mit der Sodalauge gemischt, mit je höherer Temperatur bei freiem Entweichen der Kohlensäure gekocht und nachgekocht wird, sobald die Schaumbildung aufgehört hat, umso gleichmäßiger, besser und vorteilhafter wird der Leim und die Papierleimung. Der Gehalt an freiem Harze hängt einzig von der zur Ver seifung verwendeten Menge Soda ab. 1 kg kalzinierte Soda von 98 v. H. Na, CO, verseift reichlich 6 kg Harz. Daher ergeben 100 kg Harz mit 10 v. H. kalzinierter Soda gekocht Harzleim mit reichlich 60 Teilen verseiften Harzes, das andere ist freies Harz. Das freie Harz ist das besser leimende, welches weniger Alaun erfordert, aber es leimt nur dann gut, wenn es in feinster Verteilung in den Pa pierstoff gebracht werden kann. Je höher die Temperatur beim Schmelzen und Kochen des Harzes, um so schneller und gleichmäßiger wirktdieSodalauge auf die gesamte Harzmenge, und umso besser erfolgt das Lösen des Harzes durch die Sodalauge in feinste Teilchen, wozu ein Nachkochen bei höchster zulässiger Temperatur, nachdem der Harzleim entschäumt ist, wesentlich beiträgt. Gut gekochter Harzleim läßt sich leicht zu Leimmilch verdünnen, es entsteht also kein Niederschlag von Harz in den Leimbehältern, denn das in feinste Teilchen aufgelöste freie Harz erhält sich schwimmend in der Leimmilch, und nur Unreinheiten sowie schlecht gelöstes Harz setzen sich zu Boden. Je feiner die Harzteilchen, um so größer ist ihre Zahl, und umso feiner verteilt setzen sie sich am Papierstoffe fest, haften auch fester als größere Harzteilchen, soweit solche mit in den Papierstoff gelangen, also wird die vorteil hafteste Leimung erzielt. Schlecht leimender Harzleim ist solcher, wo bei der Herstellung das Harz bei ungenügender Temperatur längere Zeit schmelzen mußte und nicht genügend durchkocht wurde. Nimmt man fertige Leimmilch in ein Probierglas, dann wird sich, wenn gut gekochter Harzleim verwendet wurde, selbst nach Wochen im Glase kein Niederschlag bilden, bei schlecht gekochtem Leime jedoch schon nach wenigen Tagen, oft schon nach Stunden. Was sich in der Leimmilch nach unten ausscheidet, das ist Schmutz und ungenügend gelöstes Harz, und wenn letzteres mit in das Papier gebracht wird, bilden sich, be sonders im satinierten Papier sichtbar, Leimflecke.