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DAPIERVERARBEITUNG B Buchgewerbe S Bange machen gilt nicht! Das Tarifamt der deutschen Buchdrucker ersucht uns um den Abdruck folgender Erklärung: Ein großer Buchdruckerstreik soll nach einem Inserat der Buchdruckerei der »Sachsenschau« (Kientzler) in Magdeburg, das dieselbe in ihrer Zeitung gleichen Namens in auffälligster Form zum Abdruck bringt, auf Prinzi pals- und Gehilfenseite als eine bereits feststehende Tatsache betrachtet werden. Wir wissen zwar nicht, woher die genannte Buchdruckerei solche Informationen bezieht, halten uns aber in Ansehung unseres Gewerbes verpflichtet, gegen das Ver halten der genannten Druckerei auf das Schärfste Verwahrung einzulegen. Denn der Zweck der Verbreitung einer solchen Nachricht besteht in dem ersichtlichen Manöver, auf eine gegen jeden schicklichen Geschäftsgebrauch verstoßende Art Druck arbeiten für die eigene Druckerei heranzuziehen, »weil — wie die Firma ihrer Kundschaft ankündigt — der Streik mindestens ein Vierteljahr dauern werde«. Aus diesem Grunde erteilt sie ihrer Kundschaft den Rat: »einmal jetzt ihre Bestände an Druck sachen einer Prüfung zu unterziehen und sich nötigenfalls bis Mitte des nächsten Jahres durch sofortige Bestellungen zu versorgen«. Wir erblicken in der Anzeige der genannten Druckerei ein Vorgehen, das bei ihrer Kundschaft das Gegenteil von der er hofften Wirkung erzielen sollte, und das wir am besten dadurch niedriger zu hängen glauben, indem wir es in unseren Fach kreisen bekanntgeben. Wir sind nach wie vor überzeugt, daß es auch diesmal ge lingen werde, die im Herbst stattfindenden Tarifverhandlungen zu einem friedlichen Ende zu führen. Berlin, 24. Juli 1906 Prinzipals-Vorsitzender: Gehilfen-Vorsitzender: Georg W. Büxenstein L. H. Giesecke Paul Schliebs Geschäftsführer Lohnbewegung im Steindruckgewerbe Vergl. Nr. 58 S. 2399 Der Vorstand des Senefeldcr-Bundes erklärte dem Vorstand des Schutzverbandes Deutscher Steindruckerei besitzer u. a., daß die Vertreter zu weiteren Verhandlungen bereit seien, daß jedoch in den Streik- und Aussperrörten alle strittigen Punkte geregelt sein müssen, ehe an Wieder aufnahme der Arbeit gedacht werden könne. Der Vorstand des Schutzverbandes hat darauf erwidert, daß er nicht in der Lage sei, in örtliche Verhandlungen über die in den Streik- und Aussperrungsorten gestellten Forderungen einzutreten, sondern an seinem Standpunkte festhalte, daß die nach dem Ergebnisse der Verhandlungen noch in Betracht kommenden Fragen von den beider seitigen Zentralleitungen zu regeln sind. Der Schutz verband könne nur wiederholen, daß er rückständige Lohn- und Arbeitsverhältnisse nicht schützen und auf Aenderung solcher hinwirken werde, sobald sie ihm zur Kenntnis ge bracht werden. Die Mitglieder des Schutzverbandes seien bereit, nach Wiederaufnahme der Arbeit bei Neueinstellungen die in den einzelnen Betrieben in Ausstand getretenen oder ausgesperrten Arbeiter in erster Linie wieder einzustellen. (Nach »Zeitschr. f. Deutschl. Buchdr.») Lohnbewegung im Steindruckgewerbe der V. St. von Amerika Die Lithographen in den V. St. fordern durch ihre Ge werkschaft »The Lithographers’ Union« die 8 Stunden- Schicht und drohen mit Ausstand vom 1. August an, falls die Arbeitgeber diese Forderung nicht erfüllen. Diese seit längerer Zeit bekannte Absicht hat zur Gründung eines Schutzverbandes fast aller Besitzer von lithographischen Anstalten in den V. St. geführt. Diese führt den Namen »National Association of Employing Lithographers«, und ihr Vorsitzender ist F. A. Stecher in Rochester, N. Y. Der Schutzverband teilt sich in 9 Gruppen, welche sich nach den verschiedenen Gebieten der V. St. gliedern. Jede Gruppe entsendet ein Mitglied in den Vorstand, der im ganzen aus 15 Mitgliedern besteht. Der Schutzverband hat besondere Ausschüsse für Geldangelegenheiten, Lehrlings wesen, Geschäftsbräuche, Arbeitsnachweis und Fachschul wesen errichtet. Er begründete 2 Arbeitsnachweise, einen für den Osten in New York und einen für den Westen in St. Louis. Jedes Mitglied des Schutzverbandes muß bei seinem Eintritt 500 Dollar für jede von ihm betriebene lithographische Schnellpresse zahlen und Sichtwechsel im gleichen Betrag hinterlegen, welche zugunsten des Schutz verbandes verfallen, wenn das Mitglied nachweislich gegen die Satzungen verstößt. Ferner muß jedes Mitglied viertel: jährliche Abgaben an den Schutzverband zahlen, je nach der Größe der in seinen Werkstätten arbeitenden Druck pressen. Der Schutzverband behauptet, daß ihm 95 v. H. aller lithographischen Anstalten in den V. St. angehören, und fühlt sich durch seine stramme Organisation stark genug, den Kampf mit den Arbeitnehmern aufzunehmen. Lohnbewegung im Buchbindergewerbe Berlin. Neue Aussperrungen der Buchbinder werden jetzt von den Mitgliedern der Berliner Buchbinderinnung vorgenommen. Die Innung hatte beschlossen, auch in den ihr angeschlossenen Betrieben die Aussperrung eintreten zu lassen, wenn bis zum 21. Juli keine Einigung zwischen den Organisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu stande käme. Nachdem die Leipziger Einigungsvorschläge von allen Buchbinderversammlungen abgelehnt wurden, hat eine ganze Reihe von Innungsmitgliedern ihre Arbeiter ent lassen. An alle Ausgesperrten wurden von den Arbeitgebern Zuschriften gesandt des Inhalts, daß sie nicht mehr auf Einstellung rechnen könnten, wenn sie jetzt nicht die Arbeit wieder aufnähmen. Nach den Feststellungen des Buchbinder verbandes hatten diese Zuschriften keinen Erfolg. Die Aus gesperrten und Streikenden haben vielmehr in einer Ver sammlung im Gewerkschaftshause einstimmig beschlossen: »Die Berliner Ausgesperrten erklären, auf Zuschriften der Prinzipale um Wiederaufnahme der Arbeit nicht zu reagieren, sondern einmütig im Kampfe ausharren zu wollen, bis seitens der Unternehmer annehmbare Zugeständnisse ge macht worden sind.« Dem Vorstand des Deutschen Buchbinderverbandes ist von dem Hauptvorstand des Verbandes deutscher Buch bindereibesitzer ein Schreiben zugegangen, in dem mit Bezug auf die ablehnende Haltung der Buchbinderversamm lungen zu dem Einigungsvorschlage erklärt wird, die Arbeit geber-Organisation sei nicht in der Lage, weitere Zugeständ nisse zu machen. Die in Leipzig zugesagte Erhöhung der Mindestlöhne würde zurückgezogen, wenn bis zum 26. Juli nicht in allen Betrieben von Berlin, Leipzig und Stuttgart die Arbeit wieder aufgenommen sei. Darauf schlug der Vorstand des Buchbinderverbandes neue Verhandlungen auf Grundlage des in Leipzig ver einbarten Vertrages unter tunlichster Berücksichtigung der in den Buchbinderversammlungen gestellten Abänderungs anträge vor. Von der Antwort der Arbeitgeber-Organisation auf diesen Vorschlag wird die weitere Gestaltung des Kampfes abhängen. In Berlin hat sich unter dem Namen »Patriotischer Buchbinderverband« eine neue Gehilfenorganisation gebildet, die sich die Unterstützung der Prinzipale zur Aufgabe macht. (Berliner Volkszeitung)