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genannten Erd- und Pflanzenfarben mit etwa dem doppelten Zusatze von Galle wie dort, aber ohne jedes sonstige Bindemittel selbst zurechtreiben und mit destilliertem Wasser verdünnen. Ich rate aber davon ab, da das An reiben von Marmorierfarben sehr sorgfältig geschehen muß, daher viel Geduld und Zeit kostet; man erhält heute in den Halfer’schen Marmorierfarben, wenn sie echt sind, viel zu verlässigere Farben, als man sich selbst herstellen kann. Die Galle aber kann man sich selbst präparieren, indem man ihr den vierten Teil ihres Volumens puren Alkohol zusetzt, die Mischung tüchtig zusammenschüttelt, sie dann einige Tage ruhig stehen läßt und endlich durch Filtrier papier abfiltriert. Sprengwasser stellt man dadurch her, daß man vor jedesmaligem Bedarf an solchem in reines Wasser soviel Seifenspiritus schüttet, bis dasselbe die nötige Treibkraft für Ader- oder türkische Schnitte erlangt hat. Das Caraghenmoos zum Grunde muß rein und bester Qua lität sein. Der Grund wird eine Woche vor dem Marmo rieren gekocht, dann ist er zum Gebrauch am geeignetsten. Man rechnet auf jeden Liter Grund, den man zu brauchen gedenkt, i Liter weiches Wasser und io g Moos, weicht das Moos im Wasser eine Nacht ein und kocht es dann dreimal gut auf, worauf man noch mit etwa einem Viertel liter auf jeden Liter Grund verdünnt, den Grund dann offen abkühlen und hierauf zugedeckt 6—8 Tage stehen läßt. Alaun oder essigsaure Tonerde hält man zum Gebrauch beim Marmorieren vorrätig. Für Marmorschnitte gibt es jetzt auch brauchbare Schnitt-Abziehpapiere, welche bei einzelnen Büchern gute Dienste leisten können. Sollen Gold- oder Silberschnitte an Bücher gemacht werden (Metallschnitte macht der Sortimentsbuchbinder nicht, und Aluminiumschnitte gelingen nur mangelhaft), so brauchen wir dazu Schnitteiweiß. Dies ist eine gut ge quirlte und nach dem Abstehen durch reine Leinwand filtrierte Mischung von einem Teile Eiweiß und 4 Teilen reinen Wassers. Ferner brauchen wir zu den Schnitten Bolus, eine sich fettig anfühlende rote Erde (armenischer Bolus soll der beste sein), welcher mit Schnitt-Eiweiß wie Streichfarbe fein angerieben wird. Zum Glätten der Schnitte brauchen wir weißes Wachs, und es wird dafür Carnaubawachs empfohlen. Endlich brauchen wir Blatt- Gold oder -Silber. Ersteres ist in verschiedenen Farben, Stärken und Blattgrößen zu haben, zu Goldschnitten ist dunkles Gold (orange) dem hellen (Zitron-, Gelb- und Grün gold) vorzuziehen, doch muß dann auch zur Buchdecke dasselbe Gold verwendet werden. Silberschnitte kommen selten vor, Silber wird mit der Zeit schwarz. Deshalb nimmt auch der solide Meister weder zu Goldschnitten noch Vergoldungen das sogenannte Zwischgold, welches zwar um etwa ein Drittel billiger als echtes Gold ist, aber als Verbindung einer dünnen Goldschicht mit Silber-Unter lage mit der Zeit ebenfalls oxydiert. Sollen Goldschnitte ausgemalt werden, so verwendet man dazu dieselben Erd- und Pflanzenfarben, wie zu Farb schnitten. Man kann auch Anilinfarben dazu verwenden, muß diese aber, weil sie lasieren und ihrer Dünnflüssigkeit wegen leicht über die Konturen der Zeichnung verlaufen würden, verdicken. Man bindet sie also an eine ent sprechende Erdfarbe mittels Eiweiß oder Käseleim. Vom Grünschen Zierschnittverfahren und dem für dieses erfor derlichen Material will ich hier nicht sprechen, denn es ergab keine dauernd haltbaren Schnitte und ist auch aus der Mode gekommen. Hat das Buch den Schnitt erhalten, so wird es in vielen Fällen auch kaptalt und oft noch mit einem Bändchen als Lesezeichen versehen. Unsere Vorfahren legten am Kap tale des Buches einen gefalteten Stoff- oder dünnen Leder wohl auch einfachen Pergamentstreifen und nähten solchen mit Seidenfäden am Buch fest. Dieses »umstochene Kaptal« wird von Kunstbuchbindern noch heute ausgeführt, für nicht sehr kostbare Einbände stellt es sich durch die Arbeit, die es macht, aber viel zu teuer und wird durch das angeklebte Kaptalband ersetzt. Dieses ist in Baumwolle schon zum Preise von 3—4 Pf. für den Meter doppelreihiges Band, doch auch in Seide und Halbseide zu haben. Die Zeichen bändchen (Lesezeichen) aber kann man zur Auszeichnung seiner Arbeit und Bekanntmachung seiner Firma benützen, indem man dazu 5 mm breites Band nimmt, welches auf den laufenden Meter in gleichen Zwischenräumen dreimal mit der Firma bedruckt ist. Solches Band ist als Reklame band zum Preise von etwa 2 M. für die Rolle von 500 m zu beziehen, wobei sich der Meter auf etwa 1/2 Pf. und jedes Zeichenbändchen durchschnittlich auf 1/6 Pf. stellt. Bei diesem billigen Preise kann man die Bändchen an jedem, auch dem billigsten Einbande anbringen und damit nicht nur dem Besitzer des Buches einen Gefallen tun und eine oft in Fachkreisen erhobene Forderung erfüllen, sondern auch billige Reklame machen. Freilich sind diese Bändchen nicht sehr fest, da nur Baumwollfaden der Länge nach mit einander durch einen Klebstoff verbunden, nicht aber mit sammen verwebt sind. Doch leisten sie dem Zuge in der Längsrichtung ziemlichen Widerstand. Oben sind sie am Buche verklebt und unten durch einen Knoten verknüpft, so halten sie in den meisten Fällen genügend, und für besonders feine oder sehr schwere Bände nimmt man besseres Band. Fortsetzung folgt Fach- oder Pflichtfortbildungsschule? Ueber dieses Thema sind in letzter Zeit mehrfach Kund gebungen in die Oeffentlichkeit gelangt, welche der Un zufriedenheit der Handwerker und Gewerbetreibenden mit den Pflichtfortbildungsschulen in bezug auf Zeit, Dauer und Gestaltung des Unterrichts Ausdruck geben. Es dürfte deshalb von Interesse sein, wie der langjährige Leiter der Berliner Buchdrucker-Fachschule, Herr Buchdruckereibesitzer C. Behrens, zu dieser Frage sich äußert. Seine Auslassungen seien nachstehend auszugsweise wiedergegeben. Vor Bekanntwerden des Berliner Ortsstatuts für die Pflichtfortbildungsschule wurde von den beteiligten Kreisen angenommen, daß der großen Menge ungelernter Arbeits burschen ein den verschieden vorgebildeten Elementen ent sprechender Unterricht durch die Pflichtfortbildungsschule zuteil werden solle. Leider gestaltete sich der Unterricht in der Pflichtfortbildungsschule anders, indem Lehrlinge ganz verschiedener Handwerke mit den Arbeitsburschen zusammengesetzt wurden, ohne Rücksicht darauf, daß ein schablonenmäßig eingerichteter Unterricht nicht zweck dienlich sein kann. Einen intelligenten Lehrling noch 3 Jahre lang in Deutsch und Rechnen in einer Weise zu unterrichten, die auch den minderwertigen Elementen an gepaßt sein muß, ist ein Unding und fördert die fachlichen Interessen nicht. Man hat das an maßgebender Stelle auch schon er kannt und nachträglich zu reformieren begonnen, indem man sogenannte Qualitätsklassen einrichtete; indessen werden solche Einrichtungen, wenn sie entsprechend dem 3jährigen Schulkursus dreiteilig zerlegt und für alle Stadt teile geschaffen werden sollen, Unsummen erfordern, ohne entsprechenden Nutzen zu stiften. Und solche Handwerks- Sonderklassen würden sich von den bisherigen, zum Teil mustergiltig geleiteten Fachschulen, kaum unterscheiden. Im Jahre 1904/05 besuchten nach statistischen Fest stellungen rund 17 000 oder 85—90 v. H. aller Berliner Handwerkslehrlinge Fach- und Fortbildungsschulen, welche den praktischen Bedürfnissen des Handwerks entsprechend eingerichtet waren und den Meistern Einwirkung auf Unter richtsfächer und Unterrichtszeit gewährten. In der Zeit weitgehendster Gewerbefreiheit, wo viele Fabrikationsgeschäfte mit handwerksmäßig ausgebildeten Arbeitern sich im Besitz nicht fachkundiger Inhaber be finden, bleibt es vielfach dem Zufall überlassen, ob der Lehrling einem tüchtigen, moralisch und fachlich gereiften Werkmeister oder Gehilfen unterstellt wird. Hier kann allein eine gehörig eingerichtete und von Fachleuten ge leitete Fachschule ergänzend eingreifen. Der Beruf muß theoretisch und praktisch gepflegt werden, denn schließlich soll aus dem Lehrling doch zuerst ein tüchtiger, praktisch durchgebildeter Gehilfe werden. Die Leitung solcher Fachschulen überlasse man ruhig den Kuratorien der Gewerbe, sie werden am besten wissen, wo der Unterricht einzusetzen hat, und überlasse ihnen unter Beachtung allgemein feststehender Grundfächer die Aufstellung der Lehrpläne, sorge für gediegene Lehrer und lasse die Schulen durch eine geeignete Persönlichkeit amtlich überwachen. Daran fehlte es bisher gänzlich. Für Rechnen und Deutsch kommen Gemeindelehrer im Nebenamte in Frage, welche sich nach und nach mit der beruflichen Materie vertraut machen, für den Zeichenunter-