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PAPIER-ZEITUNG Nr. 57 2356 Papieren. Man kann billige Papierspäne und sonstige billige Stoffe hier ohne große Gefahr der Verunschönung und Verschlechterung anwenden. Die ökonomischen Vor teile der Einzylinderarbeit sind bekannt aus früheren Be richten in diesem Blatt. Der einzige Nachteil, welchen ich mit der einseitigen Glätte bei besagter Tapetenfabrikation hatte, war der, daß die Kunden diese Papiersorte gegen gewöhnliche Glätte so vorzogen, daß ich in der Verteilung der Aufträge Schwierigkeiten bekam. Schnitzerschleifapparat. Dadurch, daß durch Ueber- lassung eines solchen Schleifers die Maschinenführer selbst für gute Beschaffenheit der Gummipreßwalzen verantwort lich sind, ist weit sichereres Arbeiten möglich, abgesehen von den großen Kosten des Abdrehens auf der Drehbank und des dadurch verursachten Zeitverlustes. Preisdrückerei in Amerika Als vor kurzem in den Ver. Staaten Gerüchte umliefen, daß die Papierpreise heruntergehen sollten, war es nicht Schuld der Zwischenhändler (jobber), daß kein Preisfall eintrat. Zum Beweis dieser Behauptung erzählt das »Paper Trade Journal« eine Verhandlung, die der Vertreter der Fletcher Paper Co. in Chicago, Herr J. Lewis Sampson, vor einigen Tagen führte. An seinem Telephon klingelte es, und das Fräulein meldete, daß Herr Soundso aus St. Louis mit ihm zu sprechen wünsche. Nach dem üblichen Höflich keitsaustausch entspann sich folgende Unterhaltung: »Zu welchem Preis können Sie mir das 60 Zoll breite Papier liefern«, fragte der St. Louis-Jobber, nachdem er genau den Auftrag auf mehrere hundert Tonnen dargelegt hatte. »Zu demselben Preis, den ich Ihnen vor 2 Tagen in St. Louis nannte, nämlich 31/2 Cent«, antwortete Sampson. »Aber jetzt kann ich billiger kaufen. Sie wissen, daß der Markt demoralisiert ist und die Preise heruntergehen«, antwortete der Jobber. »Ich werde nicht das geringste nachlassen und nicht unter 31/2 Cent verkaufen«, sagte Sampson. »Die Breite paßt sehr gut für Ihre Maschinen«, sagte der Jobber. »Jawohl, ich weiß, daß Ihr Auftrag für unsere 58 und 62 Zoll breiten Maschinen gut paßt, aber das ändert nichts an unserm Preis«, erwiderte Sampson. »Gut, ich werde morgen in Chicago sein«, wollte Ihnen nur sagen, daß ich kommen werde«, sagte der Jobber. »All right«, ich werde Sie in meinem Geschäft er warten«, schloß Sampson. Es schien nicht wahrscheinlich, daß das Ferngespräch lediglich angestellt wurde, um den Besuch anzumelden, und Herr Sampson war helle genug, um zu sehen, daß ihm der Auftrag jedenfalls zufallen würde. Frühmorgens erschien dann auch der Jobber aus St. Louis und gab nach einigen Vorreden zu, daß es ihm nicht gelungen sei, das Papier billiger zu_erhalten. Die beiden Herren gingen zum Früh stück und trennten sich. Nachmittags kam der Jobber wieder und sagte: »Ich habe eben entdeckt, daß ich Ihnen heute morgen 200 Dollar zuviel für den Auftrag bewilligt habe.« »Wieso«, erwiderte Sampson. »Das Papier wurde mir seitdem um */ 4 Cent billiger an geboten, d. h. also um 200 Dollar weniger«, sagte der Jobber. »Sie sagten, die Sache sei eilig, und ich habe deswegen vor einigen Stunden der Fabrik telegraphisch den Auftrag erteilt«, erwiderte Sampson. »Das ist richtig, und ich weiß, daß ich an den Auftrag gebunden bin«, sagte der Jobber. »Ich möchte jedoch nicht, daß Sie 200 Dollar einbüßen«, sagte Sampson, »und will sofort an die Fabrik telegraphieren, daß sie die Bestellung nicht ausführen soll« und fing an, ein Telegramm zu schreiben. »Nicht doch«, sagte der Jobber, »lassen Sie die Sache laufen«. »Ich bin bereit, das Telegramm abzuschicken«, sagte Sampson und rief den Geschäftsboten. »Ich beklage mich ja nicht, schicken Sie die Depesch nicht ab.« »Doch, ich will sie absenden«, erwiderte der Agent. »Gehen wir lieber zu einem Trunk und Sie vergessen dann das Telegramm«, erwiderte der Jobber. »Ich werde besser nach St. Louis zurückfahren und etwas Neues er sinnen, um billigere Preise zu erhalten.« Ausfuhr nach Britisch-Indien Einer unserer Leser aus Indien besuchte uns und machte Mitteilungen, die wir unseren Lesern nachstehend wiedergeben. Britisch-Indien hat nahezu 300 Millionen Einwohner, von denen der größte Teil Hindus und Mohammedaner sind. Diese und andere Stämme stehen sich fremd, häufig sogar feindlich gegenüber und machen es dadurch den Engländern möglich, mit wenig tausend Mann das ganze Reich zu be herrschen. Sie haben es gut verstanden, allzu große Miß bräuche zu beseitigen, den Verkehr zu entwickeln und dabei die Gewohnheiten der Einwohner zu schonen. Die Möglich keit ihrer Herrschaft ist zwar auf dem Gegensatz zwischen den verschiedenen Stämmen der Eingeborenen begründet, steht aber so fest, daß diese kaum daran denken können, das unerwünschte Joch der Fremden abzuschütteln. In den letzten Jahren hat sich jedoch unter den Ein geborenen der Gedanke viel stärker als bisher entwickelt, daß die Fremdherrschaft unerträglich sei. Da sie zu nächst mit Gewalt nichts ausrichten können, so wollen sie den Herrschern wenigstens ihre Abneigung auf andere Art fühlbar machen. Durch geheime Gesellschaften und Zei tungen in indischer Sprache ist der Wahlspruch ausgegeben worden, möglichst wenig oder garnichts bei Engländern zu kaufen und die fremden Häuser zu bevorzugen. Unter diesen Fremden sind die Deutschen wahrscheinlich die be liebtesten, weil sie als Freunde der Inder gelten und jeden falls nicht zu ihren Unterdrückern gehören. Die wenigen Geschäfte und Fabriken, welche sich in deutschen Händen befinden, ziehen aus dieser Stimmung Nutzen und können der ihnen zufallenden Nachfrage kaum genügen. Tüchtigen, unternehmenden jungen Leuten, die es nicht verschmähen, sich mit den Eingeborenen zu befreunden und ihre Sitten und Bedürfnisse kennen zu lernen, bietet sich deshalb dort vielleicht ein aussichtsreiches Feld. Jeden falls könnten aber unternehmende Häuser, welche die dort begehrten Waren erzeugen, guten Absatz in Indien finden. Wer als Nichtengländer den indischen Markt erobern will, muß jedoch gewärtig sein, daß ihm von den herrschen den Briten mancherlei Schwierigkeiten in den Weg gelegt werden. So ist es z. B. vorgekommen, daß einheimische Fabrikanten deutsche Dampfkessel und Dampfmaschinen bezogen, daß ihnen aber von den englischen Kessel- und Maschinen - Inspektoren die Erlaubnis zum Betrieb unter allerlei Vorwänden verweigert wurde. Ein solcher Fabrikant ließ es dabei nicht bewenden, sondern führte seine Be schwerde so weit durch, daß ihm nach einjähriger Be mühung die Erlaubnis zum Betrieb der deutschen Maschinen bewilligt werden mußte, die sich seitdem glänzend bewähren. Arbeitsmaschinen und dergl. bedürfen keiner Erlaubnis und können zu den für Indien giltigen Zollsätzen eingeführt werden. Der Haß gegen alles Englische geht soweit, daß ein Droschkenkutscher einen Fahrgast nicht weiter fahren wollte, weil er eine englische Zigarette rauchte, und ein Laden-Inhaber einen Käufer abwies, weil er amerikanische Stiefel trug (amerikanisch gilt der Sprache wegen als englisch). Die Behörden geben unter allen Umständen Waren indischer Herkunft den Vorzug, nur wenn solche nicht zu haben sind, dürfen britische genommen werden, und erst wenn diese versagen, können andere daran kommen. Am meisten Aussicht auf Erfolg hat somit, wer in Indien selbst fabriziert, wenn auch nur in kleinem Umfang, da er dann als inländischer Fabrikant auftreten und alles verkaufen kann, was er gemacht haben könnte. Deutsche Waren werden vielfach als englische ein geführt, nachdem in England »made in Germany« in »made in England« verändert wurde. Oesterreichische, italienische und neuerdings japanische Papierwaren kommen zu sehr billigen Preisen auf den indischen Markt. Des Klimas wegen empfiehlt es sich, Fabriken nicht in den ungesunden Hafenstädten, sondern im innern Hochland zu errichten.