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PAPIER-ZEITUNG Nr.61 25'6 Einrichtung einer Sortiments-Buchbinderei Fortsetzung zu Nr. 59 Wir kommen jetzt zum Zuschneiden der Buchdeckel und suchen dafür eine geeignete Pappe. Unter den ver schiedenen Sorten bleiben wir für Buchdeckel doch immer nur auf die graue oder halbweiße, auch Lumpen- oder Speltpappe genannt, beschränkt. Diese besteht jedoch keineswegs aus Lumpen, sondern wird aus zu Brei zerquetschten billigsten Papierabfällen in Verbindung mit gewissen Erden hergestellt. Wir können zu Buchdeckeln nur diese Pappe brauchen, weil weiße Holzpappe nicht zäh genug ist, braune sich aber zu stark wirft, wenn sie be klebt wird. Dagegen können wir die Rückeneinlage zum Buche, wenn nicht aus Aktendeckel oder Schrenzpappe, aus brauner Holzpappe (sogen. Lederpappe) schneiden. Wirklicher Aktendeckel wird aus guten weißen Schreib papierspänen mit oder ohne Zellstoff- oder Lumpenzusatz in verschiedenen Stärken hergestellt, sowohl als Maschinen- wie Maschinen- und Handbüttendeckel. Er ist im eigent lichen Zustande grau in verschiedenen Tönen, wurde der Stoff aber gebleicht, so ist er mehr oder weniger weiß, wurde er in der Bütte gefärbt oder wurden die fertigen Bahnen einseitig gestrichen, so ist er buntfarbig. Wirklicher Akten deckel ist sehr zäh und widerstandsfähig, billigere Abarten desselben enthalten aber mehr oder weniger Holz schliff und verlieren umso mehr an Festigkeit, je mehr sie davon enthalten. Am minderwertigsten ist der Schreib heft-Aktendeckel, während Postkartenkarton besser ist, und Invalidenkarten Karton zu den besten Deckeln gehört. Schrenz ist eine dünne, auf der Pappenmaschine aus den besten Papierabfällen hergestellte Speltpappe von ver hältnismäßig großer Festigkeit. Zur Herstellung brauner Holz pappe wird Holz verwandt, am besten das weniger harzhaltige Eichten-, doch auch Kiefernholz, in Klötze geschnitten und in einem Kessel gedämpft, wobei es gebräunt wird, und sich die Säfte, Harze und Oele teilweise verflüchtigen. Hierauf werden die Holzklötze parallel zu ihrer Längsachse gegen die Zylinderfläcbe eines Schleifsteins gepreßt und so unter Wasserzusatz zerfasert. Vom Korn des Steins hängt die Feinheit des Schliffes ab, feinerer Schliff gibt kurz faserigere, daher härtere aber auch sprödere Pappe, welche sich, weil sie gut steht, zu Kartonnagen und Mappen besser eignet als die aus gröberem Schliffe hergestellte lang- fasrigere, deshalb aber auch nachgiebigere Pappe, welche wiederum für Prägungen und Formungen geeigneter ist. Unterblieb das Dämpfen des Holzes, so entsteht weißer Holzschliff, welcher noch gebleicht werden kann und zu weißen Holzpappen u. a. m. (z. B. Bieruntersätzen), be sonders aber in Papieren, Zeitungspapier besteht fast nur aus Holzschliff, verarbeitet wird. Da dem weißen Holz schliff aber mangels Dämpfens des Holzes alle Harze und Oele noch anhaften, verbinden sich die Holzfäserchen schlechter miteinander, und Pappen und Papier brechen leichter. Solche Pappen eignen sich nicht für Buchdeckel, während sie für Passepartouts ihrer Reinheit und leichten Schneidbarkeit wegen das beste, und für billige Karton- nagen, deren Flächen nicht gefalzt werden müssen, auch noch ein ganz gutes Material abgeben. Betrachtet man Holzpappenproben verschiedener Her kunft durch eine starke Lupe, so erscheinen die Holz fäserchen, je nach dem Feinheitsgrade des Schliffs, in der Dicke starker Gräser bis zu der von Baumstämmen, und man kann aus diesen Bildern seine Schlüsse auf Steifheit oder Nachgiebigkeit der Pappe und ihre Verwendbarkeit für diesen oder jenen Zweck ziehen. Als Ueberzugsstoffe für Bücher habe ich Gewebe und Leder besprochen, und es bleiben nur noch Buntpapiere. Diese gliedern sich zunächst in holzhaltige und holzfreie, von denen letztere, weil sie geschmeidiger sind, den Vor zug verdienen. Natürlich sind sie teurer und können des halb nur für bessere Einbände, besonders Halbfranzbände, Verwendung finden. Stark holzhaltig sind meist Natur- und Glanzpapiere (daher vergilben sie im Lichte), Kleister-, Ranken-, Patent- u. dgl. Maser-Papiere, billige Holzmaser-, Chagrin-, Cambric- und phantasiegeprägte Papiere usw. Nicht ganz holzfrei sind bessere Cambric- und Chagrin-, Halbtitel- und Holzmaser-, billigere Kalbleder- und Marmor- Papiere. Holzfrei sollen bessere Kalbleder-, Titel- und Marmor-Papiere sein. Die marmorierten Ueberzugspapiere werden mit Türkisch-, Griechisch-, Stein-, Phantasie-, Phantasie - Antiqua-, Achat-, Gustav-, Brokat-, Leder- usw. Marmor bezeichnet. Zur angemessenen und ge schmackvollen Verwendung der Ueberzugspapiere zu den verschiedenen Bucheinbänden soll im zweiten Teil meiner Arbeit bei den »Arbeiten des Buchbinders« Anleitung ge geben werden. (Vergl. auch »Buntpapier-Fabrikation« von August Weichelt, Verlag der Papier-Zeitung, Preis geb. 12 M. Mit 96 eingeklebten Buntpapier-Mustern.) Nach dem Ueberziehen der Bücher haben wir es nun wieder mit den Vorsatzpapieren zu tun, welche bereits be sprochen sind; endlich kommen wir zum Vergolden der Bücher, soweit dies nicht schon an der voraus gemachten Decke geschehen sein sollte. Das hierfür allein in Be tracht kommende Blattmetall ist echtes Gold, weil jedes andere Blattgold in einiger Zeit oxydiert. Auch echtes Blattmetall ist nicht reines Gold, sondern mit Silber oder Kupfer versetzt. Je mehr Silber dem Golde zugesetzt ist, desto billiger ist es, aber auch desto weiß licher, und das billigste Blattgold hat seines vielen Silber gehalts wegen nicht nur ein unschönes bieiiges Ansehen, sondern oxydiert auch nach längerer Zeit. Durch Kupfer zusatz wird ein rötlicheres (dunkleres) Gold erzeugt, und Legierungen des Goldes mit Silber und Kupfer geben gelb liches und grünliches Gold. Fortsetzung folgt Lithographie für Handel und Gewerbe Die Handwerker- und Kunstgewerbeschule zu Barmen bringt in der dritten deutschen Kunstgewerbe-Ausstellung zu Dresden 1906 in Rücksicht der besonderen Eigenart ihrer Abteilung II für Lithographie und Flächenkunst lediglich die Schülerarbeiten dieser Abteilung in einem eigenen, für diesen Zweck bestimmten Raum zur Ausstellung. Die in den ausliegenden Werken und in der Vitrine aus gestellten lithographischen Arbeiten, sowie der Wandschmuck sind von den Schülern der Abteilung für Lithographie und Flächenkunst unter der Leitung des Maler-Radierers Hugo Steiner- Prag entworfen, unter Leitung des Lithographen Ernst Borne mann lithographiert und in der Schuldruckerei gedruckt worden. Die in den beiden ausliegenden Werken und in der Vitrine ausgestellten Arbeiten sind mit wenigen Ausnahmen kauf männische, d. h. Bearbeitungen der alltäglichen Aufgaben der lithographischen Praxis. Angesichts der Geschmacklosigkeit und der unkünstlerischen Behandlung, welche die ungeheuren Massen der lithographischen Bedarfsartikel für Handel und Gewerbe in den Rechnungs- und Briefköpfen, den Reklame- und Adreßkarten, den Preislisten, Etiketten und Plakaten usw., von einigen rühmenswerten Ausnahmen abgesehen, leider immer noch in erschreckendem Maße auszeichnen, betrachtet es die Abteilung für Lithographie und Flächenkunst genannter Schule seit ihrer Gründung im Jahre 1900, den allgemeinen Grundsätzen der Barmer Kunstgewerbeschule entsprechend, als ihre Haupt aufgabe, gerade diese alltäglichen Massenartikel mit künstlerischer Liebe und Sorgfalt zu behandeln und die Schüler zu der Er kenntnis zu bringen, daß die künstlerische Betätigung keineswegs sich beschränken darf auf selbständige Einzelleistungen in Original-Steinzeichnungen, Radierungen, Ex-libris, Illustrationen usw., die doch immer nur für einen kleinen Kreis von künst lerisch anspruchsvollen Liebhabern bestimmt sind, daß vielmehr die unscheinbaren Aufgaben, welche die Merkantil-Lithographen tagtäglich in großen Massen zu lösen haben, erst recht der künstlerischen Bearbeitung benötigen. Gerade der Umstand, daß hier eine Quelle springt, welche Jahr ein Jahr aus den Geschmack des großen Publikums in ganz außerordentlicher Weise beeinflußt, ist wohl noch nicht in genügendem Maße ge würdigt worden; denn sonst müßte der Hebel der künstlerischen Beeinflussung hier schon viel früher und in viel weiter gehender Weise eingesetzt worden sein. Wie groß aber die Bedeutung der Arbeit der Merkantil-Lithographen für die all gemeine Geschmacksbildung ist, geht gewiß zur Genüge aus der statistisch festgestellten Tatsache hervor, daß allein in den etwa 80 Buch- und Steindruckereien in Barmen jährlich fast 5 Millionen für derartige Arbeiten umgesetzt werden. (Aus der »Einführung in die Sonderausstellung« der genannten Schule.) Kartell ungarischer Kartonnagenfabrikanten. Die Budapester Kartonnagenfabrikanten sind dieser Tage zu einem Kartell zu sammengetreten, weil nicht nur die Preise sämtlicher Papiere und Pappen, sondern auch die Arbeitslöhne beträchtlich ge stiegen seien. Die Kartonnagenfabrikanten haben die Preise ihrer Erzeugnisse um 10 bis 20 v. H. erhöht. K. (Pester Lloyd)