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einzelnen Betriebe Beitrag und Belastung sind. Auch über die Ursachen mancher übermäßigen Belastung kleinerer Betriebe äußert sich der Verwaltungsvorsteher, namentlich in dem Sinne, daß ein einziger unbedeutender Unfall, wenn er eine Person mit ungesunder Haut betroffen hat, auf viele Jahre hinaus den Be trieb bezüglich der Belastung in ungünstigem Lichte erscheinen lasse, während bei ähnlicher Sachlage in größeren Betrieben eher ein Ausgleich im Laufe der Jahre eintrete. Der Vorsitzende stellt die Veröffentlichung des Beitrags- und Belastungsverzeichnisses in Aussicht, weil davon ein Erfolg hin sichtlich der Ueberwachung der Rentenempfänger sowie der Unfallverhütung zu erhoffen sei; zum mindesten aber werde die Veröffentlichung wesentlich beitragen für die Belehrung der Betriebsunternehmer und sie in den Stand setzen, bei Aende- rungen oder Erneuerungen des Gefahrentarifs und bei den Ein schätzungen ihren Einfluß geltend zu machen, gestützt auf die im Verzeichnis mitgeteilten Ergebnisse. Hieran schließt sich eine lebhafte Erörterung; im Beson deren wünscht Herr Seydel-Neumühle bei Zeitz, daß die kleinen ganz ungefährlichen Hand-Papiermühlen niedriger eingeschätzt werden möchten als die großen Fabriken. Von Herrn Müller- Cröllwitz wird dieser Wunsch unterstützt mit dem Hinweise auf das Unfallverzeichnis der Papiermacher-Berufsgenossen schaft vom 1. Oktober 1885 bis 31. Dezember 1901; wenn die Lumpensortieranstalten die Belastungsziffer 5, die Papierfabriken dagegen die Belastungsziffer 10 aufweisen, so werde sich ein ähnliches Verhältnis bei der Trennung zwischen Hand-Papier fabriken und Maschinen-Papierfabriken ergeben. Zweifellos sei die Gefährlichkeit in den kleinen Papiermühlen viel geringer als in den großen Fabriken. Dagegen warnt der Verwaltungsvorsteher vor dem Versuche, gestützt auf weitere getrennte Ermittlungen der Löhne und der Entschädigungen, eine niedrigere Einschätzung der Hand-Papier fabriken herbeizuführen. Denn es sei wohl möglich, daß durch diese Ermittelungen nicht eine geringere, sondern eine höhere Belastung durch die kleinen Fabriken nachgewiesen werde. Bei den Pappenfabriken habe sich ein ähnliches Verhältnis nach weisen lassen, was er, der Verwaltungsvorsteher, nicht auf die größere Gefährlichkeit der Pappenfabriken gegenüber den Papierfabriken zurückführen könne, sondern auf die weit kleinere Summe der anrechnungsfähigen Löhne. Denn diese betrage für die Pappenfabriken nur 6r1/4 Millionen M., für die Papierfabriken dagegen 3531/2 Millionen. Jedenfalls sei aber jetzt nicht der ge eignete Zeitpunkt, Aenderungen in der Einschätzung anzuregen, weil der Gefahrentarif noch bis Ende 1907 Giltigkeit habe. Vielleicht aber benutze dieser oder jener von den Herren das Verzeichnis zu weiteren Ermittlungen, um dann seine Wünsche und Einwendungen vor der Beschlußfassung über den Gefahrentarif in den Genossenschafts-Versammlungen zur Gel tung zu bringen. An einem von der Genossenschafts-Versamm lung beschlossenen und vom Reichs-Versicherungsamte ge nehmigten Gefahrentarif könnten spätere Einwände nichts ändern. • Nachdem sich noch der Vorsitzende in diesem Sinne ge äußert hat, wird der Gegenstand verlassen. Aus Argentinien Rosario de Sta Fe Mitglieder des hiesigen deutschen Vereins haben die Rosariner deutsche Zeitung ins Leben gerufen, die bei A. Pongs & Cia. gedruckt wird. Das Papier ist, wie viele andere weiße Sorten, im Lande erzeugt, aber nicht so gut und rein weiß wie »drüben« in Europa. Da die halbstaatliche Phosphoros Cia. ihre Buntpapiere selbst macht und teuer verkauft, so ist anzunehmen, daß bald Buntpapier-Maschinen hier aufgestellt werden. Die Einfuhr von Buntpapier ist durch hohe Zölle erschwert und läßt die Erzeugung hier lohnend erscheinen. Lumpensortier-Anstalten in Baden Herr Leute, amerikanischer Konsular-Gehilfe in Mann heim, berichtet, daß nach der chemischen Farben- und Leder-Industrie die Lumpen-Sortieranstalten seines Kon- sular-Bezirks die größte Ausfuhr nach den Vereinigten Staaten betreiben: die jährliche Ausfuhr von Lumpen und Stoffabschnitten aus dem Berichtsbezirk nach den Ver einigten Staaten hat einen Wert von rund 350000 Dollar. Auch nach anderen Staaten, namentlich nach England, wird rege Ausfuhr betrieben. Im Jahre 1905 verließen über 18000 Tonnen Lumpen Mannheim, und rund 7000 Tonnen Lumpen wurden in diese Stadt eingeführt. Die wichtigsten Lumpen-Sortieranstalten des Konsular Bezirks befinden sich in Mannheim und Karlsruhe. Viele dieser Anstalten besitzen Zweigfabriken in verschiedenen Orten Badens. Da die Arbeitskräfte hauptsächlich aus der Landbevölkerung herangezogen werden, so müssen diese Zweiganstalten in der Nähe kleiner, ackerbautreibender Landstädte liegen. Die zwei größten Anstalten sind gut eingerichtet. Die in Karlsruhe befindliche ist besonders zweckmäßig gebaut. Sie ist in einem zweiflügeligen vier stöckigen Gebäude untergebracht, welches mit Aufzügen, elektrischem Licht, elektrischen Ballenpressen, Lumpen zerfaserern usw. versehen ist und große Niederlagsräume, Kontore, Speise-, Garderobe- und Baderäume für die Arbeiter, Entseuchungsräume für die Lumpen usw. enthält. In einem besonderen Gebäude befinden sich die Ein richtungen, durch welche Wollumpen mittels chemischer Behandlung von allen Pflanzenfasern befreit werden. Die in Mannheim befindliche bedeutende Fabrik ist kleiner als die Karlsruher, aber gleichfalls gut eingerichtet. Beide Fabriken haben eigenen Gleisanschluß und eigenes Elek trizitätswerk. Die Zahl der im Berichtsbezirk mit dem Sortieren von Lumpen beschäftigten Personen beträgt rund 1500. Die Sortierung wird ausschließlich durch Frauen und Mädchen bewirkt. Sie müssen nach dem Reichsgesetz mindestens 15 Jahre alt sein. Ihre Arbeit besteht in der Hauptsache im Sortieren von Lumpen, Abschnitten, Stricken usw. nach Farbe und Faser, im Entfernen jedes Fremdkörpers wie Leder, Gummi, Pappe usw. Die Lehr mädchen verdienen rund 1 M. 50 Pf. im Tag. Wenn sie geschickter geworden sind, verdienen sie im Stücklohn 2 M. bis 3 M. 60 Pf. im Tag. Die Jungen, welche die Ballenpressen füllen, verdienen 1 M. 40 Pf. bis 2 M. im Tag. Die Männer, welche die gepreßten Ballen weiter schaffen, verdienen 3 bis 4 M. im Tag. Alle diese Leute bedürfen keiner besonderen Vorbildung, in der Regel ist nur der Aufseher mit der Art und Beschaffenheit der Lumpen vertraut. Da das Sortieren keine besonders einträgliche Arbeit ist, außer wenn die Sortiererin äußerst fleißig arbeitet, hatten die Anstalten in dieser Gegend in letzter Zeit ziem liche Schwierigkeiten, Sortiererinnen aus der einheimischen Bevölkerung zu gewinnen, denn die Frauen und Mädchen des Landes ziehen vor, in weniger staubigen Fabriken zu arbeiten. In neuester Zeit wurde vom Auslande Ersatz ge schaffen. Ueber 100 Frauen und Mädchen aus Galizien, auch einige Jungen, wurden von einer badischen Firma eingeführt, und wie es heißt, mit gutem Erfolg. Diese Leute wurden durch ein Berliner Stellenbureau beschafft. Das einführende Haus mußte die Reisespesen bezahlen, welche sie dann in kleinen Raten vom Gehalt abzog. Nur sehr wenige dieser Ausländer können Deutsch, die meisten können auch in ihrer Muttersprache weder lesen noch schreiben. Es war ziemlich schwierig, für diese Leute Quartier zu finden. Die sortierten Lumpen, welche in Ballen gepackt die Anstalt verlassen, werden verschiedenen Gebrauchszwecken zugeführt. Die vom Lumpensammler herrührenden alten Lumpen werden meist benutzt, um daraus billige Pack papiere herzustellen. Die neuen baumwollenen Abschnitte von Korsett-, Schuh- und Puppenfabriken, Schneider-Werk stätten, Modehäusern usw. werden teils zerfasert und zu Baumwollenzwirn versponnen oder zu geringwertigen Baumwollwaren verwoben, teils zu besseren Papieren ver arbeitet. Sie werden nach der Farbe sortiert, wodurch in manchen Fällen das Färben des Papiers überflüssig wird. Leinene Abschnitte werden für feine Schreibpapiere ver wandt. Wollumpen werden mit Säuren behandelt, welche alles Pflanzliche darin auflösen, dann zerfasert, versponnen und zu Tuch gewoben. Dieses Tuch dient zu billigeren Kleidungsstücken; Stricke, Bindfäden, Säcke usw. werden hauptsächlich zum Papiermachen verwandt. Die ver schiedenen Sorten, wie Hanf, Manila, Flachs usw. werden getrennt. Es erscheint für den Laien überraschend, wenn er Ballen mit dicken Stricken sieht und erfährt, daß diese zur Herstellung von Zigarettenpapier dienen. Die Verwertung der Abfälle dieser Sortieranstalten ist noch nicht in zufriedenstellender Weise gelöst. Das ausgesonderte Gummi hat fast keinen Handelswert. Die kleinen Stücke Leder, welche unter den Abschnitten von Schuhfabriken gefunden werden, benutzt man soweit als