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PAPIER-ZEITUNG 243i Nr - 59 Verein Deutscher Zellstoff-Fabrikanten Geschäftsbericht über das Jahr 1905 Schluß zu Nr. 58 10. Sicherheitsvorschriften für Trockenzylinder. Unter dem 13. September 1905 hatte der preußische Minister für Handel und Gewerbe dem Verein einen Entwurf neuer Grundsätze für die Aufstellung, den Bau und Betrieb von Dampf-, Trocken- und Schlichtzylindern übersandt. Vom Standpunkte der Industrie waren gegen einzelne Bestimmungen dieses Entwurfs die schwersten Bedenken zu erheben. Der Verein befaßte sich da her eingehend mit der Angelegenheit. Gemeinschaftlich mit dem Verein Deutscher Papierfabrikanten wurde eine Kommission für die Bearbeitung der Angelegenheit eingesetzt. Das Ergebnis der Arbeiten der Kommission, die zwei Sitzungen (am n. Oktober und 15. November) abhielt, wurde in einer Denkschrift zusammen gefaßt und diese dem preußischen Handelsminister überreicht. Mit Entschiedenheit wurde darin gegen die beabsichtigten neuen Vorschriften Stellung genommen und der Meinung Ausdruck ge geben, daß die in der Papierfabrikation zur Anwendung kommen den Trockenzylinder zum Erlaß der in dem Entwurf enthaltenen Vorschriften keinen Anlaß gäben, da Explosionen nur in ver schwindend geringem Maße vorgekommen seien, und daß es sich in den betreffenden Fällen meist um Zylinder älterer Bauart oder um grobe Außerachtlassung der üblichen Sicherheits vorkehrungen gehandelt habe. Besonders aber wurde Ver wahrung gegen die Zumutung erhoben, daß die Papierfabrikanten Preußens unter großen Kosten Konstruktionen einführen sollten, die sich noch nicht bewährt hätten, und über die Erfahrungen noch nicht vorlägen. Es sei hiervon eine Verminderung der Konkurrenzfähigkeit der preußischen Papierfabrikanten gegen über den Fachgenossen in anderen Bundesstaaten und auf dem Weltmärkte zu befürchten, da nicht anzunehmen sei, daß die Re gierungen der übrigen deutschen Bundesstaaten oder gar das Ausland auf dem gleichen Wege folgen würden. Am 6. No vember fand dann über den Entwurf eine Besprechung im preußischen Handelsministerium statt, an der eine große Zahl von Sachverständigen aus den beteiligten Industrien teilnahmen. Auch mehrere Vertreter des, Vereins Deutscher Zellstoff- Fabrikanten waren auf Einladung des Ministers zugegen. In den Verhandlungen wurde eine Einigung erzielt, indem der Vertreter des preußischen Ministers auf diejenigen Forderungen ver zichtete, die seitens der Papier-, Zellstoff- usw. Fabrikanten als unannehmbar bezeichnet wurden, während diese sich ihrerseits mit anderen durchführbaren Bedingungen, die auf größere Sicherheit gegen eine Explosion von Trockenzylindern hinzielten, einverstanden erklärten. Auf Grund der Ergebnisse dieser Ver handlungen wurde der Entwurf der neuen Vorschriften im Handelsministerium einer Neubearbeitung unterzogen. Die neuen Grundsätze, bei denen die Ergebnisse der Beratung vom 6. No vember berücksichtigt sind, erschienen zu Anfang des laufenden Jahres und wurden unter dem 10. März 1906 der Geschäftsstelle zugesandt. Gegenüber dem ersten Entwurf sind die neuen Grundsätze wesentlich gekürzt. Zu einem Einspruch gegen die Grundsätze in der jetzigen Form scheint kein Anlaß vorzu liegen. Bei der Bearbeitung der Angelegenheit hat sich unser Ehren mitglied, Herr Kommerzienrat Behrend, große Verdienste er worben, wofür ihm auch an dieser Stelle der Dank des Vereins ausgesprochen wird. 11. Reinhaltung der Gewässer. Die Potsdamer Handelskammer (Sitz Berlin) richtete am 10. Februar 1903 an den preußischen Minister für Handel und Gewerbe eine Eingabe betr. die Für sorge für Reinhaltung der Gewässer in Preußen und die Schaffung eines Wasserbuches. Der Antrag der Potsdamer Handelskammer ging dahin, daß in bezug auf die Hauptwasser läufe Untersuchungen zunächst über die Mittel- und Niedrig wasserführung, die Stromgeschwindigkeit, die Härte des Wassers, das natürliche Säurebindungsvermögen und den natürlichen Kohlensäuregehalt angestellt, die Ergebnisse der Untersuchung dann in ein zu schaffendes Wasserbuch eingetragen und hier durch sichere Grundlagen für die Entscheidung über die Zu lässigkeit der Einleitung von Abwässern in die Wasserläufe ge wonnen werden sollten. Der Deutsche Handelstag, der die Weiterverfolgung der Sache übernahm, beauftragte eine Sonder kommission mit der weiteren Ausarbeitung der Frage. Der Verein Deutscher Zellstoff-Fabrikanten wies die Vereinsmitglieder darauf hin, daß diejenigen von ihnen, welche zugleich Handels kammermitglieder seien, dafür Sorge tragen sollten, daß sie von ihrer Handelskammer in die Sonderkommission des Deutschen Handelstages entsandt würden. Auf unseren Wunsch wurde außerdem noch ein Mitglied unseres Vereins besonders zu den Beratungen zugezogen. Am 9. November 1905 fand darauf eine Sitzung der Kommission des Deutschen Handelstages betreffend Reinhaltung der Gewässer statt. An dieser Sitzung nahmen die Vertreter einer großen Zahl von Handelskammern sowie von Vereinigungen der vornehmlich an der Frage beteiligten In dustrien teil. Außerdem waren Vertreter von Reichs- und Staatsbehörden zugegen. Die Papier- und Zellstoff-Industrie war besonders stark vertreten, und zwar durch die Herren Beckmann, Bergerhoff, Dr. Graf von Brockdorff, Ditges, Ebert, Dr. Gottstein und Dr. Max Müller. Der Verein zur Wahrung der Interessen der chemischen Industrie hatte zur Vorbereitung der Kommissions verhandlungen eine Denkschrift, die in knapper Form die in Frage kommenden Punkte systematisch zusammenstellte, aus gearbeitet und die Berichterstattung für die Versammlung über nommen. Nachdem in der Versammlung zuerst die gegenwärtige Rechtslage, das Verhältnis zwischen Landwirtschaft und In dustrie, die Bestrebungen zur Besserung der bestehenden Zu stände, die Verfahren zur Verhütung der Schädigungen durch Abwässer, die Leistungen der Kgl. Versuchs- und Prüfungs anstalt und die für die Beurteilung des Potsdamer Antrages in Betracht kommenden Gesichtspunkte eingehend besprochen waren, wurde zur weiteren Bearbeitung der Angelegenheit eine Unterkommission eingesetzt, in der die hauptsächlich inter essierten Industriezweige vertreten sein sollten, und an deren Verhandlungen auch das Kaiserliche Gesundheitsamt und die Kgl. Preußische Versuchs- und Prüfungsanstalt für Wasser versorgung und Abwässerbeseitigung ihre Beteiligung in Aus sicht stellten. Als Vertreter der Papier- und Zellstoff-Industrie wurde der Vorsitzende unseres Vereins, Herr Dr. Gottstein, be rufen. 12. Erhebung von Wasserzins. Der Regierungspräsident zu Potsdam hatte von einer Reihe von Industriellen, deren Betriebe an der Oberspree und der Havel lagen, und die das für ihre Be triebe nötige Wasser aus den genannten Flüssen entnahmen, die Entrichtung eines Wasserzinses für die Entnahme des Wassers aus öffentlichen Flüssen gefordert. Die Fabriken verweigerten die Zahlung, und es kam schließlich zu einem Prozeß. Der Fiskus wurde jedoch in erster wie in zweiter Instanz mit seinen Ansprüchen abgewiesen. Das Urteil des Kammergerichts ist allen Mitgliedern durch Rundschreiben zugegangen. Hierbei war bemerkt, daß das Urteil in letzter Instanz gefällt worden sei. Diese Mitteilung beruhte auf einer irrtümlichen Nachricht. Der Fiskus hat vielmehr das Rechtsmittel der Revision ein gelegt, für deren Verhandlung Termin am 23. September 1906 beim Reichsgericht angesetzt ist. 13. Verwendung von argentinischem Leinstroh zur Zellstoff fabrikation. Der Staatssekretär des Innern übersandte dem Verein einen Bericht des Handelssachverständigen beim Generalkonsulat zu Buenos-Aires, in dem auf die Bedeutung des argentinischen Flachses als Rohstoff für die deutsche Zellstoff - Industrie hingewiesen und zur Nutzbarmachung dieses Rohstoffes auf gefordert wurde. Zugleich teilte der Staatssekretär mit, daß Muster von aus argentinischem Flachs hergestellten Waren im Reichsamt des Innern zur Besichtigung auslägen. Der Verein benachrichtigte hiervon die Mitglieder, von denen einige in nähere Prüfung der Verwertbarkeit des argentinischen Lein strohs eintraten. Das Ergebnis der Prüfung war jedoch nicht günstig. Es lautete dahin, daß argentinisches Leinstroh als Roh stoff für die Papierfabrikation zwar technisch brauchbar sei, daß die deutsche Zellstoff - Industrie aber kein wirtschaftliches Interesse für die Angelegenheit haben könne. Von dem Stroh seien für die Papierfabrikation nur die Bastzellen von Wert, die nur etwa ‘/a bis 1/3 der Strohmengen ausmachen. Verarbeitung des Strohes zu Papierzwecken bedinge zunächst an Ort und Stelle eine Abtrennung der Bastzellen vom übrigen Stroh. Diese umständliche Arbeit verteure den Rohstoff so sehr, daß eine Massenverwertung und weitere Veredelung z. B. als Ersatz von Holzzellstoff als ausgeschlossen erscheinen müsse. 14. Ehrenurkunden für Arbeiter mit langjähriger Dienstzeit. Seit langer Zeit bereits bestand die Absicht, von Vereins wegen ein Ehrendiplom zu schaffen, welches unter anderem auch bei Gelegenheit von Jubelfesten der Vereinsfirmen verdienstvollen Arbeitern mit langjähriger Dienstzeit verliehen werden könnte. Die Vereinsleitung beabsichtigte zuerst, die Diplome des Vereins Deutscher Papierfabrikanten, nach entsprechender Aenderung, zu verwenden. Es stellten sich jedoch hierbei technische Schwierigkeiten heraus. Man kam daher wieder auf den Ge danken der Schaffung eigener Diplome zurück. Die Herstellung eigener Diplome verursacht allerdings für den Zeichnungs entwurf und die erste Form erhebliche Kosten. Diese sollen vorläufig aus der Vereinskasse vorgestreckt und allmählich da durch wieder gedeckt werden, daß den einzelnen Mitgliedern für jedes bezogene Diplom ein später noch festzustellender, die Selbstkosten deckender Preis berechnet wird. Der erste Zeichnungsentwurf, der angefertigt wurde, entsprach leider nicht den gehegten Erwartungen. Der zweite Entwurf ist seiner Fertig stellung nahe. Es steht zu hoffen, daß er der Hauptversammlung im Sommer vorgelegt werden kann. 15. Sonstiges. In dem abgelaufenen Jahre wurden die Sitzungsberichte regelmäßig gedruckt und ebenso wie die Rund schreiben allen Mitgliedern zugestellt. Da diese Mitteilungen wesentlich ausführlicher gehalten waren als in den früheren Jahren, konnte der Geschäftsbericht diesmal kürzer gefaßt werden. Außer den oben angeführten Angelegenheiten erstreckte sich die Vereinstätigkeit auf eine Reihe anderer Fragen. Insbesondere