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DDAPIER-VERARBEITUNG M Bü CH GEWERBE fejiad Lohnbewegung im Steindruckgewerbe Berlin. Am 13. Juli wurde in Kellers Festsälen eine Versammlung der Arbeitnehmer abgehalten. Die Stimmung war zuversichtlich; es wurde mitgeteilt, daß die Berliner Buchdrucker den Ausgesperrten 5000 M. bewilligt und be schlossen haben, einen Extrabeitrag von wöchentlich 30 Pf. zugunsten der Ausgesperrten zu erheben. Folgender Be schluß wurde gefaßt: »Die Versammelten nehmen Kennt nis von den Verhandlungen zwischen den Vertretern des Schutzverbandes der Steindruckereibesitzer und den Ver tretern des Senefelderbundes. Die Versammelten erklären sich bereit, auf Grund der am 21. Mai 1906 gefaßten Resolution in örtliche Verhandlungen einzutreten, vor deren Reglung von einer Wiederaufnahme der Arbeit nicht die Rede sein kann. Vor allen Dingen legen sie Wert auf die bindende Zusicherung, daß sämtliche ausgesperrten Steindrucker und Lithographen wieder an ihre Plätze ge stellt werden.« Breslau. Die Lithographen und Steindrucker hielten am 13. Juli im Gewerkschaftshause eine Versammlung ab, um zu der in Berlin erzielten Einigung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern Stellung zu nehmen. Sie faßten den gleichen Beschluß wie die am gleichen Tage in Berlin ab gehaltene Versammlung. Barmen-Elberfeld. Eine öffentliche Versammlung der Lithographen und Steindrucker wurde am 16. Juli im Hotel Hegelich abgehalten. Herr Corinth, Barmen, welcher an den kürzlich in Berlin zwischen den Vertretern des Schutz verbandes und des Senefelder-Bundes stattgefundenen Unterhandlungen teilgenommen hatte, erstattete Bericht über das Ergebnis dieser Verhandlungen. Nach seihen Ausführungen sind auch diese Verhandlungen gescheitert. Sie erstreckten sich nur auf folgende drei Punkte: Arbeits zeit, Aufschlag für Ueberstunden und Reglung der Feier tagsarbeit. Alle übrigen Forderungen der Gehilfenschaft sollten örtlich geltend gemacht werden. Aber auch die örtlichen Vereinbarungen bedürfen, nach Aussage des Berichterstatters, erst der Genehmigung des Schutzverbands- Vorstandes. Der Vorsitzende des Schutzverbandes, Herr Dr. Gerschei, Berlin, sei jedoch auf vier Wochen verreist und könne sich während seiner Urlaubszeit mit diesen Angelegenheiten nicht befassen. Die Vertreter des Sene felder-Bundes seien in Berlin darüber vollkommen einig gewesen, daß die Arbeit nur unter der Bedingung wieder aufgenommen werden soll, wenn sämtlichen Ausgesperrten und Streikenden ohne Ausnahme ihre früheren Arbeits plätze wieder eingeräumt werden. Von dieser Forderung wollen die Gehilfen nicht abgehen, zumal die jetzige Lage für sie günstig sei. Nach den Ausführungen des Bericht erstatters seien Mittel genug vorhanden, um den nun 7 Wochen währenden Kampf noch viele Wochen aushalten zu können. Die weiteren Auseinandersetzungen des Berichterstatters sowie die sich daran schließende Aussprache, die sich sehr lebhaft und scharf gestaltete, zeigten zur Genüge, daß zur Zeit wenig Aussicht zu friedlicher Verständigung vor handen ist. Man ist im Grunde genommen dem Ziele nicht näher gekommen als bei Anfang des Kampfes. Unter den Versammelten befanden sich auch einige Prinzipale, die sich jedoch an der Aussprache in keiner Weise beteiligten. Schließlich wurde folgender Beschluß einstimmig an genommen: Die heute im Hotel Hegelich stark besuchte Ver sammlung der Lithographen und Steindrucker von Barmen-Elberfeld erklärt nach Anhören ihres Bericht erstatters, daß sie den ihr aufgedrungenen Kampf un entwegt weiter führen wird, bis die berechtigten Forderungen der Gehilfen bewilligt sein werden. —t. Lohnbewegung im Buchbindergewerbe Leipzig. Die ausständigen Buchbindergehilfen lehnten am 17. Juli im Gegensatz zu ihren Vertretern mit erdrücken der Mehrheit das Angebot der Prinzipale ab, den be stehenden Tarif bis 1911 in Geltung zu lassen, und be schlossen, weiter im Ausstand zu verharren. Von 2500 ab gegebenen Stimmen waren nur 8 gegen die Weiterführung des Ausstands. (Berl. Morgenpost) Berlin, 18. Juli. In einer von etwa 3000 Personen be suchten Versammlung der Buchbindereiarbeiter in Kellers Festsälen wurden die Leipziger Einigungsverhandlungen besprochen. In der Diskussion sprachen neun Redner und eine Rednerin, die sämtlich den Vorständen des Zentral verbandes und der Ortsverwaltung nicht nur eigenmächtige Entsendung der Delegierten, sondern auch eigenmächtige Ver einbarung des Entwurfs zum Vorwurf machten. Es wurde eine Resolution folgenden Inhalts fast einstimmig angenommen: »Die Versammlung nimmt mit Entrüstung von den traurigen Ergebnissen der Verhandlungen in Leipzig Kenntnis. Sie verwirft den unterzeichneten Vertrag und erklärt, lieber eine tariflose Zeit zu bestehen, als mit einer solchen Miß geburt sich zufriedenzugeben. Die Versammlung beauftragt den Verbandsvorstand, eine neue Verhandlung mit den Arbeitgebern herbeizuführen, und zwar auf Grundlage der bisherigen Tarifreform sowie der allgemein aufgestellten Tarifforderungen. Die Versammlung erklärt ferner, daß der Streik so lange fortbesteht, bis annehmbare Bedingungen geschaffen oder die Streikenden es für notwendig erachten, den Kampf zu vertagen.« (Berliner Lokal-Anzeiger) Lohnbewegung in der Geschäftsbücherfabrikation Die Lohnbewegung der Hilfsarbeiter in Kontobücher fabriken, über die in Nr. 55 S. 2287 berichtet wurde, ver dient seitens der Buchdruckereibesitzer sehr ernsthafte Be achtung. Die Geschäftsbücherfabriken haben mehr oder weniger großen Druckereibetrieb und gehören daher auch dem deutschen Buchdrucker-Verein an. Die Druckerei hilfsarbeiter verlangen nun schon seit Jahren einen be sonderen Lohntarif, und es wird ja wohl über kurz oder lang auch zur Schaffung eines solchen kommen, voraus gesetzt, daß eine Hilfsarbeiterorganisation vorhanden ist, an deren Spitze besonnene Elemente stehen, mit denen unterhandelt werden kann, und die genügend Gewähr leisten, Abmachungen auch durchzuführen. Wenn aber heute schon den Hilfsarbeitern in Kontobücherfabriken Gelegenheit ge geben wird, Sondertarife für letztere Betriebe durchzusetzen, so kann dies nur erschwerend auf das Zustandekommen eines allgemeinen Buchdruckerhilfsarbeiter-Tarifs wirken, denn man wird die Forderungen, die jetzt gestellt werden, wiederholen oder steigern. Die Ansprüche der ungelernten Hilfskräfte sind heute aber schon teilweise so hoch, daß Steigerung unmöglich ist. Sonderabmachungen erschweren stets allgemein gütige Verträge, aus diesem Grunde wäre zu wünschen, daß die Geschäftsbücherfabriken auf die ge stellten Forderungen nicht eingingen und bei ihren Ver handlungen auf den zu schaffenden Hilfsarbeitertarif für Druckereiarbeiter verwiesen. Gerade bei den Hilfsarbeitern ist es unangebracht, Sonderabkommen zu treffen, da von Verschiedenartigkeit der Arbeit im allgemeinen Sinne bei ihnen keine Rede sein kann. Die Bewilligung des 1. Mai würde auch schwerwiegende Folgen für den deutschen Buchdruckertarif haben. Lehrstuhl für Zeitungswesen. In Straßburg im Elsaß wird an der reichsländischen Universität die Errichtung eines Lehrstuhls für Zeitungswesen und öffentliche Polemik geplant. (Berl. Lok.-Anz.)