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2338 PAPIER-ZEITUNG Nr. 56 [Bericht der Aeltesten der Kaufmannschaft 1905 Schriftgießerei und Messinglinienfabrikation. Der Absatz an Buch- und Zeitungsschriften hat durch Einführung neuer Gieß- und Setzmaschinenbauten weitere Erschwerung erfahren. In den sogenannten Zierschriften und Einfassungen hielt die krampfhafte Erzeugung von Neuheiten an, sodaß der Nutzen an diesen Waren infolge schnellen Veraltens und geschmälerter Ausnutzung stetig geringer wird. Auch nach Beendigung des russisch-japanischen Krieges ist weitere Steigerung der Roh stoffe, namentlich von Blei, Antimon und Zinn eingetreten. Die Entlohnung der Arbeiter blieb unverändert, da die Tarif konvention zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern noch in Kraft ist. Die Ausfuhr stand im Zeichen des zu erwartenden Inkrafttretens der neuen Handelsverträge: ein Teil der aus wärtigen Kundschaft suchte soviel Waren wie möglich noch zu billigeren Zollsätzen einzuführen. Durch neue hohe Zollsätze wird wahrscheinlich die Leistungsfähigkeit der erzeugenden Firmen geschmälert und der Wettbewerbkampf im Inlande sehr erschwert. Trotz des nunmehr eingetretenen Friedens leidet die Ausfuhr nach Rußland unter den dort herrschenden Wirren. Die Vereinigung deutscher Schriftgießereien zur Herbeiführung gesunder Verkaufsverhältnisse und zur Einführung technischer Vereinfachungen in der Letternerzeugung erweist sich fortgesetzt als nützlich. Es konnten Mindestpreise für Buch- und Zeitungs schriften eingeführt werden, sodaß in diesen Waren nicht mehr mit Verlust gearbeitet wird. Ebenso ist es ihr gelungen, eine Verständigung über eine sogenannte Normalschriftlinie zwischen ihr und dem Deutschen Buchdruckerverein herbeizuführen, so daß im Buchgewerbe nun unveränderliche Normen für Schrift kegel, Schrifthöhe und Schriftlinie geschaffen sind, und die Möglichkeit, Lettern für das Lager zu erzeugen, eine Erweiterung erfährt. Eine gleiche Verständigung erhofft man für die Ein führung eines allgemeinen deutschen Schriftgießertarifes nach Ablauf der jetzt noch bestehenden Tarifkonvention, und zwar in einem ähnlichen Verhältnis, wie er zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern -im Buchdruckgewerbe besteht. Die Messing- linienfabrikanten erstreben denselben Zusammenschuß wie die Schriftgießereien. Er ist um so notwendiger, als mit dem In krafttreten der neuen Handelsverträge die Ausfuhr auch dieser Waren ebenso wie der Schriftgießerei - Erzeugnisse erheblich eingeschränkt werden, und ein schärferer Wettbewerb im In lande eintreten wird. Berlin. Papierhandel. Die wenigen Niederschläge im Sommer beeinflußten die Schiffahrt durch höhere Frachtsätze und die Be triebswasserkräfte. Holzstoff wurde daher knapp, Zellstoff stieg wieder im Preise und ist für 1906 zu teuren Preisen ausverkauft. Auch Strohstoff wurde teurer, und es litt namentlich der Wert, da das Getreide bei der Ernte wegen des Regens lange im Freien liegen mußte. Besonders hoch gingen die Preise für Chemikalien und Leim, sodaß die Fabriken hohe Herstellungs kosten zahlten. Zum Herbst traten reichliche Niederschläge ein, und Betriebswasser wie Schiffahrt wurden normal. Die Hadern- preise sind noch immer hoch; namentlich bessere Sorten sind gesucht. Die Fabriken waren in Schreibpapier und holzfreiem Druck papier stark besetzt und erhöhten zuerst die Preise, um die Mehrkosten zu decken. Doch diese Erhöhungen ließen sich nicht durchführen, als im Sommer schwächerer Geschäftsgang eintrat. Die Fabriken haben trotzdem günstig gearbeitet. Holzhaltige satinierte Druckpapiere waren bei unverändert erhöhten Preisen gut gefragt; satinierte farbige, dünne Papiere, deren Herstellung wenig lohnend ist, sind im Preise gestiegen. In Zeitungsdruckpapier blieben die festgelegten Preise, und für Abschlüsse 1906 wurden meist kleine Erhöhungen bewilligt; der Bedarf war infolge des russisch-japanischen Krieges lebhaft. Dem Verband deutscher Druckpapierfabriken haben sich drei weitere Fabriken angeschlossen, während andere Fabriken sich unter Verbandskontrolle stellten und durch Kartellverträge an schlossen. Die Gesamterzeugung betrug 1904: 2060127 dz (wovon 1887838 im Inland, 172289 im Ausland abgesetzt wurden) gegen 1903 mehr 198871 dz. Der Verband dagegen erzeugte 1 401 740 dz und setzte von diesen nur 117401 im Auslande ab. Braun Holz und andere Packpapiere behielten feste Tendenz; Aufhebung der Stoffklassen für Normalpackpapiere durch das Staatsministerium hat die Fabrikation erleichtert, ohne den Wert zu beeinträchtigen. Trotz lebhafter Kauflust in England fielen die Preise für Packpapiere. Deutsches Erzeugnis will den Markt behaupten und wird höher bezahlt. An Zeitungsdruck wurden im Jahre 1904 172289 dz ausgeführt gegen 193598 im Jahre 1903, also 21309 dz weniger. Die Ausfuhr ging um weitere 38588 dz zurück. Luxuspapierfabrikation. Die Aufträge waren reichlich. Der Geschäftsgang befriedigte. Erschwert wird der Handel durch die stetig wachsende Nachfrage nach Neuheiten seitens des ver wöhnten kaufenden Publikums. In billigen Postkarten steigert sich der Wettbewerb. Ständige Preisunterbietungen machten die Ware weniger gewinn ¬ bringend, während in besseren Ausführungen auf angemessenen Preis gehalten wird. 1 Gratulationskarten verlieren immer mehr an Bedeutung, . ebenso Luxuskalender, die als Zugaben oder Lockvögel besonders von Warenhäusern verabreicht werden. 3 Reklame- und Privatgratulationskarten zu Neujahr gewinnen j ständig an Bedeutung. In größeren Geschäften wie in Privat kreisen macht sich das Bestreben, sich den Geschäfts- und , sonstigen Freunden und Bekannten in Erinnerung zu bringen, immer mehr geltend. Für den Gesamtabsatz kommt in erster Linie Deutschland in Betracht, weil hier, viel mehr als im Auslande, überall, selbst in Mittel- und kleineren Städten, feinere Sonderpapiergeschäfte bestehen. Auch die Ausfu'hr ist bedeutend, nicht allein nach außerdeutschen Ländern Europas, sondern auch nach verschie denen überseeischen Staaten, von welchen diejenigen Süd- und Mittelamerikas die größten Abnehmer sind, während in zweiter Linie die Vereinigten Staaten und dann Südafrika, Aegypten, Indien usw. in Betracht kommen. Auch Japan fängt nach dem Friedensschlüsse an, Verbindungen anzuknüpfen und sich für unsere Waren zu interessieren, während die Wirren in Rußland dem Geschäfte hinderlich sind und Verluste infolge von Zahlungs einstellungen usw. zeitigen. Nach wie vor wird im Auslande in vielen Fällen ziemlich ausgedehntes Ziel in Anspruch ge nommen, besonders in den weit entfernten Ländern. Die Aus sichten sind günstig, wenn erhöhte Zollsätze den Absatz nicht zu sehr erschweren. Fabrikation von Briefumschlägen. Die Preise für bessere Sorten waren auskömmlich. Die billigen Stapelsorten blieben verlustbringend, weil Preisaufbesserung des auswärtigen Wett bewerbs wegen nicht durchführbar war. Die Rohstoffpreise waren unverändert. Jedoch sind Anzeichen für Steigerung vor handen. Die Technik hat bedeutende Fortschritte gemacht. Die 1903 in Berlin gemachte Erfindung vollständiger Verstellbar keit der Faltmaschine bei gleich hoher Leistung wie derjenigen der einfachen Faltmaschine ist in weitgehender Weise ausgenutzt worden. Den Konventionsbestrebungen des Vereins Deutscher Briefumschlagfabrikanten gegenüber nehmen die Berliner Firmen einen ablehnenden Standpunkt ein, dagegen zeigten sie sich nicht abgeneigt, einem von demselben Verein kürzlich in Vorschlag gebrachten Syndikat beizutreten. Die Errichtung des letzteren scheiterte lediglich an der ablehnenden Haltung einer nicht ausscheidbaren auswärtigen Fabrik. Tütenfabrikation. Das Geschäft befriedigte. Steigerung der Rohstoffe, der Arbeitslöhne usw. führte zur befestigten Richtung in den Papiertütenpreisen. Das Ausfuhrgeschäft war gut, ins besondere in Beuteln nach den Vereinigten Staaten von Amerika und nach Kanada. Die Papierfabriken sind auf Wochen vollauf beschäftigt; die Preise werden bald noch weiter anziehen. Buchdruckerei. Trotz erheblicher Betriebserweiterungen waren mittlere und größere Betriebe dauernd gut beschäftigt, und doch klagen die Betriebsunternehmer über geringen Nutzen. Erhöhung der Preise für die meisten Stoffe und Verbrauchs gegenstände und stetiges Ansteigen der Löhne aller Arbeiter klassen machten sich fühlbar. Ungeachtet des bestehenden Lohntarifes mußten Teuerungs-Zulagen gewährt werden, und da Erhöhung der Preise sehr schwierig ist, wurde der Ertrag dadurch noch mehr herabgedrückt. Geschäftsbücherfabrikation. Die Fabriken von Geschäftsbüchern und bessere Kleinhandlungen hatten schöne Erfolge. Der Umsatz war lebhaft, besonders in guten und besseren Sorten. Der Absatz in Büchern nach Extraanfertigung ist bedeutend größer geworden. Das Geschäft mit Wiederverkäufern nach der Provinz blieb mäßig. Eine wesentliche Aufbesserung der Arbeitslöhne für männliche wie weibliche Gehilfen mußte bewilligt werden. Die Preise der Rohstoffe halten sich auf der in den letzten Jahren bedeutend gestiegenen Höhe. Besonders Pappe und Papier zogen wieder im Preise an. Baumwollwaren aller Art sind abermals um etwa 8—15 v. H. gestiegen. Lohnender Nutzen läßt sich nur durch außerordentliche Anstrengungen und tech nische Fortschritte bei vernünftiger Einteilung und Einrichtung der Arbeiten erzielen. Das Berliner Fabrikat in bessern Konto- bücherr ist unzweifelhaft das beste aller deutschen Städte, was Stoffe und Ausführung anbelangt. Trotzdem bezieht der Ber liner Kaufmann einen großen Teil seines Bedarfs an Geschäfts büchern von auswärts. Schlesischer Wettbewerb macht sich immer breiter; viele Berliner Kaufleute sehen nur auf Billigkeit der Ware und nicht auf Güte und Dauerhaftigkeit. Der Ge schäftsbücherhandel in Warenhäusern ist ebenfalls ein Mißstand der mustergiltigen Berliner Industrie. Umsatz und Geschäfts lage in größeren und besser geleiteten Berliner Papiergeschäften waren durchweg gut und befriedigend. Lichtdruck und Klischeefabrikation. Der befürchtete Rückgang der Aufträge und des Verdienstes durch den Wettbewerb neu entstandener und vergrößerter Berliner Anstalten im graphischen Gewerbe, insbesondere in der Klischee- und Lichtdruckindustrie verwirklichte sich nur zum Teil. Bei lebhafter Beschäftigung erreichten die Preise für Lichtdruck meist den Erstehungspreis. Bemerkenswert ist der wachsende Vertrieb schöner preiswerter